Dienstag, 31. Januar 2012

Schon einmal was von „Holacracy“ gehört?! (2)

Ohne dies soziologisch oder auf welche Weise auch immer auszudeuten, können wir durchaus einige Schlussfolgerungen für künftige Gemeinschaften ziehen. Dabei müssen wir uns allerdings vor Verallgemeinerungen hüten, wie man sie mitunter bei occupy-Aktivisten antrifft. Die vorliegende Klassensituation – und man muss bei jeder Betrachtung berücksichtigen, was gerade da ist – produziert vorsätzlich in dem hier gedachten Sinn „dumme“ Menschen. Das ist kein Werturteil, sondern nur Ausdruck dafür, dass den meisten Menschen nicht wirklich all die Denkstrukturen vermittelt werden, um für ein Ganzes mitzudenken. Wer die Gesellschaft als Ganzes nicht begreift, kann zumindest bezogen auf diese „Gesellschaft als Ganzes“ in keine Richtung steuern. Jener seltsame „Schwarmeffekt“, nämlich dass eine Gruppe wesentlich bessere Ergebnis erbringt, als dies der Summe der einzelnen Mitglieder möglich zu sein scheint, setzt immer eine „elementare Gemeinsamkeit“ voraus. Also wenn jeder das Gesamtziel „weiß“ organisiert sich die Masse so, dass die Aussicht auf Erreichen des Ziels am größten ist – in gewisser Hinsicht tatsächlich „spontan“. Und es gibt immer dann Reibungsprobleme, sobald echte individuelle Opfer nötig sind. Da schickt dann doch ein General einen Teil seiner Soldaten bewusst in den Tod in der Hoffnung auf den Gesamtsieg und es gibt nun einmal kein „Märtyrer-Gen“.
Aber zur Perspektive.
Schon im Sozialismus ist die „Notwendigkeit“ weggefallen, dass „der einfache Mann“ die Funktionsweise der Gesellschaft nicht versteht, weil er sie dann radikal ändern wollte. Er soll sich fürs Ganze verantwortlich fühlen, soll Solidarität mit ihm individuell fremden Menschen als nützlich begreifen. Also wäre die Voraussetzung des Kommunismus ein permanent wachsendes positives Verständnis gesellschaftlicher Verhältnisse. Gleichzeitig fallen jene Elemente des Zusammenlebens weg, die ihn unmittelbar korrumpieren können.
Unter solchen Vorzeichen, versuchte ich schon anzudeuten, verändert sich auch der technische Charakter der Arbeiten. Tätigkeiten mit vorsätzlicher Verantwortung wie bei den Holacracy-Beispielen nehmen zu, solche, bei denen abgestumpfte Massen die Kommandos Macht besitzender Vorarbeiter ausführen, verschwinden allmählich. So wie Fließbänder, denen Arbeiter getaktete Handreichungen machen müssen, durch vollautomatisierte Abläufe ersetzt sein werden.
So wie solche vereinzelte Organisations-“Wunder“ unter den heutigen Bedingungen der durch die Warenwirtschaft geprägten Menschen Insellösungen bleiben werden, so beweisen sie gerade in ihrer Existenz im ungeeigneten Umfeld, dass sie bei geeignetem Umfeld zur „Normalität werden können. Sie werden dann aber nur nicht die einzige Form des Zusammenarbeitens sein.

Montag, 30. Januar 2012

Schon einmal was von „Holacracy“ gehört?! (1)

Das Verrückte gleich am Anfang: H. Ist der Name für eine in bestimmten „kapitalistischen“ Unternehmen tatsächlich umgesetzte kommunistische Organisation der Arbeit. Um mich nicht in gewissen anderen Spinnereien zu verheddern, empfehle ich also das Folgende mit virtueller Schutzkleidung zu betrachten, so wie jemand ein Objekt besucht, dessen Forschungen zum Bioterrorismus geeignet wären. Viele der dabei verwendeten Begriffe und Überlegungen sind ebenfalls nur mit virtuellen Kneifzangen anzufassen. Wir befinden uns schließlich auf einem Feld, das von vornherein etwas unter eigentlich unmöglichen Bedingungen untersucht – genau wie ein biotechnologisches / gentechnisches Privatinstitut immer einen Minenlauf vollführt: Es muss unter dem Zwang, Gewinn (richtig: „Profit“) zu erwirtschaften, sein eigenes Handeln als menschlich präsentieren und die möglichen positiven Menschheitseffekte verabsolutieren, obwohl dies eben nicht Kern seines Tuns ist. Das heißt nicht von vornherein, dass zum Beispiel Genforschung an sich etwas Negatives wäre. Nur der Zwang, ihre Teilergebnisse (ohne ihre Wirkungen im Gesamtsystem Natur analysiert zu haben) in „klingende Münze“ zu verwandeln, ist eine dauerhafte Quelle potentiell verbrecherischen Verhaltens.
Insofern ist es auch schwierig, aus dem, was es in der Realität an „Holacracy“ gibt, das für uns wirklich Brauchbare herauszufiltern.
Es geht um Organisation von Arbeit. Nicht hierarchisch organisierte Abläufe, sondern „Getting Things Done Methode“, also einfach Formen der Selbstfindung von Strukturen, die nur darauf ausgerichtet ist, das zum Schluss das Beabsichtigte herauskommt. Beispielsweise ohne Anwesenheitskontrollen.
Wenig verwunderlich finde ich, dass die ersten praktischen Erfahrungen aus einer Software-Firma stammen. Ähnliche Tendenzen gibt es allerdings auch überall dort, wo die geistige Verantwortung des einzelnen „Mit-Arbeiters“ für das Gesamtprodukt besonders groß ist.
Mit der Verwunderung begeisterter Kinder suchen Betrachter bestimmter Insellösungen dem Beobachteten wissenschaftliche Namen zu geben. Gibt es so etwas wie eine „kollektive Intelligenz“, mitunter auch „Schwarmintelligenz“ genannt? Unerklärlicherweise funktioniert es, dass sich dabei Teams / Kollektive zielobjektbezogen „Leitungsebenen“ wählen. Also etwas schräg ausgedrückt: Die Mitarbeiter bestimmen, wer wann in welchem Umfang über sie zu bestimmen hat.
In so „anarchisch organisierten“ Firmen bestehen meist auch nur minimalste Anforderungen an einzuhaltende Arbeitszeiten, Anwesenheiten usw. Das Merkwürdige: Es brach nirgendwo „Anarchie“ aus. Zwar kommen und gehen die Kollegen, „wie es ihnen gefällt“, aber sie arbeiten dabei nicht weniger sondern bewusst mehr. Die Betrachter stehen vor einem Rätsel: Ohne Kontrolle, Stechuhren oder Ähnliches, ohne, dass man irgendeine Form bemerkte, in der sich die Kollegen gegenseitig kontrollierten … verhielten sich alle, als kontrollierten sie sich mit einem unsichtbaren Mechanismus eben doch. Dies war dann der Ansatz, solche biologischen Vergleiche wie „Schwärme“ heranzuziehen, bei denen sich „irgendwie“ die Einzelwesen sehr effektiv in ihrem Verhalten am Kollektiv, der Masse, dem Schwarm orientierten. Da müsse eine besondere „Intelligenz“ wirken, meinten die in ihrer Denkwelt Befangenen und wunderten sich noch über etwas Anderes: Der tierische „Schwarm“ ersetzte individuelle Intelligenz, bei Menschen fiel dies „Organisationsprinzip“ (?!) besonders bei intelligenzintensiven Tätigkeiten auf.

Sonntag, 29. Januar 2012

Sagt man nun "Diese Gesellschaft kotzt mich an" oder doch "Klassenkampf"? (2)

Also die Klassenstruktur einer Gesellschaft ist nicht starr, sondern immer in Bewegung.
Und der Klassen“kampf“?
Weil das Wort Kampf drinsteckt, vermutet man so etwas wie Revolution dahinter, wenigstens „Evolution“, die auf Revolution zusteuert.
Leider ist die Welt komplizierter. Praktisch hat die mikroskopischste Entscheidung mit im weitesten Sinne politischen Charakter Klassenkampfcharakter, ohne dass dies nur einem der unmittelbar Beteiligten bewusst werden muss.
Wer also einen BLÖD-Zeitungsartikel liest und danach sagt, „Schon wieder so ein Ali!“ ist in diesem Moment Objekt des Klassenkampfes geworden.
Manches lässt sich relativ leicht bestimmen:
Wo Klassen und Klassenkampf bestritten werden, wird – absichtlich oder nicht – immer Klassenkampf geführt und zwar immer ein Kampf zur Erhaltung der bestehenden Machtverhältnisse.
Gleiches gilt für alle Fälle, bei denen aus im engen Sinn äußerlichen Merkmalen verallgemeinernde Rückschlüsse auf innere Charakteristika, Eigenschaften, Interessen von Menschengruppen gezogen werden. Damit will ich noch nicht gesagt haben, dass es keine menschlichen Rassen gibt und dass es bestimmte Haltungen bei verschiedenen Rassen nicht unterschiedlich stark ausgeprägt gäbe. Ich sage damit nur, dass dies nicht an der Zugehörigkeit zu der jeweiligen Rasse liegt, sondern deren unterschiedliche Geschichte auch Unterschiede in ihrem Erleben von ausgeübter Macht zur Folge hatte. In Sklaverei gehalten zu werden und wegen der Hautfarbe als Sklave immer erkannt zu werden reproduziert natürlich ein eigenes Verhältnis zur Umwelt – selbst dann noch, wenn die juristische Eindeutigkeit weggefallen ist. Wobei natürlich ständig mit bestimmten Vorurteilen konfrontiert zu werden sozusagen „Pseudoklassen“ zusammenschnürt. Aber gerade jedes Fördern solcher „Pseudoklassen“ reproduziert eine gesellschaftliche Klassenstruktur mit Ausbeutung. Einzige Besonderheit: Ein Teil der Angehörigen der unterdrückten Völker versucht den Schritt ins etablierte System, ein paar Schwarze möchten „erfolgreichere“ Weiße werden als die Weißen selbst, Frauen in einzelnen Führungspositionen bedeuten keine Frauenemanzipation usw.
Die Zahl der Interessen, die über die historische „Arbeiterklasse“ hinaus einer Mehrzahl von Menschen gemein ist, die aber nur befriedigt werden können, wenn es eine gesellschaftliche Problemlösung im „Arbeiterklassen“-Sinn gibt, nimmt beständig zu. Überlebensfragen der Menschheit wie die Umweltzerstörung im allgemeinen oder im Besonderen zum Beispiel durch die permanente Bedrohung durch atomare Verseuchung oder freigesetzte „Genmonster“ sind nur „nachhaltig“ lösbar, wenn die Eigentumsfrage gelöst wurde, sprich: Jenes Eigentum beseitigt wurde, dass den Eigentümer veranlasst, seinen Profit höher zu schätzen als das Überleben der Menschheit. Und welcher Betreiber eines Atomkraftwerkes geht davon aus, dass ausgerechnet sein Werk den die Umwelt zerstörenden Super-GAU veranlassen wird, welches Pharma-Unternehmen geht davon aus, dass ihr Forschungsprodukt eine Todeswelle bringen könnte. Ihre Privatstruktur zwingt sie jedoch, diese Möglichkeit billigend in Kauf zu nehmen, da das wirtschaftliche Überleben vom erwirtschafteten Profit abhängt.
Wenn wirklich einmal etwas passiert, wird kurzzeitig individuell dramatisiert. Bald aber sind die Contergan-Kinder vergessen, ihrem Schicksal überlassen. Die Firma, die sie verschuldete, existiert weiter. Dort ist Gammelfleisch entdeckt worden? Der Böse!!! Da kann man es sogar der Verwürzung wegen zum Ausländerproblem machen. Dass es sich bei dem einzelnen „Bösen“ aber „nur“ um einen Erwischten im Überlebenskampf geht, also dieser Überlebenskampf das Problem ist, wer hebt dies hervor? Denn in der Jagd nach Profit steckt ja auch die permanente Angst vor dem wirtschaftlichen Untergang, der Verschuldung, dem Scheitern. Es ist die „ungewollte“ Zugehörigkeit zur Kapitalistenklasse, vor der die einzelnen Kapitalisten „beschützt“ werden müssen.
Letztlich ist es egal, ob man SAGT, dass man „Klassenkampf“ führt. Entscheidend ist, in wessen Interesse man ihn tatsächlich führt.

Samstag, 28. Januar 2012

Sagt man nun "Diese Gesellschaft kotzt mich an" oder doch "Klassenkampf"? (1)

Einer der missverständlichsten Ausdrücke so richtig überzeugter Linker ist „Klassenkampf“. Das Wort als solches ruft nämlich bei den meisten Assoziationen hervor, die sie in die Irre führen. Es klingt, als stünde auf der einen Seite die eine Klasse und auf der anderen die andere und dann kämpften sie gegeneinander. Demzufolge gäbe es keinen Klassenkampf, wenn die „Klassen“ entweder nicht mehr existierten bzw. existieren wollten oder wenn sie nicht mehr gegeneinander kämpfen wollten. Zumindest die beiden letzten Varianten sind aber unzutreffend. Ja, das Bestreiten des „Klassenkampfes“ selbst ist eine Form des Klassenkampfes.
Insofern stecken unzählige Probleme in dem Ausdruck. Die beginnen schon mit der Frage von Klassen. Harte Marxisten bemühen sich darum, die nötige Hegemonie einer sogenannten Arbeiterklasse bei der Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse zu beweisen, in der Hoffnung, so bei Marx zu bleiben. Dabei sagt der Ausdruck „Klasse“ nur, dass es bestimmte vom persönlichen Wollen der Betroffenen unabhängige Sachverhalte gibt, die einer großen / bedeutenden Gruppe von Menschen gemein ist, die für diese Menschen gleiche Interessen reproduziert / natürlich erscheinen lässt. Welche dies im Einzelnen sind, halte ich für umstritten. Die Stellung im Produktionsprozess gehört aber immer dazu. (Als Beispiel diene die Bauernklasse: Viele Bauernaufstände scheiterten an der Jahreszeit. Die Bewaffneten sorgten sich einfach, dass ihr Stück Land unbewirtschaftet blieb, Anbau-, Erntezeit bevorstand oder ihre Felder vertrocknen konnten. Dieses Problem tritt zurück sowohl bei Landarbeitern, weil es nicht ihr Land ist, und bei Großgrundbesitzern, weil sie sowieso alles durch Andere machen lassen, die dazu bewegt werden müssen.) Dabei gibt es auch subjektiver wirkende Kriterien. Das ist z.B. die Höhe des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum. Während Besitz an Produktionsmitteln und das Überwiegen der Einkünfte, die aus der Aneignung des von fremder Arbeit geschaffenen Mehrwerts erwachsen, mathematisch und formal bestimmbar ist, gibt es kein Maß, wie viele Brosamen des Gesamtprodukts erforderlich sind, damit jemand dauerhaft bestreiten wird, zu einer ausgebeuteten Klasse zu gehören. Insofern gibt es zwischen den Hauptklassen immer unterschiedlich große Zwischenschichten. Einen Manager mit Millionengehalt zu den „Arbeitern“ zu zählen ist etwas komisch, aber ab wie vielen Aktienanteilen an der eigenen Firma versteht der tatsächliche Arbeiter noch, dass er „nichts“ besitzt und demzufolge zu verlieren hat? Ganz abgesehen von juristisch irreführenden Stellungen – also „Scheinselbständigen“, die als sich selbst zusätzlich ausbeutende nicht angestellte Angestellte, deren Einkommen breit gespreizt ist und „allein von ihrer eigenen Leistung abhängig“ zu sein scheint.
Wo finden alle diese Menschengruppen ihren Platz? Hat die imperialistische Strategie, den Nichtkapitalisten die Reinheit ihrer objektiven Interessen zu zerstören, dauerhaft Erfolg? Man bedenke, dass der deutsche Arbeiter zu Marx´ Zeiten wirklich nichts zu verlieren hatte, weil er nichts besaß, dann aber neu erfunden wurde mit Rentenansprüchen und Bausparverträgen … und zu großen Teilen zum „Kleinbürger“ mutierte. Eigentlich eine Klasse an und für sich.

Dienstag, 24. Januar 2012

Wir kleine Würstchen ändern sowieso nix (2)

Und doch war es nicht die Rote Armee, die den entscheidenden Sieg über die faschistischen Truppen errang. Praktisch wäre sie ohne ihr Hinterland auf beiden Seiten der Front untergegangen.
Unglücklicherweise unterstellen auch marxistische Geschichtswissenschaftler dem faschistischen Kriegsprojekt im Osten einen hohen Grad an Irrationalität. Natürlich steckte auch viel Größenwahn darin. Aber bleiben wir sachlich: In konventionellem Sinn war das sowjetische Heer mit Beginn der Schlacht vor Moskau tatsächlich schon geschlagen. Es war überrollt worden wie Frankreich.
Aber nun kamen die Unterschiede. Kann man den Faschisten vorwerfen, dass sie, in ihrem Denkmuster befangen, einen Kniefall wie den französischen erwarteten – den nur wegen der eigenen Überlegenheits- und Volk-ohne-Raum-Fantasien gar nicht nutzen wollten?
Räumen wir ein, dass für den „Endsieg“ die Teilsiege hätten schneller kommen müssen. Aber was geschah denn nach den Anfangserfolgen der Wehrmacht in der unterentwickelten Ostsowjetunion?
Massen gewöhnlicher Menschen, Frauen und Schwache stellten eine Kriegswirtschaft auf die Beine, durch deren Panzer und Granaten erst die Frontsoldaten kampffähig wurden und blieben.
Klar: Schlacht ist Schlacht. Aber was da militärisch für sich allein betrachtet bedeutungslose Menschen an Entscheidendem vollbrachten, dürfte die einzelnen Schlachten in ihrer Bedeutung überragen. Ausnahmsweise war einmal die besondere Bedeutung der Wirtschaftskraft für die Kriegsbeendigung offensichtlich. Auch hier wieder: Hätten alle gesagt, na, auf mich kommt es nun nicht gerade an, wäre General Paulus vielleicht 1944 in Neu Dehli einmarschiert.
Andere Seite der Front: Wiederum in der engen Betrachtung der einzelnen Handlung waren die Aktionen der Partisanen fast so sinnlos wie Aktionen von Selbstmordattentäten. Jede Erfolgsaussicht lag deutlich unter der Wahrscheinlichkeit, als Toter/Tote zu enden – wozu ja noch die „Strafaktionen“ gegenüber „Unschuldigen“ kamen.
Wer kann im Nachhinein entscheiden, welche für ein Gefechtsausgang an der Hauptfront maßgebendes Teil oder welcher Mensch dort nicht rechtzeitig ankam? Heute wissen wir, wer gesiegt hat in diesem (hoffentlich letzten heißen) Weltkrieg. Können wir da sagen, dass irgendeine konkrete Anna Nikolajewna einen „sinnlosen“ Einsatz gezeigt hatte, weil ihre Aktion schlicht fehlschlug? Sie hat ja nichts gemacht, damit sie versagte, sondern weil sie erwartete, dass neben ihr noch mehr Aktivisten ihre Aktionen starteten, wovon einige eben erfolgreich sein mussten – rein statistisch.

In allerweitestem Sinn gibt es eigentlich nur eines, was bedingungslos falsch ist: Gar nix tun. Da siegen sicher die, die die Macht haben. Alles Andere kann falsch sein, muss unter Umständen streng gerügt werden, weil es das Richtige zur falschen Zeit oder das Falsche zur richtigen Zeit ist – aber die Sicherheit, wann wofür die richtige Zeit angebrochen ist, hat man erst wesentlich später. Im konkreten Augenblick einer Auseinandersetzung ist diese Frage immer Gegenstand der Analyse. Dafür sollte man die richtige Partei haben, ihr vertrauen können.

Montag, 23. Januar 2012

Zwischendurch: Wir kleine Würstchen ändern sowieso nix (1)


Das, was ich hier sagen will, ist gar nicht so leicht zu verstehen. Vielleicht ist es deshalb angebracht, es mit einem geschichtlichen Vergleich zu veranschaulichen. Es lässt sich nämlich immer leichter erklären, ob etwas „richtig“ war, wenn man das positive Ergebnis schon kennt. Stellen wir also einmal die Frage in den Raum, wer die Truppen des faschistischen Deutschlands besiegte.
Nein. Hier soll es nicht darum gehen, ob dies die westlichen oder östlichen Verbündeten innerhalb der Antihitlerkoalition gewesen sind. Ein sachlicher Vergleich aller geführten Schlachten in ihrer Abfolge würde wahrscheinlich de „Roten Armee“ den Hauptteil an der Niederschlagung des Faschismus zubilligen. Allein zur Vereinfachung klammere ich einmal die West- und Südfront sowie die Kämpfe im fernen Osten aus.
Haben die Soldaten der Sowjetarmee die faschistischen Truppen aus der Sowjetunion und Osteuropa getrieben? Auf den ersten Blick ist dies richtig.
Aber erlauben wir uns ein paar Blicke mehr. Alle die, die sagen wollen, eigentlich waren natürlich auch da „die Deutschen“ die Größten, verstärkten die Truppen der Roten Armee durch General Winter. Bei allem Bemühen um Selbstbeweihräucherung, der da eine Rolle spielt, sollte man den Gedanken nicht ganz in den Papierkorb schmeißen. Allerdings waren Russen und Deutsche von Temperaturen von unter Minus 30 Grad gleichermaßen betroffen. Und der entscheidende Unterschied war sicher nicht, dass die einen die „Kälte gewohnt“ waren und die anderen nicht. Dem Problem nähe kommt man schon, wenn man die Ausrüstungen vergleicht. Da hatten die Russen sicher eher angepasste Kleidung und Ausrüstung. Die Frage ist erlaubt, woher sie die hatten.
Die gewaltigen Schlachten hatten insgesamt Ausmaße, dass man kaum sagen kann, persönliche Heldentaten einzelner Soldaten hätten sie entschieden. Im Wesentlichen waren alle Soldaten ersetzbar durch andere. Gut: Hier gab es natürlich Unterschiede zwischen den Soldaten, die auf dem Boden ihrer Heimat ihre Heimat verteidigten, und jenen, für die der „Ersatz“ aus Hunderten Kilometern Entfernung durch Feindesland herangekarrt werden musste. Ohne einen Helden der Sowjetunion vom Sockel zu stürzen, kann man doch keinem einzelnen die Entscheidung über den Kriegsausgang zubilligen – und den sie kommandierenden Marschällen auch nicht.
Das ändert aber nichts daran, dass sich unzählige Verteidiger ihrer Heimat genau so verhalten haben, als hinge das Schicksal ihrer Sowjetunion allein von ihrem persönlichen Einsatz ab. Und in der Masse, also dass es eben die Rote Armee als Ganzes war, hatten sie wieder Recht damit. So unbedeutend wie jede einzelne Heldentat gewesen sein mag, so katastrophal wäre der Krieg ausgegangen, hätte der einzelne Soldat als Grundlage für sein Handeln genommen, auf ihn komme es nicht an. Er musste einfach davon ausgehen, dass die anderen unmittelbar neben ihm und an den anderen Fronten ebenfalls den äußersten Einsatz bei Kampf gegen den Faschismus zeigen würden. Der Ausgang des Krieges gab ihm schließlich Recht.

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (7)

Beides berührt nicht das Hauptproblem der Jetztzeit: dass sich „Geld“ potentiell in „Kapital“ verwandelt, den Keim in sich trägt, andere für sich arbeiten zu lassen.
Dazu sollte man bedenken, dass die Möglichkeiten für Konferenzschaltungen immer weiter ausreifen. Es können also permanent Prüfungen und Verteidigungen von Leistungen (und Titeln) stattfinden, ohne dass die daran Beteiligten körperlich anwesend sein müssen. Was hindert künftige Menschen, sich jeweils für einen bestimmten Sachbereich und eine bestimmte Ebene in einen Prüfer-/Beraterpool berufen zu lassen? Ein zugeschalteter Zufallsgenerator könnte subjektive Beeinflussungen minimieren. All dies erfolgt jeweils innerhalb von Kreisen, die dies so wünschen (so wie es andere Kreise geben wird, die es nicht wünschen).
In extrem dialektischer Sicht könnte eine Welt von Zünften und Gilden „aufgehoben“ sein. Schließlich wäre es der Normalfall, dass man sein Tätigkeitsfenster im Laufe des Lebens verändert anstatt auf einem einmal erworbenen Fach-„Meister“-Titel zu kleben und kaum eine Lösung, die sich in einem Bereich bewährt hat, ist auch für andere genauso gut.

Zur Erinnerung: Es geht um Freiheit auf der einen und die Erledigung aller notwendigen Arbeiten auf der anderen Seite, unabhängig davon, ob die jemand liebt. Das Hauptinstrument, heute diese Fragen praktisch zu lösen, ist das Geld, über das die meisten Menschen unzureichend verfügen können. Wer wie frei ist,erscheint als Ergebnis seines Besitzes. Kommunistischer Besitz ist eine Persönlichkeit kennzeichnendes und schmückendes Äußeres. Insofern werden Mittel, Initiativen Einzelner öffentlich anzuerkennen, unterschiedliche Formen haben, so wie die Mittel, abzusichern, dass alle gemeinschaftlichen Aufgaben auch wirklich gelöst werden vielfältig sein werden.

Dies ist nur ein Stück aus dem Arbeitskapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )

Sonntag, 22. Januar 2012

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (6)

Das Bild der Malediven soll das veranschaulichen: Bestimmte Dinge wird es objektiv auch im Kommunismus nicht im Überfluss geben KÖNNEN. Inzwischen ist glücklicherweise die Notwendigkeit entfallen, eine oder mehrere Behörden zu installieren, um solche beschränkt vorhandenen Güter zu verteilen – und damit Macht auszuüben.
Was heute möglich ist, ist bereits wesentlich feinsinniger, mit unseren überkommenen Begriffen könnten wir sagen: Eine viel umfassendere „Demokratie“ bietet sich als Lösung an.

Ein bedingungsloses und ersatzloses Verschwinden des Geldes wäre aus meinem heutigen Verständnis heraus nicht wünschenswert. An seine Stelle sollten Systeme treten, die eine möglichst „gerechte“ Verteilung von objektiven Mangelgütern ermöglichen. (Achtung: Nur von diesen!) Gerecht heißt in diesem Fall, dass möglichst viele Mitglieder der Gesellschaft bei der Entscheidungsfindung mitwirken und sie mittragen.
Der wichtigste Unterschied zu dem, was wir heute als „Geld“ gewöhnt sind, ist dabei die Individualisierung. Während es für jedes Geld gleichgültig ist, in wessen Besitz es sich befindet, würde die kommunistische „Vergütung“ strikt personengebunden gewährt. Die einzelne Person kann Leistungen „kaufen“, aber auch „verschenken“ - allerdings nicht vererben oder mit ihnen spekulieren.
Wichtig ist auch, dass diese „Vergütung“ Ausnahmecharakter trägt. Heute hat (fast) alles einen Preis. Kommunistisch hat (fast) nichts einen Preis. Sinnvoll ist es aber, wenn sich jeder um alle insgesamt begrenzt verfügbaren „Güter“ bewerben kann. Man kann Menschen ja auch mit einer Belohnung bestrafen, wenn sie diese gar nicht wünschen.

Wie großzügig die künftige Gesellschaft sein wird oder ob sich Buchhaltungs-Nerds ihre Träume von ausgeklügelten Systemen erfüllen werden … wer mag das heute zu sagen. Aber wahrscheinlich ist, dass es Ehrentitel geben könnte. Die werden durch verschiedene Arten von Leistung erworben. Wie unterschiedlich gewichtete Titel zu Zeiten des „Feudalismus“. Warum soll das nicht eine Renaissance erleben? Nur ohne den Unsinn der Erblichkeit? Also Titel, die neben dem „Doktor“ oder „Professor“, aber über dem dem heutigen untersten akademischen Grad stehen?
Und für Leistungen gibt es „Punkte“, die in Vergünstigungen umgewandelt werden können? Oder man arbeitet mit etwas, was mit heutigen Rängen in der Armee vergleichbar ist?
Dies sind nur Überlegungen, was alles wie Geld wirken könnte, ohne welches zu sein. Und etwas Anderes kann auch sein, was wirklich Anerkennung findet, also welche äußere Anerkennung in den Augen der Masse der Beteiligten mehr ist als die Befriedigung persönlicher Eitelkeit. Zur Individualität gehört aber auch, dass der, der seine Eitelkeit pflegen möchte, dies genauso darf, wie der, dem äußere Würden suspekt sind, sie von sich weisen kann.

Dies ist nur ein Stück aus dem Arbeitskapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )

Samstag, 21. Januar 2012

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (5)

Eine ähnlich wesentliche Zahl von Menschen muss erwägen, wozu sie das wenige „allgemeine Äquivalent“, das ihnen ihre Arbeit eingebracht hat, zuerst einsetzen sollte. Sie hat dann die „Freiheit“, sich zu entscheiden … sagen wir für die bessere Schulbildung der Kinder, damit die es vielleicht „einmal besser haben werden“. Das sind die, die dann im Medienbild ihre Zeit totsaufen.
Bis zum Erwägen objektiver Notwendigkeiten, also bis zur Einsicht in solche, dringt heutzutage kaum ein Mensch vor. Nun stelle man sich aber vor, die sieben Milliarden Menschen dieser Erde wollten wirklich alle einmal Malediven-Urlaub machen! Um es vorsichtig zu formulieren: Die Malediven wären einfach nicht mehr die Malediven, die wir meinen.
Es ist also ein höchst komplizierter, komplexer Prozess, den wir verstehen und dem entsprechend wir handeln können. Sozusagen einen bewussten Verzicht einschließend.

Zu der persönlichen Ebene kommt nun noch, dass der einzelne Bürger Mitverantwortung übernimmt: Besuchte niemand diese Malediven, wäre ihre Schönheit wertlos. Es sollten also doch ein paar Menschen dort ein paar angenehme Tage verbringen. Ein kleines Wörtchen mitreden sollte aber JEDER, dass wir in dem Umfang in den Naturgenuss kommen, wie dies wünschenswert ist. Eigentlich wären die TECHNISCHEN Voraussetzungen für eine solche Mit-Entscheidung heute so gut wie noch nie zuvor. Es geht ja nicht darum, dass jeder alles wirklich tut, sondern, dass er real die Entscheidungsmöglichkeit nutzen KANN.
Also „frei“ ist, wer vernünftig handelt, weil er vernünftig handeln kann.

Und natürlich gibt es auch im Kommunismus verschiedene „Gewalten“. Staatsgewalt nicht, weil es ja keine „Staaten“ gibt. Aber es gibt eben zuerst einmal Zwänge der Notwendigkeiten.
Die wichtigste Gewalt ist die Notwendigkeit dazuzugehören.
Nun stirbt mit dem Verschwinden eines „allgemeinen Äquivalents“ die sich verselbständigende Kriminalität ab. Es gibt einfach nichts mehr zu gewinnen durch einen Raubüberfall. Man kann ja keine Millionen Dollar auf die Malediven mitnehmen, mit denen man sich dort etwas Anderes leisten könnte als jeder x-beliebige andere Mensch. Die Achtung in einer schaffenden Gemeinschaft dagegen ist nur dadurch zu erzielen, dass man entweder selbst etwas schafft oder Andere zum erfolgreicheren Schaffen anregt. Wer nirgendwo dazugehört, ausschließlich chillt, ist sozusagen tot.
Womit ich bei einer „technischen Frage“ bin, die eigentlich keine ist:
Ich habe bisher bewusst den Ausdruck „Geld“ vermieden und von „allgemeinem Äquivalent“ gesprochen. Die beiden Ausdrücke zu unterscheiden ist nämlich notwendige Voraussetzung, um verstehen zu können, inwieweit „das Geld“ verschwindet. Meines Erachtens verschwindet es mit Sicherheit nur in eben dieser Eigenschaft, wirklich als „allgemeines Äquivalent“ anerkannt werden zu müssen, also als ein gesellschaftliches Verhältnis.
Heute steht eine bestimmte Geldeinheit auf der einen Seite für eine bestimmte vollbrachte und gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit – unabhängig, wer sie womit vollbracht hat – und auf der anderen Seite für eine bestimmte Menge beliebiger Produkte, die Waren. Sicher wird im Kommunismus niemand sich beliebige Produkte (vor allem fremde menschliche Arbeitskraft) aneignen können, weil sein Urahn einmal eine gesellschaftlich anerkannte Tat vollbracht hatte. Das heißt aber nicht, dass es nicht gesellschaftliche Mechanismen geben wird, mit denen Mangel geregelt werden muss und wird.

Dies ist nur ein Stück aus dem Arbeitskapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )

Freitag, 20. Januar 2012

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (4)

Sollte wider Erwarten auch nach dieser Runde immer noch eine Aufgabe unerledigt bleiben, bliebe Runde drei, das (wie militärisch durchzusetzende) Pflichtjahr.
Es widerspricht kommunistischer Logik, Menschen „zu ihrem Glück zwingen“ zu wollen. Es würde also niemand als „asozial“ verfolgt, wenn er zeitlebens im Wesentlichen keiner geregelten Arbeit nachginge. Solcherart Zwang führt im Allgemeinen zu einer allgemeinen Senkung der Arbeitseinstellung, da Widerwillen stark ansteckend wirkt. Es widerspricht aber kommunistischer Logik ebenfalls, wenn Notwendiges einfach liegen bliebe. So klein dieser Sektor auch sein mag, er erfordert ein Sicherungsnetz für die Gemeinschaft. Auf keinen Fall möchte ich hier für eine wie auch immer umschriebene Arbeitspflicht auftreten. Aber es geht ja kommunistisch um die Vielfalt der Möglichkeiten. Dazu gehört, dass die Gemeinschaft potentiellen „Bedrohungen“ begegnen kann. Es ist also sinnvoll, die Möglichkeit einer „Einberufung“ zur Spezialarbeit (für ein paar Monate) ebenso zu fixieren wie die Verurteilung zur Resozialisisierungstätigkeit (als Ersatz für einen „Strafvollzug“).

Damit wäre ich beim Problemkreis Zwang, Gewalt, Notwendigkeit und Freiheit.
Wenn man Freiheit definierte, alles tun zu können, was einem gerade in den Sinn kommt, dann wäre dies ein „Begriff“, der nur heute und nur für Menschen mit einem unangemessenen Überschuss an „allgemeinem Äquivalent“ umsetzbar ist und dessen Umsetzung für einen vernünftigen Menschen nicht wünschenswert wäre, da er egoistische Rücksichtslosigkeit erfordert. (Was ich mir nehme, muss ich anderen wegnehmen.) Wenn man sagte, Freiheit wäre (nur) „Einsicht in die Notwendigkeit“, so klingt darin zu viel Unterwerfung mit.
Natürlich ist richtig, dass wahrer Freiheit durch Wissen begründete Einsicht vorausgehen muss. Insofern ist es ein Begriff der Vernunft. Und natürlich geht es um ein der selbst erzielten Einsicht angemessenes Verhalten.

Nehmen wir ein primitives Beispiel: Stellen wir uns vor, dass es eigentlich zur Freiheit jedes Menschen gehörte, in seinem Leben einmal Urlaub auf den Malediven gemacht zu haben. Im „Realsozialismus“ vergangener Prägung verhinderte staatliche Gewalt einen solchen Ausflug allgemein, da es sich um kein „Bruderland“ handelte. Im Realkapitalismus verhindern mehrere Ebenen für die meisten Menschen der Erde diese Freiheit praktisch auch:
Ein Teil müssen sich diese Freude versagen, weil er sie gar nicht kennt, nichts von ihr weiß. Der Hutu-Kindersoldat war zwar räumlich der Inselgruppe etwas näher als „wir“, der Hauptinhalt dessen, was er lernen musste, beschränkte sich aber auf das schlichte Überleben.

Dies ist nur ein Stück aus dem Arbeitskapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )

Donnerstag, 19. Januar 2012

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (3)

Zum normalen, frei harmonisierten Arbeitswahlprozess tritt ergänzend ein stärker restriktives System hinzu. Je nach Notwendigkeit kann dies wie eine „allgemeine Wehrpflicht“ oder wie ein „freiwilliges soziales Jahr“ funktionieren. Für beide Systeme gibt es Argumente.
Man stelle sich ihre technische Grundlage vor:

In einem weltweit vernetzten lückenlosen Datensystem sind alle nicht abgesicherten Arbeitsaufgaben öffentlich ausgeschrieben. Da es keine privaten Beschränkungen gibt, kann lückenlos jede Aufgabe in EINEM System erfasst werden. Ein Großteil wird zwar mittelfristig vorgeplant. Diese Planung darf aber nicht starr sein. Es muss also immer mit punktuellen Lücken gerechnet werden. Nun kann man entscheiden, wie die konkrete Lücke zu schließen ist. Das Prinzip FSJ hieße hier, dass sich die freiwillig zu Verpflichtenden im Windhundverfahren das für sie „Angemessenste“ heraussuchen. Das Wehrdienstprinzip dagegen wäre absolut lückenlos und schlösse für den Dienstzeitraum die Verweigerung einer Tätigkeit ohne schwer wiegenden Grund aus.
Das Prinzip FSJ hätte natürlich eine größere Attraktivität und wäre sozusagen die vorletzte Möglichkeit. Denn auch im Kommunismus wird es „Modeberufe“ geben, bei denen Ablehnungen von Interessenten unvermeidlich sind. Die bewiesene Bereitschaft, gesellschaftlich Notwendiges über die eigene Individualität zu stellen, wäre ein sinnvolles Auswahlkriterium unter vielen anderen – und das auch, obwohl sich die Kandidaten ihre gesellschaftliche Notwendigkeit hatten selbst aussuchen können. Andererseits … wenn man weiß, dass ein solches „freiwilliges Pflichtjahr“ Voraussetzung für nachfolgende Freiheiten ist, regt das Aktivitäten an, sich unter potentiell Unangenehmem das persönlich Angenehmste herauszusuchen.

In Runde eins wird also jede „freie Stelle“ (welt)offen ausgeschrieben – unabhängig davon, ob es sich um eine „freie Stelle“ in Sinne heutiger Berufstätigkeit handelt, oder ob es um eine zu lösende „Aufgabe“, ein fertigzustellendes Projekt geht. Welche Auswahlkriterien es zur Besetzung geben wird und ob überhaupt, wird von Aufgabe zu Aufgabe verschieden sein. Man denke sich alle Grenzen weg außer der unterschiedlichen fachlichen Kompetenz. Da es unter entwickelten kommunistischen Bedingungen auch keine Sprachbarrieren geben wird, (schließlich gibt es außer regionalen auch eine Weltsprache) kann weltweit nach geeigneten Fachkräften gesucht werden – mit größerer Wahrscheinlichkeit, welche zu finden.
Sollte etwas auf diese Weise nicht gleich gelöst werden, so kann es durch Runde zwei überbrückt werden – und zwar kurzfristig. Die FSJ-Windhunde wissen um ihren „Springer-Charakter“, dass sie unter Umständen nur eine vorübergehende Verantwortung übernehmen. Mit anderen Worten: Die Aufgabe als solche bleibt ausgeschrieben für Bestqualifizierte und Interessierte – was natürlich den „Zwangsfreiwilligen“ kein Hinderungsgrund ist, sich eventuell dauerhaft um ihren Platz zu bemühen.

Dies ist nur ein Stück aus dem Arbeitskapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )

Mittwoch, 18. Januar 2012

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (2)

Es kommt also eine zweite „Lösungsebene“ hinzu: Prinzipielle Freude an der gesamten Arbeitsaufgabe lässt uns auch einzelne „unappetitliche“ Teil-Arbeiten mit Freude, zumindest aber leichter erledigen. Oder sagen wir es so: Es bereitet Befriedigung, sich selbst als sinnvoll zu erkennen. Es hat eben – auch wenn es nicht jedermanns Sache ist – etwas für sich, abrechnen zu können „Patient sauber, fühlt sich wohl!“. Alle die, die schon die Dankbarkeit von Hilfebedürftigen empfangen durften, wissen um diesen Wert. (Wobei das Problem der Würde im konkreten Fall eher auf Seiten dessen liegt, der wie ein hilfloses Baby gepflegt werden muss.) Dem steht heutzutage in erster Linie der Zeitdruck entgegen. Das Auskosten zwischenmenschlicher „Belohnungen“ ist im bezahlten Pflegeberuf nicht vorgesehen. Auch bei anderen Berufen gibt es vom Inhalt her „unangenehme“ notwendige Tätigkeiten, die „attraktiv(er)“ würden, erkannte man sie angemessen an. Dabei könnte (!) heute schon ein Schreibtisch-“Arbeiter“ anerkennen, dass er zu mancher „Drecksarbeit“ gar nicht fähig wäre, er sich also über Menschen freuen sollte, die solche Arbeiten verrichten. (Er sieht nur, dass umgekehrt die seine Arbeiten nicht packen.) Was spricht dagegen, dass es einmal für einen solchen Zweck bei heute ganz abwegig erscheinenden Berufsgruppen Versionen von „Restauranttestern“ geben könnte? Das setzt natürlich immer voraus, dass jedes Ergebnis auf einen „Verantwortlichen“ zurückgeführt werden kann. Außer natürlich, dass das eine Art der „Kontrolle“ wäre – die muss auch abgelehnt werden können.

In beiden Fällen liegt ein „innerer Zwang“ zur Arbeit vor. Die Einzelnen erkennen aus freien Stücken die Notwendigkeit bestimmter Arbeiten und übernehmen bewusst Verantwortung für deren Erledigung.
Trotzdem wird immer ein Rest bleiben, der gelöst werden muss, für den sich aber gerade niemand findet. Sei es nun wegen der Lage des Problems oder weil sich für bestimmte Aufgaben insgesamt zu wenige Menschen begeistern lassen.
Was spricht in solchen Fällen gegen ein allgemeines Findungs- und Bewährungsjahr?

Zum normalen, frei harmonisierten Arbeitswahlprozess tritt ergänzend ein stärker restriktives System hinzu. Je nach Notwendigkeit kann dies wie eine „allgemeine Wehrpflicht“ oder wie ein „freiwilliges soziales Jahr“ funktionieren. Für beide Systeme gibt es Argumente.
Man stelle sich ihre technische Grundlage vor:

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Dienstag, 17. Januar 2012

Nicht alle Arbeit wird Kunst – manche bleibt Pflicht (1)

Die Welt des entfalteten Kommunismus wird fast immer für fast jeden einzelnen Menschen einen sinnvollen Lebensplatz zu bieten haben, bei dem der Nutzen für die Gemeinschaft mit dem für sein individuelles Wohlbefinden in Einklang gebracht werden kann. Was ist aber mit den Fällen, in denen das nicht gelingt? Es ist natürlich schwierig, ein System von den Sonderfällen her zu beleuchten, aber letztlich nötig. Der ganze heutige Staatsapparat scheint ja darauf ausgerichtet, sich mit (potentiellen) Sonderfällen auseinanderzusetzen, um jedem einzureden, er sein ein Sonderfall, der an seinem eigenen Schicksal schuld. Die Masse der Bürger dieses Landes würde sich zu Äußerungen hinreißen lassen wie „Wegen mir brauchte es keine Polizei zu geben. Aber vor den paar Verbrechern möchte ich schon geschützt werden.“
Die Probleme liegen dabei zuerst einmal im Charakter der Arbeiten selbst, aber auch in der Individualität der Menschen. Als Materialist beginne ich logischerweise bei den Arbeiten, deren Charakter erkannt und beeinflusst werden kann.

Der Haupttrend zum und im Kommunismus wird das Schrumpfen der Masse an „Arbeit“ sein, der wir heute ausgeliefert gegenüberstehen, über die wir uns bedingt freuen, sie zu haben, schließlich leben wir davon. Das fällt weg. Der Anteil der Arbeiten, die „man“ machen wird, weil „man“ genau die jeweilige konkrete Aufgabe lösen möchte, nimmt dabei und dadurch zu. In der Welt wird es aber trotzdem immer notwendige unangenehme Arbeiten geben. Sagen wir als tatsächliches Beispiel, dass hilflosen Menschen der vollgeschissene Arsch geputzt werden muss (nicht nur im übertragenen Sinn). Es verändern sich allerdings die Arbeiten, die als solche empfunden werden. (Man denke an „Hausarbeit“.)

Unangenehme Arbeiten wird man gesellschaftlich bekämpfen, soweit dies möglich ist. Ständig neu wird man sich die Frage stellen, durch welchen Fortschritt, durch welche Erfindung welche unangenehmen Tätigkeiten eingespart werden können. Im konkreten Fall hieße das also, alle Bemühungen immer wieder neu auf das Kernziel eines lange erfüllten Lebens auszurichten. Kampf den Krankheiten und den mit dem Alter verbundenen Verfallsprozessen. Forschung nach technischen Hilfen. Das lässt sich auch verallgemeinern: Immer wieder neu wird Menschen bewusst werden, dass einige notwendige Arbeiten ihre Würde verletzen. Die meisten von ihnen werden früher oder später durch technische Systeme gelöst – um den Preis, dass dahinter die nächsten auftauchen. Und manches geht ja auch nicht. Wann wird ein Androide den Arsch seines menschlichen Gebieters putzen? Und liegt eine Inkontinenz vor, kann man ja nicht warten, bis die Krankheit als solche besiegt wäre … Manchmal dauern solche Lösungen viele hundert Jahre.

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Sonntag, 15. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (8)

Wenn wir die Musik machen ...


Die kommunistische Arbeitswelt wird sich demnach wohl zwischen drei Extremen bewegen:
Das eine Extrem habe ich mit der Musikproduktion angedeutet. Der Anteil an „lebendiger Arbeit“, der im fertigen „Produkt“ erkennbar ist, schrumpft immer weiter auf Werte nahe Null. Sehr nahe Null kommt man zum Beispiel durch Automaten / Roboter, die selbst Automaten / Roboter herstellen. Die aktuelle Arbeit wird dort durch früher vergegenständlichte verrichtet. Dies ist übrigens der Bereich, der seine erste Blüte durch weltweite Konversion erleben könnte. Spezialisten hochwertigster Militärtechnik haben normalerweise die „Vorbildung“, um Programme solcher technischen Komplexität zu verstehen und zu erarbeiten. Hier wären sie sinnvoll einsetzbar – zusammen mit erfahrenen Kräften des bisherigen Bereichs. Man muss ja berücksichtigen, dass der Bau solcher Roboter bauenden Roboter eine Investition in die Zukunft bedeutet.

Das zweite Extrem ist die Gegenseite, die „Kunst“. Hier wird in erster Linie produziert, weil die „Produktion“ den „Produzierenden“ (und einigen Anderen) einfach Spaß macht. Im Großen und Ganzen ist das eigentliche Bedürfnis auch technisch lösbar: Jeder könnte sich eine Kopie der Mona Lisa ins Wohnzimmer hängen. Der Kunst-Charakter der „Arbeit“ bedeutet, dass Arbeitsaufgaben die Arbeitenden voll vereinnahmen. Marx nannte das Arbeit als „erstes Lebensbedürfnis“. Ich konkretisiere das zur „Freude am Schaffensprozess und am Produkt“ für den Schaffenden. In diese Kategorie fällt auch ein echter Kleingarten. Für die Bekämpfung von Hunger darf weltweit im Kommunismus Kleinfeld-Wirtschaft nicht mehr nötig sein – aber für eine hohe Qualität und Diversifizierung des Angebots. Also jeder muss ohne Handarbeit satt werden, aber mit Handarbeit wird man angenehmer satt.

Das dritte Extrem sind die direkten Arbeiten am Menschen. Die wird den weitaus größten Anteil aller Weltarbeitszeit ausmachen. Wobei sich auch heute anders geartete Tätigkeiten unter kommunistischen Vorzeichen in solche Arbeiten verwandeln werden. Ich halte den heute schon gebrauchten Ausdruck "Care"-(also Sorge-)Arbeit als zu kurz greifend. Natürlich gibt es Überschneidungen und Verschiebungen zwischen den Extremen. So ist damit zu rechnen, dass die unmittelbare Chirurgie immer mehr rein technische Vorgänge umfassen wird, also dass mehr Operationen durch Roboter übernommen werden (ganz oder teilweise). Das ändert aber nichts daran, dass alle medizinischen Berufe direkte Fürsorge-Arbeiten bleiben beziehungsweise wieder sein dürfen. Mitmenschliche Fürsorge im weitesten Sinn unterscheidet sich also von den anderen dadurch, dass ihr Wesen in der unmittelbaren Kommunikation zwischen Menschen, die ein Bedürfnis haben und solchen, die es befriedigen, besteht. Ihre Intensivierung steht ihrem Sinn entgegen. Wer zu einem anderen Menschen nett ist, kann nicht dadurch netter sein, dass er schneller nett ist. Insofern können solche Tätigkeiten erst über den Kommunismus aus dem Schattendasein im auf Geldertrag fixierten Leben treten.

Also insgesamt ist mit dem heute auf der Welt vorhandenen Arbeitskräftepotential, sofern es sinnvoller eingesetzt wird, bereits eine „kommunistische Welt“ erreichbar. Das schließt aber ein, dass sich kurzfristig der Charakter der Arbeiten verändert, sie bewusster auf ein vernünftiges Ziel, sei es nun die Verbesserung künftiger Arbeitsbedingungen oder die „Menschlichkeit“ der konkreten Aufgabe ausgerichtet wird. Damit wird das Vergnügen am Arbeiten tendenziell erhöht, indem insgesamt die Menge sinkt und dabei besonders die stupide.

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Samstag, 14. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (7)

Das eine tun ... und das Andere nicht lassen ...


Prinzipiell hätte also jeder Mensch irgendwann ein Empfangsgerät angeschafft, das nur noch zu warten und ggf. durch ein tatsächlich verbessertes zu ersetzen wäre. Mit diesem kann er uneingeschränkt alle Musik aus dem Weltnetz herunterladen, die seit der Entwicklung geeigneter Tonträger jemals Menschen mit Vergnügen am Musizieren gemacht haben. Das hindert natürlich niemanden daran, sein Vergnügen in der tatsächlichen Begegnung mit seinem Lieblingsmusiker zu suchen - so, wie es zweifelsfrei ein faszinierendes Erlebnis für die Musiker bleiben wird, live vor Publikum zu spielen.
Für den "Kommunismus" ist auf diesem Gebiet die technische Voraussetzung erreicht.

Bei vielen anderen Vorgängen stellt sich die Problematik heute anders dar. Da ist es für den in betriebswirtschaftlicher Beschränkung denkenden einzelnen Unternehmer sogar "billiger", sich gegenseitig niederkonkurrierende Arbeiter einzusetzen als automatisierte Strecken zu schaffen. Die setzten ja auch globale Planung des Absatzes voraus. Und für den betriebswirtschaftlich beschränkten Unternehmer ist es eben "sinnvoller", Waffen für staatliche Abnehmer zu produzieren als echten Massenbedarf befriedigende Großanlagen.

Die Großanlagen sind aber der Eckpfeiler, der neben dem "Handwerksbetrieb" stehen wird (oder bei anderem Betrachtungswinkel umgekehrt). Die Fortschrittsgläubigkeit der vergangenen Marxisten hatte nur den Mangel, den Trend zu Mehr und Größer mathematisch geradlinig fortschreiben zu wollen. Dass DANEBEN ein ausufernder Bereich von „Kunst“ in weitem Sinne sich entfalten könnte und müsste, wurde nur abstrakt erfasst.
Ich verstehe hierbei unter Kunst nicht die Ausübung einer abschließenden Zahl von "Künsten", sondern alle Tätigkeiten, bei denen man nicht mehr auseinanderzuhalten kann, was das Entscheidende ist:
Das Vergnügen des Empfängers bei der Befriedigung seines Bedürfnisses,
das Vergnügen des "Künstlers" im und am Schaffensprozess oder
das Vergnügen des "Künstlers" am Wissen, dass und wie sein Produkt einem Anderen Vergnügen bereiten wird.
Dass das drei voneinander unterscheidbare Dinge sind, können Künstler aller Zeiten und Gattungen bestätigen. Welches am stärksten zurücktritt, wenn jedes "Vergnügen" erst durch die Sieblöcher erhofften "allgemeinen Äquivalents" muss, also wenn nur "Bares" "Wahres" ist, können die meisten heutigen Künstler heute schlecht entscheiden. Nur, dass "man" von Kunst schlecht leben kann.
Auch das ist wiederum hauptsächlich dadurch begründet, dass das eigentliche Bedürfnis bereits technisch zu befriedigen ist: Jeder kultivierte Bürger Europas kann sich Bilder jeden Malers in ihrer Farb-Schönheit an die Wand hängen, um sie geschmackvoll zu schmücken. Das Prädikat der "Echtheit" ist ein dafür nicht erforderlicher Sonderfall.

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Freitag, 13. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (6)

Wo das Geld schon stinkt ...


Das Problem liegt darin, dass inzwischen Gesamtvorgänge arbeitsteilig so weit in Einzeltätigkeiten aufgespreizt sind, dass man zum Schluss nicht mehr sieht, welcher Teilvorgang für das Gesamtergebnis, also die Befriedigung eines echten Bedürfnisses, notwendig ist.
Einfach gesagt: Dafür, dass jemand seinen Hunger mit einem Apfel mindert, braucht man keinen Wärter. Solange alle hungrig sind, ist es sinnvoll, einen Wärter einzusetzen, damit ein paar Wenige sich Gedanken darüber machen können, wie der Hunger generell bekämpft werden kann. Dieser Vorgang verselbständigte sich aber: Diejenigen, die nun keinen Hunger mehr hatten, benutzten ihre Mitmenschen in erster Linie dazu, dass es nur ihnen selbst besser geht. Also brauchten sie mehr Wärter und Kontrolleure der Wärter und Berechner ihres Besitzes und Entwickler neuer Apfelsorten und Registerführer, die das Recht wirtschaftlich Ausgesuchter schützten, die neuen Apfelsorten zu nutzen …

Nicht bei allen Vorgängen wirkt das Recht kapitalistischer Marktwirtschaft so unmittelbar menschenfeindlich wie bei Generika. Wenn jemand bestimmte Musik nicht hören kann, stirbt er nicht daran. Wenn aber die relativ hohen Forschungskosten ein „Rechtssystem“ begründen, durch das Medikamente für eine erhebliche Zahl von Menschen Tod bringend unerschwinglich sind, obwohl ihre Produktion selbst relativ billig ist, so ist dieses System nicht nur änderungsbedürftig, Kommunismus könnte hier im unmittelbaren Sinn Leben retten.

Es gibt inzwischen eine Unzahl von Tätigkeiten, die für das gute Leben der Allgemeinheit so sinnlos sind wie Downloadsperren oder Kopierschutzprogramme. Wir merken es nicht, weil wir uns an sie gewöhnt haben und für sie bezahlt werden. Da sie mitunter sogar sehr gut bezahlt werden, müssen sie ja wohl notwendig sein. Aber sie sind für die Menschheit als Ganzes kontraproduktiv. Immer mehr Arbeiten bewirken nichts Anderes, als dass ein Ergebnis nur einigen Wenigen zufällt - obwohl sinnvollerweise die, die solche Arbeiten ausführen, in dieser Zeit neue Produkte zum Befriedigen von Bedürfnissen herstellen könnten. Das ist so lange noch kein Grund für Kommunismus, solange sich beim Wegfall aller Kontrolleure und Wächter nur insgesamt der Mangel verbreitete - wenn auch vielleicht etwas gemildert. Sprich: Solange jemand hungern MUSS, kann es keinen Kommunismus geben. Also stellt sich die Frage, an welcher Stelle der Entwicklung der potentielle Reichtum einer menschlichen Gesamtgesellschaft ausreichend groß wäre.

Allen Fortschrittsskeptikern zum Trotz gibt es darauf eine Antwort: In dem Moment, in dem die Masse aller vergegenständlichten Arbeit allein bereits alle menschlichen Grundbedürfnisse zu befriedigen vermag, ist der entfaltete Kommunismus reif. Nicht im Detail, aber im Gesamtdurchschnitt. Primitiv veranschaulicht: Aller "Hunger" müsste von Maschinen allein gestillt werden können. Wie dies passieren kann, wird von Sachgebiet zu Sachgebiet anders ausfallen. Die Variante Musik hat dabei nur besonders positiven Mustercharakter:

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Donnerstag, 12. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (5)

Am Anfang war der Musiker ... aber nur da ...


Die technische Entwicklung auf dem "Musikmarkt" hat inzwischen schon die Möglichkeit des Kommunismus erreicht: Natürlich bleibt der Ausgangspunkt aller Bedürfnisbefriedigung, dass irgendwann irgendwo einmal Musiker ihre Arbeit getan, also „Musik gemacht“ haben. Ihr Arbeitsprodukt kann aber so gut wie unbegrenzt von jedem potentiellen Bedürfnis-Haber zur Bedürfnis-Befriedigung benutzt werden. Eine materielle Beschränkung gibt es nicht. Technisch könnte gezählt werden, okay. (Für das Selbstwertgefühl der Musiker ist nicht unerheblich zu wissen, wie oft man sie hören will. Das ersetzte den Geldreichtum.) Die Verwandlung in eine zu bezahlende Arbeit ist aber bereits ein völlig vom Bedürfnis gelöster, ja, ein ihm entgegenstehender materieller Vorgang. Er erwächst (unabhängig davon, dass man ihn mit dem „Urheberrecht“ begründet) praktisch allein aus jener zusätzlichen geringen geistigen und materiellen Arbeit, mit der das Herunterladen von Musikstücken aus den WEB verboten, beschränkt und in einen Kaufakt verwandelt wird. Rein technisch reichte ein einziges Hochladen eines einmal "aufgenommenen" Musikstücks, um weltweit so gut wie ewig jeden Interessenten sein Bedürfnis befriedigen zu lassen. Herunterladen kann der Interessierte allein – so wie er allein zu einem Konzert gehen würde, nur einfacher. Beim Herunterladen führt der „Bedürftige“ die materiellen Tätigkeiten, die zur Befriedigung seines Bedürfnisses erforderlich wären, selbst aus. Rein virtuell teilt er (!) den Umfang der ursprünglich in das Produkt Musik investierten Arbeitszeit, einschließlich der damit verbundenen geistigen Arbeit, neu auf: Vorher entfiel die Gesamtarbeitszeit auf 999 998 Hörvorgänge, nachher auf 999 999. Je mehr Vorgänge umso ehe kann behauptet werden, dass unter kapitalistischen Bedingungen allein die Arbeit bezahlt wird, die zum Bezahlen nötig ist, also Reloadsperren, Buchungsvorgänge usw., die mit dem Bedürfnis nichts zu tun haben. Lässt man sie einfach wegfallen, ändert sich an der Bedürfnisbefriedigung nichts.

Bei allen spezifischen Modifizierungen ist damit das Beispiel Musik das Grundmuster kommunistischer Verhältnisse. Oder richtiger: Diese Art der sich selbst verewigenden geistigen Arbeit ist der materielle Boden für das Funktionieren der kommunistischen Gesellschaft. In dieser reinen Form kommt es wahrscheinlich nicht oft vor. Allerdings ist es natürlich eine gewaltige soziale Revolution, wenn weltweit eine einmal entwickelte geistige Leistung überall dort, wo sie benötigt wird, auch verfügbar ist – und das ist natürlich kommunistisch, denn niemand hat einen materiellen Nutzen davon, irgendwo irgendwen von der Nutzung seines geistigen Produkts auszuschließen. Im Gegenteil: Der Ruhm als denkbarer Lohn einer Leistung steigt mit seiner weltweiten Bekanntheit. Der „Lagerplatz“ Internet machte jedes geistige Produkt weltweit zugängig. Ohne einzelnen Träger und die Arbeit ihn als Anbieter zu reproduzieren. Die Bedeutung dessen steigt logisch mit jedem neuen Automatisierungsschritt.

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Mittwoch, 11. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (4)

Ohne Musiker keine Musik ...


Unterstellen wir, dass alle elementaren Bedürfnisse, also all jene, durch die wir überhaupt leben, befriedigt sind. Nun geht es nur noch darum, WIE wir leben. Nehmen wir uns jenes Geflecht von Bedürfnissen vor, das wir mit Musik befriedigen. Greifen wir uns vereinfachend den Wunsch nach Wohlbefinden heraus.
Sofern es darum geht, Wohlbefinden durch Musik näher zu kommen, können wir drei Entwicklungsstufen der "Produktivkräfte" feststellen. (Wir klammern hier das aktive Musik machen aus und beschränken uns auf das passive Musik hören.)
In der ersten Stufe war die notwendige Voraussetzung für einen Musikgenuss die körperliche Anwesenheit der Musiker. Jeder einzelne Mensch war jedes Mal neu auf deren direkte „Arbeit“ angewiesen. Keine Musiker - keine Bedürfnisbefriedigung. Die Verhältnisse im Sinne eines "Überbaus" konnten dabei variieren: Die Musiker verbanden ihr Vergnügen mit dem der Gemeinschaft (Urkommunismus), die Musiker versuchten, ihre Kunstarbeit zu verkaufen (Marktwirtschaft) und nicht Zahlende wurde von der Bedürfnisbefriedigung Musik hören ausgeschlossen (entwickelte Marktwirtschaft). Aber immer galt: Kein Musiker - keine Musik. Die unmittelbare Arbeit an der Bedürfnisbefriedigung war das Wesentliche, obwohl von Anfang an ein gewisses geistiges Eigentum (Beherrschung der Instrumente, Text, Rhythmus und Melodie) notwendig in die Bedürfnisbefriedigung einfloss. Eigentlich notwendig ergab sich daraus ein garantierter relativer Mangel, wenn zu jeder Gelegenheit, bei der man hätte Musik hören wollen, auch ein Musikus seine Leistung erbringen musste.

In der zweiten Stufe wurde das Bedürfnisbefriedigungsmittel Musik auf einem materiellen Träger zur Ware. Äußerlich war sogar nur eben dieser Träger, ob der nun Schallplatte, CD oder wie auch immer heißen mochte, die Ware. Es bestand aber weiter ein mathematisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Arbeit der Musiker und den einzelnen Bedürfnisbefriedigungen, sprich: man kann die Musizier-Arbeitszeit dem Träger zuordnen. Weitere Arbeiten waren nötig, damit man Musik hören konnte – wieder „zurechenbar. Allerdings arbeiteten die Musiker nicht mehr dort, wo die Musik gewünscht wurde, und der materielle Träger konnte das Bedürfnis wiederholt befriedigen, ohne neu erworben werden zu müssen. Damit war dieser Bereich der Produktivkräfte anderen bereits objektiv (und z. T. dauerhaft) voraus: Wie auch immer ein Apfel "produziert" worden sein mag, er kann immer nur (höchstens) einmal gegessen werden. Trotzdem ist der „Wert“ gleichartig zusammengesetzt: geistige und körperliche Arbeit wird über einen materiellen Träger vergegenständlicht dem zahlungsfähigen Kunden zugeführt. Und die Produktion des materiellen Trägers ist von der ursprünglichen Arbeit abgekoppelt: Für die Musiker ist es technisch egal, ob ihre Platte Tausend oder eine Million Male hergestellt und vertrieben wird (nur für ihren Erlös nicht). Wir finden unseren zweiten Robinson-Wirtschaftskreislauf hier zwingend wieder. Musik hören ist eng verknüpft mit der Fähigkeit, den Träger zu bezahlen.

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Dienstag, 10. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (3)

Wer erfand die "Ökologie"? Engels, oder?


Leider gab es zu Marx´ und Engels´ Zeiten auch Erscheinungen, die das Jäger- und Fischer-Bild in engerem Sinn realistisch sein ließen: Schlicht und einfach lebten auf der Erde noch nicht mehrere Milliarden Menschen. Man konnte sozusagen jedem einzelnen Menschen zehnmal mehr Fläche Land fiktiv zuordnen, auf dem er seinen Wünschen hätte nachgehen können, hätten dies die gesellschaftlichen Machtverhältnisse nicht blockiert. Aussagen über die Bevölkerungsentwicklung in 100 und mehr Jahren sind dagegen unseriös. Nun können viele Aussagen von Engels als Grundgerüst moderner wissenschaftlicher Ökologie gedeutet werden. Aber heißt das auch, dass der der heutige geplagte „Städter“ im Kommunismus beim Angeln einen „Laptop“ neben sich haben wird, um sich beim Fang für die vergnügliche Gruppenfischsuppe nicht zu weit von seiner geliebten Modelloptimierung für ein regionales Verkehrs- und Distributionssystem trennen zu müssen? Vielleicht wirklich bei einigen. Zumindest wäre es voreilig, solche Vorstellung einfach als Unsinn abzutun.

Die alles entscheidende Frage ist im Moment, wie WIR uns den "Kommunismus" vorstellen. Nicht, was irgendein Marx dazu gesagt hat.
Ich sehe als wichtigstes Merkmal allen Lebens unter entfalteten kommunistischen Bedingungen die totale "Diversifizierung" an. Anders ausgedrückt: Es wird keine Regeln ohne so viele Ausnahmen geben, dass die Ausnahmen zur Regel werden. Schlüsselwort Vielfalt. Die seit Marx vorangeschrittene Entwicklung der "Produktivkräfte" gibt uns einige Erscheinungen vor, die es uns Heutigen leichter machen als den frühen "Kommunisten", uns eine solche Zukunft vorzustellen. Das klarste Bild bietet dabei die Kunst.

Der wichtigste Unterschied zwischen "progressiven" Weltanschauungen, die in Klassengesellschaften entstehen, und solchen danach ist die Rolle der Bedürfnisse, genauer: wie direkt die Produktion auf sie ausgerichtet ist.
Ein Fortschritt der Geisteswissenschaften unter Klassenbedingungen war der Nachweis, dass die Arbeit die materielle Grundlage aller Gesellschaft ist und deren Bedingungen sind nun einmal die Verhältnisse in der Produktion. Der Kernpunkt aller Produktionsverhältnisse aber sind die Eigentumsverhältnisse (an den „Produktionsmitteln“). Gerade die verändern sich im Kommunismus aber nicht, weil es sie als gesellschaftliche Verhältnisse gar nicht mehr gibt. In den Fokus tritt dann das, was die Menschen von Anfang an überhaupt erst veranlasst hatte, zu arbeiten: ihre unmittelbaren Bedürfnisse. Vor der Jagd kommt der Hunger beziehungsweise beim Menschen immer stärker das Wissen, dass der Hunger kommen wird.

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Montag, 9. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (2)

Was der Bauer nicht kennt, ... oder wir Jäger, Fischer, Sammler und Kritiker ...


Zweitens lässt sich natürlich etwas Unbekanntes nur aus dem Vergleich mit Bekanntem erklären. Man stelle sich vor, es wären Zeitreisen möglich. Nun erkläre man eine moderne Wohnung mit Fernseher, Computer, Musikanlage, Handy und Ceranfeld den Denkern Marx und Engels im Jahre 1844 – von „normalen“ Arbeitern ihrer Zeit ganz abgesehen. Aber eigentlich müssten wir uns ja eher mit denen vergleichen! Ich bezweifle, mich ihnen da wirklich verständlich machen zu können. Für einen Witzfilm böte dies herrliche Gags, über die wir heute entspannt lachen könnten.

Drittens steckt ein rationaler Kern in dem niedlichen Bild: Dass wir heute froh sind, in dem Bereich arbeiten zu dürfen, den wir gelernt haben, hat doch zweierlei Gründe. Da ist die Sache selbst. Die Masse an Wissen, um ein Computersystem zu programmieren, ist „etwas“ größer als das Knowhow für den Fang eines Fisches. (Obwohl man auch die spezifischen Kenntnisse der Vergangenheit nicht unterschätzen sollte.) Es wäre also eine Verschwendung, sich erst eine solche Masse an geistiger Potenz anzueignen, und sie dann nicht einzusetzen, wenn wir nicht die freie Entfaltung unserer Individualität in den Vordergrund stellen. Marx ging es aber wohl um etwas anderes. Wir sind durch unsere Einbindung in den „gesellschaftlichen Reproduktionsprozess“ gezwungen, „unser Geld zu verdienen“. Wer unsere Arbeitskraft einsetzen will, möchte sicher sein, dass sich das lohnt. Ihm müssen wir beweisen, was wir gelernt haben. So verkümmern wir, weil wir für unser Arbeitsleben „festgelegt“ sind. Manchem sieht man das fast an. Wie viele „Buchhalter“ erkennt man irgendwie als Buchhalter … Erfahrungswerte besagen, dass die meisten Menschen nach etwa sieben Jahren gleichartiger Tätigkeit ihr kreatives Potential verloren haben. Aber wer würde sich freiwillig an Neues heranwagen, wenn seine Chancen, dort anerkannt arbeiten zu dürfen, mit jedem weiteren Lebensjahr sinken?

Natürlich ist das mit morgens, nachmittags und abends etwas übertrieben und man erkennt den Wunsch als Vater des Gedanken. Aus einer Welt der totalen Disziplinierung jedes Einzelnen für eine feste Rolle brach der Wunsch nach anarchischer Freiheit durch.
Dabei ist das Bild wahrscheinlich trotzdem eine Nuance näher an der Wirklichkeit, als wir uns das heute ausmalen. Die Zahl der „Berufe“, die unsere kommunistisch lebenden Nachfahren erlernt haben werden, wird unterschiedlich groß sein, aber sicher größer eins. Man wird dabei Synergieeffekte feststellen, also dass Ideen zur Verbesserung des einen Fachs besonders von denen kommen, die in einem ganz anderen auch andere Abläufe kennen gelernt haben. Dass also die Menschen im Lebensverlauf nacheinander mehrere Berufe ausüben werden, dürfte einen Heutigen nicht sonderlich verwundern. Technische Grundlagen dafür, dass der einzelne Mensch tatsächlich im Laufe eines Tages mehrere unterschiedliche Tätigkeiten nach seinem Gusto wird ausführen können, gibt es aber auch schon. Das ginge nämlich leicht, wenn man es von Zuhause aus erledigte. Dem stehen heute in erster Linie Sicherheitsbestimmungen entgegen. Es besteht aber wohl kein Zweifel, dass immer mehr Aufgaben über Rechentechnik daheim oder unterwegs erledigt werden könnten und prinzipiell bereits „virtuelle Büros“ möglich sind. Im Kommunismus steht hinter keiner Tätigkeit ein Schaden gegenüber einer Konkurrenz. Ein Arbeitender kann also eine Idee für mehrere Zwecke nebeneinander verfolgen, wenn ihm dies Spaß macht. Deshalb muss das nicht der Mehrzahl aller Menschen Spaß machen. Es reicht der Menschheit, wenn es einigen Engagierten Spaß bereitet.


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Sonntag, 8. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten

Marx als Poet


Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker und muß es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will - während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden. …“(Karl Marx: "Die deutsche Ideologie")

Die pathetischen Marx-Worte „ Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"werden verschiedentlich benutzt, um den Kommunismus zu kennzeichnen. Sie klingen so allgemein, dass sie heute noch als „hoffentlich zutreffend“ durchgehen können. Allerdings sieht man dabei meist heutige „Bedürfnisse“ vor sich und dass jeder alle seine Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellen könnte, übersteigt oft sogar die Fantasie von SF-Autoren … ist allerdings auch falsch formuliert.
Die Aussage mit den Jägern und Fischern wird meist verschämt verschwiegen – und sei es aus Angst, die Theoretiker des Kommunismus lächerlich zu machen. Das ergibt sich natürlich, wenn man dieses Zitat aus dem Zusammenhang reißt oder wörtlich nimmt. Kein Mensch wird sich heute ernsthaft künftige Kommunisten als Jäger und Fischer vorstellen.
Allerdings ist dieser Ausflug der ansonsten ernsthaften Wissenschaftler in die Sphären der Belletristik unter mehreren Gesichtspunkten interessant. In ihm schielt natürlich ein hoher Grad an realer Ahnungslosigkeit durch, welche Kompliziertheit die sachliche Arbeitsteilung im Kommunismus erreicht haben wird. Es ist sozusagen ein Beleg für Marx´und Engels´ Verhaftung in ihrer Zeit – und Warnung an uns, unser in unserer Zeit verhaftetes Denken wenigstens ansatzweise abzulegen. Aber selbst, wenn wir uns vorzustellen versuchen, wie es in der Zukunft aussehen könnte, fliegt unsere Fantasie natürlich von dem Punkt ab, an dem unsere Gesellschaft gerade ist. Für mich heißt das zum Beispiel, dass ich eine Ahnung davon habe, was heute bereits mit übers Internet vernetzten Computern technisch alles möglich ist und absehbar bald wäre. Ob sich Anderes letzten Endes als wesentlichere Revolution der „Produktivkräfte“ herausstellt, etwas, was noch nicht erfunden oder gefunden ist, darüber möchte ich nicht spekulieren.


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Robinson und seine Bedürfnisse (3)

Jedem nach seinen Bedürfnissen?!


Allerdings fördert das Wissen, dass einzelne Menschen sich heute unverschämte Wünsche erfüllen, weil sie dazu die Mittel haben, heute noch den Zusammenbruch einer solchen technischen Institution. Es geht mir hier ja auch nicht um die tatsächliche Machbarkeit im Augenblick sondern darum, dass es bereits technische Mittel gibt, mit denen so etwas möglich wäre. Alle Produktion im weitesten Sinn könnte „wieder“ direkt an den erfassten und bewerteten Bedürfnissen ausgerichtet werden. „Man“ weiß wieder warum man was macht … Trotz des entscheidenden Unterschieds, dass der urgesellschaftliche „Wirtschaftskreislauf“ ungeheuer klein war und inzwischen scheinbar unüberschaubar groß geworden ist.

Das Wissen, was für welches und wessen Bedürfnis getan wird, ging mit fortschreitender Teilung der Arbeit, vor allem der Verselbständigung der geistigen Elemente des Arbeitslebens, allmählich verloren. Die Wirtschaftsbeziehungen, die sich dabei durchsetzten, kann man „klassenbildend“ nennen. Ihre höchste Ausprägung haben sie im „Kapitalismus“ - Beziehungen der Warenwirtschaft, die Marx analysierte. Sie haben im Vergleich zu den beiden anderen „Kreislauf-Arten“ einen einschneidenden Unterschied: Es ist ein von letztendlichen Bedürfnissen zu unterscheidender eigener Wirtschaftskreislauf entstanden, der Kreislauf der „(Tausch-)Werte“. Seine gesamten Gesetze berühren menschliche Bedürfnisse als Ursprung allen menschlichen Handelns nur noch indirekt. Er beruht darauf, dass die Menschen, die etwas tun, was eigentlich Bedürfnisse befriedigen soll, diese Bedürfnisse nicht kennen. An die Stelle der eigentlichen Bedürfnisse sind die „gesellschaftlich anerkannten“ getreten, also die „bezahlbaren“.
Tausende bezahlte Wünschelrutengänger beschwören die Möglichkeit, dass das freie Spiel der chaotisch wirkenden Kräfte einen Ausgleich zwischen Produktion und Konsumtion herstellte. Trotzdem verhungern Millionen Menschen auf der Erde, weil sie nicht in Besitz von allgemeinem Äquivalent kommen, weil sie keine Arbeit (vorfinanziert) bekommen, um etwas in dem großen Kreislauf Verwertbares einzubringen.

Das System Kapitalismus kann das Problem der Bedürfnisbefriedigung im Weltmaßstab nicht lösen, sondern nur jeweils beschränkt auf Teilkreisläufe, die sich auf Kosten des Rests (der Welt) vollsaugen. Es ist richtig: Das System hat in seinen Glanzecken besser funktioniert als die Ansätze des Sozialismus. Aber die Unerfüllbarkeit von Bedürfnissen einer „Überschussmenschheit“ ist Bedingung des ganzen Systems – es wechselt im Höchstfall, wer zur Gruppe eben dieser „Überschussmenschheit“ gehört. Im Wesen der Planung eines kommunistischen Versorgungssystems liegt die beständig steigende Annäherung an die umfassende „Vollversorgung“.

Wesen und Erscheinung der Vorgänge der (kapitalistischen) Warenwirtschaften sind durch Marx nicht nur in „Das Kapital“ schlüssig dargestellt. Nur irrig ist, diesen Übergangsfall menschlicher Entwicklung so darzustellen, als begänne alle Wirtschaft mit Waren. Das war Hunderttausende Jahre nicht so und wird – vorausgesetzt, die Menschheit übersteht die Presswehen der neuen Gesellschaft – Millionen Jahre nicht mehr so sein. Der zweite „Kreislauf“, der alle Vorgänge über ein abstraktes allgemeines Äquivalent, also das Geld, steuert, verschwindet wie eine abgenutzte Schlangenhaut.


Der Grundwiderspruch, der alle menschliche Entwicklung vorantreibt, ist der zwischen den vorhandenen Bedürfnissen und den realen Möglichkeiten, sie zu befriedigen. Er schließt ein, dass aus jedem befriedigten Bedürfnis ein neues, höheres erwächst. So lange in gesellschaftlichem Umfang nur Teile der Menschheit ihre Bedürfnisse befriedigen können, weil das Produktivkraftniveau nicht mehr ermöglicht, liegt zwischen Bedürfnissen und ihrer Befriedigung ein eigenständiger Kreislauf der Warenwirtschaft. Tendenziell wachsen darin die schmarotzenden Elemente, die sich im Nachhinein als überflüssig herausstellen.


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