Montag, 28. Mai 2012

Lateinamerika, Griechenland u.a.


Wir sollten nicht vergesslich sein. Erinnern wir uns, wie wenig Zeit der bürgerlich-demokratisch gewählten Allende-Regierung zum Handeln eingeräumt wurde. Kaum hatte das chilenische Volk gesprochen, schon wurde intensivste Wühlarbeit geleistet, Schwachpunkte der der Kuschel-Marxismus-Regierung gesucht und in der antikommunistischen Grundhaltung des Offizierskorps gefunden. Putschvorbereitung vom Feinsten. Und als ein General so loyal zur gewählten Regierung stand, wie das der treugläubige Allende erwartete, da wurde er vorsorglich ermordet. Es hätte ja sein können, dass Schneider die militärische Verteidigung seiner Regierung gegen ungewählte Putschisten organisiert hätte ...
Im Vergleich hierzu ist die Lebenszeit linker Regierungen im heutigen Lateinamerika verblüffend lange. Eine zutiefst betrübliche Antwort auf die Frage, warum das so ist, gibt ein aktueller jW-Artikel. Ich will ihn nicht widerholen. Er beschäftigt sich mit der rein wirtschaftlichen Seite des Extraktivismus, also der Konzentration der Volkswirtschaften auf Gewinnerwirtschaftung durch reine Vermarktung von Bodenschatz-Gewinnung. Er konstatiert dabei, dass daran nichts geändert wurde, wenn eine "linke" Regierung die "Macht" übernommen hat. Ein wenig Umverteilung der Erträge zugunsten der Armen. Schluss.
Mit der totalen Aburteilung des Extraktivismus bin ich vorsichtiger. Jemand, der über nichts als seinen Körper verfügt, ist ggf. gezwungen, sich zu prostituieren.  Natürlich können die, bei denen er sich prostituiert, grinsend abwarten, dass eben dieser Körper seinen natürlichen Wert verliert, wenn er älter wird, seine "Schönheit" eingebüßt hat.
Das Problem geht nämlich tiefer: 
Bei allen Schwächen, die das damalige nicht-"sozialistische Weltsystem" aufwies, so war es doch als potentieller Partner vorhanden. Es stand nicht nur potentiell zur Verfügung, als Abnehmer für Kupfer o.ä. einzuspringen, es konnte praktische Erfahrungen beim Aufbau und der Absicherung eines geschlossenen Systems vermitteln, mit dem sich Länder, die dies wünschten, aus der Einbindung ins kapitalistische System befreien konnten. Gerade diese Einbindung aber ist das Entscheidende.  Mir sind keine brandaktuellen Zahlen bekannt, aber bspw. das venezolanische Öl landet sicher immer noch überwiegend in den USA. Das wirtschaftliche Agieren des nuesten Glbal Player China ist letztlich ein kapitalistisches.  Nicht umsonst laufen hektische Aktionen, Rahmen für südamerikanische Integration zu erschaffen - wobei sich ALBA als politisch gleich gesinnte Gemeinschaft (halbwegs gleich gesinnt) bisher als nicht ausreichend lebenserhaltend erwiesen hat, man sich in die weltmachtpolitischen Ambitionen Brasiliens eingliedern muss ... hoffend, sich nicht total aufzugeben.
Dass also die euphorisch beschworenen sozialistischen Revolutionen stecken bleiben, zumindest aber extrem langsam verlaufen, hängt mit dem minimalen Spielraum innerhalb einer kapitalistisch globalisierten Weltwirtschaft zusammen. Ohne autarkes Hinterlandsind wirklich eigenständige Entwicklungen schwer, vielleicht fast gar nicht möglich.
Dies ist auch die Ausgangssituation für Griechenland. Der Schrecken einer "Linksregierung" ist nicht total astronomisch, weil sie letztlich die Option einschließt, zum Vollstrecker des Weltkapitalismus zu werden. Wie eine kommunistische (Mit-)Regierung mit dieser Abhängigkeit umginge ... wer weiß.
Ich finde es besonders erschreckend, dass der linksrevolutionäre Aufschwung in Lateinamerika gerade zu einem Zeitpunkt ins Stocken zu kommen scheint, zu dem an anderen Peripheren des Weltimperialismus die Systemfrage gestellt wird, ja, in einigen Zentren veschämte Reorganisationsprozesse einsetzen.
Der Ausstieg aus dem Kapitalismus ist ein Weltprozess. Wenn wir ihn mit der Brille der unmittelbar Beteiligten sehen, verzerrt sich mitunter das Bild. Niederlage und taktisch sinnvolle Reorganisationen sind mitunter schwer zu unterscheiden.Die Nichtexistenz eines auf Sozialismus orientierten Hinterlandes ist unersetzlich - trotzdem muss internationale Solidarität ein Stück "Ersatz" sein. Irgendwie sind wir eben doch Griechen, Hochlandindios, kubanische Ärzte, Antiterrorkämpfer wie die Cuban five ... 

Montag, 21. Mai 2012

Welche Linke brauchen wir ... und welche würde ich mir wünschen? (2)


 Eine solche Partei hat alle Einzelschritte mitzutragen, die eine "menschlichere", "solidarischere" Gemeinschaft stärken - beispielsweise die Diskussionen zu koordinieren, welches soziale Netz "Hartz IV" ablösen soll, bei einem echten (!!!) Mindestlohn beginnend. (Jede Regelung, die aus irgendeinem Grund bestimmte Gruppen von Arbeitenden aus der Regelung ausnimmt, ist kein "Mindestlohn". Damit ist ja nicht gesagt, es dürfe keine speziellen "Mindestlöhne" für ... geben. Und "Mindestlohn" muss den juristischen Tatbestand der Sittenwidrigkeit für Unterschreitung enthalten mit der Konsequenz, dass die Differenz mindestens im Nachhinein eingeklagt werden kann.) Solche Detailfragen müssen im Forderungskatalog einer solchen Partei stehen - sprich: sie müsste die politische Faust einer kämpferischen Gesamtgewerkschaft sein mit dem Mittel politischer Streiks als Selbstverständlichkeit.
Ergo: Eine solche Partei müsste sich zuerst einmal als potentielle Bündnispartnerin für die eigentliche "linke" Partei verstehen, eine, die dauerhafte humane Verhältnisse auf der ganzen Welt im Focus behält. Diese Partei muss nicht "Kommunistische Partei" heißen, sie muss nur eine solche sein, also eine gesellschaftliche Ordnung ohne Ausbeutung anstreben.
Letztlich sollten "Kommunisten" und (meinetwegen) "Sozialisten" Gleiches wollen, aber kritisch den Weg dorthin hinterfragen, die Kommunisten mehr aus der langfristigen "strategischen" Sicht, die "Sozialisten"  als tagaktuelle Taktiker.
Anders ausgedrückt: Ob die beiden "Parteien" eine gemeinsame Partei bilden oder taktische Bündnisse, ist selbst eine taktische Frage.
Auf jeden Fall sollte sich die kommunistische Partei nicht selbst von der Bühne des Parlamentarismus ausschließen.
Das Problem ist die Dialektik: In dem Moment, in dem diese Seite zum Selbstzweck wird, wird sie kontraproduktiv.
Ähnliches gilt für das Problem der Karrieristen: Es ist ein Zeichen des Fortschritts der eigenen Entwicklung, wenn sich im "Klassenstandpunkt" unsaubere, regelrecht der Sache gegenüber fremde Figuren vom Mitmischen bei Kommunisten eine persönliche Karriere versprechen. Wenn ihnen diese Karriere jedoch gelingt, sind die "Führer" der Kommunisten keine Kommunisten mehr.
Wieder Dialektik: Ein Kommunismus-Theorie-lastiger Wahlkampf wäre Schiet, ein Wahlkampf, der Formen anderer bürgerlicher Parteien imitiert, aber eben auch.
Sprich: Trotz aller Schwächen in vielerlei Hinsicht lohnt ein Blick in Richtung Piratenpartei:
1. Haut die Lederer und Liebigs in die Tonne und traut euch einen Neuanfang mit unverbrannten Jugend-Kreativen.
2. Lasst die Aussage zu, die besten Lösungen neu suchen zu wollen, wenn es soweit ist, aber macht auch mal ein "Tribunal" gegen konkrete Banker, dass ggf. mit direktem Bezug auf das Grundgesetz zum Urteil der Enteignung führt.
3. Erobert wenigstens das Netz als Medium: Ein Ernst-Busch-Lied dürfte kaum noch einen 25jährigen hinterm Bett vorlocken.
4. Achtet bei aller Pluralität auf Strömungen, die alles kaputtmachen können. Ein bellizistischer BAK Shalom - so sehr mir der Name gefällt (!) - hat in einer linken Partei nichts zu suchen.

Schwierig wird es im Umgang mit einzelnen wirklich linken Positionen innerhalb bürgerlicher Parteien.
Hier stellt sich die Frage der praktischen Machbarkeit. Jedes Wahlrecht enthält Machterhaltungsklauseln. Also nicht nur indirekte über kreativen Lobbyismus und Käuflichkeit, sondern auch ganz äußerliche formale.
So ist z.B. die Fünfprozentklausel eine technische Erwägung, Teilungen und Neugründungen von Parteien zu erschweren. Dies sollte aber nicht die Trägheit befördern, Bartschistische Anpasser-Gestalten als Mandatserhalter zu pflegen.

Sonntag, 20. Mai 2012

Welche Linke brauchen wir ... und welche würde ich mir wünschen? (1)


Jeder Mensch hat sein eigenes Bild der Wirklichkeit, das an manchen Stellen diese Wirklichkeit wahr widerspiegelt und an einigen nicht. Ich wünsche mir also nicht nur an manchen Stellen die Welt anders als sie ist, es gibt auch Stellen, an denen ich sie anders sehe, als sie ist. Es gibt keinen einzigen Menschen, bei dem dies nicht so wäre. Die Abweichungen sind nur unterschiedlich groß. Die größten Abweichungen werden vorsätzlich produziert. Man darf das mit Gramsci "kulturelle Hegemonie" nennen. Wir werden durch die Meinungsbildner des herrschenden Systems mit Fehlinformationen und -meinungen so übersättigt, dass wenigstens Kleinigkeiten bei uns haften bleiben, als wären es unsere ureigenen Meinungen, die aus uns selbst kommen ... Kurz verfolgt kommen sie das ja auch.
Dies wissend sollte man auch sich selbst gegenüber kritisch sein - auch ein promptes das kommt vom Gegner, also ist es falsch ist nur bedingt hilfreich. (Es kann durchaus sinnvoll sein, sich bürgerlicher Gerichte zu bedienen, um Spielräume für linke Praxis zu sichern. Man darf nur nicht vergessen, dass auch diese Gerichte in letzter Instanz das System als Ganzes zu sichern haben, also zur Durchsetzung von "Gerechtigkeit" als Ganzes nicht geeignet sind.)
Was hat das mit der Linken zu tun?
Gegenüber "Ratschlägen", wie sich eine Partei "Die Linke" zu entwickeln habe, die in rein bürgerlichen Medien serviert bekommt, darf man getrost ablehnend sein. Es ist dabei egal, ob sie von offenen Gegnern jeden gesellschaftlichen Fortschritts stammen oder von Selbstdarstellern aus den eigenen Reihen. Wer dort als "Reformer" angepriesen wird, dürfte sich bereits auch von evolutionären Schritten in Richtung "demokatischen Sozialismus"  verabschiedet haben. Das, was den Verbrecher-Namen "Hartz IV" trägt, wurde auch als sozialdemokratische "Reform" gepriesen.
Womit ich beim Punkt wäre:
Es ist nicht so, dass Deutschland keine "sozialdemokratische Partei" brauchte. Ich verstände darunter allerdings keine Partei, die sich einfach diesen Namen als Patent aus alter Zeit erhält, sondern eine, die sich inhaltlich auf ein modernisiertes altes Erfurter Programm der damaligen Noch-Bebel-Sozialdemokraten stützt. Verbesserung der sozialen Lage der Nichtbesitzer. Anstreben eines "Hinüberwachsens" in Eigentumsverhältnisse ohne Ausbeutung, Umverteilung von Mitteln aus Unterdrückungsapparaten im engen und weiteren Sinn in die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im weitesten Sinne, sprich: konsequente Friedenspolitik.
Eine solche Partei sollte sich im Normalfall nicht als potentieller parlamentarischer Koalitionspartner bürgerlicher Wählerbetrugsgruppen verstehen, sondern dabei sein, wo Veränderungen praktisch eingefordert werden (das ist objektiv zuerst außerhalb der Parlamente).

Samstag, 19. Mai 2012

"Komodo" - Robinson (4)


Das Wissen, was für welches und wessen Bedürfnis getan wird, ging mit fortschreitender Teilung der Arbeit, vor allem der Verselbständigung der geistigen Elemente des Arbeitslebens, allmählich verloren. Die Wirtschaftsbeziehungen, die sich dabei durchsetzten, kann man „klassenbildend“ nennen. Ihre höchste Ausprägung haben sie im „Kapitalismus“: Beziehungen der Warenwirtschaft, die Marx analysierte. Sie haben im Vergleich zu den beiden anderen „Kreislauf-Arten“ einen einschneidenden Unterschied: Es ist ein von den eigentlichen letztendlichen Bedürfnissen zu unterscheidender „innerer“ Wirtschaftskreislauf entstanden, der Kreislauf der „(Tausch-)Werte“. Seine gesamten Gesetze berühren menschliche Bedürfnisse als Ursprung allen menschlichen Handelns nur noch indirekt. Er beruht darauf, dass die Menschen, die etwas tun, was eigentlich Bedürfnisse befriedigen soll, diese Bedürfnisse nicht kennen. An deren Stelle sind die „gesellschaftlich anerkannten“ Bedürfnisse getreten, also die „bezahlbaren“.
Tausende bezahlte Wünschelrutengänger beschwören die Möglichkeit, dass das freie Spiel der chaotisch wirkenden Kräfte einen Ausgleich zwischen Produktion und Konsumtion herstellte. Trotzdem verhungern Millionen Menschen auf der Erde, weil sie nicht in Besitz von allgemeinem Äquivalent kommen, weil sie keine Arbeit (vorfinanziert) bekommen, um etwas in dem großen Kreislauf Verwertbares einzubringen.

Das System Kapitalismus kann das Problem der Bedürfnisbefriedigung im Weltmaßstab nicht lösen, sondern nur jeweils beschränkt auf Teile dieser Welt, die sich auf Kosten des Rests vollsaugen. Es ist richtig: Das System hat in seinen Glanzecken besser funktioniert als die Ansätze des Sozialismus. Aber die Unerfüllbarkeit von Bedürfnissen einer „Überschussmenschheit“ ist Bedingung des ganzen Systems – es wechselt im Höchstfall, wer zur Gruppe eben dieser „Überschussmenschheit“ gehört. Im Wesen der Planung eines kommunistischen Versorgungssystems liegt die beständig steigende Annäherung an die umfassende „Vollversorgung“.

Wesen und Erscheinung der Vorgänge der (kapitalistischen) Warenwirtschaften sind durch Marx nicht nur in „Das Kapital“ schlüssig dargestellt. Ich beanstande ja nur, diesen Übergangsfall menschlicher Entwicklung so darzustellen, als begänne alle Wirtschaft mit Waren. Das war Hunderttausende Jahre nicht so und wird – vorausgesetzt, die Menschheit übersteht die Presswehen der neuen Gesellschaft – Millionen Jahre nicht mehr so sein. Der zweite „Kreislauf“, der alle Vorgänge über ein abstraktes allgemeines Äquivalent, also das Geld, steuert, verschwindet wie eine abgenutzte Schlangenhaut.

Der Grundwiderspruch, der alle menschliche Entwicklung vorantreibt, ist der zwischen den vorhandenen Bedürfnissen und den realen Möglichkeiten, sie zu befriedigen. Er schließt ein, dass aus jedem befriedigten Bedürfnis ein neues, höheres erwächst. Solange in gesellschaftlichem Umfang nur Teile der Menschheit ihre Bedürfnisse befriedigen können, weil das Produktivkraftniveau nicht mehr ermöglicht, liegt zwischen Bedürfnissen und ihrer Befriedigung ein eigenständiger Kreislauf der Warenwirtschaft. Tendenziell wachsen darin die schmarotzenden Elemente, die erst im Nachhinein als überflüssig erkannt werden können.

Donnerstag, 17. Mai 2012

"Komodo" - Robinson (3)


 Der Grundsatz aber bleibt: Die Mitglieder einer Gruppe arbeiten so arbeitsteilig wie die Organe eines menschlichen Körpers. Sie akzeptieren naturwüchsig, dass sie alle ihre Bedürfnisse kennen und gemeinsam ihre Möglichkeiten nutzen, so gut es geht viele ihrer Bedürfnisse zu befriedigen.

Dieser Herangehensweise ist der kommunistische, der DRITTE Wirtschaftskreislauf ähnlich. Auf wesentlich höherer Ebene wissen „alle“ Menschen um den Effekt ihrer Entscheidungen für sich und die Anderen. Wie das funktionieren kann, konnten Marx und Engels nur erahnen, wodurch sie zu missdeutbaren Schlussfolgerungen kamen. Sie verabsolutierten die für ihre Verhältnisse überwältigenden Springquellen produktiven Reichtums, die den Kommunismus kennzeichnen würden. Also einfach gesagt: Weil genug da sein würde, alle Bedürfnisse zu befriedigen, können alle Bedürfnisse befriedigt werden. Ein solcher Denkansatz war der stürmischen Entfaltung der Produktion / Produktivität in den vorausgegangenen 200 Jahren (im Vergleich zur gesamten Menschheitsentwicklung bis dahin) geschuldet.

In der Realität kommt aber mindestens ein entscheidendes Element dazu: Die Gesellschaft, in gewissem Sinne die ganze Menschheit, verfügt inzwischen endlich über ein handhabbares Instrument, die Bedürfnisse aller ihrer Mitglieder zu erfassen („zu kennen“) und im Sinne ihrer direkten Befriedigung zu wirken (und natürlich im Sinne einer bewussten Minimierung ausufernder unsinniger Bedürfnisse). Die technische Grundlage für ein solches Konstrukt scheint mit dem „Internet“ gegeben: Im Prinzip kann schon heute jeder Mensch dieser Erde sich an seinen Computer setzen, sich in eine gigantische virtuelle Bedürfniszentrale einloggen und kundtun, welche Bedürfnisse er befriedigt zu bekommen hofft. Indem er dies öffentlich machte, machte er auch Forderungen öffentlich, derer er sich schämen müsste.

Allerdings hebt das Wissen, dass einzelne Menschen sich heute wirklich unverschämte Wünsche erfüllen, weil sie dazu die Mittel haben, heute noch den Nutzeffekt auf. Warum sollte sich einer beschränken, wenn es der andere auch nicht tut? Es geht mir hier aber auch nicht um die tatsächliche Machbarkeit im Augenblick, sondern darum, dass es bereits technische Mittel gibt, mit denen so etwas möglich wäre. Alle Produktion im weitesten Sinn könnte „wieder“ direkt an den erfassten und bewerteten Bedürfnissen ausgerichtet werden. „Man“ KANN wissen, warum man was macht … Trotz des entscheidenden Unterschieds, dass der urgesellschaftliche „Wirtschaftskreislauf“ ungeheuer klein war und inzwischen scheinbar unüberschaubar groß geworden ist. Das wird im Kommunismus wahrscheinlich dadurch gelöst, dass jeder sich in die Klärung jeder Frage von gesellschaftlicher Bedeutung einschalten kann, aber nicht jeder sich für jede Frage interessiert, sodass sich „Kerne“ von Fachleuten zusammenfinden werden.


Inzwischen habe ich das Manuskript von "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen"also überarbeitet. Mit etwas Glück ist dies die vorletzte Fassung vor der endgültigen Veröffentlichung. Einige Passagen eignen sich nicht zur Präsentation in einem Blog. Die habe ich ausgelassen. Das ganze Kapitel, allerdings ebenfalls gekürzt, kann man hier nachlesen. Ich hoffe auf Daumendrücker ...

Dienstag, 15. Mai 2012

"Komodo" - Robinson (2)


Der konkrete Mensch Robinson hatte von der Natur der Erde pro Tag 24 Stunden zur Verfügung gestellt bekommen, Jahreszeiten u.Ä. sowie die Aussicht des Todes. Welche Bedürfnisse er dazwischen wann und in welchem Umfang befriedigt, kann er im Wesentlichen frei entscheiden. Allerdings werden einschränkend die Därme Forderungen stellen, wann sie entleert werden wollen, und der Magen, der gefüllt werden will, und noch einiges ganz Existenzielles mehr. Mit jeder Entscheidung für das eine zu befriedigende Bedürfnis fällt gleichzeitig die Entscheidung gegen (fast) alle anderen. Wer also seine Zeit braucht, um etwas zu fressen zu bekommen, kann nicht gleichzeitig „speisen“ oder Musik zum Feiern machen.

Die „gesellschaftliche Qualität“ dieses Zeitfonds ist klar. Was wäre der berühmte Robinson gewesen ohne die Flinte und technischen Geräte, die er aus dem Schiff hatte retten können? Was wäre er gewesen ohne das mitgebrachte Wissen seiner Zeit – beispielsweise zur Haltung von Haustieren? Sein klar umrissener Kreislauf Bedürfnisse – Entscheidung – eigene Produktion – Befriedigung – neues Bedürfnis prägte sofort auch sein Denken. Es gab ihm die Macht, den Freitag, der nicht über ähnliche technische Mittel verfügte, in ein Werkzeug für seine Bedürfnisbefriedigung zu verwandeln, ihn für sich arbeiten zu lassen.

Dieser elementare Kreislauf ist natürlich zutiefst beschränkt. Man kann ihn geistig von einzelnen Personen auf konkrete Gruppen erweitern, womit man das „urkommunistische“ Prinzip vor Augen hat: Die Gruppe als Ganzes kennt die Bedürfnisse aller ihrer Mitglieder und befriedigt sie nach vorhandenen eigenen Möglichkeiten. Im Prinzip verselbständigen sich nur die arbeitsteiligen Abläufe, die jeder Mensch sonst allein für sich entschieden hätte. So wie Robinson für sich (ohne Freitag) entschieden hatte, welcher Arbeitsgang wann wie viel Zeit „kosten darf“ (indem diese Zeit anderen Arbeitsabläufen vorenthalten wird), so entscheidet dies nun die Gruppe. Neu dabei ist, dass nun natürlich Bedürfnisse parallel bearbeitet werden können. Der Grundsatz aber bleibt: Die Mitglieder einer Gruppe arbeiten so arbeitsteilig wie die Organe eines menschlichen Körpers. Sie akzeptieren naturwüchsig, dass sie alle ihre Bedürfnisse kennen und gemeinsam ihre Möglichkeiten nutzen, so gut es geht viele ihrer Bedürfnisse zu befriedigen.

Sonntag, 13. Mai 2012

"Komodo" - Robinson (1)


Bürgerliche Ökonomen versuchen oft eine Milchmädchen-Wirtschafts-Erklärung, bei der auch der um wenig Ecken Denkende sagt, ja, das versteht er. Sie verkürzen dabei die abstrakten Zusammenhänge von Kapital und Gesamtwirtschaft auf das hübsche Bild von Robinson Crusoe. In vielen komplizierten Beziehungen geht das nicht, weil die nur existieren, indem so viele Handelnde im Wirtschaftsprozess auftreten, dass die einzelnen nicht direkt wissen und beeinflussen können, was aus ihren Produkten wird bzw. wie ihre gekauften Waren zu ihnen kommen. Aber wir haben ja Fantasie, um für uns etwas aus dem künstlerischen Bild zu machen.

Ich durfte viel von Karl Marx lesen. Sein produktionsfixiertes Denksystem hatte dabei Vor- und Nachteile. Das kommt auch in seinem Hauptwerk „Das Kapital“ zum Ausdruck: Die Welt, die er zu erklären versucht, rankt sich um den Begriff der „Ware“. Dies reicht zwar aus, um einen Kapital-Ismus mit seiner Herkunft und seinem Niedergang zu erklären, aber nicht für die Einordnung des (entfalteten) Kommunismus. Dafür muss jeder Klassenhorizont verlassen werden. Also alles, was Warenwirtschaft erklärt, wie Tauschwert oder „abstrakte Arbeit“. In der kommunistischen Welt gibt es nämlich nur noch eine Vielzahl konkreter Arbeiten.

Man kann die „Wirtschaft“ in drei Arten von Kreisläufen unterteilen.
Der innerste ist der elementare oder Robinson-Kreislauf: „Der Mensch“ als konkretes Einzelwesen hat Bedürfnisse, die zu befriedigen sind und die er selbst kennt und befriedigen möchte, einen natürlich vorgegebenen Zeitfonds, in dem er dies kann und muss, und eine gesellschaftliche Qualität dieses Zeitfonds. Selbstverständlich sind auch die Bedürfnisse selbst gesellschaftlich bestimmt. Sie erwachsen nur zum kleineren Teil „der Natur“, zum größeren dem, was er kennt. Also die frühen Menschen, die die Nutzung des Feuers nicht kannten, fraßen, womit sie ihren Hunger stillen konnten. Sie hätten mit Messer und Gabel nichts anfangen können, schissen bestimmt neben dem Fressplatz und es gab nichts, wo und warum sie hätten Staub wischen können. Wie sauber jemand heute seine Wohnung haben möchte, ist unter anderem auch ein kommunikatives Problem. Es erwächst eben auch aus dem Grad der Peinlichkeit, wenn Besucher „Sau“ mit Fingern aufs Regal schreiben (könnten). Und das konnten die Höhlenbewohner noch nicht.