Dienstag, 25. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (10)


Vergütung“ ist allerdings die Ausnahme. Heute hat (fast) alles einen Preis. Kommunistisch (fast) nichts. Man wird sich bestimmt um insgesamt begrenzt verfügbare „Güter“ bewerben können – so wie man Menschen übers Internet vorschlagen kann, die es „besonders verdient hätten“, eben beispielsweise ihren Urlaub auf den echten Malediven zu verbringen. Also eine Gruppe erfreut sich daran, jemanden zu beschenken. Und das könnte öffentlich diskutiert werden. Warum nicht?!

Entscheidend ist, dass sich solches „Geld“ nicht potentiell in „Kapital“ verwandeln kann, es keinen Keim in sich trägt, andere für sich arbeiten zu lassen.

Zur Erinnerung: Es geht um Freiheit auf der einen und die Erledigung aller notwendigen Arbeiten auf der anderen Seite, unabhängig davon, ob die jemand liebt. Heute wird diese Fragen praktisch durch das Geld geklärt, über das die meisten Menschen unzureichend verfügen. Wer wie frei ist, erscheint als Ergebnis seines Besitzes. Kommunistischer Besitz ist eine Persönlichkeit kennzeichnendes und schmückendes Äußeres. Insofern werden Mittel, Initiativen Einzelner öffentlich anzuerkennen, unterschiedliche Formen haben, so wie die Mittel, abzusichern, dass alle gemeinschaftlichen Aufgaben auch wirklich gelöst werden.

Ich sagte ja schon, dass wir in der DDR noch nicht einmal „Sozialismus“ hatten. Das hätte bedeutet, dass die arbeitenden Menschen nicht nur theoretisch Eigentümer der Produktionsmittel gewesen wären, sondern sich auch als solche gefühlt und verhalten hätten. Das hätte auch – neben dieser „Kulturrevolution“ - bedeutet, dass die Voraussetzungen existiert hätten für das allmähliche Absterben allen Staates, wie wir ihn kennen. Also zumindest tendenziell hätte der Startschuss für die allgemeine Selbstverwaltung der „Betroffenen“ gefallen sein müssen. 

Montag, 24. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (9)


Das Bild der Malediven veranschaulicht das: Bestimmte Dinge wird es objektiv auch im Kommunismus nicht im Überfluss geben KÖNNEN. Und unsere Nachfahren werden sich hüten, Behörden zu installieren, um beschränkt vorhandene Güter zu verteilen – und damit Macht auszuüben.
Was aber heute schon heute möglich wäre, ist wesentlich feinsinniger. Mit unseren überkommenen Begriffen könnten wir sagen: Eine viel umfassendere „Demokratie“. Die kann sich dann zu natürlichen gemeinschaftlichen Entscheidungen weiterentwickeln, je höher das Verantwortungsbewusstsein der Erdenbürger geworden ist.
Das Hauptstreben im Kommunismus ist, jedem „seine Malediven“ zu ermöglichen. Dies wären technische „Surrogate“ oder Illusionen, die die angestrebten Wohlfühl- oder Wohlgeschmacksempfindungen möglichst genau simulieren. Wie dies im Einzelnen umsetzbar sein wird, wäre spekulative Science Fiktion. Man bedenke aber den wesentlichen Unterschied zu heutigen „Erlebnisparks“: Denen geht es um den Ertrag des Betreibers, also, dass möglichst viele zahlende Nutzer durchgeschleust werden. Genau diese Komponente entfällt im Kommunismus.

Ein bedingungsloses und ersatzloses Verschwinden des Geldes wäre aus meinem heutigen Verständnis heraus nicht wünschenswert (womit ich wahrscheinlich die Zugehörigkeit zu meine alten Denkwelt beweise). An seine Stelle sollten Systeme treten, die eine möglichst „gerechte“ Verteilung von objektiven Mangelgütern ermöglichen (Achtung: Nur von diesen!) oder qualitativ gelungene Surrogate für alle. Gerecht heißt in diesem Fall, dass alle Mitglieder der Gesellschaft an der Entscheidung mitwirken und sie mittragen können. Dass dies konkret Interessierte sind, ergibt sich schon aus der Vielzahl der Möglichkeiten, sich zu engagieren. (Das kann unter Umständen meiner eigenen Beschränkung des Denkhorizonts geschuldet sein.)
Der wichtigste Unterschied zu dem, was wir heute als „Geld“ gewöhnt sind, ist seine Individualisierung. Während es „richtigem“ Geld gleichgültig ist, in wessen Besitz es sich befindet, würde die kommunistische „Vergütung“ strikt personengebunden gewährt. Die einzelne Person kann Leistungen „kaufen“, auch „verschenken“ - allerdings nicht vererben oder mit ihnen spekulieren. 

Sonntag, 23. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (8)


Zu der persönlichen Ebene kommt nun noch, dass der einzelne Bürger Mitverantwortung übernimmt: Besuchte niemand diese Malediven, wäre ihre Schönheit wertlos. Es sollten also doch ein paar Menschen dort ein paar angenehme Tage verbringen. Ein Wörtchen mitreden sollte aber JEDER, dass wir in dem Umfang in den Naturgenuss kommen, wie dies wünschenswert ist. Eigentlich wären die TECHNISCHEN Voraussetzungen für eine solche Mit-Entscheidung heute so gut wie noch nie zuvor. Es geht ja nicht darum, dass jeder alles wirklich tut, sondern, dass er real die Entscheidungsmöglichkeit nutzen KANN. Also ist „frei“, wer vernünftig handelt, weil er vernünftig handeln kann.

Und natürlich gibt es auch im Kommunismus verschiedene „Gewalten“. Keine Staatsgewalt zwar, weil es ja keine „Staaten“ gibt. Aber es gibt eben Zwänge der Notwendigkeiten.
Die wichtigste Gewalt ist die Notwendigkeit dazuzugehören.
Nun stirbt mit dem Verschwinden eines „allgemeinen Äquivalents“ die sich verselbständigende Kriminalität ab. Es gibt einfach nichts mehr zu gewinnen durch einen Raubüberfall. Man kann ja keine Millionen Dollar auf die Malediven mitnehmen, mit denen man sich dort etwas Anderes leisten könnte als jeder x-beliebige andere Mensch. Die Achtung in einer schaffenden Gemeinschaft dagegen ist nur dadurch zu erzielen, dass man entweder selbst etwas schafft oder Andere zum erfolgreicheren Schaffen anregt. Wer nirgendwo dazugehört, ausschließlich chillt, ist sozusagen tot.
Womit ich bei einer „technischen Frage“ bin, die eigentlich keine ist:
Inwieweit „verschwindet“ überhaupt „das Geld“? Meines Erachtens mit Sicherheit nur in eben der Eigenschaft, wirklich als „allgemeines Äquivalent“ anerkannt werden zu müssen, also als gesellschaftliches Verhältnis.
Heute steht eine bestimmte Geldeinheit auf der einen Seite für eine bestimmte vollbrachte und gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit – unabhängig, wer sie womit vollbracht hat – und auf der anderen Seite für eine bestimmte Menge beliebiger Produkte, die Waren. Sicher wird im Kommunismus niemand sich beliebige Produkte (vor allem fremde menschliche Arbeitskraft) aneignen können, weil sein Urahn einmal eine gesellschaftlich anerkannte Tat vollbracht hatte. Das heißt aber nicht, dass es nicht gesellschaftliche Mechanismen geben wird, mit denen Mangel geregelt werden muss und wird.

Samstag, 22. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (7)


Damit wäre ich beim Problemkreis Zwang, Gewalt, Notwendigkeit und Freiheit.
Wenn Freiheit hieße, alles tun zu können, was einem gerade in den Sinn kommt, dann wäre dies ein „Begriff“, der nur heute und nur für Menschen mit einem unangemessenen Überschuss an „allgemeinem Äquivalent“ umsetzbar ist und dessen Umsetzung für einen vernünftigen Menschen nicht wünschenswert wäre, da er egoistische Rücksichtslosigkeit erfordert. (Was der eine sich nimmt, muss er anderen wegnehmen.) Wenn man sagte, Freiheit wäre (nur) „Einsicht in die Notwendigkeit“, so klingt darin wiederum zu viel Unterwerfung mit.
Natürlich ist richtig, dass wahrer Freiheit durch Wissen begründete Einsicht vorausgehen muss. Insofern ist es ein Begriff der Vernunft. Und natürlich geht es um ein der selbst erzielten Einsicht angemessenes Verhalten.

Nehmen wir ein primitives Beispiel: Stellen wir uns vor, dass es eigentlich zur Freiheit jedes Menschen gehörte, in seinem Leben einmal Urlaub auf den Malediven gemacht zu haben. Im „Realsozialismus“ vergangener Zeit verhinderte staatliche Gewalt einen solchen Ausflug allgemein, da es sich um kein „Bruderland“ handelte. Im Realkapitalismus verhindern mehrere Ebenen für die meisten Menschen der Erde diese Freiheit praktisch auch:
Ein Teil kennt diese Freude gar nicht. Der Hutu-Kindersoldat beispielsweise war zwar räumlich der Inselgruppe etwas näher als „wir“, der Hauptinhalt dessen, was er lernen musste, beschränkte sich aber auf das schlichte Überleben.
Eine ähnlich wesentliche Zahl von Menschen muss erwägen, wozu sie das wenige „allgemeine Äquivalent“, das ihnen ihre Arbeit eingebracht hat, zuerst einsetzen sollte. Sie hat dann die „Freiheit“, sich zu entscheiden … sagen wir für oder gegen die bessere Schulbildung der Kinder, damit die es vielleicht „einmal besser haben werden“.
Bis zum Erwägen objektiver Notwendigkeiten, also bis zur Einsicht in solche, dringt heutzutage kaum ein Mensch vor. Malen wir uns aus, die sieben Milliarden Menschen dieser Erde wollten wirklich alle einmal Malediven-Urlaub machen! Um es vorsichtig zu formulieren: Die Malediven wären nicht mehr die Malediven, die wir meinen. Die Menschen müssen also auf andere Weise „Vernunft annehmen“ als über den bisherigen Zwang, sich das größtenteils praktisch nicht leisten zu können.
Es ist also ein höchst komplizierter, komplexer Prozess, den wir verstehen und dem entsprechend wir dann handeln können. Sozusagen einen bewussten Verzicht einschließend.

Freitag, 21. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (6)


In Runde eins wird also jede „freie Stelle“ (welt)offen ausgeschrieben – unabhängig davon, ob es sich um eine „freie Stelle“ in Sinne heutiger Berufstätigkeit handelt, oder um eine zu lösende „Aufgabe“, ein kurzfristig fertigzustellendes Projekt. Welche Auswahlkriterien es zur Besetzung geben wird und ob überhaupt, wird von Aufgabe zu Aufgabe verschieden sein. Denken wir alle Grenzen weg außer der unterschiedlichen fachlichen Kompetenz. Da es unter entwickelten kommunistischen Bedingungen auch keine Sprachbarrieren geben wird, (schließlich gibt es außer regionalen auch eine Weltsprache) kann weltweit nach geeigneten Fachkräften gesucht werden – mit größerer Wahrscheinlichkeit, welche zu finden.
Sollte etwas auf diese Weise nicht gleich gelöst werden, so kann es durch Runde zwei überbrückt werden – und zwar kurzfristig. Schon die FSJ-Windhunde wissen um ihren „Springer-Charakter“, dass sie unter Umständen nur eine vorübergehende Verantwortung übernehmen. Mit anderen Worten: Die Aufgabe als solche bleibt ausgeschrieben für Bestqualifizierte und Interessierte – was natürlich den „Zwangsfreiwilligen“ kein Hinderungsgrund ist, sich eventuell dauerhaft um ihren Platz zu bemühen.

Sollte aber wider Erwarten auch nach dieser Runde immer noch eine Aufgabe unerledigt bleiben, bliebe das Pflichtjahr.
Es widerspricht kommunistischer Logik, Menschen „zu ihrem Glück zwingen“ zu wollen. Es würde also niemand als „asozial“ verfolgt, wenn er zeitlebens im Wesentlichen keiner geregelten Arbeit nachginge. Wenn wer zu einer Arbeit gezwungen wird erledigt er sie nicht nur selbst lustlos, er steckt auch seine Nebenleute an. Es widerspräche aber kommunistischer Logik ebenfalls, wenn Notwendiges einfach liegen bliebe. So klein dieser Sektor auch sein mag, er erfordert ein Sicherungsnetz für die Gemeinschaft. Auf keinen Fall plädiere ich für eine wie auch immer umschriebene Arbeitspflicht. In erster Linie geht es immer um die Minimierung jeder notwendigen Arbeitszeit, wie viel oder wenig das auch konkret sein mag, und damit um die Möglichkeit für jeden Einzelnen, Zeit sinnvoll privat zu gestalten. Aber diese notwendige Arbeitszeit wird eben vorhanden sein. Bei aller kommunistischen Vielfalt der Möglichkeiten ist also sinnvoll, die Möglichkeit einer „Einberufung“ zur Spezialarbeit (für ein paar Monate) ebenso zu fixieren wie die Verurteilung zur Resozialisierungstätigkeit (als Ersatz für einen „Strafvollzug“).

Donnerstag, 20. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (5)


Nun können im Kommunismus drei Fälle eintreten: Erst einmal der Idealfall, dass die Suchenden im Wesentlichen das Passende finden und gut. Der zweite Fall ist der „Modeberufsfall“, also einmal zugespitzt: Auf eine ausgeschriebene Aufgabe als Raumfahrer stürzen sich 1000 Interessenten, die sich selbst als Raumfahrer selbst bestätigt sehen möchten. Da muss es sehr komplexe Kriterien geben, die die Eignung von Persönlichkeiten nicht allein daran misst, ob sie 100 Meter in 10,84 oder 10,87 Sekunden sprinten konnten. Gesellschaftliche Einsatzbereitschaft könnte ein solches Kriterium sein, also der Nachweis, auch besonders unbeliebt Notwendiges angegangen zu sein. Bleibt der dritte Fall: Es findet sich niemand zum Bücken fürs „Spargelstechen“, also keiner will etwas machen, was gebraucht wird.Es muss sowieso immer mit punktuellen Lücken gerechnet werden. Nun kann man entscheiden, wie die konkrete Lücke zu schließen ist.
Das Prinzip FSJ hieße, dass sich die freiwillig zu Verpflichtenden im Windhundverfahren das für sie „Angemessenste“ heraussuchen. Das Wehrdienstprinzip dagegen wäre absolut lückenlos und schlösse für den Dienstzeitraum die Verweigerung einer Tätigkeit ohne schwer wiegenden Grund aus. Beide Prinzipien gingen davon aus, dass jeder durch diese Phase hindurch muss. Beim FSJ sitzt sozusagen jeder, der ja weiß, die Frage kommt auf ihn zu (ohne dass sie schon konkret auf ihn zugekommen ist) an seinem Computer und checkt ausgeschriebene Tätigkeiten mit einem „Mangelzeichen“.
Das Prinzip FSJ hätte natürlich eine größere Attraktivität und wäre sozusagen die vorletzte Möglichkeit. Die bewiesene Bereitschaft, gesellschaftlich Notwendiges über die eigene Individualität zu stellen, wäre ein Pluspunkt für die nächste Bewerbung – und das auch, obwohl sich die Kandidaten ihre gesellschaftliche Notwendigkeit hatten selbst aussuchen können. Andererseits … gerade, dass man weiß, dass ein solches „freiwilliges Pflichtjahr“ Voraussetzung für nachfolgende Freiheiten ist, regt an, sich unter potentiell Unangenehmem das persönlich Angenehmste herauszusuchen. Auch im Kommunismus wird es eine Art „Status“ geben. Dauerhafte Nichtstuer werden sehr wahrscheinlich weniger gut angesehen sein als Piloten oder Forscher … so als Beispiel.

Mittwoch, 19. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (4)


Trotzdem wird immer ein Rest bleiben, der gelöst werden muss, für den sich aber gerade niemand findet. Sei es nun wegen der Orte, an denen das Problem gelöst werden muss oder weil sich für bestimmte Aufgaben insgesamt zu wenige Menschen begeistern lassen.
Was spricht in solchen Fällen gegen ein allgemeines Findungs- und Bewährungsjahr? Also zur normalen, frei harmonisierten Arbeitswahl tritt ergänzend und abfedernd ein stärker restriktives System hinzu. Je nach Notwendigkeit kann dies wie eine „allgemeine Wehrpflicht“ oder wie ein „freiwilliges soziales Jahr (FSJ)“ funktionieren. Für beide Systeme gibt es Argumente.
Ich könnte mir das so vorstellen:

Zuerst einmal werden in einem weltweit vernetzten lückenlosen Datensystem alle nicht abgesicherten Arbeitsaufgaben öffentlich ausgeschrieben. Da es keine privaten Beschränkungen gibt, kann wirklich lückenlos jede Aufgabe in EINEM System erfasst werden. Es wird zwar mittelfristig vorgeplant, diese Planung darf aber nicht starr sein. Also kann sich, wer immer eine nützliche Tätigkeit für sich sucht, vom heimischen Computer aus weltweit das für ihn am besten Geeignete aussuchen.
Die Analogie zur aktuell schnell wachsenden „Human Cloud“, die als hin und her getriebene Wolke unabgesicherter freier Selbstausbeuter als Anhängsel der herrschenden heutigen Konzerne nach anerkannten Aufgaben hechelt, ist unübersehbar. Dies also ist der Trend, der von dem erreichten Niveau der Produktivkräfte geschaffen bzw. ermöglicht wurde und wird. Unter kapitalistischen Vorzeichen führt dies zur Intensivierung der praktischen Ausbeutung, eben diesem prekären Hinterherhecheln. Der materielle Druck ist im Kommunismus jedoch weg. Die Suchenden, die nichts finden, brauchen ja nicht an Altersarmut zu denken – genauso wenig, wie die, die ein für sie geeignetes Projekt finden, darüber nachzudenken haben, womit sie für die Zeit vorsorgen sollten, wenn sie ein nächstes Projekt suchen müssen.

Dienstag, 18. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (3)


Es kommt also eine zweite „Lösungsebene“ hinzu: Prinzipielle Freude an der gesamten Arbeitsaufgabe lässt uns auch einzelne „unappetitliche“ Teil-Arbeiten mit Freude, zumindest aber leichter erledigen. Oder sagen wir es so: Es bereitet Befriedigung, sich selbst als sinnvoll zu erkennen. Auch wenn es nicht jedermanns Sache ist, hat es etwas für sich, abrechnen zu können „Patient sauber, fühlt sich wohl!“. Alle die, die schon die Dankbarkeit von Hilfebedürftigen empfangen durften, wissen um diesen Wert. (Wobei das Problem der Würde im konkreten Fall eher auf Seiten dessen liegt, der wie ein hilfloses Baby gepflegt werden muss.) Dem Auskosten dieser „Belohnung“ steht heutzutage in erster Linie der Zeitdruck entgegen. Es ist im bezahlten Pflegeberuf nicht vorgesehen. Auch bei anderen Berufen gibt es vom Inhalt her „unangenehme“ notwendige Tätigkeiten, die „attraktiv(er)“ würden, erkannte man sie angemessen an. Dabei könnte (!) heute schon ein Schreibtisch-“Arbeiter“ anerkennen, dass er zu mancher „Drecksarbeit“ gar nicht fähig wäre, er sich also über Menschen freuen sollte, die die verrichten. (Er sieht aber nur, dass umgekehrt die seine Arbeiten nicht packen.) Was spricht dagegen, dass es einmal für einen solchen Zweck bei heute ganz abwegig erscheinenden Berufsgruppen so etwas geben könnte wie „Restauranttester“? Um „Beste“ anzuerkennen? Das setzt natürlich immer voraus, dass jedes Ergebnis auf einen „Verantwortlichen“ zurückgeführt werden kann. Außer natürlich, dass das eine Art der „Kontrolle“ wäre – die muss auch abgelehnt werden können.

Die freiwillig etwas von den meisten wenig Geliebtes erledigen, unterwerfen sich einem „inneren Zwang“ zur Arbeit. Sie erkennen aus freien Stücken die Notwendigkeit bestimmter Arbeiten und übernehmen bewusst Verantwortung für deren Erledigung. Die Zahlenbewegungen auf den Konten werden ersetzt durch die innere Befriedigung, wertvoll und nützlich zu sein. Das erfordert unter anderem einen ganz anderen Typ von Chefs.
Wir haben also schon all das aussortiert, was man heute „Modeberufe“ nennen würde. Wir haben Arbeiten aussortiert, die besondere Menschen als für sich „auf den Leib geschneidert“ empfinden („besonders“ nicht im Sinn von „hochwertig“ sondern von „nicht so oft vorkommend“).

Montag, 17. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (2)


Der Haupttrend zum und im Kommunismus wird das Schrumpfen der Arbeiten sein, denen gegenüber wir uns heute ausgeliefert fühlen. Solcher also, über die wir uns nur deshalb freuen, weil wir eben überhaupt welche zum Geldverdienen brauchen. Dieser „abstrakte“ Geldanreiz soll aber gerade wegfallen! An seine Stelle tritt die Genugtuung über den Erfolg von Arbeiten, die „man“ deshalb gemacht hat, weil „man“ im Wesentlichen genau die konkret hatte erledigen wollen.
In der Welt wird es aber trotzdem immer notwendige unangenehme Arbeiten geben. Sagen wir als tatsächliches Beispiel, dass hilflosen Menschen der vollgeschissene Arsch geputzt werden muss (nicht nur im übertragenen Sinn). Es verändern sich allerdings die Arbeiten, die als solche empfunden werden. (Man denke an „Hausarbeit“.)

Unangenehme Arbeiten wird man insgesamt bekämpfen, soweit dies möglich ist. Ständig neu wird man sich die Frage stellen, durch welchen Fortschritt, durch welche Erfindung welche unangenehmen Tätigkeiten vermieden oder ersetzt werden können. Im konkreten Fall hieße das also, ständig weiter zu forschen, wie das Leben in seiner aktiven Phase verlängert werden kann. Kampf den Krankheiten und den mit dem Alter verbundenen Verfallsprozessen. Forschung nach technischen Hilfen. Das lässt sich verallgemeinern: Immer wieder neu wird Menschen bewusst werden, dass einige notwendige Arbeiten ihre Würde verletzen. Die meisten von ihnen werden früher oder später durch technische Systeme gelöst – um den Preis, dass dahinter die nächsten auftauchen. Und manches geht ja auch nicht. Wann wird ein Androide den Arsch seines menschlichen Gebieters putzen? Und liegt eine Inkontinenz vor, kann man schließlich nicht warten, bis die Krankheit als solche besiegt wäre … Manchmal dauern solche Lösungen viele hundert Jahre. Egal, was für Tätigkeiten das sind, es werden welche übrig bleiben, die nur Menschen erledigen können und die trotzdem eher ungeliebt bleiben.

Sonntag, 16. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (1)



Für mich ist der entfaltete Kommunismus eine Welt der tatsächlich maximalen Freiheit jedes Einzelnen. Wirkliche Freiheit jedes Einzelnen. Heute gibt es nur juristische Chancengleichheit. Praktisch sind die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Lebenswege schon bei der Geburt eines Menschen unterschiedlich verteilt. Also unabhängig von seinen Talenten. Teilweise sogar entgegen seinen Talenten. Da kann es sein, dass jemand, der für eine leitende Aufgabe eigentlich nicht gut geeignet wäre, mit dem Geld seiner Vorfahren zum Chef gedrillt wird, während einem genialen Menschenführer nur die Karriere als Gangsterboss offensteht.
Es ist mitunter auch ein extrem langer Weg, für sich selbst herauszufinden, was man am liebsten Sinnvolles machen will … und ob man dafür wirklich ausreichend gut geeignet ist. Diese Suche darf nicht nur Millionärskindern vorbehalten bleiben. Meinen individuellen Platz gefunden zu haben sehe ich als natürliche Voraussetzung dafür an, mich wirklich gern mit meinem speziellen Vermögen ohne Druck in die Gesellschaft einzubringen.
Die Welt des entfalteten Kommunismus wird meist für fast jeden einzelnen Menschen einen sinnvollen Lebensplatz zu bieten haben, bei dem der Nutzen für die Gemeinschaft mit dem für sein individuelles Wohlbefinden in Einklang gebracht werden kann. Davon bin ich überzeugt. Das wird allmählich der Regelfall werden. Was ist aber mit den Fällen, in denen das nicht gelingt? Der ganze heutige Staatsapparat scheint ja darauf ausgerichtet, jedem einzureden, er sein ein Sonderfall, der an seinem eigenen Schicksal schuld ist. Die Masse der Bürger dieses Landes würde sich deshalb zu Äußerungen hinreißen lassen wie „Wegen mir brauchte es keine Polizei zu geben. Aber vor den paar Verbrechern möchte ich schon geschützt werden.“
Dass nicht gleich jede notwendige Tätigkeit von jemandem gemacht werden wird, hat Gründe auf mindestens zwei Seiten: Zuerst einmal vom Charakter der Arbeiten selbst her. Die zweite ist die natürliche Individualität, sprich: Unterschiedlichkeit der Menschen. So, wie in der Natur eben weiße Hasen geboren werden, obwohl sie normalerweise nicht überleben können, damit die Hasen auch dann überlebten, wenn sich die Umwelt so veränderte, dass die dunklen schlechtere Überlebenschancen hätten, fallen auch Menschen aus dem Rahmen. Als Materialist beginne ich aber bei den Arbeiten, deren Charakter erkannt und beeinflusst werden kann.

Mittwoch, 12. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (16)


So wie solche vereinzelten Organisations-“Wunder“ unter den heutigen Bedingungen der durch die Warenwirtschaft geprägten Menschen Insellösungen bleiben werden, so beweisen sie gerade in ihrer Existenz im eigentlich ungeeigneten Umfeld, dass sie bei geeignetem zur „Normalität“ werden könnten. Sie werden aber auch dann nicht die einzige Form des Zusammenarbeitens sein.

Diesem scheinbar Positiven steht etwas Anderes gegenüber. Wir dürfen trotz eventuell ähnlicher Erscheinungen das Wesen einer Sache nicht vergessen. In unserem Sinn besteht das Wesen der Beziehung der Masse der Menschen zur „Arbeit“ darin, dass sie dem einzelnen zur Entfaltung seiner Persönlichkeit, seiner Schöpferkraft, seiner Anerkennung durch andere wünschenswertes Lebensfeld geworden ist. Sie wurde ihm deshalb Bedürfnis, weil der einzelne hier am deutlichsten zeigen kann, dass er ein würdiges Mitglied der Gemeinschaft ist – sich selbst nutzen, indem man anderen nutzt.
Das ist eine galaktisch weit entfernte Beziehung, erlebt man dies unter aktuell sich herausbildenden kapitalistischen Vorzeichen. Hier muss der „Ausgesourcte“, das frei schwebende Humankapital innerhalb einer Wolke von Bestätigung durch die Vermarktung ihrer Leistungsfähigkeit Suchenden, sich in ewiger Existenzangst freiwillig extra intensiv ausbeuten lassen. Die Vereinzelten bilden sich ein, in ständigem Überlebenskampf gegen andere Prekäre, ihre Kreativität, ihr Ich zu entfalten, verzichten dabei aber nur eine sichere Perspektive. Die „kommunistischen Clouds“ beginnen ihre Flüge bei eben dieser sicheren Perspektive. Sie müssen nicht nach Überlebensaufträge hasten, um sich eine private Rente kaufen zu können. Sie können wirklich in jedem Punkt ihres Lebens aus- oder umsteigen. Das wohl wichtigste Unterscheidungswort lautet (Existenz-)Angst. Genau die wird sie nicht treiben. Deshalb wird die Katastrophe für die „Zweiten“ kleiner sein. Sie werden eben nicht „leer ausgehen“, sondern „dazugehören“ ...
Eine insgesamt reiche Gesellschaft kann sich eine allgemein größere Vielfalt von Bedürfnissen erlauben. Das schließt „Sonderbedürfnisse“ nicht aus. Entscheidend wird aber sein, in einem extrem langfristigen Prozess eine Bedürfnisstruktur auszubilden, die wirklich den Ausdruck „allseitig entwickelte Persönlichkeit“ rechtfertigt. 

Dienstag, 11. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (15)


Ohne dies soziologisch oder auf welche Weise auch immer auszudeuten, können wir durchaus einige Schlussfolgerungen für künftige Gemeinschaften ziehen. Dabei müssen wir uns allerdings vor Verallgemeinerungen hüten, wie man sie mitunter bei occupy-Aktivisten antrifft. Die vorliegende Klassensituation – und wir müssen bei jeder Betrachtung davon ausgehen, was gerade da ist – produziert vorsätzlich in dem hier gedachten Sinn „dumme“ Menschen. Das ist kein Werturteil, sondern nur Ausdruck dafür, dass den meisten Menschen nicht wirklich all die Denkstrukturen vermittelt werden, um für ein Ganzes mitzudenken. Wer die Gesellschaft als Ganzes nicht begreift, kann zumindest bezogen auf diese „Gesellschaft als Ganzes“ in keine Richtung steuern. Jener seltsame „Schwarmeffekt“, nämlich dass eine Gruppe wesentlich bessere Ergebnisse erbringt, als dies der Summe der einzelnen Mitglieder nach möglich zu sein scheint, setzt immer eine „elementare Gemeinsamkeit“ voraus. Also wenn jeder das Gesamtziel „weiß“, organisiert sich die Masse so, dass die Aussicht auf Erreichen des Ziels am größten ist – in gewisser Hinsicht tatsächlich „spontan“.

Aber zur Perspektive.
Schon im Sozialismus ist die „Notwendigkeit“ weggefallen, dass „der einfache Mann“ die Funktionsweise der Gesellschaft nicht versteht, weil er sie dann radikal ändern wollte. Er soll sich im Gegenteil fürs Ganze verantwortlich fühlen, soll die Solidarität mit ihm individuell fremden Menschen als nützlich begreifen. Also die Voraussetzung des Kommunismus wäre, dass die dort lebenden Menschen wirklich möglichst gut begriffen haben, wie ihre Gemeinschaft funktioniert. Gleichzeitig fallen jene Elemente des Zusammenlebens weg, die uns unmittelbar korrumpieren könnten.
Unter solchen Vorzeichen, versuchte ich schon anzudeuten, verändert sich auch der technische Charakter der Arbeiten. Tätigkeiten mit vorsätzlicher Verantwortung wie bei den Holacracy-Beispielen nehmen zu, solche, bei denen abgestumpfte Massen die Kommandos Macht besitzender Vorarbeiter ausführen, verschwinden allmählich. So wie Fließbänder, denen Arbeiter getaktete Handreichungen machen müssen, durch vollautomatisierte Abläufe ersetzt sein werden.

Montag, 10. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (14)


Mit der Verwunderung begeisterter Kinder suchen Betrachter bestimmter Insellösungen dem Beobachteten wissenschaftliche Namen zu geben. Gibt es so etwas wie eine „kollektive Intelligenz“, mitunter auch „Schwarmintelligenz“ genannt? Unerklärlicherweise funktioniert es, dass sich dabei Teams / Kollektive zielobjektbezogen selbst „Leitungsebenen“ wählen. Also etwas schräg ausgedrückt: Die Mitarbeiter bestimmen, wer wann in welchem Umfang über sie zu bestimmen hat.
In so „anarchisch organisierten“ Firmen bestehen meist nur minimalste Anforderungen an einzuhaltende Arbeitszeiten, Anwesenheit und anderen äußeren Druck. Das Merkwürdige: Es bricht nirgendwo „Anarchie“ aus. Zwar kommen und gehen die Kollegen, „wie es ihnen gefällt“, aber sie arbeiten dabei nicht weniger sondern bewusst mehr. Die Betrachter stehen vor einem Rätsel: Ohne Kontrolle, Stechuhren oder Ähnliches, ohne, dass man irgendeine Form bemerkte, in der sich die Kollegen gegenseitig kontrollierten … verhalten sich alle, als kontrollierten sie sich mit einem unsichtbaren Mechanismus eben doch. Dies war dann der Ansatz, solche biologischen Vergleiche wie „Schwärme“ heranzuziehen, bei denen sich „irgendwie“ die Einzelwesen sehr effektiv in ihrem Verhalten am Kollektiv, der Masse, dem Schwarm orientierten. Da müsse eine besondere „Intelligenz“ wirken, meinten die in ihrer Denkwelt Befangenen und wunderten sich noch über etwas Anderes: Der tierische „Schwarm“ ersetzte individuelle Intelligenz, bei Menschen fiel dies „Organisationsprinzip“ (?!) besonders bei intelligenzintensiven Tätigkeiten auf.

Sonntag, 9. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (13)


Aber kann jemandem Arbeit überhaupt ein Bedürfnis sein? Sehen wir uns gründlich um, fallen uns Leute auf, die auch ohne den ganzen Kommunismus-Kram wirklich Arbeiten gehen, weil sie das, was sie da machen, gern machen. Ich spitze das sogar noch zu: Es gibt auch in der Gegenwart zwar wenige, aber doch einige Firmen, die sich sogar eine Arbeitsorganisation leisten, als hätten sie schon den Kommunismus erreicht. Im Wesentlichen kommen und gehen die Mitarbeiter dort wie sie wollen.

Das Ganze nennt sich Holacracy. Das ist der Name für eine in bestimmten „kapitalistischen“ Unternehmen tatsächlich umgesetzte „kommunistische Organisation“ der Arbeitsabläufe. Viele der dabei verwendeten Begriffe und Überlegungen sind allerdings nur mit virtuellen Kneifzangen anzufassen.

Es geht um Organisation von Arbeit. Nicht hierarchisch organisierte Abläufe, sondern „Getting Things Done Methode“, also einfach Formen der Selbstfindung von Strukturen, die nur darauf ausgerichtet sind, dass zum Schluss das Beabsichtigte herauskommt.
Wenig verwunderlich finde ich, dass die ersten praktischen Erfahrungen aus einer Software-Firma stammen. Ähnliche Tendenzen gibt es überall dort, wo die geistige Verantwortung des einzelnen „Mit-Arbeiters“ für das Gesamtprodukt besonders groß ist.

Samstag, 8. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (12)


Die Wohnverhältnisse spiegeln die Lebensverhältnisse wider. Die aber können die kommunistischen Menschen bewusst gestalten. Sie haben ja jenen Büro- und Arbeitsstress nicht mehr, nach dem sie eine Schrebergartenidylle zum Abtauchen brauchten. Man kann mehr ausprobieren. Warum keine Gemeinschaft einer Wohnblocketage? Es ist vieles leichter, wenn es nur noch darum geht, wer welchen geliehenen Gegenstand vergessen hat zurückzugeben, aber nicht mehr etwas gestohlen werden kann. Man kann also den Nachbarn eher trauen. Es bedarf nur der Anstöße zusammenzukommen. „Facebook“ ähnliche Netzwerke ohne Hintergedanken und mit der Aussicht auf mehr. Eben ohne Druck, sich aus einem anderen Grund für eine Variante zu entscheiden als seine individuelle zu finden. Heute merkt man erst später, ob man auf Abzocker oder eine Form der Prostitution hereingefallen ist. Umzüge werden nur noch ein Problem, weil sie organisatorisch Mühe bereiten. Aber wir müssen nicht unbedingt mit allem möglichen Hausrat umziehen – wir nehmen nur mit, was uns persönlich besonders wichtig ist, die Grundausstattung kann in der neuen Wohnung bereitstehen.

Auch hier gibt es eine klare Trennung: Jeder hat überall das, was zweckmäßig ist. Er machte sich in der großen Gemeinschaft „unmöglich“, wenn er nicht sorgsam damit umginge.
Wir stoßen immer wieder auf bestimmte Grundpfeiler des Zusammenlebens. Da die Menge der Sanktionen klein ist, verbindet sich das riesige Maß an individueller Freiheit mit gesellschaftlicher Offenheit. Es ist (wieder) selbstverständlich, dass man weiß, was bei den Anderen los ist. Nur so kann Verhalten missbilligt werden, das das Gemeinschaftsleben schädigt. Weil man viel miteinander zu tun hat, wird zur harten Strafe, wenn die anderen mit einem nichts zu tun haben wollen ...   

Freitag, 7. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (11)


Die Entfaltung des Bedürfnisreichtums der heranwachsenden Menschen bekommt einen total neuen Stellenwert, sobald sie nicht, zumindest im „normalen“ Einzelfall, existenzielle Probleme heraufbeschwört. Bei allen Problemen, die Kinder auch bedeuten, ist eines weg: Die Frage, wie soll ich sie / müssen die mich versorgen. Sie steht allein im großen Rahmen „Menschheit“, also überspitzt: Wenn jede Familie 10 Kinder bekäme, bliebe dann genug Sauerstoff zum Atmen? Die Kinder sind trotzdem einer der wenigen verbleibenden Zwänge. Wer auch immer die Bezugspersonen sein mögen, es müssen welche da sein. Das können biologische Eltern genauso gut sein wie Wahleltern, eine Mehrpartnergemeinschaft oder anderes. Nur relativ stabil müssen diese Beziehungen sein.

Ich reibe mich hier an dem konventionellen Familienbild, das auch Friedrich Engels vertrat. Wahrscheinlich wird es im Kommunismus etwas geben, das den Namen „Familie“ verdient. Aber selbst dabei ist eine Mann-Frau-Beziehung mit dazugehörigen Kindern eine unter vielen Formen. Inwieweit „Wohn- und Lebensgemeinschaften“ eine große Rolle spielen werden, ist von unserem Horizont aus schwer zu bewerten; wahrscheinlich in einer neuen Zweckgemeinschaft von Individuen eine größere als heute.
Der Mietkostendruck ist genauso weggefallen wie wirtschaftliche Abhängigkeiten verschiedenster Art innerhalb konventioneller Ehen. Warum sollten kommunistisch lebende Menschen nicht als Totalindividualisten leben, vor allem aber wohnen? Also jeder Einzelne hat einerseits einen kleinen Bereich allein für sich, der sich andererseits leicht verbinden lässt mit unterschiedlich ausgerichteten „Gemeinschaftsräumen“ unterschiedlicher Sympathie- und Zweckgemeinschaften? Das wäre eine Komplexlösung für große Wohnobjekte.
Letztlich muss man ja alles neu denken: Wie viele Einfamilienhäuser mit großen Gärten es gibt, regelt heutzutage „der Markt“. Nun wäre es eine grausige Zukunftsvision, wenn das von Marx beschworene Verschwinden des Unterschieds von Stadt und Land so aussähe, dass die bewohnbaren Teile der Erde von einer einförmigen ewigen Stadt inmitten von „Futtermittelwerken“ bestünde. Und diese Stadt bestünde wiederum aus lauter Einfamilienhäusern. Jedem sein kleines Glück. Es wäre schon heute ernüchternd, auszurechnen, wie viel „Lebensraum“ jedem einzelnen heutigen Menschen zustünde. 

Donnerstag, 6. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (10)


Kinder sind im Kommunismus nur noch im Dreieck von Liebe, Verantwortung und „Individualität“ zu sehen. Nichts wird letztere von Natur aus so eindeutig ausdrücken wie eigene Kinder. (Individualität ist auch die Fähigkeit und Bereitschaft zu dauernder Verantwortung für Andere.) Man wird sich viel freier für oder gegen das Kinder-Bekommen und -Aufziehen entscheiden.
Wenn wir unterstellen, dass die kommunistische Gemeinschaft nicht mehr an heute eingeleiteten ökologischen Katastrophen zu leiden haben wird (zum Beispiel massenweisen genetischen Schädigungen durch radioaktive und andere Umweltbelastungen), also dass der Untergang der kapitalistischen Verhältnisse „weich“ gelingt, wird sicher eine weitere „Senioren-Generation“ entstanden sein: die Ururgroßeltern. Während eine bewusste Manipulation der Kinderzahl in beide Richtungen vorstellbar ist – also Kampagnen „Schafft euch mehr oder schafft euch weniger Kinder an“ – kann die kommunistische Gesellschaft beim Umgang mit älteren Menschen nur in eine Richtung denken: weg mit Krankheiten und Verfall. Da ist auch Erfolg wahrscheinlich: Die lebenden Menschen werden älter und sind länger zu umfassender Aktivität fähig. Wenn die Familien weiter gleich viel Kinder bekämen, würde die Weltbevölkerung noch einmal sprunghaft anwachsen.
Dies macht unter anderem den Weg freier für vielfältigere Lebensentwürfe, also auch zu solchen, in denen „egoistischerweise“ keine Kinder vorkommen, „man“ sich dann in angenehmem Umfang „nur“ um biologisch fremde Kinder kümmert.
Spaß haben, nur um für den Moment Spaß gehabt zu haben, lässt die Betroffenen verkümmern. Aber auch Workaholics sind deformierte Persönlichkeiten. Auf Dauer kann es ja nicht gesund sein, sich mit Arbeit betäuben zu wollen ... Je mehr wir bereits als Kind gelernt haben, womit wir uns alles beschäftigen könnten (ohne damit gequält worden zu sein), umso mehr wollen wir es später auch wirklich ausprobieren. Als eines von vielem gehört die „Kommunikation“ mit Kindern dazu. Wie gesagt: unabhängig von biologischen Beziehungen werden Kinder eine Vielzahl von Partnerschaften erleben, die mit Beziehungen zu „Großeltern“ und guten Tanten und Onkeln vergleichbar sind. 

Mittwoch, 5. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (9)


Und eines darf man nicht vergessen: Jedem Menschen steht frei, Dinge zu tun, die wir heute „direkte Demokratie leben“ nennen würden. In vielen Foren wird man Fragen des „gesellschaftlichen Zusammenlebens“ diskutieren und letztlich entscheiden, Projekte, die „Investitionen kosten“, Entscheidungen, die von Bedeutung nicht nur für Wenige sind. Im Prinzip kann jeder ein solches Forum gründen oder sich einem anschließen. Es wird nur der organisatorischen Sicherheit wegen Schlichterräte und Sprecher geben. Weltweit, regional und fachbereichsbezogen. Ich hatte schon begründet, dass die Masse an Möglichkeiten verhindert, dass jeder überall mitredet und damit jede Entscheidungsfindung zähflüssig ermüdend wird. Man wird sich entscheiden müssen, wo man kompetent sein und mitreden will.
Einen Bereich habe ich noch nicht angesprochen: die Fortpflanzung. Noch mehr als in den anderen Lebensbereichen überlagern sich Gemeinschaftliches und zutiefst Persönliches. Als gesellschaftliche Frage muss gemeinschaftlich geklärt werden, wie Wirrköpfen der heutigen Art „Deutschland schafft sich ab“ der sachliche Boden entzogen wird. Die neue Frage hieße in etwa „Was ist Menschheit für die nächsten Jahrhunderte?“ Das könnte das größte „Forum“ überhaupt sein. Die Entscheidung für oder gegen Kinder wird auch heute noch durch Existenzängste beeinflusst. Die Pille bedeutet erst einmal die technische Möglichkeit, bewusst zu planen und entscheiden. Wie wenig „frei“ bisher trotzdem entschieden wird, belegen heute „Planungen“ in China und Indien. Entweder erzwingt administrativer Druck einer Führungsgruppe die für die Entwicklung künftiger „Harmonie“ als notwendig angesehene Ein-Kind-Ehe oder materielle Traditionen und Existenzängste bewirken Massenabtreibungen von Mädchen. Letzteres als „Nebeneffekt“ der technischen Möglichkeit, frühzeitig das Geschlecht des Ungeborenen (und andere Eigenheiten) zu wissen.
Doch auch für den Kommunismus ist die Frage legitim, wie viele Menschen „vernünftigerweise“ auf der Erde leben sollten, also wie viele Milliarden für die Umwelt Erde eine Katastrophe wären – selbst, wenn die Versorgung solcher Massen gesichert wäre.

Dienstag, 4. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (8)


Insofern verselbständigt sich auch die Kommunikation als solche. Sich frei mit anderen Menschen auszutauschen ist wieder normaler Bestandteil des Lebens – weil es keinen gesellschaftlichen Beschränkungen unterliegt. Keine Kommunikation ist im Gegensatz zu den vorkapitalistischen „Gemeinschaften“ durch die Natur oder wie im Kapitalismus durch ein entfremdetes Arbeits- und Erwerbsleben erzwungen: Der Urmensch brauchte seine Gruppe zum Überleben. Die Gruppenmitglieder hingen aneinander und mussten daraus das Beste machen. Der Bauer im Feudalismus war an seine Scholle „gefesselt“ und musste ein Verhältnis zu seinen Nachbarn schaffen. Im Kapitalismus muss „man“ bestimmte „Kommunikation“ treiben, um seinen Gelderwerb zu sichern (und andere einschränken). Der Mensch im Kommunismus kann zu jedem Mitmenschen bewusst seinen Weg suchen … oder es bleiben lassen: sich in eine Internet-Gemeinde einfinden, jemanden ansprechen, jemanden besuchen, jemanden auf Veranstaltungen treffen … oder eben bei einer Arbeit, die beide von vornherein interessant finden – sonst hätten sie sie nicht gewählt. Er kann der Masse seiner Mitmenschen aber auch bewusst aus dem Weg gehen. Er wird sich aber tendenziell nicht selbst aus aller Gesellschaft isolieren, weil dies die Lebensfreude mindert …

Andererseits hatte begleitende Kommunikation einen eigenen Wohlfühleffekt, bevor sich die kapitalistisch reine entfremdete Arbeit durchsetzte. Viele Menschen hatten eben Vergnügen daran, sich bei ihren Handarbeiten mit den Nachbarn zu unterhalten. Der Ertrag war nicht akkordhoch, aber die Stressschäden der Beteiligten waren wohl deutlich geringer. Das wird im Kommunismus wieder normaler sein ...