Sonntag, 24. März 2013

Denken wir zu langsam?



Eine besondere Leistung des menschlichen Gehirns ist eine permanente unterbewusste Abstraktion. Gelegentlich stößt die Psychologie auf dieses Problem auf dieses Problem, wenn sie Wahrnehmungsfehler zu erklären versucht. Also experimentell kann man belegen, dass sich mitunter unsere Augen „täuschen“, dass sie etwas zu sehen scheinen, was so nicht zu sehen ist.
Diese „Fehler“ sind Überreste gewaltiger Leistungen der Evolution: Das, was unsere Augen in Bruchteilen von Sekunden zu einem dreidimensional erscheinenden Gesamtbild verarbeiten, ist umgerechnet eine phänomenale Computerleistung. Sie hängt mit Gehirnfunktionen zusammen, die zur Zeit Computer noch nicht gleichwertig ausführen können: Alle Wahrnehmungen werden einer „Vorkontrolle“ unterzogen, ob das, was wir sehen, hören … „denken“, „sinnvoll“ erscheint. Notfalls wird „Wahrscheinliches“ aus den „Speicher“ in den Gesamteindruck eingefügt. In letzter Instanz ist dieser Mechanismus Grundlage von Intelligenz und Kreativität. Ein Elektronenhirn arbeitete im einzelnen schneller nach einem vorgegebenen Algorithmus die vorhandenen Möglichkeiten ab, das menschliche Denken schließt schneller als unmöglich angenommene „Möglichkeiten“ aus.
Dieses Evolutionsprodukt hat natürlich neben allen begeisterungswürdigen Leistungssprüngen auch Schattenseiten: Das menschliche Denken ist gerade dadurch eher geneigt, prinzipiell Neues in ein Erfahrungssystem einzubauen. Das kennt man inzwischen auch aus Computern: Diese sind inzwischen so weit, dass wenn man nach etwas sucht, nach den ersten Buchstaben ergänzt wird, was früher einmal gesucht worden war.
Somit ist in einem Zug diese Fähigkeit Voraussetzung für das Erkennen von Zusammenhängen … zum anderen aber Beschränkung beim Erkennen von Neuem: Man baut eben etwas in ein bekannt erscheinendes System ein und erklärt alles zu Bekanntem. Da dies auch auf verbaler Abstraktionsebenen funktioniert, lässt sich eben eine „Erfahrung“ durch ausreichende Wiederholung produzieren: DDR = Stasi, DDR = Kommunismus. Dies voraussetzend wäre Stasi = Kommunismus sogar richtig logisch abgeleitet. Zumindest bei einigen Menschen funktioniert eine solche „Gehirnwäsche“ immer.
Es gibt aber berechtigte Befürchtungen, dass dieses evolutionäre Produkt auch potentielle Revolutionäre behindert: Da beobachten welche, dass in den politischen Organisationen, die für den grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel unumgänglich sind, sich opportunistisches Denekn durchgesetzt hat, sie also für eine notwendige Revolution nicht mehr geeignet sind. Nun ist eine solche Analyse immer fragwürdig, weil diese Prozesse in „Führung“ und „Mitgliedschaft“ nicht identisch ablaufen – und sei es wegen der unterschiedlich tiefen Integration ins vorhandene System. Es kann auch sein, dass das individuell rührige Handeln Einzelner den Eindruck erweckt, deren Haltung sei die der Organisation selbst. Daraus ergäbe sich also die Notwendigkeit einer Neuorganisation zur Sammlung der revolutionären Subjekte. Was aber, wenn sich dieser Prozess ganz oder teilweise umkehrt? Dann „sammeln sich die einen draußen neu mit ihren Illusionen, die zweiten sammeln sich in der einen Partei mit ihren Illusionen erneut und die dritten in einer dritten usw. Objektiv betreiben ALLE DREI ohne dies zu wollen (natürlich gibt es auch vorsätzliche Spalter) die Spaltung einer sowieso schon zu schwachen Bewegung.
Sollte nicht die Frage gestellt werden, ob es möglich sein könnte, die vorhandene DKP „unter“ einem Köbele – und nicht Meyer – zu einer modernen Kommunisten-Jugendpartei zu erneuern anstatt eine neue „vereinigende“ Kommunistenpartei zu gründen, die nur einigen individuellen Bewegungsdrang befriedigt?
Ich befürchte, dass die Gründung der neuen wahren Kommunisten nicht als Show-Auftritt zur Vorbereitung einer Wiedervereinigung gedacht ist. Zumindest kurzfristig wäre dies technisch nicht umzusetzen. Allerdings stellt sich bei so etwas auch die Frage, wer freiwillig so viel Kommunist wäre, um im Interesse einer starken Führung selbst in die zweite Reihe zurückzutreten ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen