Dienstag, 30. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (9)


Natürlich muss es Unterschiede geben zwischen „landwirtschaftlichen Produkten“ mit kurzen Verfallsdaten und Textilien oder Haushaltstechnik im weitesten Sinn. Das Beschriebene bezieht sich logisch auf Güter ohne kurze Verfallsfristen. Technisch aber wäre so etwas heute bereits machbar, stößt aber stets an die Schranke, dass jede Kette ihre eigene Produktreihe verkaufen muss. Ein technisches Konzept für eine optimale Gesamtlogistik zu erarbeiten erfordert zwar viel Vorarbeit, bringt aber letztlich gegenüber dem „Marktsystem“ Gewinne. Wir könnten z Hause vorauswählen, was wir dann „im Laden“ anprobieren ...

Sicher bedarf es „politischen Modedesigner-Geschicks“, Benutztes als „chic“ zu kreieren. Aber wer heute das Teuerste und Modernste als Besitz vorführt, demonstriert zuerst einmal, dass er es sich leisten kann. Dieses Symbol für „Ich bin ein Leitwolf“ fällt weg. Prinzipiell kann sich ja jeder alles „leisten“. Dadurch gewinnt ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen einen neuen Stellenwert. Man „zeigt“ sich eben als einer der Positiven, wenn man die Arbeit anderer schätzt. Man muss ja nicht gleich als Clochard herumlaufen. Aber ein Verschwender zu sein, bringt öffentliche Minuspunkte. Und warum sollte ich Kleidungsstücke gegen neue austauschen, die meine Persönlichkeit besonders hervorheben?!

Was aber hat ein Kleingärtner vom kommunistischen „Markt“? Erst einmal wächst der Sonderfall „Selbstversorgung“ mit Spezialitäten (wobei „Selbstversorgung“ eben auch die frischen Brombeeren für die besten Freunde einschließt). Dazu kommt das „Flair“ von Basaren. Man „handelt“ Produkte, indem man sich lobend über sie unterhält und darüber wiederum mit anderen Menschen ins Gespräch kommt. Weil es Spaß macht. Man beachte: Das macht nur einer begrenzten Zahl von Leuten Spaß, aber auf die kommt es an. Der Austausch von Freuden. „Hast du noch mehr davon?“ Andererseits kann aber auch über das Internet bestellt werden, wer von wem seinen Apfelbaum abgeerntet bekommen möchte. Und wieder ist das Ergebnis eine angenehme Bekanntschaft (anderenfalls würde man ja den Kontakt zum anderen sofort abbrechen). Ein lockeres Gespräch erfüllt unter Umständen die Funktion einer „Bezahlung“, ein persönliches Anlächeln, Kontakt eben. Eines ist ja ausgeschlossen: Betrug. Niemand ist in der Lage, einem Anderen eine minderwertige „Ware“ gegen ein „allgemeines Äquivalent“ auszutauschen. Man kann nur das aktuelle Lächeln bekommen, das man haben will. Wie lange der Übergang dauern wird, ist aus heutiger Sicht nicht einschätzbar. Wenn wir aber von der Unmöglichkeit ausgehen, ignorieren wir alle die, die heute bereits gegen den allgemeinen Warenmarkttrend Menschen etwas aus Freude am Erfreuen anbieten. Um wie viel breiter muss dieser Trend werden, wenn nur so belohnt werden kann … Wie schon erwähnt: Das ist alles „nur“ Ergänzung der normalen „Produktion“, der „Arbeit“ nach heutigem Verständnis. Sollte also niemand den konkreten Apfelbaum abernten, bleiben die Äpfel eben dran – und das Leben geht ohne ein solches Vergnügen weiter.

Ein grundsätzlich höheres Niveau der Versorgung der Erdbewohner ihren Bedürfnissen entsprechend setzt ein qualitativ hochwertiges Planungssystem voraus. Die Zeit hierfür ist heute bereits überreif, weil wir Menschen fleißig dabei sind, alle irdischen Ressourcen zu verbrauchen. Die technische Seite, ein vernetztes System von hoch-kapazitiver Rechentechnik, ist seit Ende des letzten Jahrhunderts gegeben, wir haben nur noch die „rechtliche“ Seite zu klären, also dass unterschiedliche Eigentümerinteressen einer gemeinschaftlichen Planung nicht mehr entgegenstehen.





Montag, 29. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (8)


Noch einmal unterstrichen: Echte Planungssysteme bedürfen der Verfügbarkeit über das zu Planende – also einer gemeinschaftlichen Eigentumsform – und des Potentials vernetzter Weltrechentechnik und -kommunikation. Sie sind seit wenigen Jahren technisch real vorstellbar, werden aber durch die gesellschaftlichen Verhältnisse blockiert bis hin zum Nachdenken darüber. Dass sich Linke dem unterwerfen, sollte uns zu denken geben ...

Im Moment aber entstehen gerade makabre „Teilsysteme“der „Planung“: Gegen die potentiellen Millionen (Milliarden) Menschen auf der Flucht vor Armut und Unterdrückung werden Abschottungssysteme entwickelt. Diese Systeme müssten durch eine der Völkerwanderung ins Römische Reich vergleichbare Flut der Unterdrückten niedergewalzt werden. Durch Menschen gemachte Tsunamis an Stelle der Hunnen ...
Das hieße aber, dass über Jahrhunderte der Welt-Lebensstandard schrumpfte.
Wir müssen uns das vor Augen führen: Heute können wir alles vorhersehen und die Bedingungen für ein anderes Entwicklungsszenario schaffen. Es muss nicht so kommen. Was tut jeder Einzelne dagegen, dass in die Länder, die zu unseren Partnern entwickelt werden könnten, Krieg gebracht wird, Potenzen in ihnen zerstört werden? Und das Internet verkommt inzwischen zum Weltspionagenetzwerk.
Man bedenke, dass ein Planungssystem „nur“ ständig weiterentwickelt werden müsste, also, einmal aufgebaut, bereits Wirkung brächte, während wir von Not getrieben jeweils nur an die schlimmsten Ecken des chaotischen Systems greifen … und gleich darauf vor dem nächsten Problem des Systems stehen.

Aber welcher Bereich ist der erste?
Vor allem Anderen stehen die Elementarbedürfnisse Trinken, Essen, Fortpflanzen und „Wohnen“. Wir sollten immer im Hinterkopf behalten: Der Übergang zum Kommunismus, nein, die Übergänge zum Kommunismus beseitigen eine unterschiedlich große Masse an Arbeitszeitverschwendung.
Nehmen wir dies als Vorteil: Um einen inneren Produktkreislauf auf vorhandenem Niveau aufrechtzuerhalten, besteht in industriell hoch entwickelten Staaten das größte Potential an sofort verkürzbarer Arbeitszeit. Marxistisch ausgedrückt: Dort wird heute am stärksten ausgebeutet, da der Durchschnittsarbeiter die wenigste Zeit tatsächlich arbeiten müsste, um seinen relativ (im Vergleich zu den Arbeitern in unterentwickelten Staaten) hohen Lebensstandard zu erhalten.

Wir können davon ausgehen, dass im Kommunismus jeder „Bürger“ (mindestens) einen „Computer mit Internetanschluss“ (wie immer das dann heißen mag) haben wird. Da der „Versandhandel“ kein eigenständiges Geschäft sein wird, gibt es keinen Grund, warum sich nicht jeder Bürger in eine Art „Angebotsportal“ einloggen sollte. Dort kann er seine Auswahl treffen an Gütern, die er für sich allein verbrauchen und solche, die er zeitlich beschränkt nutzen möchte. Er kann dort auch auswählen, ob er diese Güter nach Hause geschickt bekommen möchte oder an eine Sammelstelle (einen „Supermarkt“), an der er sie abholen kann. Ja, da dies alles ein durchgehend vernetztes System wird, kann er auch zwischen sofort lieferbaren und noch zu produzierenden Gütern wählen. Diese Vorbestellungen sind dann künftige Produktionsgrundlage. Selbst Entwurfsvorschläge sind denkbar.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (7)


Ein echtes Planungssystem ist die Vernetzung geschlossener Mikro(plan)systeme. Sie erschöpft sich nicht in selektiver Kennziffererfüllung – die natürlich immer etwas willkürlich ist – sondern strebt die Optimierung des Ganzen an. Insofern ermöglicht sie mit wachsender Genauigkeit die Vermeidung von Ressourcenvergeudung.
Ein eigentlich allgemein anerkannter Bereich, in dem man sich heutzutage echte Planung wünschte, ist die globale Klimaentwicklung. An ihr sieht man auch die Komplexität des Problems: Man ist inzwischen in der Lage, immer genauere Modelle zu entwickeln, die Voraussagen über Veränderungen ermöglichen, denen wir entgegengehen. Nur zeigen sich dann die Grenzen der Produktionsverhältnisse: Zig Vertreter von zig Teilsystemen (Staaten, Unternehmen, Wissenschaftler usw.) hören einander unterschiedlich interessiert zu, sind im Prinzip einig, „dass etwas getan werden muss“ ..., aber sabotieren alles, was die eigene Konkurrenzkraft beeinträchtigen könnte.

Planung schließt also ein, dass für alle Beteiligten der gemeinsame Nutzen nicht zum Schaden des Einzelnen wird. In einer Marktwirtschaft – und mag die auch Sozialismus heißen – ist dies aber nicht zu verhindern. Unterschiedlichkeit des Eigentums an Produktionsmitteln „produziert“ immer Unterschiedlichkeit der praktischen Interessen, die im „positiven“ Fall Zweckgemeinschaften zu Lasten Dritter bewirken.

Ein uneingeschränkt geschlossenes System zum Planen wird es nie geben. Aber es wäre heute bereits möglich, ein arbeitsfähiges Weltsystem in Betrieb zu nehmen. Das erfasste die wesentlichsten Teileffekte. Mit jedem neuen Durchlauf kann es verbessert werden. Vor allem könnte dabei die rein ökonomische Bewertung immer mehr hinter einer ökologischen im engen und weiten Sinn zurücktreten. Anders ausgedrückt: Im Moment stellte sich die Hauptfrage, wie das Lebensniveau der Menschen in den zurückgebliebenen Weltregionen an das der hoch entwickelten herangeführt werden kann, ohne die Lebensbedingungen auf der Erde als Ganzes zu verschlechtern. Dies tritt dann immer mehr zurück hinter die Frage, wie die Lebenswelt Erde insgesamt lebenswerter für alle wird.
Das schließt unter Umständen die Einschränkung von Warenströmen ein, also die Frage, was für die Welt zentralisiert geschaffen werden und was wo einen regional geschlossenen Kreislauf bilden sollte. Diese Frage kann aber erst unvoreingenommen beantwortet werden, wenn nicht der eine die Kosten des anderen tragen soll.
Ich kann mir Massen von Begeisterten vorstellen, die rein aus Hobbytreiberei vor Computermonitoren säßen, um Beispielsysteme auszuprobieren. (Man denke an die „Schwärme“, die an Wikipedia mitarbeiten, die Computerspiele verbessern helfen und Anderes, was es heute schon gibt ohne materiellen Gewinn für die Beteiligten oder Gewinn nur für den jeweiligen Sieger.) Optimierung bedeutet ja immer, den Gewinn an einer Kennziffer mit dem Schaden bei anderen zu vergleichen. 

Samstag, 27. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (6)


In heutigen „Marktwirtschaften“ gibt es dagegen diverse Eingriffe in den Markt mit unterschiedlicher Wirksamkeit. Jeder Konzern versucht sich nicht nur in strategischer und operativer Planung, er versucht, seine Pläne auch nach innen direkt und nach außen indirekt durchzusetzen. Nach innen administrativ und mit Druck und nach außen über scheinbar für alle gleiche Rahmenbedingungen. Institutionen von der Art eines IWF gestalten die so, dass bestimmtes Handeln mehr, anderes weniger lukrativ erscheint, wodurch eine gewünschte Wirtschaftsentwicklung gefördert und teilweise erreicht wird. „Planung“ heißt hier Lobbyarbeit, die auf jene Rahmenbedingungen hinwirkt, die das eigene Handeln begünstigen. Dazu kommt, dass jede „Werbeindustrie“ auch ein Mittel einer pervertierten „Planwirtschaft“ ist, indem sie Bedürfnisse produziert. Jeder sieht, dass es weiter Krisen gibt. Jeder hat aber bisher auch gesehen, dass trotz gigantischen Zusammenbruchspotentials der totale Zusammenbruch immer wieder verhindert, die klassische Konjunkturkurve abgeflacht werden konnte. Solcherart Planung entspricht dem heutigen Niveau der Produktionsverhältnisse und es war eine Anpassung an Realitäten, dass frühsozialistische Ökonomen so etwas für ihr System einforderten – also Marktmechanismen bewusster einzusetzen.

Die damalige Kommando-Wirtschaft sollten wir nicht als Maßstab für die Bewertung einer wunderbaren Sache, nämlich einer immer besser funktionierenden Wirtschaftsplanung heranziehen!

Technisch waren bis etwa 1990 nur geschlossene Systeme berechenbar. Das heißt, es waren gewaltsam Bedingungen durchzusetzen, um eine festgesetzte Einzelgröße zu gewährleisten. Die frühe sowjetische Raumfahrt bewies, dass das selbst in sich ihrem Wesen nach besonders stark einer Planung entziehenden Bereichen funktionierte: in der innovationsintensiven Wirtschaft. Die russische Militärtechnik zehrt heute noch vom sowjetischen Forschungsniveau. Aber es ist doch keine Planung, zu befehlen, wir müssen x Kräfte auf y konzentrieren … und die anderen müssen sich auch anstrengen. Oder Zahlensysteme zu konstruieren nach dem Prinzip „was wäre, wenn ...“
Ich sage nicht, dass das nicht sinnvoll gewesen wäre. Ich sage nur, dass es keine wirkliche Planwirtschaft war und sein konnte. Dazu kam, dass ein planbares geschlossenes System einfach nicht existierte. Das hätte Autarkie bedeutet. Also alle Rohstoffe und Produkte hätten innerhalb des eigenen Einflussbereichs gewonnen, verarbeitet und verbraucht werden müssen – ohne jeden Einfluss des „Weltmarkts“. Das war besonders absurd für die DDR, die 1945 fest in eine Gesamtwirtschaft mit industriellen Zentren im Westen eingebunden war. Gab es im Ostraum zwar Chemie-Verarbeitung, so doch wenig Maschinenbau oder gar Stahlwerke. Eine moderne Wirtschaft ist globalisiert. Wirtschaften ergänzen sich. Jeder macht das, wozu er die besten Voraussetzungen hat – wodurch er von Anderen abhängig wird. Selbst wenn diese „Anderen“ die sowjetischen Freunde mit ihren Bodenschätzen sind. Planung wird umso absurder, je mehr man von jemandem beziehungsweise etwas abhängig ist, was man nicht planen, nicht beeinflussen kann. Genauer: sie kann dann sogar gezielt gestört werden (und wurde auch gezielt gestört).

Freitag, 26. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (5)


Wie kann dann eine solche Wirtschaft überhaupt „überleben“?
Zumindest nicht dadurch, dass Funktionäre den Menschen einzureden versuchen, dass wir schon unser Ziel erreicht hätten, obwohl die alltäglich das Gegenteil sehen. Um sich die längerfristige Antwort vorstellen zu können, muss man neue Möglichkeiten weiterdenken. Da es zu DDR-Zeiten keinen neuen PKW „frei“ zu kaufen gab, bestellte „man“ einen. Aus mehreren Gründen war es aber nicht möglich, dem Umfang der Bestellungen entsprechend die Produktion zu steigern. Also „produzierte“ man verlängerte Wartelisten. Genau dort aber hätte Planung angesetzt. Eine Warteliste ist an sich nichts Schlechtes, solange sie nicht ausufert. Sie bekäme eine ganz neue Rolle, sobald sie den Zugriff auf einen Welt-Reserven-Pool steuerte beziehungsweise überhaupt erst einmal Grundlage für eine „bedarfsgerechte“ Produktion würde. Technisch ist das heute vorstellbar.

Man stelle sich im Internet ein gigantisches virtuelles „Kauf“-Haus vor. Man kann sich ja prinzipiell seine Lebensumstände so einrichten, dass sie den Wunschvorstellungen nahe kommen. Letztlich ist alles im Kommunismus nur noch ein Problem der Distribution. Wie kommen Wunschprodukte und Nutzer real zusammen. Manche Problemlage „kippt“ sowieso an bestimmten Punkten. Individuelle Beförderungsgeräte braucht man nicht unbegrenzt … Sie stören sogar, wenn man übertreibt. Der Viertwagen vorm Haus bringt Ärger mit der Gesellschaft in Form des Nachbarn. Die übervolle Kühltruhe wird einfach lästig, wenn Lebensmittel verderben. Dann muss die Fehlkalkulation entsorgt werden. Je unkomplizierter man aber Ersatz aus den gesellschaftlichen Depots entnehmen beziehungsweise in solche zurücktauschen kann, umso häufiger macht man das auch. Wenn die neue Bestellung angeliefert wird, können die Restbestände abgeholt werden.
Klar: Es wird nicht DIE Methode geben. Aber warum nicht ein Versandsystem und Orte, an denen man optimale Kontakte zwischen Produktion und Verbrauch reguliert? Prinzipiell hieße das, dass man keinen der heute bekannten Vertriebswege ganz einsparte. Es würde innerhalb der vielen nur die Bedeutung des Internets steigen. Tauschbörsen. Aber daneben auch „Kauf“-Häuser, in denen man Kleidungsstücke am Körper testen kann. Die Erfassung über ein technisches System (über eines!) schränkt die heute normale Verschwendung von Ressourcen ein - bei Planbarkeit und bei unbeschränktem Zugang aller Weltbürger zum System – auch für die, die heute „Kulis“ sind. Das auszumalen wäre ein lohnender Gegenstand für Science Fiktion. Ich wollte nur andeuten, dass nicht schon allein daraus, dass nichts etwas kostet, eine Wegwerfgesellschaft entstehen muss,

Ein paar Worte zum Begriff „Planwirtschaft“. Der ist nicht das Gegenteil von „Marktwirtschaft“. Das, was mit Blick auf den „Ostblock“ heute „Planwirtschaft“ genannt wird, war treffender „Kommando-Wirtschaft“ zu nennen, selbst, wenn dies abwertender klingt, als es eigentlich gemeint ist. Zu Zeiten des „Realsozialismus“ des 20. Jahrhunderts war eine echte Planwirtschaft weltweit noch gar nicht möglich. Die grundsätzlichen Beziehungen regelte auch da „der Markt“ mit seinen ökonomischen Gesetzen. Objektiv, also unabhängig vom einzelnen Wollen. Sich gelegentlich andeutende Elemente von solidarischem Miteinander, die es auch gab, erhöhten erst einmal nur die Gesamtkosten.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (4)


Wichtiger als Denkanstoß ist aber ein prinzipieller Vergleich von Mechanismen, die den Kapitalismus dem Sozialismus gegenüber überlegen machen … und umgekehrt.
Ein Grundbegriff Marxschen ökonomischen Denkens ist der des „Doppelcharakters“. Also alle Ware hat zugleich einen abstrakten (Tausch-)Wert und einen konkreten Gebrauchswert, ist Ergebnis konkreter Arbeit, die zugleich über (gewertete) Arbeitszeit abstrakte Arbeit ist usw. Für Marx war kaum des Betonens wert, dass jede „Ware“ einen „Gebrauchswert“ haben MUSS - sonst würde sie ja nicht gekauft und somit gesellschaftlich anerkannt.
Prinzipiell ist dies richtig und auf der Ebene des Wertgesetzes kann es so gesehen werden. Aber der Teufel liegt im Detail. Jeder Gebrauchswert ist nämlich konkret und schert sich als solcher einen Dreck um seinen abstrakten Wert als Ware.
Im Kapitalismus - und mit dem hat sich Marx ja beschäftigt – ist das gesellschaftlich gleichgültig. Man kann entweder zahlen oder nicht. Nur das zählt. Die Elemente der Warenwirtschaft, bei denen dies kompliziert werden kann, werden „ausgelagert“. An sich ist es dabei gleichgültig, ob diese „Auslagerung“ privatwirtschaftlich geregelt wird – also zur „Selbstausbeutung“ eines „selbständigen“ Kleinen führt – oder ob sie vergesellschaftet, also durch den Staat finanziert wird. Beim ökonomischen Auftreten des Staates sind nur seine zwei Finanzierungsschienen wichtig: einmal die Beteiligung an allen Einkommen über Steuern, und dann über Kreditaufnahme beim Kapital. Die Kreditaufnahme aber bewirkt letztlich, dass künftige Steuereinnahmen zum heutigen Profit des Finanzkapitals werden.
Die Besonderheit, dass konkrete Gebrauchswerte nur Anerkennung finden, soweit sie ein abstraktes „allgemeines Äquivalent“ im Wert finden, ist dem Sozialismus aber vom Wesen her fremd. Wenig profitable Zonen sind genauso vergesellschaftet wie die Gewinn bringenden. Man versorgt also auch den mit „Gesundheit“, der dies in keiner Weise bezahlen kann. Es werden Bedürfnisse an Gebrauchswerten befriedigt, ohne dass dies ein Markt erlaubte, sprich: diese potentiellen Werte werden dem prinzipiell vorhandenen Markt entzogen. Er „hungert“.
Andererseits können Waren, die kein individuelles Bedürfnis befriedigen, aber ein klassenherrschaftliches gesellschaftliches (also zum Beispiel die Rüstungsindustrie), nicht als Profitquelle wirken. Der sozialistische Staat als Gemeinschaftseigentum bezahlt im Gegenteil die Rüstung mit dem dann fehlenden Wert der Waren, die ansonsten individuelle Bedürfnisse befriedigt hätten. Der kapitalistische Staat bezahlt den privaten Produzenten mit dem vorweggenommenen Gewinn seiner durch die Waffen erzielten potentiellen Macht einschließlich künftiger Steuern.
Das bedeutet, dass eine sozialistische Wirtschaft im unmittelbaren Vergleich mit einer kapitalistischen eine überlegene Arbeitsproduktivität haben müsste, um mit jener überhaupt gleichzuziehen – obwohl sie ihre Eigentümer-Produzenten nicht zur Erhöhung der Arbeitsintensität zwingen möchte, während für den Kapitalisten die Erhöhung der Arbeitsintensität ans „zumutbare Limit“ normal ist.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (3)


Im Sozialismus wird noch jeder Arbeit ein Wert zugeordnet. Die konkreten Arbeit ist zugleich abstrakte Arbeit, die sie mit anderen vergleicht. Der Kommunismus sieht im Wesentlichen jede Arbeitsleistung als gleichwertig an, was natürlich ein anderes Verhältnis zum Arbeiten voraussetzt, als es heute als normal angesehen wird. (Das heißt ja nicht, dass nicht auch heute schon manche Menschen vorrangig deshalb arbeiten, weil sie die konkrete Aufgabe lösen wollen. Insofern verhalten die sich eben kommunistisch, festigen damit allerdings die kapitalistischen Machtverhältnisse.) Wichtig ist auch, dass die Keime des entfalteten Kommunismus bereits in den Phasen des „Sozialismus“ vorgereift werden. Der Übergang von der kapitalistischen Klassenherrschaft zum Sozialismus erfolgt gedreht im Vergleich zu vorangegangenen Revolutionen: Zuerst muss die politische Macht errungen werden, um die neue ökonomische Basis zu gestalten. Beim Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus sind die ökonomischen Beziehungen geklärt, wenn ihre äußeren politischen „Hüllen“ abgeworfen werden.
Wenn die „Springquellen“ der Produktion ausreichend sprudeln, haben wir die Grundlage einer besseren Welt. Aber es besteht auch die Gefahr der Vergeudung von Ressourcen. Die junge Sowjetmacht ist daran kläglich gescheitert. Selbstverständlich konnte sie bereits so viel Brot produzieren, dass alle Bürger genug davon gehabt hätten und kein Preis „notwendig“ gewesen wäre. Doch die Leute „produzierten“ eine sich selbst verwirklichende Prophezeiung: Befangen im Denken der eben nicht toten alten Gesellschaft erwarteten sie das baldige Ende des Experiments, hamsterten … und erreichten so, dass der Bedarf nicht gedeckt werden konnte. (Gut, es gab wesentlich mehr Gründe.) Auch heute griffe die Psyche der Marktgesellschaft ins Geschehen ein. Gäbe es Autos in Deutschland – wo daran eigentlich ein Überangebot herrscht - umsonst, stellten sich erst einmal viele einen Reservewagen neben ihre angestrebte Nobelkarosse, was letztlich einen Mangel schüfe. Wobei wohl der echte Mangel dann in Parkplätzen bestünde. Es müsste ein massives Überangebot erreicht werden, damit sich die Verhältnisse wieder normalisierten. Im Fall der Autos entstände dann als neue „Störung“ für die Allgemeinheit, dass „alles zugeparkt wäre“. Daraus erwüchse ein „Problemlösungsdruck“. Wenn aber Lebensmittel u.ä. Produkte gehortet würden, so reproduzierten sich immer neue Mangelsituationen von Gütern, die bis dahin noch nicht gehortet worden waren. Allein über die Produktion ist das Problem also nicht zu lösen. Es müssen schon im Sozialismus den Menschen komplette Systeme vorgeführt werden, die ökologisch und funktionsfähig sind, hochtrabend ausgedrückt: Im Sozialismus muss vorausschauendes Verständnis geschaffen werden. Um beim Beispiel zu bleiben: Das Wissen um die Parkplatzkatastophen ist Voraussetzung der „Freigabe“ der PKW-“Verteilung“ … (Zum technischen „Outing“ der Unvernünftigen an anderer Stelle)

Dienstag, 23. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (2)


Wir wollen aber an Stelle zur letzten Menschheitskatastrophe zu einem funktionierenden kommunistischen System kommen. Dafür benötigen wir praktische Voraussetzungen. Eine habe ich bereits hergeleitet: Die Entwicklung zum Kommunismus kann erst beginnen (!), wenn keine Systemkonkurrenz mehr besteht. Das liegt nicht daran, dass kapitalistisch besser versorgt wird, sondern der unterschiedlichen Ziele wegen: In einer nachhaltigen Wirtschaft darf es nicht zuerst darum gehen, etwas so zu produzieren, dass es gekauft wird, weil es „glitzert“ und ggf. bald erneuert wird, es darf nur produziert werden, was Gebrauchswert besitzt, der vorhandene sinnvolle Bedürfnisse befriedigt oder solche, die zu entwickeln wünschenswert ist. (Okay, das Staunen vor schön gestalteten Schaufenstern kann auch zu einen „Gebrauchswert“ für sich werden.) Nun basieren sowohl Kapitalismus als auch Sozialismus auf Mangel. Wir vergessen meist, dass die extreme Armut eines Teils der Menschheit notwendige Voraussetzung für den relativen „Wohlstand“ in den Konsumzentren ist, sofern wir selbst im Rampenlicht stehen. Eine „Privatbank“ muss nicht „bessere Leistung“ erbringen, um sichtbar besser zu sein als eine „Sparkasse“, es reicht, dass sie nicht jedem ein Konto zu gewähren braucht, um „effizienter“ zu sein. Kapitalistische Marktwirtschaft reduziert alles auf den Profitzweck als Erfolgsmaßstab, eine sozialistische Wirtschaftsnuance senkt ihre „Effizienz“ in diesem Sinn durch Wohlfahrtsanliegen. (Was im Frühsozialismus nicht konkretes antimenschliches Handeln aus Konkurrenzfähigkeitsgründen ausschließt, wie die DDR-Umweltpolitik belegt.)

Der Übergang vom „Sozialismus“ zum Kommunismus hat noch einmal etwas extrem Revolutionäres. Als „ökonomische Gesellschaftsformation“ gehören sie zusammen, weil sie beide ohne fremde Arbeit ausbeutende Klassen auskommen. Aber es ist eine andere Frage, was man in einem Teil der Welt erreichen kann, solange es im internationalen Rahmen noch Ausbeuterklassen gibt. Es muss also eine Übergangsgesellschaft mit andauernden revolutionären Ereignissen geben. In dieser Phase steckten wir im „Frühsozialismus“. Erst danach entfaltete sich der Sozialismus, indem er das Weltlebensniveau immer allgemeiner und planmäßiger hebt. Immer mehr rückt die konkrete „technische Lösung“ an die Stelle institutionalisierter Ordnung (den „Staat“). Wenn ich von „Kommunismus“ spreche, meine ich also immer seine entfaltete Form, bei der es kein Privateigentum an wesentlichen Produktionsmitteln gibt, weil kein Geld sich in Kapital verwandeln kann. 

Montag, 22. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (1)


Wenn wir den Kauf eines PKW mit seinen astronomischen Wartezeiten und die Geschäfte mit eben diesen Wartezeiten mit einer heute produzierten „Brille“ betrachten, können wir daraus den Schluss ziehen, die „Marktwirtschaft“ sei einer „planwirtschaftlichen“ überlegen. Zumindest kann ich das in diesem Bereich nicht so leicht widerlegen wie beispielsweise bei der medizinischen Versorgung, wo das Streben nach „Maximalprofit“, ja „Wirtschaftlichkeit“ überhaupt, dem eigentlichen Versorgungszweck „Gesundheit“ direkt entgegensteht, das Hauptziel, (höchste) Gewinne zu machen, das vorgebliche Ziel, alle Menschen bestmöglich gesund zu machen, fast ausschließt – und umgekehrt.

Ich habe ja schon darauf hingewiesen: Der entfaltete Kommunismus wird eine Gesellschaft aus lauter „Ausnahmen“, Sonderfällen usw. sein. Er wird sich administrativen Pauschalierungen entziehen. Da wird es neben „rein kommunistischen“ sowohl bewährte als auch neu entdeckte marktähnliche Regelungen geben. Das heißt aber nicht, dass ein so grundsätzlicher Bereich wie die Versorgung mit den Dingen, die man zum Leben braucht, ganz vorkommunistisch bleibt. WARUM funktionierte denn so manches zu DDR-Zeiten nicht und konnte es auch nicht? Das erklärt hoffentlich, warum sich das in einer „neuen DDR“ und danach nicht wiederholen wird.

In Sonntagsreden wurde früher viel vom „objektiven“ Charakter des Marktgesetzes theoretisiert. Praktisch waren oft dieselben „Theoretiker“ der Meinung, die Marktgesetze durch administrative Maßnahmen außer Kraft setzen zu können, ja sie sogar außer Kraft gesetzt zu HABEN, weil sie – wie falsch – nur im Kapitalismus gelten würden. Nun war das, was in „sozialistischen“ Schaufenstern ausgepreist herumlag, genauso „Ware“ wie das beim Kapitalisten im Land nebenan. Der Preis der einzelnen Ware konnte per Gesetz – eben administrativ – festgesetzt werden, so wie dies politisch wünschenswert schien. Damit war das Wertgesetz, also die tendenziell sich reproduzierende Formel, dass die Summe aller Preise der Summe aller Werte entspricht, aber immer noch da. Und die Werte entstehen eben dadurch, dass in jeder Ware eine gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit „eingefangen“ ist. Ist also ein Preis in diesem Sinne niedriger, müssten in der Gesamtgesellschaft andere Waren in gleichem Umfang mit einem höheren Preis als ihrem Wert verkauft werden. Nicht im einzelnen Produkt, aber in einer Volkswirtschaft (eigentlich: in einer Eigentümergemeinschaft) entscheidet dann die Arbeitsproduktivität über die Summe der Preise. Und da müssen sich einzelne Missverhältnisse – auch gewollte – am Ende wieder ausgleichen. Das ist nicht gelungen. Das konnte nicht gelingen, da das Wertgesetz der Nährboden ist, auf dem Krisen wachsen – prinzipiell auch im Sozialismus, wenn auch dort mit anderen Auswirkungen und Verläufen, und eine planmäßige Anpassung politisch gewollter Preise an das Marktgesetz ist eben ein enormer technischer Aufwand.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (5)


Demokratische Entscheidungsprozesse haben also drei allgemeine Hauptprobleme als „natürliche“ Gegner:

  1. die ausgeübte Macht derer, die eine bestimmte Entscheidung wünschen, die eigentlich den vernünftigen Interessen der Massen zuwiderliefe,
  2. die tendenziell wachsende Komplexität der zu entscheidenden Sachverhalte und
  3. die Kürze der Zeit, in der bestimmte Entscheidungen getroffen sein müssen.

Es wird immer Entscheidungen geben, die von konkreten einzelnen Kapitänen getroffen werden müssen. Diese Verantwortungsträger müssen nachher Rechenschaft ablegen, können für Fehler belangt werden, aber es gibt einfach Fälle, wo entschieden werden muss, bevor negative Folgen eintreten. Und es wird eine weiter wachsende Zahl von Entscheidungen geben, bei der nicht jeder Mensch mitentscheiden sollte, weil er die Sache nicht überblickt.
Allerdings heißt das nicht, ihm das Mitspracherecht – auf welche Weise auch immer – zu entziehen, sondern ihm eine so umfassende Kompetenz anzuschulen, dass er selbst entscheiden kann, wenn er etwas nicht mitentscheiden sollte.

Letzter Gedanke:
Auch Demokratie ist etwas, was dialektischen Negationen unterworfen ist. Es ist also VERNÜNFTIG, wenn eine verantwortungsbewusste Minderheit den Kurs einer gesellschaftlichen Entwicklung ändert, das „Ruder rumreißt“. Dann aber muss sofort daran gearbeitet werden, dass nicht Einzelne die faktische Entscheidungsgewalt in einer armeeähnlichen Weise behalten. Dann ginge die Diktatur (!) des Kapitals nur in eine Diktatur von Personen über. Richtung jeder sozialistisch-kommunistischen Bestrebung sollte aber die Beseitigung ALLER diktatorischen Elemente bei der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschen sein.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (4)


... Also je fundierter das Wissen der „Massen“ ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Nun sind aber gesellschaftswissenschaftliche Fragen eher mit Emotionen und Meinungen belastet als einfache naturwissenschaftliche Sachverhalte. Dazu kommt, dass Entscheidungsgrundlagen immer komplexer werden. Was alles ist in welchem Umfang zu berücksichtigen? Wie soll man (Gefälligkeits-)Gutachten bewerten, die als Ergebnis „sachverständiger Prüfung“ in der Zeitung stehen? Ist da nicht doch etwas dran?
Im Anziehungsfeld widerstreitender Kräfte neigt die Normalvernunft zum Lemmingverhalten, also zur Suche nach einem, dem man hinterherlaufen kann. Da dies in der Masse jemand ist, der a) besonders häufig seine Meinung öffentlich ausbreitet und b) dies mit einer scheinbar anerkannten Kompetenz tut, also z. B. als Regierung oder von der Regierung Berufener, ist direkte Demokratie tendenziell konservativ im Sinne der Erhaltung des Bestehenden / Gewohnten.

Diesem allgemeinen Effekt ist wiederum nur bedingt dadurch beizukommen, dass „die Massen“ umfassend informiert sind. Dabei ist dieses „umfassend“ nicht als erschlagende Masse einander widersprechender ausgewählter Details gemeint, sondern als methodisches Grundgerüst einer Sachbewertung und einer Objektivierung von Fakten. Das hört sich kompliziert an, ist es aber auch.
Und es setzt voraus, dass es keine wesentlichen gegenläufigen Interessen gibt, also niemand daran interessiert ist, dass die Menschenmassen NICHT zu den objektiv besten Schlüssen kommen. Jede Entscheidung, die Bedeutung für die wirtschaftliche Rolle einzelner Beteiligter hat, veranlasst aber diese, aus dem Gefüge von möglichen Argumenten diejenigen zu „verstärken“, die eine Entscheidung im positiven Sinn der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung bewirken können. Sobald es sich dabei um wirtschaftlich Mächtige handelt, also solche, die freie Mittel („Kapital“) für Gutachten, Lobbyarbeit in Parlamenten, Zeitungsartikel usw. einsetzen können, ist in der öffentlichen Wahrnehmung eine ihnen angenehme Auswahl an Argumenten überrelevant präsent. Damit tritt der vorher angedeutete psychologische Effekt ein, dass die Massen sich für kompetent halten und eine im Sinne der Herrschenden erwünschte Meinung für sachlich richtig – obwohl die a) falsch und b) für sie selbst schädlich ist. Letztlich bis zur Lemmingkonsequenz, also zum kollektiven Suizid. (Über das indirekte Erpressungspotential von Großanlegern gegenüber Medien braucht nicht zu philosophiert zu werden. Eigentlich passiert es nurbeim kleinen Sexgeschäft und der Pornografie, dass eine Reihe von Hotline-Nummern unmittelbar neben einem Artikel gegen die Geschlechtsvermarktung steht. Ansonsten dürften die Redaktionen vorsichtig sein, Artikel gegen die großen Inserenten zu veröffentlichen.) ...

Dienstag, 16. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (3)


... Aus dem bisher Angedeuteten ließe sich ein klarer Vorteil der sogenannten DIREKTEN Demokratie schlussfolgern. Dieser Schluss ist aber voreilig.
Die Begründungen dafür, warum auch direkte „Demokratieformen“ „undemokratisch“ im Sinne der Machtausübung gegen das Volk sein können und es unter gegenwärtigen „Rahmenbedingungen“ auch sind, sind vielfältig.
In dieser Betrachtung wird „demokratisch“ als Art der Entscheidungsfindung angesehen. Im Prinzip haben alle Bürger ein Mitentscheidungsrecht – und zwar ein formal gleiches. Vom Grundsatz her ist dies ein gutes Prinzip. Es ist allerdings an einige Bedingungen geknüpft, wenn es funktionieren soll, und oft mit einem Denkfehler bei den Befürwortern verbunden.
Beginnen wir mit letzterem. Mir klingeln noch die Ohren von einem Interview der früheren Piratensprecherin. Sie vertrat den Gedanken, dass die besten Entscheidungen dadurch getroffen werden, dass jeder seine Argumente vorbringt – es würden sich so gut wie automatisch die besten durchsetzen und der Schwarm entwickele dadurch eine Intelligenz, die die einzelnen Mitglieder nicht erreichen könnten.
Leider steht dem u.a. ein psychologischer Effekt entgegen. Es ist nämlich in der Masse nicht der mit dem besten Argument erfolgreich, sondern der, der sein Argument am eindrucksvollsten vorbringt, also persönliches Charisma schlägt sachlichen Inhalt. Unter Umständen steht und fällt das Ergebnis einer Debatte auch mit der Reihenfolge der Sprecher. Es ist schlicht nicht wahr, dass Argumente für sich bewertet werden. Besonders die Häufigkeit der Wiederholung einer These durch für kompetent Angesehene führt zu verstärkter Akzeptanz und zur Selbstunterdrückung ursprünglicher Widerspruchsbereitschaft. Wer also weder in BILD steht noch im Fernsehen immer wieder zu Wort kommt, hat schlechte Karten. Die Masse der Mitstimmenden sind ja nicht die fundiert Nachdenkenden, sondern es sind die, die aufgetischte Halb- und Viertelwahrheiten auf ihr Stammtisch-Niveau herunterverstanden haben.
Dieses Problem lässt sich nicht beseitigen, es lässt sich nur in seiner Bedeutung mindern. Das einschlägige Mittel dagegen ist die Hebung der sachlichen Kompetenz der einzelnen Menschen. Man kann auch sagen, ihr echtes Wissen. Da mag noch so ein mitreißender Charismatiker kommen; er wird den Durchschnittsdeutschen heute nicht mehr von der Scheibenform der Erde überzeugen. ...

Montag, 15. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (2)


Etwas logisch zwingend zu definieren ist mitunter wesentlich komplizierter als es auf den ersten Blick scheint. Nehmen wir das am häufigsten gebrauchte Indiz, woran man „Demokratien“ erkennen kann: Die Möglichkeit aller Menschen eines Staatsvolkes, aus Alternativen zu wählen.
Nun ist es natürlich schon gewagt, an einem Kreuz, das alle vier Jahre gesetzt werden kann, ablesen zu wollen, ob ein Land demokratisch regiert wird oder nicht. Nehmen wir das aber einmal als gesetzt an.
In der DDR hatten die Bürger praktisch „die Wahl“, entweder die Kandidaten der Nationalen Front zu bestätigen oder sie auf dem Wahlzettel abzulehnen ... oder sie durch Wahlverweigerung abzulehnen. Der letztgenannte Fall hatte mindestens moralische Missbilligung zur Folge, er wurde allerdings häufig zur Nötigung des Staates benutzt, also durch Kopplung unmittelbarer persönlicher Interessen mit dem Wahlakt. (im Sinne von: Wenn ich zur Wahl gehen soll, dann möchte ich dafür eine Neubauwohnung.) Das war also die undemokratische Wahl-Variante. Zum Verständnis: Die „Nationale Front“ bestand aus 5 Parteien, von denen sich zwei selbst „demokratisch“ nannten, und Massenorganisationen, die die Sitzverteilung in der Volkskammer vor der Wahl aufgeteilt hatten.

Formal besteht diese vorausgegangene Sitzaufteilung in bürgerlich-demokratischen Parlamenten nicht. Der Bürger kann also unter alternativen Buchstabenkombinationen für verschiedene Parteinamen wählen. Praktisch entsteht die „Nationale Front“ nachher. Hauptursache ist der Entfärbungsprozess der Sozialdemokratie. Der begann in Deutschland mit dem Eintritt ihrer Partei in die Kriegsallianz 1914 und endete mit der Schröder-Regierung. Mit letzterer wurde der Angleichungsprozess vollendet: Es gibt inzwischen keine Regierungsentscheidung mehr, die nicht von der jeweiligen Wahl-Alternative auch hätte durchgeführt werden können oder deren Konzept entsprochen hätte. Dafür übernimmt die andere Partei Ideen der ersteren, sobald sie auf der Oppositionsspiel-Bank sitzt. Natürlich führt auch die aktuelle „christliche“ Partei genau die Maßnahmen durch, für deren Verhinderung sie ursprünglich gewählt worden ist. Wie sollte man es nennen, wenn die jeweilige „Opposition“ in der „Regierungsverantwortung“ das macht, wogegen sie vorher aufgetreten ist und was zu ändern sie gewählt wurde?
Eine tatsächliche Wahl bleibt dem Wähler nur noch zwischen Gesichter-Gemeinschaften. Oder man verweigert sich dem Zirkus von vornherein.
An den tatsächlichen Machtverhältnissen ändern „normale“ „demokratische Wahlen“ nichts: Diejenigen, die sich die passenden Gesichter kaufen, bleiben herrschend.
Es ist also nicht klar, ob man eine repräsentative, eine „Vertreter“-Demokratie, als Demokratie in formalem Sinne bezeichnen kann. Das würde streng genommen erfordern, dass die Vertreter von denen zur Verantwortung gezogen, sprich abgewählt werden, können, wenn sie nicht das tatsächlich tun, was sie zu tun versprachen und deswegen gewählt worden sind.

Es ist in diesem Sinne ein fast logischer Witz: Versprechen vor der Wahl, die unmittelbar danach „vergessen“ worden sind, konnte man den DDR-Volkskammer-Abgeordneten kaum vorwerfen. Wer sie also per Kreuz gewählt hatte, hat das bekommen, was ihm für das Kreuz versprochen oder angedroht worden war.

Sonntag, 14. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (1)


In der politischen Sprache gibt es eine Unmasse an Begriffen, mit denen sich (im weitesten Sinne) „Parteien“ selbst und und gegenseitig bewerten. Ein Ausdruck verwendet fast jeder und fast jeder auch mit positiver Wertung: „Demokratie“ und als Eigenschaftswort „demokratisch“ - etwas, was man üblicherweise selbst ist und der Gegner nicht. Das sollte eigentlich schon verdächtig sein. Das häufig als Gegenstück gedachte Wort „Diktatur“ hat zumindest einen Masse-Nachteil: Zwar wird oft der jeweilige Gegner ausgeübter Diktatur bezichtigt, doch gibt es deutlich weniger Menschen oder Parteien, die sich selbst als Diktatoren oder diktatorisch bezeichnen als demokratisch.
Aufmerken sollte man, dass allerdings die meisten, die von Demokratie sprechen, keine im Wortsinne meinen. Dann wäre es ja einfach. Zu gut deutsch meinten sie eine „Volksherrschaft“ und – oh Wunder – da ist die einfache deutsche Sprache unerwünscht.
Es wird also überwiegend nicht mit dem inneren Wesen der Sache sondern mit formalen Indizien operiert, die den Vorzug haben, dass sie an der Oberfläche gemessen werden können.
Nun ist das so eine Sache. Je nachdem, ob man ein Thermometer mit einer Skala in Grad Celsius, Reamur oder Fahrenheit beschriftet, zeigt es, hineingehalten ins selbe Wasser, unterschiedliche Werte. Aber kein Zweifel: Das Wesen der Sache, also der Energie- oder Bewegungsstatus des Wassers ist derselbe, nur der Betrachter nutzt eine andere Skala.

Schieben wir also weiter vorweg, dass sich die Bundesrepublik Deutschland als eine „freiheitlich-DEMOKRATISCHE Grundordnung“ sieht, die DDR ausgesprochen Deutsche DEMOKRATISCHE Republik“ hieß, dann folgt daraus, dass zumindest das politische Selbstverständnis einer „Ordnung“ nicht maßgebend ist für das, was sie wirklich ist. Zumindest werden mir die meisten zustimmen, dass diese beiden Attribute „demokratisch“ Anderes meinen. ...