Freitag, 4. Oktober 2013

Materialismus

"Es gibt keine unerklärlichen Phänomene. Es gibt aber welche, deren Erklärung wir noch nicht erkannt haben und solche, bei denen es uns zu kompliziert erscheint, sie anderen erklären zu können."

Montag, 2. September 2013

"Briefe" zu "Gemeinschaft der Glückssüchtigen" ...

Wozu schreibt man Texte gegen die Welt, wie sie heute ist?
Am entschiedensten, weil man überzeugt ist, dass die nicht nur schlecht gestaltet ist, sondern auch, weil man sicher ist, dass sie nicht so sein müsste. Es gäbe Alternativen. Diese Alternativen sind nicht irgendwelche utopischen Kopfgeburten, sondern für deren Funktionieren haben sich heutzutage längst die notwendigen materiellen Wurzeln herausgebildet. Wirtschaftlich, vor allem aber technisch ist alles da, was nötig wäre, um sich vom Zwang zu auf Geld („Kapital“) fixiertem Arbeiten zu befreien. All jene alternativlos erscheinenden logischen Ketten verbliener Marktwirtschaftnerds könnten durch neue ersetzt werden. Die, die das tun müssten, aber lecken immer noch die Wunden eines furchtbaren geschichtlichen Untergangs eines technisch verfrühten Versuchs.
„Wir“ - und das meint viele, die sich eigentlich linkem Ideengut nahe fühlen - lassen uns noch immer von der gegnerischen Logik blenden, dass ja der „Sozialismus“ untergegangen sei. In seine Richtung zu blicken, sei deshalb müßig.
Es ist ja so mühsam, sich selbst einzugestehen, dass die Vielen, die seinerzeit „den“ Sozialismus aufbauen wollten, etwas damals noch Unmögliches begonnen hatten. Dass erst einige notwendige Grundlagen geschaffen werden konnten, die für sich allein genommen in der Konfrontation mit einem kapitalistischen Weltwirtschaftssystem die tatsächlichen Vorzüge einer alternativen Wirtschaftsform nicht, nur in Ansätzen oder teilweise sogar nur in pervertierter Verballhornung entfalten konnten.
Heute wären die technischen Mittel sofort greifbar, sie werden nun aber – wenn sie überhaupt bemerkt werden – vom wieder durchgesetzten Machtapparat des Gestrigen pervertiert.
Es ist also aktive Auseinandersetzung mit dem nötig, was heute ginge – und zwar wie und warum. Kommunismus ist ja nur eine historische Bezeichnung, ein Wort, das mit realem Leben zu erfüllen ist.. Von alten Vorstellungen, wie diese Form des Zusammenlebens funktionieren kann, werden wir uns teilweise radikal trennen müssen. Individuelle Freiheit wird einen wesentlich konkreteren Hauptanteil an unserem Kommunismusbild ausmachen müssen. Mitgestaltung aller Lebensbereiche durch jeden, der sich für seine Angelegenheiten interessiert, wird greifbarer vorstellbar anstelle sie nur abstrakt zu proklamieren.
Die aktuelle Diskussionen in solche optimistischen Richtungen zu lenken, sie mit Gedanken anzureichern, verkrustete Denkstrukturen zu durchbrechen, das ist erklärtes Ziel des Buchs „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ von Slov ant Gali. Vorsätzlich wird dabei auf die Trockenheit eines gesellschaftswissenschaftlichen Sachbuchs verzichtet und dafür die besondere persönliche Möglichkeit des Autors eingebracht: utopische Belletristik und Lyrik zu schreiben und neben den Einmarsch-Erfahrungen der kapitalistischen Ordnungsmacht auch Erfahrungen aus dem gewöhnlichen Leben im realen DDR-Alltag verschiedenster Arbeits- und Lebensbereiche gesammelt zu haben.
Im Buch wird klar, dass das Leben im Kommunismus extrem bunt sein muss, Erfahrungen aus einem Bereich nur bedingt auf einen anderen Bereich übertragbar sind. Trotzdem bietet der Autor einen etwas vereinfachenden Musterfall an: Die Befriedigung des Bedürfnisses nach Musik-Hörgenuss. Hier liegt heute besonders auf der Hand, dass die reale Praxis unserer Verhältnisse – nämlich die Befriedigung unserer Bedürfnisse über die Warenform - hinterwäldlerisch und uns allen zum Schaden gereichend gestaltet ist.
Das Buch berücksichtigt, dass bestimmte Denkweisen, konkret die dialektische, recht erfolgreich aberzogen worden sind. Sie aber sind für das Verständnis erforderlich. So, wie alles, was ist, das Entwicklungsergebnis der Geschichte ist, so kann man das, was werden kann, aus dem Wissen herleiten, was ist und unter welchen Bedingungen es sich entwickelt hat. Allerdings wird Vernunft angemahnt an Stelle eines oberflächlichen „gesunden Menschenverstandes“, damit wir nicht ungewollt einen „Kachelofen“ betreiben, aus dem tötliches Kohlenmonoxid strömt.
Eine andere Welt ist machbar – welche das sein kann, dafür findet man in der „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ viele Anregungen.
Ach ja … Eine besondere Danksagung an den Bundespredig … pardon: ...präsidenten Gauck. Seine Anregung, sich Gedanken über das elementare Streben aller Menschen nach Leben in Glück und Zufriedenheit zu machen, wurde gern aufgenommen ...


Wann ist eine Gesellschaftsordnung reif, durch eine höhere ersetzt zu werden?
Die materialistische Geschichtsauffassung sucht die Antwort in der materiellen Grundlage der Gesellschaft, also im Entwicklungsstand der Produktivkräfte. Wenn die vorhandenen Produktionsverhältnisse zu Fesseln der Produktivkräfte geworden sind anstatt sie zu zu entwickeln, müssen neue her. Im Grundsatz klar, doch stellt sich die Frage, wann dieser Augenblick erreicht ist. Ganz von der Hand zu weisen wäre die Marxsche Überlegung ja nicht, dass Überproduktionskrisen ein solches Fesselverhältnis darstellten: Wenn eine Gesellschaft es zulässt, dass Waren hergestellt werden, bei denen im Nachhinein festgestellt wird, dass sie vernichtet werden „müssen“, weil sie keinen „Wert“ haben, also gar keine Waren sind, dann hat das System zweifelsfrei einen grundlegenden Defekt.
Trotzdem reichte dieser Defekt erwiesenermaßen nicht aus. Inzwischen existiert die kapitalistische Produktionsweise über 150 Jahre, ohne an ihren Krisen zugrunde gegangen zu sein. Wir ahnen den Hauptgrund: Es müssen innerhalb der Produktivkräfte auch neue „Konstruktivkräfte“ entwickelt sein, die einen solchen Grunddefekt nicht nur relativ kompensieren, sondern ein grundsätzlich besseres Wirtschaften ermöglichen. Das Buch „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ von Slov ant Gali versucht auf allgemein verständliche Weise herzuleiten, warum sich die erst nach dem Untergang des frühsozialistischen Wirtschaftsraums herausbildeten, ergo den damaligen Ansätzen zur Gestaltung eines Sozialismus nicht zur Verfügung standen, heute aber existieren und in krassem Widerspruch zum destruktiven Gesellschaftsüberbau stehen.
Ausgangspunkt der Überlegungen sind Bedürfnisse, die befriedigt werden sollen, und die Art der Tätigkeit, die dazu erforderlich ist. Dabei wird davon ausgegangen, dass urgesellschaftlich eine relative Identität vorlag: Wer immer etwas im weitesten Sinne „herstellte“, wusste um den Nutzen des „Produktes“ im Allgemeinen – eingeschlossen einen für sich selbst.
Die folgenden Klassengesellschaft bedurften einer wachsenden abstrakten Verselbständigung solchen Nutzens. Geld als potentiell beliebige Bedürfnisbefriedigung, Kapital als durch den Produktionsprozess im weitesten Sinn vermittelte Vermehrung seiner selbst.
Erst schleichend, im Kapitalismus schließlich extrem beschleunigt, entstand dabei vergegenständlichte Arbeit, deren Anteil an der eigentlich letztlich anzustrebenden unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung entsprechend stieg. Inzwischen ist dieser Anteil weltwirtschaftlich bereits der überwiegende.
In „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ wird der absolute, der „ideale“ kommunistische Hochpunkt der Relationen als Extrembeispiel herangezogen, der Fall nämlich, dass vor der endgültigen Bedürfnisbefriedigung keine fremde Arbeit mehr steht:
Als Ziel angenommen wird immer, dass jemand Musik hören will, der Hörgenuss das befriedigte Bedürfnis bedeutet. In der Urphase ging dies nur durch die unmittelbare „Produktion“ der Musiker, die also auch direkt ihre „glücklichen“ Hörer erlebten.
In der marktvermittelten Phase wird das Produkt „Musik“ vergegenständlicht. Ob als Schallplatte, Diskette oder einen anderen „Tonträger“ ist belanglos. Entscheidend war, dass dieser materielle Träger erarbeitet und bis zum potentiellen Hörer „vermarktet“ werden musste. Ohne eine zu handelnde Sache letztendlich keine Bedürfnisbefriedigung. (Die Vermittlung über Radio u.ä. sei hier außer Acht gelassen. Der Einfluss des konkreten Hörers auf das erwünschte Musikstück hält sich auch in engen Grenzen. Der Besuch eines Konzertes wiederum befriedigt mehrere Bedürfnisse nebeneinander.).
Heute ist technisch das kommunistische Niveau erreicht: Durch die inzwischen beherrschbaren gigantischen Datenspeichermengen und das Internet, dass prinzipiell jedem Nutzer seinen individuellen Zugangsumfang erlaubt, bedarf es keiner „Ware“ mehr, die sinnvoll gehandelt werden muss. Der Nutzer führt die wenigen Tätigkeiten selbst aus, die ihm sein Bedürfnis erfüllen. Er führt die erforderlichen Downloads durch. Downloadsperren, Kopierschutzmechanismen u. ä. Mittel, die aus der heruntergeladenen Musikstück bzw. dem nutzbaren Programm wieder eine Warenform generieren, haben mit dem eigentlichen Bedürfnis nichts mehr zu tun. Im Gegenteil: Sie stehen der technisch möglichen unbeschränkten Nutzung entgegen.
In jedem Fall von geistigem Eigentum, einem geistigen Anteil an einer Produktion, einem „Programm“, einer „Lizenz“ usw. verhält es sich ähnlich. Einmal auf der Welt existent, „hochgeladen“, veröffentlicht usw. könnten diese Arbeitsergebnisse weltweit uneingeschränkt mittels Digitalisierung und Internet so oft von den Nutzern „heruntergeladen“ werden wie gewünscht. (Nach heutigem Wissen wird man im Unterschied dazu auch im Kommunismus jeden konkreten Apfel nur einmal essen können, muss also jeden neu erzeugen und mit dem Apfelesser zusammenbringen. Besonderheiten kommunistischen Wirtschaftens in einem solchen Fall werden in „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ aber auch zur Diskussion gestellt.) Der Apparat an unterschiedlichen Mitteln, die freie Nutzung vorhandenen „Weltwissens“ zu verhindern, hat inzwischen astronomische Ausmaße erreicht und dürfte in seinem Schaden für die Weltentwicklung bereits die Schäden offener Kriegshandlungen überholt haben. Diese Destruktivkraft antikommunistischen Wirtschaftens wird aber in der Linken nur in Nischenbereichen skandalisiert (Lizenzen auf Tiere, Lebensmittel. Generika-Probleme u.ä.).
Die Verantwortung der Linken liegt im allseitigen Nachweis der Überholtheit all dessen, was wir heute „Kapitalismus“ nennen und der Anregung von Diskussionen, wie ein grundsätzlich anderes Wirtschaften „danach“ funktionieren kann. „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ liefert dazu Denkanstöße“.


Samstag, 31. August 2013

Zur Frage von Offensive und Hegemonie (1 - der internationale Rahmen)

Wem gehört die Zukunft?
Pessimisten finden genug Argumente, um mit „... eine Mischung von NSA und NSU“ zu antworten. Ihnen stellt sich die Frage nach Kapitalismus oder nicht überhaupt nicht, nur die, welcher es denn sein könnte. Vielleicht noch die, ob die kommenden Kriege weit genug von Deutschland entfernt geführt werden und ohne Atomwaffen.
Alle Vergleiche hinken. Doch an die Zeit vor dem 1. Weltkrieg zu erinnern, vereinfacht das Verständnis der Gegenwart. Bestimmte Dinge nähern sich wieder an:
Da sind alle die Erscheinungen, die schließlich Lenin unter dem Begriff „Imperialismus“ zusammenfasste. Einziger großer Unterschied: Während vor 100 Jahren die Kolonialherrschaft äußerlich in direkt kontrollierten Kolonialreichen offen sichtbar war, ist die Unterdrückung fremder Nationen heute subtiler, funktioniert sie hauptsächlich als verwirklichte wirtschaftliche Unterordnung der abhängigen Länder. Im erwünschten „Normalfall“ also als „freiwillige“ Selbstunterwerfung. In den letzten Jahren sind allerdings immer mehr militärische Unterwerfungsunternehmungen dazugekommen.
Wichtig für Nutzer des dialektischen und historischen Materialismus ist dabei, dass ein inneres Grundgesetz des Imperialismus weiter wirkt, nämlich das der unterschiedlich schnellen Entwicklung, auf dem letztlich die besondere Aggressivität des Systems beruht. Führt schon der innere Zwang zum Erwirtschaften von Profit dazu, dass der Kapitalismus als Ganzes ein beständiger Nährboden für unterschiedlich intensive Kriege ist, so wird dies natürlich verstärkt, je mehr die Möglichkeit nach Ausdehnung in noch unerschlossene Profitquellenbereiche abgelöst wird durch die Realität, dass überall andere „schon da sind“. Dieses Problem ist heute sogar noch schmerzhafter als vor 100 Jahren. Die aktiven Kapitalgruppen stehen nicht nur vor dem Problem, dass die Rohstoffe zur Erweiterung ihrer Wirtschaftsmacht nicht schnell genug ausreichend verfügbar sind, sondern sie müssen immer häufiger mit der Möglichkeit rechnen, dass die absolut verfügbare Menge dieser Rohstoffe überhaupt schrumpfen könnte.
Der Tod der Sowjetunion ließ eine monopolare Welt zurück. Die Vereinigten Staaten von Amerika blieben als unangefochtene Weltführungsmacht in jeder Beziehung zurück. Der unterschiedlich große Vorsprung auf allen Bereichen wurde durch das astronomische Übergewicht auf militärischem Gebiet – immerhin Militärausgaben, die die nominalen der gesamten restlichen Welt überstiegen – gestützt. Langfristig wirken aber auch im Kapitalismus ungewöhnlich hohe Rüstungskosten entwicklungshemmend, wenn sie sich nicht mit der Erweiterung der eigenen Einflusszonen kompensieren lassen.
An die eine Weltführungsmacht dockten einige Sekundärführungsmächte an. Am erschreckendsten dabei zeigte sich Deutschland, wo durch das Schwinden der früheren besonders nah greifbaren Systemalternative, also der Notwendigkeit, prinzipiell die Ausbeutungsverhältnisse zu erhalten anstatt sie ungehemmt zu verschärfen, der Drang zur Ausbeutungsverschärfung besonders unmittelbar Bahn brach. Nun rächte sich, dass die Massen über kaum kampferprobte Organisation zur Durchsetzung eigener Interessen verfügten, weil das Kapital zuvor eher zu Almosenkompromissen bereit gewesen war als in grenzferneren kapitalistischen Staaten. Ohne massiven Widerstand konnte die Ausbeutungsintensität in Deutschland wesentlich erhöht werden. Nenne man die Staatengruppe, die im Windschatten der Supermacht wirtschaftliche Leckerlis von deren Cheftisch abzugreifen versucht, „Vasallenstaaten“.

Es ist nicht nur China, das zum einen mit eigenen Emanzipationsbestrebungen, zum anderen aber mit bedrohlichen Wachstumsraten die Nach-Ostblock-Wirtschafts-Monopolordnung in Frage stellt, das zum Feind wird.. Auch das technologisch zurückgefallene Russland ist dank des Bestrebens, sein Rohstoffreservoir zum eigenen Nutzen zu gebrauchen, aber auch seiner erhaltenen militärischen Potenzen wegen als Bedrohung dieser Ordnung anzusehen.
Die aufstrebenden Mächte benehmen sich – unabhängig von ihrer erklärten gesellschaftspolitischen Zielstellung – in kapitalistischer Logik. Das heißt, mit ihrem sich ausdehnenden inneren Potential versuchen sie auch eine weltpolitische Ausdehnung. In erster Linie erfolgt dies gerade seitens des bedeutendsten, des chinesischen, Kapitals still und wenig aufdringlich. Teilweise auf die Stärkung der neuen Partner orientiert. Allerdings ist der Grad solidarischen Verhaltens aus amerikanischer Sicht unerheblich. Für die Subjekte der monopolaren Welt zählt nur, dass Regionen, die sie als Quasikolonien betrachteten, Einflussgebiete, Rohstoffreserven usw. sich eben z. B. China zuwenden.
Gerade in Afrika liegen mehrere Stellvertreterkriege hinter uns, durch die der ökonomisch wachsende Einfluss Chinas militärisch niedergeworfen wurde. Ein weiteres Voranschreiten Chinas zur Weltmacht NEBEN bis vor den USA kann dies letztlich aber nur verzögern. Die meisten seriösen Prognosen gehen mittelfristig von einer Verschiebung der Anteile an der Weltwirtschaftskraft zu Ungunsten der USA und zugunsten Chinas sowie anderer sich emanzipierender Nicht-Vasallenstaaten aus.
Bisher hat noch kein „Imperium“ einem derart absehbaren Niedergang tatenlos zugesehen.
Nun war die Logik des 1. Weltkriegs einfacher: Deutschland war die dynamischere imperialistische Nation, die praktisch auf die älteren Kolonialmächte stieß, die „schon da waren“. Also besonderes Interesse an der Änderung der Verhältnisse. Also Krieg.
Diesmal muss man erst einmal die Bedeutung neokolonialer ökonomischer Einflussgebiete berücksichtigen. Bisher ohne Krieg wächst dort weltweit der chinesische Einfluss. Noch stehen aber den USA samt Vasallen ihre überlegene Militärmacht zur Verfügung. Mit der weiteren Verschiebung der allgemeinen Wirtschaftsmacht wird sich aber auch das militärische Kräfteverhältnis verschieben. Bei niedrigem Ausgangsniveau sind die Steigerungsraten der chinesischen Militärausgaben heute schon enorm. Nach imperialistischer Logik muss China bald bereit sein, seine Wirtschaftshilfe für einen dann aktuellen „Sudan“ weltweit militärisch zu schützen – von sich selbst ganz abzusehen. Ideologiefrei betrachtet erhöhen ähnlich starke Blöcke den Spielraum von Kleinen zwischen ihnen, was per Saldo letztlich wieder genauso zulasten der alten Kolonialallianz ginge.
Sofern es also nicht gelingt, die Entfaltung einer Weltmacht China nachhaltig zu verhindern, erscheint es als auf imperialistischem Denkhorizont als logisch vernünftig, lieber früher als später militärisch zuzuschlagen, da jedes Jahr des Zögerns das Kräfteverhältnis verschlechtert, demzufolge die eigenen Siegchancen.
Womit wir wieder bei Ähnlichkeiten zur Situation vor dem 1. Weltkrieg sind. Denn natürlich versucht man vor dem großen Rumms, dem großen Gegner möglichst viele kleine Partner zu nehmen. Und es ist ja nicht nur der „Bürgerkrieg“ im jeweiligen afrikanischen /arabischen Land, in dessen Ergebnis die chinesischen Investitionen in den Sand gesetzt sind, es ist eben auch die potentielle Drohung für jeden noch-nicht-Geschäftspartner, dass er platt gemacht wird, lässt er sich mit den Chinesen ein – wodurch chinesisches Kapital zu Risikokapital wird. Aus geografischen Gegebenheiten heraus sind demzufolge China und Russland „natürliche Verbündete“. Trotz vieler historischer Animositäten könnten sie die amerikanischen Umkreisungsaktivitäten zusammendrücken. (Man bedenke, dass Kaiser Wilhelm ursprünglich auch andere Bündniskonstellationen vorgezogen hätte.)
Der wesentliche Unterschied mit der Vorphase des 1. Weltkriegs ist allerdings, dass die Beteiligten heute wechselseitig voneinander wissen, dass sie über die „Wunderwaffen“ verfügen, die in den beiden Weltkriegen noch herbei halluzinierte Propaganda waren. Egal, zu wessen Seite sich das Kriegsblatt wenden sollte, mit dem tatsächlichen Einsatz von Massenvernichtungswaffen muss jede Seite rechnen. Für die USA bedeutet dies besonders, dass eine Gemeinsamkeit aller ihrer Kriege nach dem Völkermord an den Indianervölkern nicht mehr zuträfe: Ein offener neuer Weltkrieg verschonte das eigene Land nicht mehr.
Inzwischen haben wir uns in Deutschland daran gewöhnt, dass sich in irgendeiner fernen Türkei irgendwelche Andersgläubige oder so gegenseitig die Köpfe einschlagen. „Wir“ sind natürlich dagegen, haben „nur“ die Verantwortung, dass es nicht noch schlimmer wird. Die Möglichkeit, dass aus einem der vielen „Stellvertreterkriege“ einer werden könnte, bei dem wir mittendrin und nachher nicht mehr sein könnten, zieht wohl kaum ein Deutscher ernsthaft in Betracht. Dabei ist schon der Wind, der radioaktive Fallout-Wolken nach Wetterlaune vor sich her treiben könnte, absolut unpolitisch. Der könnte in seiner Ignoranz durchaus Paris mit Wuppertal verwechseln.
Leider gibt es noch mehrere Unterschiede zu unseren Ungunsten zur Zeit vor über 100 Jahren.
Damals rang die aufstrebende deutsche Sozialdemokratie noch um die Frage, ob sie nicht vielleicht sogar konsequent radikal revolutionär sein sollte. Da war in diesen Kreisen der einfache Gedanke noch gängig, dass man am einfachsten denen, die am Krieg verdienen, den Besitz wegnähme und schon fiele der drohende Krieg aus. Allerdings verschoben sich die Kräfteverhältnisse innerhalb dieser Partei fast unmerklich, aber doch schnell zugunsten von Kleingarten- und Bausparsozialisten. Da waren plötzlich die französischen Kapitalisten viel schlimmer, deren Worte verstand man nämlich nicht … egal ob sie mit französischen oder mit Kruppkanonen schießen sollten.
Womit sich dann doch wieder alles ähnelt: bei einem zugleich zahlenmäßig großen, gut organisiertem und auch noch Zusammenhänge verstehenden Widerstand sah es traurig mau aus … und man machte sich so viel vor, wie gut man doch sei.

Diejenigen, die zu dem Schluss kamen, dass man erst einmal wissen müsste, wohin man letztlich wollte, und wenn man das wüsste, darüber nachdenkt, wie man dorthin kommt, fanden sich erst dann zusammen, als eigentlich der Zug schon abgefahren und alle kommunistischen Messen mit Noske-Schuss-Glocken verklungen waren. Die deutsche Arbeiterklasse hatte ihren Anteil an der Gestaltung der Weltzukunft mit bestem Ungeschick vermasselt … und überzeugende Anzeichen, dass sich Fortschrittskräfte in unserem Land als lernfähig aus der Geschichte erweisen könnten, kann man auch heute mit der Lupe suchen.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Marxismus modern?! (9 = Schluss)


In einer Welt des Mangels ist ein Mechanismus erforderlich, der die Konzentration von Kräften zur Entwicklung der Art ermöglicht. Innerhalb eines überschaubaren geschlossenen Systems können die einzelnen bewusst auswählen, isch entscheiden, wer was bekommen soll. Diese „Auswahlfunktion“ übernimmt in einer von Kapital beherrschten anonymen Wirtschaft der „Marktmechanismus“. Dessen positive Wirkung schrumpft bereits von dem Augenblick an, von dem an sich die Anonymität wieder auflöst. Das vollzieht sich politisch durch Überwachungsmechanismen des Staates, aber auch ökonomisch z. B. Durch die Verfügungsgewalt von wachsenden Datenmengen in Banken u.ä. Wirtschaftsriesen. Allerdings ist erst das Internet die technische Grundlage dafür, prinzipiell jeden gewünschten Bekanntheitsgrad der Bedürfnisträger zu allen potentiellen Mitteln der Bedürfnisbefriedigung tatsächlich herzustellen.
Unter den Bedingungen des Privateigentums an Produktionsmitteln verkehrt sich jedoch diese positive Potenz zum einen in ihr Gegenteil, zum anderen arbeiten die Marktkonkurrenten an ihrer Beschränkung. Nicht das mögliche allgemeine Kundtun von Bedürfnissen der Bedürfnisträger ist die entscheidende Entwicklungstriebkraft, sondern das privaten Abschöpfen privatisierten Kenntnisvorsprungs über Absatzchancen einzelner Firmen und Agierender.
Das perverse Ergebnis: Dem normalen Bürger müssen Datenschützer zur Seite stehen, damit mit ihren Daten kein Missbrauch getrieben wird.
Zugegebenermaßen hat die Überwachungspraxis der bisherigen Staaten mit erklärter sozialistischer Zielstellung das Wünschenswerte einer offenen Gesellschaft stark in Frage gestellt.
Im Sinne der Vernunft wären aber die Offenheit von Bedürfnissen aller Menschen und die direkte Befriedigung dieser Bedürfnisse bereits technische Voraussetzungen für eine Welt des Kommunismus. Einen ausreichenden Vorlauf bei der Erstellung von Programmen und Teilprogrammen könnte die Übergangsleistung des Sozialismus sein. In diesem Sozialismus könnten die erzielbaren Einsparungen bereits der überwiegenden Masse der Bevölkerung zugute kommen.
Ein Gedanke hat noch Tröstliches: Zwischen der technischen Machbarkeit des fortschrittlichen Kapitalismus und seiner tatsächlichen vollen Entfaltung lagen unterschiedliche, aber weltweit eben doch lange Zeiträume. Unsere Aufgabe muss es im Moment sein, zu zeigen, um wie viel weiter wir heute sein könnten, wenn wir unter den fortschrittlichsten Produktionsverhältnissen wirtschaften würden, vor allem, wie viele verschwendete Ressourcen der Erde wir uns für eine spätere Nutzung erhielten. Da wir wahrscheinlich die früheste Weggabelung zu einer „nachhaltigen“ Zukunftswirtschaft bereits verpasst haben, könnte es sein, dass die nächste erst aus dem nächsten relativen Totalzusammenbruch der vorhandenen Weltwirtschaft erwächst. Bis dahin wird kreatives Menschheitspotential für Spionagesatteliten und moderne Kriegsführung verpulvert ...

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Mittwoch, 22. Mai 2013

Marxismus modern?! (8)


Eine solche Form der gesellschaftlichen Entfremdung war nach einer antiken Zwischenphase aber erst etwa ab der Zeit die vorherrschende, die die Liebhaber des Kapitalismus die „Neuzeit“ nennen, als etwa (in Europa) 500 Jahre. In der Blüte des Feudalismus / des „Mittelalters“ war der wirtschaftliche Schwerpunkt des Wirtschaftens der jeweilige Gebrauchswert. Die Produzenten kannten die Konsumenten und umgekehrt. Dies stand der Entfaltung von „Waren“ im eigentlichen Sinn entgegen: Der „ausbeutende“ Feudalherr nahm sich von den ihm Untergebenen die Dinge, die er brauchte, direkt bzw. ließ sie sich fertigen. Die Zünfte bewerteten den Umfang der bekannten und erforderlichen Absatzmöglichkeiten für die sinnvolle Zahl der Meisterbetriebe. Also selbst dort, wo die Naturalwirtschaft bereits durch einen bedingt offenen Markt abgelöst worden war, waren die abstrakten Warenelemente noch immer sekundär. Erst als die Produktion an einer Stelle Produktmassen ausspucken konnte, deren Nutzung als Gebrauchswert sich überwiegend bis ausschließlich dem Einfluss der Produzenten entzog, setzte sich die abstrakte Ware Geld überall durch.
Das Niveau der Produktivkräfte hat für eine wachsende Zahl an Güter inzwischen ein Niveau erreicht, dass die Beziehung zwischen konkreter, Gebrauchswerte schaffender Arbeit und den diese Gebrauchswerte Nutzenden wieder dialektisch neu herstellt: Indem die „Hauptleistung“ die allgemeine Zugängigkeit der Endfertigungsmöglichkeit für den „Endnutzer“ ist, definiert sich die Zielgruppe für den (als Beispiel) „Musikproduzenten“ als „ALLE, die diese Musik hören wollen“. Mit dem Akt des Downloads endet erst die Produktion an dem Ort, an dem ein Bedürfnis zu befriedigen ist.
Ich nehme an, dass urgesellschaftliches „Tauschen“ die Zwischenkategorie „Menge der vergegenständlichten Arbeit nicht brauchte, dass also A nicht fragte, in welchem Aufwand die Arbeitsaufwände zueinander ständen, wenn er von B bekommen konnte, was er gerade benötigte. Dies ändert sich natürlich in dem Moment, in dem von einem äußeren Markt ein „bewertetes“ Gut zur Auswahl steht.  ...


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Dienstag, 21. Mai 2013

Marxismus modern?! (7)


Mit diesen Potenzen löst sich übrigens scheinbar nebenher ein dialektisches Problem, dass Karl Marx bei der Konzeption zu seinem Hauptwerk „Das Kapital“ (hauptsächlich Band 1) zu umgehen versuchte. In diesem Grundlagenwerk der politischen Ökonomie geht Marx von der Existenz von Waren aus. Im Übergang von der Urgemeinschaftlichkeit des Schaffens von Gebrauchswerten zur Herstellung von Waren mit ihrem Doppelcharakter aus Gebrauchswert und dem primären Tauschwert, der aus der vergegenständlichten gesellschaftlich anerkannten abstrakten Arbeit versuchte er die sich entfaltenden Keime der in Geld und Kapital kulmulierenden Tauschwertigkeit nachzuweisen.
Für die Erklärung der Funktionsweise des Kapitalismus als absoluter „Marktwirtschaft“ war dies zweckmäßig, für die Erklärung seines möglichen Untergangs aber nicht. Im Gegenteil: Da Marx die dialektische Negationsform „urkommunistischer“ Produktionsform nicht konkret voraussagen konnte, blieben seine Aussagen hierzu sehr abstrakt.
Was vernachlässigte Marx meines Erachtes sträflich?
Bevor die Güter Waren werden, müssen sie eine Grundeigenschaft im gesellschaftlichen Verkehr haben: Derjenige, der sie (als Waren) produziert, hat entweder absolut keine Beziehung zu demjenigen, für den sie den angestrebten Gebrauchs(end)wert darstellen, oder seine Beziehung ist Sonderfall im übergeordneten System solcher anonymer Verhältnisse.
Die von Marx gewählten Beispiele greifen etwas aus einem bereits funktionierenden kapitalistisches System heraus: Die Beziehungen VOR dem fertigen Kleidungsstück können primär in einem Marktsystem nur tauschwertig im Marxschen Sinn geregelt werden. Es erscheint als „Nebensache“, dass das, was zum Schluss entstanden sein muss, AUCH einen Gebrauchswert, also benutzbare Kleidung zu sein, haben muss. Das aber ist nicht das Wesentliche für Spinnerei und Weberei.

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Montag, 20. Mai 2013

Marxismus modern?! (6)


Die digitalisierte Form ermöglichte den im Prinzip (!!!) kosten- / aufwandslosen „Transport“ aller geistigen Elemente des Bedürfnisbefriedigungsprozessen zum Nutzer. Es wäre nur ein einmaliger Aufwand weltweit zur Erarbeitung des geistigen Teilprodukts und seiner Digitalisierung erforderlich. Die „Endfertigung“ erfolgte durch den „Endnutzer“, der das konkrete Bedürfnis befriedigen will. Die verschiedenen Zwischenstufen, die inzwischen den Hauptteil des Preises eines Endproduktes ausmachen, die Aufwendungen für Werbung inbegriffen, fielen bei vielen Produkten ganz, bei noch mehr Produkten überwiegend weg.
Mit einem Schlag entfiele der Hauptteil aller Produktionsarbeit weltweit für alle in Frage kommenden Güter. Die Zeit wäre für Dienstleistungen direkt an Menschen gewonnen, die unter kapitalistischen Bedingungen nur „lohnend“ ist, wenn die Arbeitenden mit einer Vergütung unter „Wert“ abgespeist werden können.
Das Niveau der Produktivkräfte ermöglichte und erforderte bereits eine im absoluten Sinne „gesamtgesellschaftliche“ Zugängigkeit der neuen Potenzen, die kapitalistische „Verkehrsform“ existiert aber gerade dadurch, dass diese Zugängigkeit ausgeschlossen wird. ...


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Sonntag, 19. Mai 2013

Marxismus modern?! (5)


Wenn also in B jemand alle geistigen Potenzen zur Produktion eines Mantels von A gestohlen hätte, so hätte er doch ansonsten alles selbst umsetzen müssen.
Ich behaupte nicht, dass dieses Niveau überall wird verlassen werden können. Man kann von einem konkreten Baum von einem konkreten Apfel nur einmal pflücken und einmal essen.
Rechentechnik und Internet haben aber inzwischen ein Niveau erreicht, auf dem plötzlich etwas Merkwürdiges auftritt:
Man kann ein Mittel zur Bedürfnisbefriedigung, nennen wir es im Folgenden „Gut“, millionenfach verbrauchen … und es ist immer noch dort, wo es ursprünglich war, nämlich dort, wo es angeboten worden war.Am drastischsten ist dies in Kulturgütern verwirklicht. Spiele, Musikstücke, elektronische Bücher als Beispiel. Die „Endfertigung“ übernimmt derjenige, der das Nutzungsbedürfnis hat, indem er sein Gut aus dem Internet herunterlädt. Der klassische „Warentausch“, also eine Ware A wechselt von A zu B, während die Ware B (im Regelfall Geld) von B zu A wechselt, wodurch nachher die Menge aller Waren zusammengenommen unverändert bleibt, sieht ganz anders aus: Das Gut ist noch bei A, aber auch bei B (und ggf. bei Zzz). In die Warenform wird der Vorgang durch einen zusätzlichen Vorgang gepresst: Dem Gut wird einem für seine Nutzung widersinnige Zusatzeigenschaft aufgearbeitet: Eine Kopiersperre.
Dem Wesen des Gutes selbst würde entsprechen, dass es in unveränderter Form nach dem ersten Vorgang sowohl bei A unbeschränkt zugängig wäre als auch, wenn dort gewünscht, bei B für C bis Zzz. Die digitalisierte Form des geistigen Produkts kollidiert mit der durch die Eigentumsverhältnisse geforderten Warenform. Diese Warenform regelt nicht mehr die Bewegung von in Mangel befindlichen Gütern zu ihren potentiellen Nutzern, sondern sie strebt die technisch mögliche Vielfachnutzung künstlich ein.
Zu dem Prozess sollte man sich Erfindungen wie 3D-Drucker noch hinzudenken. Sie sind ja keine Science Fiktion mehr. Sie würden also den Bedürfnisträger die Produktion benötigter Kleinteile mittels eines Universalgrundstoffs und herunterladbarer Software erlauben.
Für Wissenschaftler mag die Vorstellung, die Verhältnisse auf dem „Musikmarkt“ hätten Mustercharakter für die den Kommunismus erfordernden Produktivkräfte (wie in „Gemeinschaft de Glückssüchtigen“ näher ausgeführt), suspekt sein. Mir fiel als weniger vollständig ausgeprägtes Problem der Folgen der Warenform für geistiges Eigentum das Problem der Generika ein. Südafrika kalkulierte die Eigenproduktion eines Anti-Aids-Mittels mit einem Zehntel des Handelspreises, sofern die „Lizenzgebühr“ entfiele.  ...


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Donnerstag, 16. Mai 2013

Marxismus modern?! (4)


... Ursprünglich waren zu befriedigende Bedürfnisse, die materielle Tätigkeit zu deren Befriedigung und der Anteil „geistiger Arbeit“, der in dieser materiellen Tätigkeit steckte, eine untrennbare Einheit. Plump ausgedrückt: Wer sich nicht genug Mühe gegeben hatte, wie ein Jagdwerkzeug am zweckmäßigsten auszusehen hatte, um zu funktionieren, der hungerte nachher, weil das Wild nicht erlegt wurde.
Es folgten immer mehr Teilungen der Arbeit als solche, die die Teilung der Menschheit in Klassen bewirkte. Die erste Verselbständigung geistiger Tätigkeit schuf dabei die ersten zu dauerhafter Herrschaft „fähigen“ Klassen.
Eine neue Entwicklung wurde mit dem Übergang von der per Hand festgehaltenen Schriftsprache zum Buchdruck eröffnet. Nunmehr war erstmals technisch möglich, dass jeder Mensch hätte am geistigen Weltpotential der Menschheit hätte teilhaben können. In erster Linie stand dem natürlich entgegen, dass nur ein geringer Teil der Menschheit lesen konnte.
Die Vergegenständlichung im Sinne der Bedürfnisbefriedigung beschränkte sich allerdings vollständig auf die Belletristik. Wer also durch das Lesen Erbauung anstrebte konnte dies. Hätte es vor 500 Jahren aber „Fachbücher“ gegeben, so hätten diese zwar so viel Weltwissen in sich aufnehmen können, wie der jeweilige Autor in sich aufgenommen hatte. Praktisch nutzbar war dieses festgehaltene Wissen erst über zwei Zwischenschritte: Der Interessent musste durch Lesen das Buchwissen zu seinem Wissen machen und dann in einem Produktionsprozess anwenden – egal, ob er das selbst getan hätte oder ob er andere für sich arbeiten ließ. (Es war sogar im Sinne der Geschwindigkeit des sich durchsetzenden Fortschritts zweckmäßig, dass der Wissende andere nach seinen Vorgaben arbeiten ließ.) Wie auch immer: Für jedes einzelne Bedürfnis jedes einzelnen Menschen mussten einzelne Menschen konkret körperlich produzieren.
Die Herausbildung und Entfaltung des Kapitalismus markierte alledings eine „interne“ Entwicklungsstufe der Produktivkräfte: Während in der vorangegangenen Zeit hinter einem konkreten Produkt zur Bedürfnisbefriedigung die konkrete Arbeit eines oder weniger Menschen mit ihren Fertigkeiten stand, wuchs der Anteil der in Maschinen, Werkzeugen, Werkzeugmaschinen usw. vergegenständlichten Arbeit – geistiger und körperlicher – immer weiter an und wurde letztlich der überwiegende. Praktisch wurden die arbeitenden Menschen Zusatzbestandteile einer gewaltigen Maschinerie. Wohl gemerkt: In letzter Instanz ging nichts ohne konkrete und zwar körperliche Arbeit. ...



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Mittwoch, 15. Mai 2013

Marxismus modern?! (3)

... Im Marx-Zitat ist diese Frage sehr abstrakt angesprochen.
Ein marxistischer Streit darum, wann und warum „kapitalistische Produktionsverhältnisse“ die Produktivkraft-Entwicklung fesseln, ist ein sehr wesentlicher. Hier stößt man nämlich auch auf eine Erkenntnisschranke von Karl Marx selbst. Da er die technische Revolution, die diesen Übergang kennzeichnet, nicht vorhersehen konnte, blieb er im Grundwiderspruch des Kapitalismus selbst hängen.
Dies aber ist eine unglückliche Dialektik. Dass ein „gesellschaftlicher Charakter der Produktion“ seiner „privatkapitalistischen Aneignung“ gegenübersteht, war ja bereits geburtsgegeben. Also natürlich waren wesentliche Faktoren für den Untergang des Kapitalismus schon mitseiner Geburt gegeben. Vulgarisierend ausgedrückt: Ein Zusammenleben, dessen Regeln die kleine Klasse der Kapitalisten den unzähligen Nichtkapitalisten vorschreibt, muss zu Kollisionen führen, die in Revolutionen kulmulieren. Aber allein das Bestehen des Proletariats als potentiellem Totengräber des Systems als Grundlage für dessen Untergang anzusehen, war voreilig. Unter anderem vernachlässigt eine solche Sicht, dass sich eben nicht nur die „Arbeiterklasse“ entwickelt, sondern auch die bildungsprivilegierte Kapitalistenklasse. Unter gegebenen Bedingungen wachesen auch deren Potenzen zum Systemerhalt. Und … oh Wunder! … so faulend der „Imperialismus“ auch sein mag – die privatkapitalistische Aneignung de Produktion im weitesten Sinn blieb trotz und mit Krisen die mögliche positive Option in der Entwicklung der Produktivkräfte. So menschlich ein auf sozialistischen Eigentumsverhältnissen beruhendes System auch sein konnte – die Produktivkräfte vermochte es nicht besser zu entfalten als das kapitalistische. Ergo sah man im untergegangenen Wirtschaftssystem zwei Hauptlösungen: Kommandoordnung oder „Mehr Markt“, wobei letzteres auf die Frage hinauslief, wie man die privatkapitalistischen Entfaltungsbedingungen der Produktivkräfte am besten simulieren könnte … weil sie offenbar die effektiveren waren.
Bei allem Schmerzgebrüll über die gesellschaftliche Katastrophe der eurasischen Konterrevolution übersahen die meisten, dass sich inzwischen Veränderungen auf dem Gebiet der Produktivkräfte vollzogen, die grundlegend neu waren und durch die privatkapitalistische Aneignung ein echtes Entwicklungshemmnis geworden ist:
Im Wesentlichen ist die Geschichte der Produktivkräfte eine Geschichte des Anteils der geistigen Tätigkeit des Menschen. Ohne das richtig wahrzunehmen haben wir gerade eine neue Dimension erreicht. ...

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Dienstag, 14. Mai 2013

Marxismus modern?! (2)


„ … In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den <9> sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten. Sowenig man das, was ein Individuum ist, nach dem beurteilt, was es sich selbst dünkt, ebensowenig kann man eine solche Umwälzungsepoche aus ihrem Bewußtsein beurteilen, sondern muß vielmehr dies Bewußtsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären. Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. ...“ (MEW 13 S. 8f.)

Was an Verhältnissen sich durchsetzen kann, ist also von den Produktivkräften abhängig.
Wie aber kann man den Entwicklungsstand der Produktivkräfte qualitativ erfassen, also sagen: Weil folgender „materieller Stand“ erreicht ist, sind die bisher gewachsenen Produktionsverhältnisse, in erster Linie Eigentumsverhältnisse, nicht mehr die Entwicklung fördernde Rahmenbedingungen, sondern sie sind zu Fesseln geworden. ...


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Montag, 13. Mai 2013

Marxismus modern?! (1)


Marxismus – was ist das? Auf jeden Fall auch einer jener Begriffe, die so einige Schändungen über sich ergehen lassen mussten. Marx war eine herausragende Persönlichkeit. Das von ihm aufgebaute Gedankengebäude ein Felsen, den man schwer aus dem Bild der Weltideengeschichte rausretuschieren kann. Also haen sich schon viele gefunden, die mit der vorgeblichen Absicht, Marx Gedanken an neue Verhältnisse „anzupassen“, sie zu „modernisieren“, versuchten, das Wesen der Sache zu verdrehen.
Ich halte an sich nichts von Ismen, noch dazu, wenn sie auf einen Namen reduziert werden. Es ist hilfreicher, dem ganzen Ding einen wissenschaftlicheren Namen zu geben. Das kann die Sache sperriger machen. Marxismus beschreibt ja gerade ein einheitliches Gebäude aus Theorie und Praxis, aus dem prinzipiellen Kern, dem dialektischen und historischen Materialismus, dem zweiten Handwerkszeug des Verstehens, der politischen Ökonomie, und der hergeleiteten Vision, dem wissenschaftlichen Kommunismus. Auseinandergerissen wird jedes Teil ein Torso.
Am wenigsten „Verlust“ ergibt sich, wenn man sich auf den dialektischen und historischen Materialismus konzentriert. Dessen Kerngedanke ist zweifelsfrei, dass alles, was ist, Gewordenes ist, und dass es für jede Entwicklung materielle Ursachen gibt, auf die sich diese Entwicklung zurückführen lässt.
Dies ist eine spannende Erkenntnis, wenn es um die Geschichte der Menschheit geht. Hier verhindert materialistisches Denken, bei der Deutung von Ereignissen beim Handeln konkreter Menschen und ihrer Ideen stehen zu bleiben. Diese sind ja selbst „Produkte“ ihrer Verhältnisse – bei aller Individualität, also speziellen Fähigkeiten, schon mehr zu sehen und zu beeinflussen, als die „Verhältnisse“ objektiv, also unabhängig von ihrem Willen, eigentlich zum gegebenen Zeitpunkt hergäben.
Der auf den Kern zusammengeschmolzene Gedanke materialistischer Geschichtsdeutung und -gestaltung liegt aller Wahrscheinlichkeit in folgendem Marx-Zitat:

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Samstag, 4. Mai 2013

Warum „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“?



Man führe sich das einmal vor Augen: Da verteufelt der dieses Deutschland repräsentierende (!) Prediger Gauck das einfachste Gefühl, das jedem denkenden Menschen gegeben ist, das Gefühl, glücklich zu bleiben oder werden zu wollen, als Sucht! Nur weil sich „die Masse“ der Menschen nicht vorstellen möchte, dass ihre Nächsten aus den Kriegen um Rohstoffe, die ihnen nicht gehören, als Leichen in die „Heimat“ zurückgebracht werden ...
Ich halte das Streben nach Glück für zutiefst menschlich. Wenn das des Teufels sein sollte, so bin ich ihm verfallen. Aber ich stehe damit nicht allein da.
Ist dann nicht auch die Frage gestattet, unter welchen Bedingungen die meisten Menschen die größte Chance auf ihr ganz individuelles Glück haben oder hätten? Ich wage zu bezweifeln, dass die heutige Gesellschaftsform, also das, was nicht nur Marxisten „Kapitalismus“ nennen, ihre Kosmetiker fälschlich DIE Marktwirtschaft, also jene Art des Zusammenlebens, bei dem das Glück des einen auf dem Unglück mehrerer anderer beruht und eine Ware unter vielen wird, die man kauft, wenn man sie sich leisten kann, dass also eine solche „Gesellschaft“ der Weisheit letzter Schluss ist.
Ich bin auch gegen den Kampf für „den Kommunismus“. Was ist das denn? Ist ein abstrakter „ Kommunismus“ es wert, für ihn die Finger krumm zu machen? Doch wohl nur dann, wenn es eine glücksbringende Gesellschaft wäre. Was zu beweisen wäre ...
Konkret wird es also erst, wenn wir die Bedingungen untersuchen, unter denen wir am wahrscheinlichsten alle glücklich zusammen leben könnten. Zum Beispiel, weil wir ohne Angst wären, dass da immer mehr andere darauf gieren, uns unser mühsam erbeutetes „Glück“ wieder streitig zu machen.
Was also ist warum der Nährboden, auf dem Glück fruchtbar reifen kann? Ich meine, dass es Kriege gibt, das ist das Glücksfeindlichste. Aber wie werden Krieg - und damit auch Frieden - zu Fremdworten? Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Gründen für persönliches Unglück, die nicht in der Macht des einzelnen liegen: Wann bereitet zum Beispiel „Arbeit“ am wenigsten Stress, macht nicht krank?
Wenn alle süchtig nach Glück sind und es trotzdem – oder deshalb? - nicht erreichen, dann muss doch etwas falsch organisiert sein. Können wir wirklich nichts Anderes tun, als mit entrücktem „Ommmm ...“ jeder für sich allein zu versuchen, die Welt um uns zu vergessen?!
Ich denke DOCH, WIR KÖNNEN. Mit meinem Buch wage ich mich an Herleitungen für eine Gemeinschaft, die das Entwicklungsniveau unserer Wissenschaft und Technik bereits ermöglichen würde, die aber ein paar Großkapitalisten mit ihren Allmachtsfantasien und ihren Anhängern noch verhindern.
Der Umgang der Menschen insgesamt miteinander ist krank, so krank sogar, dass wir erst neu danach suchen müssen, was denn gesund wäre. Denken wir kreativer! Bereiten wir unsere „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ vor.

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Freitag, 3. Mai 2013

Einmischen, aber wie? (2)


... Kunst ist im Großen nie unpolitisch. Auf Politik stößt man in der Kunst auf zwei Arten: als offene klare Aussage, wofür und wogegen „man“ ist, oder über das unterschwellige Zusammenspiel von Gesagtem und Ungesagtem. Vernunft braucht bewusstes Denken. Sinnarme Pop-Wort-Events, die auf nichts als Ablenkung aus sind, sind praktisch Spiele zur Verteidigung der bestehenden Machtverhältnisse. Jeder „Popstar“ ist dabei ein Gesamtkunstwerk. Er kann seine Popularität ja auch zu Geistesfeuerwerken nutzen, die widerständige Gehirne zum Brennen bringen.
Aber versuchen wir das wenigstens?
Was ist aus der Organisation der Schriftsteller geworden?
Eine Gewerkschaft der Lokführer bei Spielzeugeisenbahnen?
Geht es noch darum, sich besse Gehör zu verschaffen, weil man etwas zu sagen hat?
Es scheint ein allgegenwärtiger Gegenwind zu blasen. Ein predigender Bundespräsident darf den Wunsch des Mehrheitsdeutschen, einfach gut, nein, überhaupt leben zu wollen, als Glückssüchtigkeit denunzieren, ohne dass ihn ein echter Sturm der Entrüstung träfe. Ist es denn nicht „gesunder Menschenverstand“, als Glücklicher in einer „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ leben zu wollen? Einfach nicht zu wollen, dass der Nachbar im Kampf um die Kommastelle der Konten einiger „Kapitalisten“ im afghanischen und einem anderen fernen Zinksarg endet?
Kunst kann das fühlbar machen. Der Nebenmensch ist eben auch ein Mensch mit dem ersten Recht auf Leben und dem zweiten, dass dieses Leben lebenswert ist mit Gesundheit, Klugheit, Zufriedenheit mit dem eigenen Geschaffenen …
Wer das philosophisch darstellen will und kann (möglichst anders als schon vorgekaut und für Neugierige lesbar) … wage es!
Wer daraus eine anrührende Geschichte machen will und kann … mache es!
Wer Vergnügen bereiten will und kann an den alltäglichen Schnippchen, die man der Macht spielen konnte, die er der Macht vielleicht selbst gespielt hat …schreibe lachend! Lachen ist gesund!
Wer in Welten entführen will, aus denen heraus gesehen unser egoistisches Ellenbogen-Gegeneinander wie ein dummes Ritterspiel schweißgerüchiger Umblechter wirkt, und dann vielleicht noch anbietet, wie man dahin gelangen kann, warum es keine Wunschträume sind … den frage ich: wo sind seine Werke?
Schriftsteller - die Individualisten, die die Kraft solidarischen Miteinanders durchspielen – ein würdiger Platz in der Gesellschaft. Aber wo sind wir angekommen? In einer „Sparten-Gewerkschaft“, über die die Welt lacht, wenn sie sie nicht ignoriert. Die Herrschenden brauchen keine aufrührerischen Wortkünstler. Die Zeit der Aufklärung ist irgendwann vor über 200 Jahren in der Müllhalde der Geschichte versunken. Jetzt darf gewählt werden zwischen Arztroman, Krimi, in dem der letzte Ehrliche in der Welt der Verbrecher unter Verbrechern Einsamkeitsrituale zelebriert, oder Schauergeschichten, in denen das Böse aus dem Osten kommt. Habe ich die Vampire vergessen? Die Untoten, die uns Gegenwart und Zukunft mit Überholtem füllen wollen?
Okay: Es dürfen von irgendwoher noch Fieslinge kommen, die beweisen: die unmenschlichste Menschheit ist von noch finsteren Gestalten umgeben, dass wir uns freuen mögen an dem was wir noch haben.
Dem Aufbruch der Menschen zu neuen Horizonten in der Wirklichkeit ist stets der Aufbruch in der Kunst im weitesten Sinn vorangegangen. Das Betrachten der realen Welt in ihrer Erbärmlichkeit, Aufbegehren, kühne Utopien. Die neuen Zeiten reifen in Einzelheiten heran, sind mitunter längst überreif. Die Künstler sind die Kinder, die ausrufen, dass der König ja nackt ist, wenn alle Verkümmterten die herrlichen „neuen Gewänder“ preisen.
Nicht jeder Künstler ist diesem Anspruch gewachsen. Aber nur, wenn sich eine Gemeinschaft der Weltverbesserer zusammenfindet, wird sie einen Großen unter sich hervorbringen.
Wenn schon Größenwahnsinn, dann richtig.
Oder laufen nur noch Autoren herum, die im Fall der Fälle den Hannemann beschwören „... geh du voran! Du hast die größten Stiefel an, dass dich das Tier nicht beißen kann ...“


*** Wie ich mich einmische (Weiterverbreitung erwünscht): 

Donnerstag, 2. Mai 2013

Einmischen ... aber wie?! (1)


Als der 2. Weltkrieg zu Ende gegangen war, stand vor den deutschen Schriftstellern ein Haufen von drückenden Fragen, die sie mit dem Gros der Bevölkerung teilten. Wie konnte das passieren? Was muss geschehen, dass sich das nicht wiederholt? Diese Fragen drückten in den deutschen Ländern, die von den Westalliierten genauso wie in denen von der Sowjetunion befreiten. Letztere bekamen jedoch einen klaren Antifaschismus, erstere eine schnelle „Entnazifizierung“ verordnet. „Verordneter Antifaschismus“ bedeutete praktisch, ernsthaft die Wurzeln des deutschen Faschismus zu beseitigen, wozu die Schriftsteller eine wortgewaltige propagandistische Begleitmusik einbringen sollten, „Entnazifizierung“ bedeutete ebenso praktisch eine gewollte „Persilschein-Bewegung“ , die langfristig die Einzeltäter-Mythologie aufbauen sollte: „Die Deutschen“ waren fleißig gut und gehorsam, wie sich das gehört. Sie wurden aber von Hitler und einigen wenigen verrückten Spitzenrattenfängern in Sippenhaft genommen, wodurch sie unschuldig schuldig geworden wären, ohne von etwas gewusst zu haben. Inzwischen haben sich die kleinen Nutznießer in bedauernswerte Opfer verwandelt, die nicht ihre jüdischen Mitbürger gejagt und beraubt haben, sondern von vergewaltigenden Russen und Bombenholocaust in die Zange genommen wurden. Vergeblich versuchten aufrechte Helden wie der großen Wüstenfuchs Rommel dem deutschen Volk dieses Schicksal zu ersparen. Kunst kämpft dabei ums Unterbewusstsein. Sie untermalt oder verschüttet die nackten Fakten und Zahlen, mit denen belegt würde, wann wer wen überfallen hatte, wie viele Tote und Leiden „Die Deutschen“ über die Nachbarn, besonders die Russen gebracht hatten, bevor sich unter diesen individuell quälender Hass herausgebildet hatte. Selbst, wenn das angedeutet wird, so wird es doch überwuchert, wenn die Hauptzeit der Kunstwerks sich um das zum Mitfiebern einladende Schicksal des einzelnen guten Deutschen dreht.
Das ist keine Zustimmung zur Absolution des „verordneten Antifaschismus“ in der DDR. Dort sollte man sich mit Kommunisten, Sozialdemokraten und Pazifisten identifizieren, die bewusst von Anfang an Widerstand geleistet hatten, die in den Schützengräben der Ostfront auf Sowjetseite vergeblich versucht hatten, ihre Landsleute zum Niederlegen der Waffen zu animieren. „Wir“ wussten schon immer, warum wir gegen Hitler gestimmt hatten, während das westliche „Wir“ vom Einzeltäter betrogen worden waren.
Dies änderte aber nichts daran, dass im Westen eine Stolz bereitende Böll-Generation das Wort ergriff. Schriftsteller als Wort-Führer der Vernunft.
Unzählige Namen folgten, die mit Schriftstellerverband und 68er Aufbruch untrennbar verbunden sind. Sie besaßen die ehrliche Anmaßung, das Gewissen der Nation sein zu wollen und sein zu können.  ...


*** Wie ich mich einmische (Weiterverbreitung erwünscht): 

Mittwoch, 1. Mai 2013

Warum Amazon?


Wer ist wohl der naheliegendste Partner, wenn sich ein Buch mit dem Fortschritt beschäftigt, den die heute mögliche Internet-Vernetzung theoretisch böte? Wie toll es wäre, wenn auf der Welt Programme nur einmal entwickelt werden brauchten und jeder könnte sich alles frei herunterladen – was ja theoretisch geht. Von wegen „Raubkopien“ … Da steht ein Unternehmen wie Amazon als paradoxer Dinosaurier da: Technisch auf einem Stand, auf dem „Kommunismus“ nicht nur angebracht, sondern eben auch möglich wäre, praktisch immer noch nur aufs dicke Verdienen aus. Und genau dieses Unternehmen sollte den Beweis selbst antreten, dass inzwischen schon sehr viele Menschen alternativ denken. Der Dino soll „sich selbst verkaufen“.
Es war gut gemeint, wegen mieser Arbeitsbedingungen, weil der Laden eben ein „kapitalistischer“ ist, ihn boykottieren zu wollen. Das aber ist erst der zweite Schritt vor dem ersten: Erst einmal müsste wir Stärke bewiesen haben. Wenn ein Unternehmen weiß, da ist ein gewaltiges linkes Käuferpotential, das mit einem Schlag als Einnahmequelle wegbricht, dann fühlt es sich an seiner Archillesferse bedroht: dem Geld-Scheffeln. Wenn die Zahl der Käuferaccounts aber von 1076983 auf 1076389 „schrumpft“, dann ist den Jungs das ein Schulterzucken wert. Die „Einbuße“ gleicht bei den Besitzbürgern eine Sarrazin-Papier-Verschmutzung aus. Letztlich haben wir nur verloren: Wir haben auf eine Möglichkeit der Einflussnahme verzichtet und dafür nicht einmal einen nicht-kapitalistischen Alternativ-“Laden“ gefunden, den wir stärken konnten.
Also auf zum bösen Spiel: Werden wir stark! Und lassen wir unseren Gegner verkaufen, was uns stärker macht ...

Mittwoch, 3. April 2013

Einmal China und zurück


Eine Besonderheit chinesischer Politik scheint die praktische Aufnahme eines Merkmals sozialdemokratischer Verhaltensweisen ins Handwerkszeuk einer "Kommunistischen Partei" zu sein.
Wenn man als Beispiel die SPD nimmt, so hat sie einen klaren Weg mit Brüchen hinter sich. Ursprünglich eine Partei, die den Sozialismus / Kommunismus als praktisches Ziel wahrscheinlich wirklich anzustreben versucht hatte (noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts). Allmählich blieb dieses Ziel als Worthülse noch bestehen. Praktisch aber hatten verschiedene Aspekte des Opportunismus und der Anpassung an das bestehende System bereits die Parteiführung erobert. Erstes zweifelsfreies Zeichen: Die Zustimmung zu den Kriegskrediten als Bündnis mit der einheimischen Bourgeoisie, lieber deutsch als Klasse. Dem zugrunde lag u.a. die Auffassung, dass der wirtschaftliche Fortschritt quasi den gesellschaftlichen Huckepack nehmen würde. 
Die Belohnung war entsprechend: Es blieb der SPD-Spitze überlassen, der Novemberevolution die Spitze zu nehmen. Ein SPD-Polizeipräsident durfte Mai-Demonstranten auseinanderschießen lassen. Adolf Hitler benutzte sie als scheindemokratisches Feigenblatt, indem er die Kommunisten gleich jagte, die SPD-Abgeordneten aber noch zum Nein-Sagen zum Ermächtigungsgesetz antreten ließ. In den westlichen Nachkriegsländern wurde die Partei immer uneingeschränkter eine Kapitalpartei, beinahe DIE Kapitalpartei, indem man sie zum linken Reden auf die Oppositionszirkuslogen ließ, wenn aber besondere soziale Gemeinheiten durchgepeitscht werden sollten ("Agenda 2010"), dann mussten / durften sie das machen, weil damit am leichtesten potentieller Widerstand zum Erlahmen gebracht wurde.
Trotzdem nennen die Theatermanager sie immer noch die "Roten" - und Anbiederungskoalitionen "rot-rot", als sei dies EINE Farbe. Es soll die Leute noch heute mancher Arbeiterpartei oder links nennen.
Was ist eine "Kommunistische Partei", die den Markt vergöttert und sich einen Multimillionär zum Chef nimmt? So wie die "Kulturrevolution" wohl eine schmerzliche Sackgasse war, so ist eben das chinesische Volk durch "Markt" eben nicht in ein Volk von Multimillionären zu verwandeln, der Markt also das Gegenstück zur Armut eines "Kulturrevolutions-Sozialismus". Es ist der eine eben Millionär, weil es die anderen dank ihres Nicht-Besitzes eben nicht sind.
Richtig ist allerdings auch, dass die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen der Macht noch immer so zu sein scheinen, dass Korrekturen möglich wären. Insofern lese ich solche Artikel mit großer Skepsis, abe nicht ganz ohne Hoffnung. Was mir zu denken gibt ist, dass der Artikel in der jungen Welt mit "Markt statt Armut" der kapitalistischen Entwicklung zu Munde redet. Einem Aufsteiger an der Marx-Engels-Stiftung sollte eine kritischere Position zu eigen sein.
Was mir an den chinesischen Dokumenten gefällt, ist diese Begriffsprägung "Sozialistische Harmonische Gesellschaft". In Anbetracht der Vorgeschichte zeugt er von Lernfähigkeit den eigenen Fehlern gegenüber ...

Freitag, 29. März 2013

Karfreitag-Gedanke


In einer Facebook-Gruppe von und für christliche Sozialismus wird in einem schönen Beitrag die Fage formuliert, welches Schicksal Jesus Christus zu erleiden hätte, so er heute lebte.
Ich wünsche allen Menschen Gutes, er hätte dies mit mehr Charisma getan. Also wäre er als Gefahr angesehen worden.
In wesentlichen "Mainstream"-Medien wäre er wohl zum "Linksextremisten" hochstilisiert worden. Klar. In einigen Ländern wäre sein Schicksal dem vor 2000 Jahren ähnlich. Die wahrscheinlichste Form des Umgangs mit ihm wäre das Auftauchen eines "Einzeltäters". Martin Luther King, John Jennon ... sie haben NUR die Ungerechtigkeit unserer "Weltordnung" ernsthaft kritisiert, waren keine "Revolutionäre" im Sinne eines Che, aber sie hatten eben ... Charisma  - das aber darf nur öffentlich haben, wer seinen eigenen Platz, seine Macht erhöht und die Verhältnisse unangetastet lässt ...

Dienstag, 26. März 2013

Fremdenfeindlichkeit – ein Relikt evolutionärer Vorformen des modernen Menschen




Fremdenfeindlichkeit ist ein Element des Restbestandes tierischer Urinstinkte im Menschen. Es ist eine natürliche Verhaltensweise, beispielsweise Gruppenmitglieder mit stark abweichenden Merkmalen abzulehnen. Dies ist im Kontext der Evolution sinnvoll: Das übliche Aussehen der Artgenossen ist die evolutionär „bestätigte“ Form. Abweichungen machen potentielle Feinde auf die Gruppe aufmerksam.
Sie werden also oft ausgestoßen, bevor sie den echten Feinden aufgefallen sind.
Eine solche Fremdheitsablehnung ist also eine vorvernünftige Verhaltensweise. Vorvernunft ist in der Natur notwendig. Wenn es im Busch raschelt, kann nicht erst eine verstandesmäßige Analyse durchgeführt werden, wodurch das abweichende Rascheln stammen könnte. Es ist Art erhaltend, die u.U. falsche „Abstrakttion“ zu treffen „anschleichender Feind“ und vorsorglich sofort zu flüchten.
Auch der dem menschlichen Handeln gemäße Vernunft gehen schnellere Urinstinkt-Reaktionen voraus. Problematisch werden solche Prozesse erst, wenn sie verbal abstrahiert werden und damit „vernünftig“ erscheinen. Es ist also ein natürlicher Instinkt, sich selbst als Maßstab eines „genetischen Optimums“ zu empfinden. Dieses Vor-Urteil aber zu einer Weltanschauung zu machen, daraus beispielsweise rassistische Auffassungen abzuleiten, zeugt von einer Mischung aus primitiver Verstandesausbildung und relativer geistiger Unterentwicklung.
Merkmal menschlicher Vernunft ist die Fähigkeit zu komplexem Denken in Abstraktionsebenen, die über die Kategorien Freund-Feind, Ich = gut, Rest = böse / fehlentwickelt usw. hinausreicht.

Sonntag, 24. März 2013

Denken wir zu langsam?



Eine besondere Leistung des menschlichen Gehirns ist eine permanente unterbewusste Abstraktion. Gelegentlich stößt die Psychologie auf dieses Problem auf dieses Problem, wenn sie Wahrnehmungsfehler zu erklären versucht. Also experimentell kann man belegen, dass sich mitunter unsere Augen „täuschen“, dass sie etwas zu sehen scheinen, was so nicht zu sehen ist.
Diese „Fehler“ sind Überreste gewaltiger Leistungen der Evolution: Das, was unsere Augen in Bruchteilen von Sekunden zu einem dreidimensional erscheinenden Gesamtbild verarbeiten, ist umgerechnet eine phänomenale Computerleistung. Sie hängt mit Gehirnfunktionen zusammen, die zur Zeit Computer noch nicht gleichwertig ausführen können: Alle Wahrnehmungen werden einer „Vorkontrolle“ unterzogen, ob das, was wir sehen, hören … „denken“, „sinnvoll“ erscheint. Notfalls wird „Wahrscheinliches“ aus den „Speicher“ in den Gesamteindruck eingefügt. In letzter Instanz ist dieser Mechanismus Grundlage von Intelligenz und Kreativität. Ein Elektronenhirn arbeitete im einzelnen schneller nach einem vorgegebenen Algorithmus die vorhandenen Möglichkeiten ab, das menschliche Denken schließt schneller als unmöglich angenommene „Möglichkeiten“ aus.
Dieses Evolutionsprodukt hat natürlich neben allen begeisterungswürdigen Leistungssprüngen auch Schattenseiten: Das menschliche Denken ist gerade dadurch eher geneigt, prinzipiell Neues in ein Erfahrungssystem einzubauen. Das kennt man inzwischen auch aus Computern: Diese sind inzwischen so weit, dass wenn man nach etwas sucht, nach den ersten Buchstaben ergänzt wird, was früher einmal gesucht worden war.
Somit ist in einem Zug diese Fähigkeit Voraussetzung für das Erkennen von Zusammenhängen … zum anderen aber Beschränkung beim Erkennen von Neuem: Man baut eben etwas in ein bekannt erscheinendes System ein und erklärt alles zu Bekanntem. Da dies auch auf verbaler Abstraktionsebenen funktioniert, lässt sich eben eine „Erfahrung“ durch ausreichende Wiederholung produzieren: DDR = Stasi, DDR = Kommunismus. Dies voraussetzend wäre Stasi = Kommunismus sogar richtig logisch abgeleitet. Zumindest bei einigen Menschen funktioniert eine solche „Gehirnwäsche“ immer.
Es gibt aber berechtigte Befürchtungen, dass dieses evolutionäre Produkt auch potentielle Revolutionäre behindert: Da beobachten welche, dass in den politischen Organisationen, die für den grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel unumgänglich sind, sich opportunistisches Denekn durchgesetzt hat, sie also für eine notwendige Revolution nicht mehr geeignet sind. Nun ist eine solche Analyse immer fragwürdig, weil diese Prozesse in „Führung“ und „Mitgliedschaft“ nicht identisch ablaufen – und sei es wegen der unterschiedlich tiefen Integration ins vorhandene System. Es kann auch sein, dass das individuell rührige Handeln Einzelner den Eindruck erweckt, deren Haltung sei die der Organisation selbst. Daraus ergäbe sich also die Notwendigkeit einer Neuorganisation zur Sammlung der revolutionären Subjekte. Was aber, wenn sich dieser Prozess ganz oder teilweise umkehrt? Dann „sammeln sich die einen draußen neu mit ihren Illusionen, die zweiten sammeln sich in der einen Partei mit ihren Illusionen erneut und die dritten in einer dritten usw. Objektiv betreiben ALLE DREI ohne dies zu wollen (natürlich gibt es auch vorsätzliche Spalter) die Spaltung einer sowieso schon zu schwachen Bewegung.
Sollte nicht die Frage gestellt werden, ob es möglich sein könnte, die vorhandene DKP „unter“ einem Köbele – und nicht Meyer – zu einer modernen Kommunisten-Jugendpartei zu erneuern anstatt eine neue „vereinigende“ Kommunistenpartei zu gründen, die nur einigen individuellen Bewegungsdrang befriedigt?
Ich befürchte, dass die Gründung der neuen wahren Kommunisten nicht als Show-Auftritt zur Vorbereitung einer Wiedervereinigung gedacht ist. Zumindest kurzfristig wäre dies technisch nicht umzusetzen. Allerdings stellt sich bei so etwas auch die Frage, wer freiwillig so viel Kommunist wäre, um im Interesse einer starken Führung selbst in die zweite Reihe zurückzutreten ...

Freitag, 8. Februar 2013

Vom Ikarus DDR


„Kulturnation Deutschland?“ Der Titel des Büchleins hat es schon in sich, vor allem, weil der Autor Peter Michel nicht versucht, die tolle DDR zur vorbildlichen Kulturnation hochzuschreiben, sondern sich um Ausgewogenheit bemüht, Kunst als Menschheitswert an sich zu fassen, den es des Menschseins wegen zu pflegen gilt. Gerade deshalb gewinnen seine Vorwürfe eine über Politisches hinausreichende Relevanz.
Nun also zwei Seiten Überblick über drei Ausstellungen von in der DDR entstandener Kunst. Erstes Fazit: So etwas ist auch im nicht so richtig „vereinigten“ Deutschland bereits möglich. Man möge es direkt nachlesen: Kein Abschied von Ikarus

Aber noch immer lässt sich im neuen Deutschen Reich ein Umgang mit Kunst, die nicht die eigene ist, feststellen, die von denselben „Kultur-Politikern“ bei ehemaligen Staaten des „Realsozialismus“ mit Schimpfworten wie „Sozialistischer Realismus“ (wichtig: die Anführungsstriche), aber eben auch stalinistisch u.ä belegt worden wäre. Also Ideologie dort, wo auf DDR-Seite schon Kunst war. Also Qualität der künstlerischen Umsetzung das entscheidende Merkmal war.
Nun greift Michel das Motiv des Ikarus aus der Weimarer Ausstellung auf.
Er sagt es nicht direkt. Es steckt aber ein Gedanke in den Überlegungen: Was in den Ländern dieses frühen „Sozialismus“ geschehen war, war eine Art gesellschaftlicher Ikarus-Flug, zwar mit Absturz, aber nicht mit Tod am Ende.
Mit den Aspekten dieses künstlerischen Bildes haben sich Künstler logischerweise viel beschäftigt, nicht nur, aber auch im Vorgefühl des Ausgangs dieses ersten Abhebens.
Man sollte, wenn man sich mit dem Motiv befasst, etwas Wichtiges beachten:
Entstanden ist die Ikarus-Geschichte mit ihren möglichen Interpretationen in einer Zeit, in der sein Tun vermessen, übermütig, vor allem aber dem „gesunden Menschenverstand“ seiner Zeitgenossen widersprechend gesehen werden musste. Der Mensch kann nunmal nicht fliegen.
Inzwischen kann man dies aber nicht mehr so sagen. Ob wir in ein Flugzeug steigen, in Drachengleiter, die optisch an Ikarus erinnern, oder in Raketen, in denen die ganze Erde klein erscheint, … wir haben heute Grund zur Aussage „Der Mensch kann doch fliegen“.
Wenn also eine Kunstschau den Abschied von den DDR-Ikarussen zelebriert, so ist das ein bornierter Kulturpessimismus.
Der Mensch“ ist eben doch in der Lage zu einem Sozialismus / Kommunismus. Der sähe nur etwas anders aus, als man diese Menschen-Flug-Phase sich zu DDR-Zeiten ausgemalt hat.
Wir sollten wieder am Bau neuer Schwingen spielen ...

Dienstag, 5. Februar 2013

Gemeinschaft der Glückssüchtigen - Wie wir die Welt wollen - Das Buch


Ich halte den „Kommunismus“ oder wie immer man die damit beschriebenen Verhältnisse nennen mag, für die individualistischste, freieste, menschenwürdigste Form der Entfaltung menschlicher Persönlichkeiten. Das kann ich aus der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen DDR-Teil-Biografie begründen, aus der Geschichte, aus der Logik natürlicher Zusammenhänge und aus dem Wissen, wo wir uns gerade hin entwickelt haben. Was ist „vernünftig“, wenn das Handeln aller Einzelsubjekte nicht mehr mit dem Prinzip erklärt werden muss „Das Hemd ist mir näher als die Hose“?
Warum sind heute Dinge praktisch möglich, von denen Marx oder Lenin nur grob erwarten konnten, dass sie einmal kommen müssten? Was sind das für Dinge?
„Gemeinschaft der Glückssüchtigen – Wie wir die Welt wollen“ spekuliert wenig, leitet nur logisch her, was sich bereits abzeichnet. Dabei müssen wir immer beachten, dass es keine technische Erfindung gibt, die nicht missbraucht wird, wenn die Verhältnisse diesen Missbrauch fördern ...

Sonntag, 3. Februar 2013

Warum bekommen wir eine "weiche Birne"?


Man könnte fragen, warum die Tageszeitung "junge Welt" ausgerechnet ein Buch über Depressionen rezensiert. Gut, dann könnte man genauso gut fragen, warum sie es nicht rezensieren sollte. Sie richtet sich ja an Menschen, die allseitig gebildet sind oder zumindest werden wollen.
Die Antwort liegt genau darin: In dem besprochenen kulturpessimistischen Buch werden offenbar genau jene "unpolitischen" Mechanismen beschrieben, vermittels derer die verblödeten Menschen-Reserven "produziert" werden, die entweder gehorsam arbeiten bis zum Zusammenbruch oder aber sinnlos rumhängen als Beweis der "bildungsfernen Schichten". Die nicht an Wahlen teilnehmen, weil sie nichts mit dem Wahlzettel anfangen können (man müsste ihnen den vorlesen) oder ein Kreuz bei der Partei machen, an die sie sich aus der letzten Sendung oder dem letzten Bier noch erinnern.
Wir werden mehrere Generationen brauchen, um in der Breite Menschen sich entwickeln zu lassen, dieaus eigener Kraft die Welt verstehen und gestalten können. Allseitig gebildete (und deshalb "sozialistische") Persönlichkeiten. 
Interessant auch: Der Autor der Rezension wirft dem Autor des Buches einseitige Überspitzungen vor. In gewisser Weise sagt er damit nur: Auch der "Kulturpessimist" Spitzer ist natürlich ein "Kind" unserer "kapitlistischen Kultur", die zu erkennen er nicht vermag. Der Drang, jeweils das eigene Produkt verkaufen zu müssen, zwingt jeden Anbieter dazu, den potentiellen Kunden am Abwägen von Vorteilen und Nachteilen zu hindern. Also verweist jeder Produzent auf das Gute ... und Spitzer betont das Negative ...


Weiche Birnen

Apps bis der Arzt kommt: Die Informationsgesellschaft frißt ihre Kinder. Berliner Depressionsgespräche zeichnen eine düstere Perspektive

Von Peter Steiniger
...
Manfred Spitzer: Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen. ­Droemer Knaur Verlag, München 2012, 368 Seiten, 19,99 Euro

Donnerstag, 31. Januar 2013

Kommunismus heute?! In China?!

 Vom Optimismus des folgenden Artikels bin ich begeistert. Allerdings, was darin als "Risiken" abgetan wird, sollte man wissenschaftlich dialektisch bedenken. An einem bestimmten Punkt schlägt eben die eine Qualität in eine andere um. Es gibt praktisch keine Erfahrungen, aus denen man ein Thermo-, Baro- oder sonstwas für ein -meter ableiten könnte, ab wann so viele "kapitalistische Elemente" in einen ursprünglich mit sozialistischen Zielen angetretenen Grundkörper hineingelassen hätte, dass er eigentlich wieder kapitalistisch geworden ist. Marx und Lenin haben sich klar gegen die hier verwendete Nothilfe-Methode ausgesprochen: Das Selbstbild der Handelnden ist es nicht. Wenn der Unternehmer Xu seine Übernahmeverhandlungen mit einem lästigen Konkurrenten führt, so kann er das als Mitglied der Führung einer dem Namen nach "Kommunistischen Partei" als Voranschreiten auf dem Weg zum Sozialismus ausgeben ... er hat hier zumindest als ganz gewöhnlicher Kapitalist gehandelt und - was mindestens genauso wichtig ist - der Masse der Beobachter ein Beispiel vorgeführt, dass man eben als Kapitalist "Erfolg" hat (was der Haken im Fleisch von NÖP-Praktiken ist).

(Kommentar zu einem Artikel im "Roten Brandenburger" von Dezember 2012)

Dienstag, 29. Januar 2013

Wenn Planer über Planung reden ...


Man kann natürlich in den platten Losungskrieg einstimmen und "Freiheit durch Sozialismus" statt "Freiheit oder Sozialismus" formulieren. Ich finde eine solche griffige Losung - wie andere in solche Richtung - durchaus wichtig. Aber es soll ja Leute geben, die wollen wirklich konkret werden. Nicht umsonst habe ich das Interview zum 100. Jahrestag der chilenischen KP veröffentlicht. Dort spielt sich die Hauptschlacht um Köpfe bereits in der Jugend ab. Da sind es schon Schüler und Studenten, die Schwung in die Bewegung bringen. Aber abgesehen von der besonderen soziologischen Situation dieser beiden Gruppen - also dass ihre Zeit als Schüler bzw. Student auf jeden Fall in absehbar kurzer Zeit endet - muss hier neben der Frage, was sie nicht wollen, eine möglichst klare Antwort gegeben werden, was sie denn als Alternative wollen können. Primitiv ausgedrückt: Alternative Sozialismus? Was ist das? Was sind seine Vorzüge?
Früher oder später kommt man da an der Frage der Planung der Gesellschaft nicht vorbei. Die beginnt natürlich bei der Planung der Wirtschaft.
Insofern ist der "junge Welt"-Artikel von Professor Rösler sehr wichtig. Ich fürchte, es wird mir schwer fallen, mit wenigen Worten zu begründen, warum er mir in seiner Konsequenz nicht gefällt. Vielleicht die einfachste Aussage: Es ist "altes Denken", ein Blick nach vorn, der vergangene Verhältnisse fast mathematisch-logisch in die Zukunft überträgt, ohne zu berücksichtigen, dass sich die "Produktivkräfte" von denen vor ca. 40/50 Jahren grundlegend verändert haben.
Beginnen wir aber mit dem Rückblick, dem man bedenkenlos zustimmen kann:

(05.12.2012 / Thema / Seite 10Inhalt

Alternativen zum Neoliberalismus

Ökonomie. Zum Verhältnis von Planung und Markt: Erfahrungen beim sozialistischen Wirtschaften unter zentralen und dezentralen Strukturen seit Dezember 1927

Von Jörg Roesler
nachzulesen in "jungewelt.de")

 Sah Professor Rösler den Niedergang des "Planungssystems" in der DDR schon mit einem halben Auge zu wenig, so wird daraus "Blindheit", sofern es um die Zukunft geht. Die Einleitung der strittigen Perspektive halte ich schlicht für falsch:
"Denkbar sind drei Varianten: ..."
"Denkbar" sollte erst einmal vieles sein. Nun kann man Professor Rösler zugutehalten, dass er Realist sei und die künftige Planungssituation in die internationale Klassenkampfsituation einbettet, also die zu planende Region in eine feindliche Umwelt. Das sagt er aber nicht. Er tut so, als ginge es um DIE denkbaren (!) Wege sozialistischer Planwirtschaft. Und da erlaube ich mir zumindest eine vierte Variante ins Spiel zu bringen.
Man stelle sich das Ganze als eine Unmenge von unterschiedlich stark ineinandergreifenden Zahnrädern vor. Jedes dieser Zahnräder plant erst einmal für sich. Kern des Ganzen muss eine gesellschaftliche Wirtschaftsplanung sein. Hier wird zum einen die sozial-politische Entwicklung geplant und deren Umsetzung abgesichert. Zum anderen - und hier wundere ich mich über Professor Rösler - muss hier durchgesetzt werden, was als gesellschaftliches Interesse auf der Ebene kleiner Einheiten nicht lösbar ist. Ich greife als Beispiel den Umweltschutz heraus. Der steht betrieblichen Individualinteressen normalerweise im Wege. Er ist insofern betriebswirtschaftlich unwirtschaftlich.
Dazu kommt die Grundlage des Ganzen: Ein breit gefächerter Mix von Eigentumsformen, innerhalb dessen das "gesamtgesellschaftliche Eigentum" vorherrschend sein muss. 
Professor Rösler übersieht die Demokratie fördernden Potenzen des Internet. Es ist heute technisch möglich, dass jeder Interessierte an der Planung sowohl seines "Zahnrads" als auch des gesamten Räderwerks Teil hat. Die Folgen einer falsch geplanten Schraube lassen sich für jeden nachvollziehbar aufzeigen. Zentralplanung muss nicht mehr in abschließender Entscheidung sehr eng begrenzter Führungszirkel bestehen und deren Kommandos. Das war aber der entscheidende Haken des frühsozialistischen Planungssystems. Es ging früher nicht anders - also musste eine freie Einzelentscheidung das Funktionieren des Gesamtsystems in Frage stellen. 
"Grundvoraussetzung für die Einführung wäre der Umbruch der Eigentumsverhältnisse, der eine revolutionäre Lösung verlangt, für die allerdings zur Zeit wenig spricht."
Eigentlich könnte man an dieser Stelle abbrechen: Ohne wesentliche Änderungen der Eigentumsverhältnisse kann man nirgendwo und nirgendwie von "sozialistischen Verhältnissen sprechen. Es gibt nur wenige Bereiche, bei denen ich "kapitalistisches Eigentum" innerhalb sozialistischer Verhältnisse ausschließen würde, aber deren Dominanz muss als politischer Eingriff in ökonomische Verhältnisse erfolgt sein. Eine Sparkasse, die jedem armen Schwein ein Konto zubilligen muss, wird immer effektiver arbeiten als eine Bank, die sich Anlagerosinen herausgreifen darf.
Ein Letztes. Professor Rösler wollte es offenbar nicht so drastisch ausdrücken, aber das Scheitern des realen frühsozialistischen Planungssystems hing natürlich mit einem Doppelproblem zusammen: Die eine Seite der Medaille war der Fakt, dass nur wenige konkrete Menschen reale Planungsmacht hatten, die andere, dass dies tendenziell politisch verengstirnte Menschen waren. Es hilft also, wenn mehr Menschen ihre Ideen technisch in ein vielteiliges Planugssystem einbringen, es ist aber eine kreativitätsfördernde Leitungsstruktur nötig. Wir dürfen uns nicht auf Ausnahmegestalten wie Fidel Castro orientieren, die nach Jahrzehnten in exponierter Stellung noch Wandlungsnotwendigkeiten verstehen und einzuleiten versuchen ...