Sonntag, 27. Februar 2011

Der größte Krieg aller Zeiten – und der einzige schöne (nur ein Spiel) (2)

Nehmen wir einfach einmal an, die nachkapitalistischen Produktionsverhältnisse hätten gesiegt. Klammern wir einmal das Theater aus um alle dann noch körperlich vorhandenen großen Rüstungsgüter. (Nicht nur die Atomraketen bleiben erst einmal Atomraketen, auch wenn man „Volkseigentum“ draufklebt. Sie müssen bewacht und allmählich zerlegt werden.) Aber hat denn jemand gewagt, durchzuspielen, was dann kommt? Also nicht nur abstrakt wie Marx bei seiner Fernsicht, wann wir Kommunismus haben.
Millionen Menschen müssten sich durch die Welt bewegen, damit grundsätzliche Lebensbedingungen angeglichen werden. Von einem Tag auf den nächsten wären bei gleichartigen Arbeitstagen in jedem Land der industriell entwickelten Länder Hunderttausende Werktätige „arbeitslos“. Mathematisch könnte sofort ein 6-Stunden-Arbeitstag, vielleicht schon eine mit 5 Stunden, eingeführt werden. Nur, dass die frei gewordenen Arbeitskräfte nicht nahtlos dorthin passen, wo sie gebraucht würden. Europa könnte in kürzester Zeit zu einem überdimensionalen Bildungszentrum werden. Wer lernt wo was? Wer lehrt wo was? In welchen Regionen der Erde lohnt sich in welcher Reihenfolge der Aufbau welcher „Industrien“. Industrien ist dabei weiter zu fassen als bei Marx, nämlich so, wie er den Übergang zum Kommunismus verstand: Als Verschwimmen des Unterschieds zwischen Stadt und Land. Welche natürlichen Bedingungen können in welchen Regionen welche Entwicklung am Erfolg versprechendsten fördern. Dabei müsste dies, bevor Milliarden in Stuttgart21s versenkt werden, eben als Computersimulation „durchgespielt“ werden, die immer besser die Wirklichkeit der Welt erfasst. Den Zugang zu den modernsten Technologien frei zu machen, ist dabei das kleinste, wenn auch erfreulichste Problem.
Denn nach einem relativen Abschluss solch einer Simulation einer funktionierenden Welt müsste sie umgesetzt werden. Jeder irgendwo frei gesetzte Arbeiter wäre ein „Soldat“. Jede Entscheidung an jedem Ort hat vielfältige Wirkungen nicht nur dort sondern auch im Zusammenspiel mit anderen. Reinigung der Umwelt von schädigenden Abstoffen aller Art. Was an eine Stelle für die nächsten fünf Jahre dynamischen Fortschritt bedeutete, kann für die Welt zum Krebsgeschwür werden.
„World of Warcraft“ beweist es, dass die Programmtechnik zulässt, virtuelle Welten zu schaffen, in denen „man“ „interagieren“ kann. Was es da gibt, sind insgesamt Bekämpfungsspiele. Für dieses „Simulationsspiel“ kann ich mir zwei Ebenen vorstellen: Eine statische, bei dem unter gegebenen Ausgangsdaten der Spieler nach der Lösung sucht, die in 50 / 100 Jahren den höchsten Weltwert ergibt. Und eine dynamische, in der Rollen interaktiv gegeneinander übernommen werden und die Zeit läuft. Die anonymen Spieler müssten aber die Gelegenheit haben, sich in einer „Konferenz“ an einen verpassten Zeitpunkt zurück zu begeben (sofern der immer noch vor uns liegt).
Es geht darum, dass Einzelne komplex für andere mitzudenken lernen – und nicht eine faschistische Art der Endlösung, also das Ausschalten Anderer als Lösung lernen.

Samstag, 26. Februar 2011

Der größte Krieg aller Zeiten – und der einzige schöne (nur ein Spiel) (1)


Ich wage mir das Szenario gar nicht auszumalen. Es scheint so verrückt, dass es das nicht einmal als Computerspiel gibt, obwohl das eigentlich seiner Umsetzung in der Wirklichkeit sehr entgegen käme. Leider vereinen sich im Moment bei niemandem Geld, Kreativität und Menschlichkeit zu einer solchen großräumigen Idee.
Die heutige Betrachtung der Welt ist irgendwie einfach: Auf der einen Seite Kapital, das so, wie und wo es existiert, nur mit einem einzigen Zweck existiert: sich selbst zu vermehren. Dafür nimmt es sogar einen extremen Aufwand in Kauf, durch den es sich als Masse eigentlich nicht vermehrt, sondern zu verbrauchen scheint: Gewaltige Staatsapparate mit extremen Kosten für Armeen sorgen für dauerhafte Minderung des Durchschnittsreichtums. Aber das klärt sich auch leicht: Durch die Finanzierung aus Steuern, die die Menschenmassen aus dem bezahlen müssen, was sie zuvor als angebliche Bezahlung ihrer Leistung erhalten haben, ist das Spiel zumindest aus der Sicht jedes an privater Rüstungsproduktion Beteiligten ein Gewinngeschäft. Die Unterdrückten bezahlen die Mittel ihrer Unterdrückung letztlich selbst.
Wer die Toten wegen Hunger und Krieg beklagt, macht heute aus zynischer Sicht einen Fehler: Die sind ein Segen für die heutige Gesellschaft: Weder können sie protestieren gegen die Ungerechtigkeit, in der sie lebten, noch wollen sie weiter essen und sich kleiden. Nur wenn sie nicht schnell genug sterben, sind sie ein Problem.
Krieg gegen den Hunger auf der Welt – und zwar in engstem und weitesten Sinne – kann nur eine Welt-Menschen-Gemeinschaft führen. Die – das muss ich hier einmal als Behauptung stehen lassen – kann es erst mit dem weltweiten Sieg sozialistischer Eigentumsverhältnisse geben.

Freitag, 25. Februar 2011

Weil der Mensch ein Mensch ist - ein anonymer Kommentar

Ich glaube die Epochebestimmung hatte nicht nur etwas mit Optimismus zu tun. Wir können feststellen, dass viele der führenden Köpfe, zumindest in der DDR bis 1945 aktiv im Widerstand waren,vielfach im KZ, Zuchthaus oder in der Fremde waren.
Nun wurde ihr Lebensziel verwirklicht - aber ihr Leben ging auf der anderen Seite stetig dem Ende entgegen. Ist es verwunderlich, dass sie selbst das Ziel ihrer Bemühngen noch erleben wollten? Kann es sein, dass sie vom entwickelten sozialistischen System nur redeten, weil sie es sich sehnlichst wünschten?
Klar, kommunistisch oder besser auf der Grundlage des Klassiker ist ein solches herbeireden von Tatsachen, die real nicht existent sind kaum. Genausowenig wie es kommunistisch ist, bis zum letzten Atemzug an der Macht zu hängen, ohne für geeignete Nachfolger zu sorgen, die die Aufgabe wirklich wieterbetreiben. Nun ist der Mensch nun mal ein Mensch und auch Kommunisten sind keine unfehlbaren Götter. Allein aus dem Grund besteht die zwingende Notwendigkeit dass es bis weit in den Kommunismus hineine, eventuell auch so lange die menschliche Gesellschaft reicht, neben den Entscheidern ein unabhängiges Kontrollorgan vorzuhalten. Damit es zwischen den Entscheidern und diesem Kontrollorgan zu keinen Absprachen kommt, ist dieses regelmäßig auszutauschen, vollkommen willkürlich ausgesucht und für jeden als Mitarbeit zur Sicherung wahrhaft demokratischer Rechte verpflichtend.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Von der Geradlinigkeit des Denkens (5) unsere Epoche

Die 5. Etappe begann 1989 und umfasst mehrere Tendenzen:
1. Die Auflösung eines Staatengebildes, das vorgegeben hatte, den Sozialismus real entwickelt zu haben, obwohl im Inneren nur einige wesentliche materiellen Voraussetzungen geschaffen worden waren, auf deren Basis der Sozialismus hätte aufgebaut werden können.
2. Die partielle Atomisierung der Kräfte einer Weltbewegung für den Sozialismus, die ausschließlich dieses Gebilde als positive Orientierung verwendet hatte.
3. Die Medienbeschallung mit der Legende der Überlebtheit der kommunistischen Idee gewinnt absolute Dominanz und zeigt wegen fehlender Gegenwehr weitreichende Wirkung.
4. Ideologisch mit dem sogenannten Neoliberalismus wirtschaftspolitisch flankiert verbreitet sich wieder die durch das Wirken des ausgeschalteten "Realsozialismus" eingeschränkte offene Unmenschlichkeit des Systems in seiner Allseitigkeit. Teile der Menschheit werden sowohl praktisch als auch ideologisch aus allen Entwicklungen als chancenlose Verlierer ausgeklammert.
5. Die Entwicklung der materiellen Basis der Welt hat einen Punkt überschritten, von dem ab die extensive Markterweiterung nicht oder nur zu Lasten vorhandener sozialer Errungenschaften möglich ist. Die Formen des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt zwischen den imperialistischen Gruppen werden vielfältiger und aggressiver - militärische Optionen wahrscheinlicher.
6. Die neu entstandenen technischen Voraussetzungen für die Gestaltung einer kommunistischen Weltkultur im weitesten Sinne werden zu immateriellen Marktsegmenten verzerrt.
7. Elemente einer potentiell sozialistischen Orientierung bestehen nur als integrierter Bestandteil einer kapitalistischen Weltgesellschaft - bewusst in China, weniger bewusst in Teilen Lateinamerikas.

Mittwoch, 23. Februar 2011

Von der Geradlinigkeit des Denkens (4) unsere Epoche

Schwierig ist bereits Etappe 4. Wer ein genaues Startjahr möchte, wäre mit 1973 am besten bedient. Der faschistoide Putsch in Chile war die Eröffnung eine umfassenden imperialistischen Gegenoffensive unter dem Mantel des „Neoliberalismus“. Dieser Strategie kam zugute, dass es sich bei den ihre neue Geschichte suchenden Staaten fast ausschließlich um ökonomisch schwache und strukturell durch die koloniale Periode deformierte Wirtschaften handelte.
Auf dem Gebiet der Produktivkräfte zeigte sich ein neuer, aus dem herkömmlichen Marxismus heraus schwerer zu deutender Vorgang: Die Ablösung von äußerlich wachsenden Produktionseinheiten durch individualisiertere. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt zergliederte nicht nur den Produktionsprozess in kleine Teilprozesse, er differenzierte stärker deren Qualität und gliederte sie aus. Dieser Prozess gelang in den sozialistisch orientierten Staaten nur punktuell und brachte eine Entwicklungsverlangsamung. Dem stand das neoliberale Kolonialismus-Konzept gegenüber, das eine konzentrierte Stärkung von Machtzentren auf Kosten schwächerer Massen durchsetzte. International wuchsen die Grade der extensiven Ausbeutung. Ein solcher Vorgang hat in Sozialismuskonzepten keinen Platz. Ein eigenes Konzept fehlte und wurde durch Illusionen einer Mischung von Misstrauen in die eigenen Kräfte und Nutzbarkeit von Kapital zum Aufbau des Sozialismus sowie politischer Verleugnung von Notwendigkeiten ersetzt. Die Einheit dieser Komponenten brachte einen inneren Kollaps, der international durch Kapitalkräfte steuerbar war.
In Etappe 5 leben wir heute.

Dienstag, 22. Februar 2011

Von der Geradlinigkeit des Denkens (3) unsere Epoche

Meine „Epoche“ beginnt mit der Pariser Kommune. Hier definieren sich die wesentlichen Kontrahenten (entstanden sind sie früher, also mit der Herausbildung des „Kapitalismus“). Auf der einen Seite das internationale Kapital (wer das plötzliche Zusammenspiel derer, die gerade Krieg gegeneinander geführt haben, genau betrachtet, sollte vor Illusionen zurückschrecken), auf der anderen Seite die Proletarier mit den ihnen nahe stehenden Volksmassen.
Seine Etappe 1 endete in der Oktoberrevolution. Bis dahin ging es noch (fast nur)um die besten Ausgangspositionen für einzelne Kapitalgruppen auf der ganzen Welt. Dem stand die Herausbildung einer Klasse der Arbeiter für sich gegenüber.
Seine Etappe 2 geht bis 1945. Für diese Etappe sind zum einen die überwiegend militärischen Mittel zur Niederschlagung realer sozialistischer Ansätze kennzeichnend. Die technische Voraussetzung zur Beendigung der Menschheitsgeschichte ist noch nicht gegeben, die moralische liegt im Imperialismus und findet im Faschismus eine äußere Form. Insgesamt enthält diese Etappe einen Trend zur relativen Stärkung des sich real organisierenden rückständigen Sozialismus.
Seine Etappe 3 geht bis zur Mitte / Ende der 60er Jahre (etwa). Auf der einen Seite steht die erstmalige reale technische Möglichkeit zur Beendigung aller menschlichen Entwicklung. Auf der anderen Seite entwickelt sich eine Gegenkraft in mehreren Gestalten relativ stürmisch. Dies ist die Wirtschaftskraft der sozialistisch orientierten Staatengemeinschaft überhaupt. Leider wesentlicher ist die Schaffung eines Potentials, mit dem die Möglichkeit der imperialistischen Destruktivkraft am Wirksamwerden gehindert wurden. („Leider“ deshalb, weil dadurch die Entfaltung sozialistischer Potenzen in ihrer Breite verhindert wurde) Im Sinne der Weltentwicklung gleichwertig schien die Breite der Entwicklung national unterdrückter Weltteile. Das System des offenen Kolonialismus brach fast vollständig zusammen, Ansätze einer Orientierung am Sozialismus in den bisher kolonial unterdrückten Ländern spielten zumindest eine nicht unwesentliche Rolle. Die Integration der widerständigen „68er“ in den Zentren des Kapitalismus ins eigene System, also letztlich das Scheitern der Arbeiterklasse dort, leitete das Ende dieser Etappe ein.

Montag, 21. Februar 2011

Von der Geradlinigkeit des Denkens (2)

Das ist jenes Problem Kapital. Letztlich gab es „Kapital“ schon lange vor dem Kapitalismus. Allerdings im Wesentlichen nur als Bankkapital. Dort wirkte es zu großen Teilen wie heute: Zuerst war es Geld, das wird an jemanden gegeben, der damit arbeitet (bzw. damit arbeiten lässt, was hier aber nicht das Entscheidende wäre, weil der jemand selbst „die Produktion“ war), letzte Stufe mehr Geld bei dem, der es zuerst besessen und andere damit hat arbeiten lassen. Dieses Geld war DESHALB „Kapital“. Das Neue am Kapital-Ismus ist „nur“ die bestimmende Rolle des „Kapitals“ im gesamten gesellschaftlichen Leben. Es gibt selbstverständlich daneben noch archaische Produktionsweisen. Aber sie sind eben nur Ergänzungen, Abrundungen der Welt – so wie zuvor der Wucherer nur Ergänzungen und Abrundungen seiner archaischen Welt war. Die Leistung eines Marxisten ist dabei, das Wesentliche, Bestimmende für eine Zeit, einen Sachverhalt, herauszuarbeiten – allerdings ohne zu vernachlässigen, dass es daneben „nicht dazu passende“ Erscheinungen gibt, die unter bestimmten Bedingungen wesentlich werden können.
Womit ich beim Grundsätzlichsten wäre.
Verzeihlich ist der Optimismus in den 70er, die Epoche einfach die des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus zu nennen (so wie es unverzeihlich wäre, diese Einschätzung heute falsch zu nennen. Dieses Recht hätten nur Aliens, die irgendwann auf die Erde kommen, und feststellen, dass hier einmal intelligente Wesen gelebt haben müssen). Allerdings hätte die Spielerei mit der Zeit, also die Einordnung der Menschheitsgeschichte und der modernen mit Klassen belasteten Geschichte in die Erdgeschichte auch damals schon einen provokativen Schluss zugelassen:
Ich wage eine härtere „Epochendefinition“: Wir leben in einer Zeit, in der alle bisherigen Betrachtungen von Geschichte enden. Welche Option siegreich sein wird, ist noch offen. Also anders ausgedrückt: Dies ist die Zeit, in der die Menschheit entscheidet, in eine Zeit ihrer eigenen Entfaltung einzutreten oder abzusterben. (wobei dieses Absterben ein sehr kurzer, aber auch ein sehr langer Degenerationsprozess sein kann.) Der „Übergang … zum ...“ nimmt den positiven Ausgang dieser Entscheidung vorweg. Eine solche Naturnotwendigkeit wie in der Abfolge von Feudalismus und Kapitalismus gibt es leider nicht.

Sonntag, 20. Februar 2011

Von der Geradlinigkeit des Denkens (1)


Mein, also Herbert Driebes, Geschichtsseminar hat gestern begonnen. Zum Aufwärmen waren noch „Meinungen“ erlaubt – also das, was jeder so mitbringt, ohne zu wissen. Dann kam der Film „Die alte neue Welt“ von den Thorndikes in der DDR in den 70er gedreht.
Die Wertung von Herrn Driebe „Das stimmt so alles“. Das macht die Sache spannend. Weil es eben die Frage der Wahrheit aufwirft als praktisch agitatorisches und als philosophisches Problem. Denn aus heutiger (aber auch aus damaliger) Sicht sind einige Stellen peinliche Propaganda.
Aber …
60 Prozent des Films stimmen in einem Sinn, dass man die Passagen ohne Bearbeitung von Text und Bildern immer noch als „aktuell und zutreffend“ charakterisieren kann.
Dann kommen Stücke vor, die von ihrem prinzipiellen Gehalt stimmen, aber eben von neuen Zahlen überholt worden sind. Das betrifft in erster Linie tatsächlich verwendete zur Zeit des Drehs aktuelle Zahlen. Es leben im Moment eben ein paar mehr als vier Milliarden Menschen auf der Erde. Ich fürchte, dass das dabei zustande kommende Verhältnis, wie viele darunter in echter Armut, also bedroht von tatsächlichem Hungertod, leben müssen, sich noch verschlechtert hat.
Als Krümelkacker interessieren mich aber ausgerechnet die wenigen Prozente besonders, in denen mit oder ohne Absicht vereinfacht wurde.
Dabei geht es um ein Prinzip, das der Genosse Driebe in seinem Buch über die Globalisierung überzeugend dargelegt hat: (Herbert Driebe „Globalisierung – imperiale Tragödie in neuem Outfit“) Es ist schon vorher etwas da – es hatte nur noch nicht die durchgreifenden Folgen und die umfassende Bedeutung.
Ein Beispiel ist die Sicht auf die Revolution der Produktivkräfte vor 300 Jahren. Im Prinzip ist sie richtig. Mit der sich über Manufakturen herausbildenden Maschinerie entstand ein gesellschaftlich völlig neues Verhältnis zur Arbeit – aber nur, wenn man es als Ganzes und von seine Bedeutung her sieht. Der Film erweckte jedoch den Eindruck, als sei es geschichtlich völlig neu, als wäre die Rolle vergegenständlichter Arbeit als Beziehung des Einzelnen neu. Es klang sogar konkret an, dass zuvor die Arbeitenden alle Schritte ihrer Produktfertigung, also auch ihre Werkzeuge selbst gemacht hätten. Jeder Schmied, jeder Handwerker produzierte natürlich vorher schon etwas, was im Folgenden Halbfertikat oder Werkzeug war. So neu war „nur“ die extreme Zerstückelung von einheitlichen Prozessen in ihre Teilschritte – wodurch dann (und das sagt und meint der Film dann wieder genau) der Arbeitende keinen Bezug mehr zu seinem Erzeugnis haben kann, er nur noch Anhängsel der bereits per Maschine vergegenständlichten Arbeit … letztlich also des Kapitals wird.

Samstag, 19. Februar 2011

Frieden für diese Erde ... wir haben keine andere

„Unschuldsblick
Ich
habe noch nie
einen menschen getötet
versichert das auge
das gut geübt
den feind
anvisiert
dem finger

immer
bist du es
der abdrückt“1

Genau da liegt der mit Schrotkugeln durchsiebte Hase im Pfeffer: Es gibt viele Möglichkeiten, mitschuldig zu werden an den Grauen von Kriegen. Die einfachste ist es, nichts dagegen zu tun.
Nun hat nicht jeder dieselben Möglichkeiten, aktiv unmittelbar an der Verhinderung von Weltkatastrophen mitzuwirken. Persönlich waren für mich die wichtigsten Pazifisten des 20. Jahrhunderts die Interbrigadisten in Spanien und Klaus Fuchs. Erstere, weil sie im Wissen um die den Zusammenhang von Faschismus und Krieg genau an der Stelle freiwillig tätig wurden, wo mit einem gescheiterten Probelauf die potentiellen Weltkrieger in ihrem Größenwahn vielleicht noch hätten gebremst werden können, der Andere, weil er mit seinem Verrat des Atombombengeheimnisses wahrscheinlich den sich von Korea ausbreitenden 3. Weltkrieg verhindert haben könnte.
Nachher zu spekulieren steht der Kunst zu – der und den Stammtischgesprächen. Aber dass die Vereinigten Staaten nicht zögerlich waren, ihr A-Waffenmonopol auch einzusetzen, ist unbestritten und dass es keine heißen sowjetischen Atombomben waren, die den Vietnamkrieg entschieden oder in einem anderen eingesetzt wurden, auch.
Kunst kann aber und muss auch an die Vernunft appellieren – über den Umweg des Gefühls … selbst, wenn das wie ein Widerspruch aussieht.
Kunst darf zum Beispiel fragen, wie viele Menschheitsprobleme gelöst wären OHNE die enormen Vergeudungen von Menschenleistungen und Naturressourcen durch all die vergangenen Kriege und die gegenwärtigen Rüstungen weltweit. Niemand brauchte – nur so als Beispiel – über „Asylantenproblem“ / „Wirtschaftsflüchtlinge“ usw. nachdenken, wäre nicht auch Deutschland begeistert, für gutes Geld Spitzenrüstungsgüter im Tausch gegen Rohstoffe zu exportieren, anstatt dass in den armen Ländern diese Erde die Lebensbedingungen der Menschen nachhaltig verbessert würden, wonach niemand einen Grund hätte, zum hoffnungslosen „Terroristen“ zu werden.
Haben wir nicht Probleme genug auf der Erde, für die unsere begrenzten Mittel gut einzusetzen wären? Mir fallen mehr ein als ich auf einmal aufschreiben könnte. Nur so als gefühllose Schlagwörter in den Raum geworfen: Umweltzerstörung, Hunger, Krankheiten, Unmenschlichkeiten aller Art.
Zumindest kann die Kunst malen: Das Leben könnte so schön sein – unbedroht. Und die Kunst kann sagen „So nicht!“ und versuchen zu sagen „So!“, wobei dieses SO so viele Formen haben kann: Es kann ein geistiges Gericht sein über all die Schädlinge an der Menschlichkeit, denen die Möglichkeit entzogen werden muss, jemals wieder am Leid anderer Menschen zu verdienen. Es kann die Geburt einer allgegenwärtigen Moral sein, die jedem Menschen sein Anderssein zubilligt als Grundsatz unter Gleichen, die sich nicht über Andere erheben. Es kann einfach eine urchristliche Ehrfurcht vor den Schönheiten der Schöpfung sein.
Schönheit lässt sich in so vielem entdecken. All dies ist FRIEDEN. Und der Nachbar ist anders als ich. Achte ich ihn? Überwinde ich meine Angst vor dem Fremden, das ich noch nicht verstehe? Habe ich genug getan, um diesen Jungen von nebenan davon abzuhalten, sein Geld damit zu „verdienen“, dass er „unsere“ (meine nicht) Vorstellungen von Kultur (das Raffen von einigen Wenigen) in fremde Länder trägt, um einmal – sollte er lebend wiederkommen – als Zombie, von Menschlichkeit entkernt, sein ganzes Restleben lang leugnen zu müssen, dass er ein „Feind“ (Mörder, Verbrecher, Mitmacher) im fremden Land geworden war?
Nur wer seinen Teil dazu beigetragen hat, diese Welt menschlich zu gestalten, kann sich frei sprechen von Mitschuld. Und die mit dem Wort hantieren sind vom Schicksal geschlagen: Die müssen es auch richtig gebrauchen ...

Deutschland, der Rentnerstaat, oder Ägypten ist woanders …

Als Wladimir Iljitsch den Ausdruck „Rentnerstaat“ gebrauchte meinte er etwas Anderes als die geistige FDP heute, die irgendwie moderne Gaskammern für alle Leute wünschte, damit nicht Greise verfressen, das Leistungsträger von der Kreativität der Zumwinkels, Ackermanns, Riesters oder Mehdorns an deutschem Kapital noch vermehren könnten. Er, also der Lenin, stellte fest, dass es unter den Bedingungen des herangereiften Imperialismus ganze Staaten gibt, die ihren Reichtum auf der Ausbeutung anderer aufbauen können. Was den Bewohnern als besonderer eigener Fleiß oder Ähnliches vorkommen mag, ist letztlich eine aus dauerhafter wirtschaftlicher (monopolistischer) Überlegenheit erwachsene „Rente“, von der ein paar Krümel in die eigene Massen verstreut werden.
Das bescheuerte Schicksal von Möchtegern-Revolutionären /-Kommunisten in Deutschland ist eben, dass das nachfaschistische Deutschland eben als potentielle Speerspitze gegen die drohende Gefahr einer gemeinschaftsorientierten Gesellschaft aus dem Osten erneut zu einem solchen Rentnerstaat aufgebaut worden ist. Wenn wir den Revolutionstheoretiker ernst nehmen – und es gibt zu wenige Gründe, dies nicht zu tun – dann leben wir hier in einem jene Staaten der Erde, den der gesellschaftliche Fortschritt am spätesten erreichen wird.
Auf der einen Seite müssen wir nicht nur, wir können vielleicht sogar auf Andere hoffen. Wie Lenin untersuchte, reißt eben die Kette der Macht an ihrer schwächsten Stelle, dort, wo die Widersprüche am schärfsten sind. Insofern sollte uns die Entwicklung in Ägypten nicht zu sehr überraschen. Dort sammelten sich besonders viele Gründe an für Empörung. Zu befürchten ist allerdings, dass die dortige „revolutionäre Situation“ nicht zum großen gesellschaftlichen Fortschritt führen wird. Zu wenig ist erkennbar, dass es eine politisch (und meinetwegen auch organisatorisch) führende Kraft gibt, die ein umfassendes antiimperialistisches Konzept zur Umsetzung vorlegen könnte. Zu groß ist demzufolge die Gefahr, dass die wirtschaftlichen Dampfwalzen dieser aufgeteilten Welt ihre „marktwirtschaftlichen“ Ideen der für sie „freien“ „Demokratie“ der inneren Bewegung aufdrängen oder dass sich neue „Jungtürken“ mit oder ohne religiösen Weltbildern an die Spitze drängen können.
Das Spannende am Konzept einer materialistischen Geschichtskonzeption ist aber gerade, dass sich nicht mathematisch determinierbar voraussagt, wann wie wo die erfolgreiche Revolution zur letztlich kommunistischen Gemeinschaft ausbricht, sondern nur deren Sinnhaftigkeit begründet.
1Aus Slov ant Gali „worträume“ edition petit Potsdam

Freitag, 18. Februar 2011

Ausschreibung Friedenslesung

Zu den Merkmalen sozialistischen und kommunistischen Herangehens an die Fragen dieser Welt gehört das konsequente Eintreten für den Frieden und für die Achtung aller Andersartigen. Deshalb sollte es für einen Linken selbstversändlich sein, Aktivitäten der Friedensbewegung zu unterstützen. Eine künstlerische Aktivität, die nun schon zum dritten Mal zur Mahnung an die faschistische Entfesselung des 2. Weltkriegs stattfindet, diesmal neu wieder internationaler in Zusammenarbeit mit den Poetas del Mundo, ist das Schreiben von Texten für den Frieden. Der Kulturring in Berlin e. V. hat den Mühen einen bescheidenen Rahmen gegeben:

Ausschreibung

Wir suchen
Gedichte und kurze Texte zum Thema: „Frieden ist mehr…“
Am 1. September 2011 jährt sich zum 72. Male der Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen und
damit der Beginn des 2. Weltkriegs. Aus diesem Anlass findet in Berlin die 3. FRIEDENSLESUNG statt. Dazu werden Gedichte und kurze Texte zum Thema Frieden gesucht. Eine Jury erstellt aus den eingesandten Arbeiten eine Auswahl für die Lesung in Berlin sowie für eine Buchveröffentlichung.
Wer kann sich beteiligen?
Die Teilnahme steht allen Autorinnen und Autoren sowie Literaturbegeisterten ab dem
vollendeten 15. Lebensjahr offen.
Mit welchem Ziel?
- Prämierung der jeweils besten Beiträge nach Auswahl durch eine sachkundige Jury.
- Verwendung ausgewählter Texte für die FRIEDENSLESUNG im
  Hellersdorfer Kulturforum zum Weltfriedenstag/Antikriegstag sowie die Lesung zum
Weltfriedenstag der BVV Marzahn-Hellersdorf
- Aufnahme ausgewählter Texte in eine Preisträger-Anthologie
Welche Texte:
Jeder Teilnehmer kann sich in der Sparte Lyrik oder der Sparte Kurzprosa beteiligen (Keine Beteiligung gleichzeitig an beiden Sparten. In der Sparte Lyrik können bis zu 3 Texten eingereicht werden. In der Sparte Kurzprosa kann ein Text von maximal 9000 Zeichen (entspricht 5 Normseiten) eingereicht werden.
Wer veranstaltet das?
Kulturring in Berlin e.V.

in Zusammenarbeit mit 
  • Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf (Kommunalparlament)
  • Deutsch-Polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland e.V.
  • Poeten der Welt / Poetas del Mundo

Die Buchproduktion erfolgt mit Unterstützung durch die VVN-VdA Berlin sowie der Berliner VVN-BdA Landesvereinigung.
Preise: Die Preisträger jeder Sparte (Bester Autor/beste Autorin Lyrik oder Kurzprosa) erhalten neben der Urkunde ein Preisgeld von je 100 Euro, zur Verfügung gestellt von der Vorsitzenden der BVV Marzahn-Hellersdorf, Petra Wermke, sowie dem Kulturstadtrat von Marzahn-Hellersdorf Stephan Richter.
Die Siegertexte werden im Rahmen der Veranstaltung Friedenslesung vorgestellt.
Die Preise werden im Rahmen der öffentlichen Veranstaltung/Lesung am 1. September 2011 überreicht. Die beiden Preisträger erhalten zur Anreise zu dieser Veranstaltung ein Bahn-Ticket für Hin- und Rückreise.
Alle in die Buchveröffentlichung aufgenommenen Teilnehmer erhalten je 2 Buchexemplare.
Bedingung:
Die Beiträge müssen ein selbst verfasstes Werk in deutscher Sprache sein. Der Autor/die Autorin besitzt die Rechte am Text. Die Autorin/der Autor tritt die Nutzungsrechte für Wettbewerb, Lesung und Abdruck sowie in diesem Zusammenhang stehende weitere Veröffentlichungen (Internet etc.) ab. Die ausführlichen Bedingungen sind auch auf der Webseite
www.friedenslesung-berlin.de zu finden.
Einsendungen an Kulturring in Berlin e. V., Carola-Neher-Str. 13, 12619 Berlin,
per Mail an post@friedenslesung-berlin.de oder CD-Rom
Betreff: Friedenslesung, Einsendeschluss: 15. Juni 2011

Donnerstag, 17. Februar 2011

Kampf den Wölfen! (3)

Was bedeutet das für die Harald Wolfs der Gegenwart:
Sobald sie zum Kettenglied des Systems geworden sind, betrachten sie ihren Zuständigkeitsbereich nach seiner Verwertungslogik. Ein Gut für die Allgemeinheit zugängig zu halten schmälert den unmittelbaren wirtschaftlichen Verwertungseffekt. Nach einer Privatisierung sieht man mehr Geld in der Kasse und wenn auch nur einmal. Im Horizont der eigenen beschränkten Zeit „rechnet sich das“. Die Befriedigung notwendiger Bedürfnisse spielt dabei nur insofern eine Rolle, als dass es Voraussetzung ist, dass ein Gut zur Ware werden, also bezahlt werden kann. Die Wölfe denken wie Kapitalisten, nicht wie Menschen.
Ich erlaube es mir, als Aufgabe linker Politik über die Logik der kommunalen Kassen hinaus „sozialistisch“ zu denken. Also die Frage für die entscheidende zu halten, ob „die Menschen“ bekommen, was sie brauchen?
Das muss sich nicht einmal widersprechen: Da der Zweck jedes Kapitals seine Vermehrung als Einzelkapital ist, also kurzfristig auch dadurch profitabel wird, wenn es sich vermehrt, ohne einen Gebrauchswert real zu befriedigen, also nur dadurch, dass bezahlt wird, ist offen, ob eine kapitalisierte Bewirtschaftung von öffentlichen Gütern wirtschaftlicher ist. Das heißt praktisch, dass ein privates Unternehmen, das Gewalt über die öffentliche Wasserversorgung besitzt, seinen Profit zwar durch die Wasserversorgung erzielen KANN, er aber höher ist, wenn den wehrlosen Kunden die Preise hochgedreht werden und die Instandhaltung des Netzes nicht erfolgt. Aktuelle Beispiele im öffentlichen Bahnverkehr oder eben auch in der Wasserversorgung stärken berechtigte Zweifel an der primitiven Zweckmäßigkeit der Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge … Und da treibt sie ausgerechnet die „Linke“ voran?!.
Die reale Gefährdung „normalen Lebens“ durch Kapitalisierung des Gesundheitswesens ist nur deshalb bisher noch kein Grund zur Revolution, weil jeder Kranke sich in dieser Situation als Individuum empfindet – und zwar als ein gerade besonders hilfloses / hilfebedürftiges. Den normalen Menschen schreckt eher die „schicksalhafte“ Bedrohung, krank zu werden, als dass er erwägt, dass es ihm dann mit kubanischer Logik wohl besser ginge, seine „Verwertbarkeit“ dann keine Rolle spielte. (Schade eigentlich).

Es ist eine Wolfs“logik“, dass neue Geier (Kapitalien) dorthin geflogen kommen, wo sie die größten Verwertungsbeute erwarten. Wer dieser Logik folgt, scheut keine Arbeitsbedingungen, wie sie in Ländern mit ekligster Rückständigkeit existieren, im „zivilisierten“ Mitteleuropa (wieder) einzuführen … weil dies Arbeitsplätze „schafft“. In einer Partei des Sozialismus, eines „demokratischen“ sogar, hat so ein Denken keinen Platz.
Die Welt ist u.a. deshalb schlecht, weil weltweit die Anstrengungen nicht ausreichten, sie zu bessern. Dieses Bessern muss jeder für sich versuchen – UND in Kooperation und Solidarität mit aller Welt.
Revolutionen gelingen nur unter bestimmten Bedingungen. Die Logik des alten Regimes kann man aber immer durchbrechen

Mittwoch, 16. Februar 2011

Kampf den Wölfen! (2)

Ich habe damit nicht gesagt, dass in den realsozialistischen Staaten nach dieser Logik gehandelt wurde – im Wesentlichen gar nicht, soweit es staatliche Stellen betraf -, sondern dass jeder Schritt, der nicht dieser Logik entsprach, das System dem real existierenden Kapitalismus gegenüber schwächte. Verhielten sich also die Bürger der Logik ihres eigenen Systems entsprechend (also 2. oder 1.), griffen sie sozusagen der Entwicklung vor und beraubten es gleichzeitig seiner erforderlichen wirtschaftlichen Kampfkraft. (Hätten in einem kapitalistischen Unternehmen die Mitarbeiter so viel miteinander … „privat“ … kommuniziert, währen sie ausgetauscht worden, sodass das Einzelunternehmen eben mehr produzierte.)

Nun gibt es aber auch sozusagen auf niederer Ebene Logiken innerhalb des kapitalistischen Systems. Sagen wir als Beispiel:
Ein Mediziner ist dazu da, das (auf die Gesundheit bezogene) Wohlbefinden seiner (potentiellen) Patienten zu erhalten oder wieder herzustellen.
Dies gibt es überall (wenn auch immer weniger). Es ist aber für das kapitalistische System als Ganzes ein Fremdkörper. Die Systemlogik lautete:
Alles, was einen Gebrauchswert für Menschen hat – und Gesundheit hat sogar einen besonders hohen Gebrauchswert – ist eine Ware, die zu verteilen der Besitzwechsel von Geld löst. Der Arzt ist Kaufmann in Sachen Gesundheit. Die Stärksten (Kapitalkräftigsten) sind als potentielle Sieger für ihr Überleben gesund zu halten. Der Rest bekommt so viel Gesundheit, wie für seine Verwertung erforderlich ist.
Mindestens diese beiden Logiken stehen dabei nebeneinander.

Dienstag, 15. Februar 2011

Kampf den Wölfen! (1)

Das Problem: In der menschlichen Gesellschaft gibt es mehrere „Logiken“. Also je nachdem, was für einen denkend Handelnden das letztlich Wichtigste ist, wird zuvor eine ganze Kette von Handlungen logisch oder z. B. grausam.
Dabei ist das nicht immer leicht zu entscheiden, da ja alle die, die es eigentlich nicht gut mit der Masse der Menschen meinen, dies nicht offen sagen (dürfen). Die sagen dann eben „Die Menschen zuerst“ und meinen „Das Geld zuerst“ (wobei „Geld“ hier als „Kapital“ verstanden wird, also welches, das sich - über fremde Arbeit vermittelt - zu mehr Geld entfaltet.)
Legen wir für einen Moment all die offenen Freiherren und unchristlichen FDPler zur Seite. Wie ist das dann für „Linke“?
  1. Vollkommene kommunistische Logik: Das Entscheidende ist, dass sich alle Menschen frei entfalten können. Dazu sollen sie sich wohl fühlen. Tätigkeiten für die Allgemeinheit – eben AUCH das, was wir heute Arbeit nennen – sind ein Mittel, wie der Einzelne dadurch wohl fühlen kann, dass er sich als (besonders) nützliches Mitglied der Gemeinschaft empfinden kann. Auch das Produkt des Arbeitsprozesses ist nur ein Mittel dazu. Es kann also für den Augenblick wichtiger sein, dem Kollegen bei der Lösung eines („privaten“!) Problems zu helfen.
  2. Entfaltete sozialistische Logik: Im Prinzip wie die kommunistische, nur mit der Einschränkung, dass die Menge und die Qualität der wirklich hergestellten Erzeugnisse noch größer sein muss, da eine Versorgungsniveau des relativen Überschusses weltweit erst angestrebt wird.
  3. Logik des Kapitalismus und des in der unmittelbaren Konkurrenz zum organisierten Kapitalismus stehenden Vorsozialismus: Die entscheidende Frage heißt unmittelbare Wirtschaftlichkeit. Es gilt, maximale Produktivität zu sichern, um für den jeweils unter eigener Kontrolle stehenden Machtbereich die besten Konkurrenzpositionen auf einem universellen Markt zu erreichen. Für die jeweiligen Sieger im Konkurrenzkampf ist die Möglichkeit gegeben, über Klassengrenzen hinweg Teile der nicht besitzenden Arbeitenden in die Beutegewinnergruppe einzubeziehen, soweit dies das eigene System festigt bzw. festigen muss. Belange von Umwelt und Mitmenschen zählen nur, soweit sie sich als Verkaufsargument verwerten lassen.

Sonntag, 13. Februar 2011

Bei Hans Heinz Holz entschuldigen? (5)

Heiligt denn wirklich der Zweck JEDES Mittel?
Meines Erachtens war es das so uneingeschränkte JA, das ich im Holzschen Beitrag herauslas, dem ich einer anderen Dialektik wegen nicht folgen kann: Der Dialektik von Inhalt und Form. Die Form kann nämlich zum Inhalt werden, die Erscheinung zum Wesen - und zwar nicht nur in der vorsätzlichen Propaganda der bürgerlichen Selbsterhalter (die greifen immer jede Erscheinung in ihrem Interesse auf und erklären sie zum Wesen) sondern wirklich.
Fehler, lieber Günther, macht man als Mensch, wenn man etwas macht. Als Gruppe, sprich Klasse, gilt es ALLE menschlichen Fehler zu analysieren, um sie so weit es geht, künftigenfalls eben zu vermeiden.
Insofern glaube ich nicht, dass ich "kein einziges Argument" hatte. Oder sollte ich HHH so missverstanden haben, als ich in seinen Worten hörte, das ist Revolution, da gibt es keine Moral? Und demzufolge vor Angst aufschrie, wir müssen diese Revolution mit unseren Menschen machen - sollen wir den sagen, seid unmoralisch, zumindest erlaubt uns, es zu sein? Ist nicht eher schon jetzt eine BESSERE (sozialistische) Moral gefragt? Kalteneggers? Zum Beispiel?
Und, lieber Wolfgang, die Frage, wem nutzt es, ist gut, aber selten einfach zu beantworten.
Der "Sozialist" / "Kommunist", der wohlmeinend sagt, wir sollten alle Kapitalisten BESEITIGEN?
Er hat nicht Unrecht. Aber wer nimmt ihn wie an? Wie groß war der Schaden derer, die im vorgeblichen Sinne des "Sozialismus" in der DDR ihr Süppchen gekocht haben? Wie groß war der Schaden, dass wir unsere Defizite so sehr unter den Teppich geschoben haben aus Angst, sie zu offenbaren, könnte dem Klassenfeind nutzen? Hat nicht letztlich gerade das Schönreden uns mehr geschadet?

Jeder hat seine Art aufzubrausen.
Für mich bleibt „Kommunist“ ein Ehrentitel, den man sich verdienen muss und den man wieder verlieren kann. Aber den SAUBER ZU HALTEN zu den Aufgaben derer gehört, die sich selbst für Kommunisten halten. Über die Form dieses SAUBER HALTENS aber muss man sich verständigen … unbeirrt von Antikommunisten. (Da haben WIR schon viele Fehler gemacht ...)

Samstag, 12. Februar 2011

Bei Hans Heinz Holz entschuldigen? (4)

… erst einmal richtig: Den Artikel zu dem Holz-Artikel habe ich emotional erregt geschrieben. Ich kenne den Philosophen ja, besonders seine Liebe zur Hegelschen Dialektik. Allerdings dessen Blümchenzitat empfand ich als Beginn der Debatte unterhalb der Gürtellinie.
Wenn eine Position, dass Verbrechen Verbrechen sind, Moralisieren ist, dann bin ich wohl ein Moralisierer. Ich wage mir kein Urteil, ob ein Stalin alles, was er getan hat, in der festen Überzeugung getan hat, es wäre für den Aufbau des Kommunismus notwendig, oder ob er nicht auch gelegentlich jener Verführung der Macht zum Opfer gefallen ist, einfach potentiell lästige Konkurrenten einfach zu Systemfeinden umzudeklarieren, um sie loszuwerden. Auch er war ein Mensch und es gehört ja zur sozialistischen Demokratie, dass die Macht im Staate TATSÄCHLICH zur Macht der Klasse des Proletariats wird ... um letztlich Schluss zu machen mit jeder politischen Macht.
Aber man neigt in Diskussionen zu Überspitzungen, denn als eine solche fasse ich den einen Kommentar auf. Für mich liest er sich so, als sei alles, was je Stalin zugeschrieben wurde, Göbbelsche Erfindung.
Für mich ist "Stalinismus" dank späterer Geburt weniger an die Person eines Stalin gebunden. Mich interessiert eher, ob es Machtmechanismen gibt bzw. genauer, wie man Machtmechanismen bekämpfen kann, die ja nicht nur den Stalin hervorbrachten - da sorgten mehrere Kriege mit dafür, dass der Ruf nach einem "Generalissimus" vernünftig erschien - sondern eben auch die schleichende Machtergreifung der kleinen Gorbatschow-Clique ermöglichte.
Die positive Auslegung wäre "Die zurückliegenden Jahre ohne Kapitalismus haben bereits ein Klima des Vertrauens so weit geschaffen, dass es in Sorglosigkeit gegenüber Saboteuren umgeschlagen ist". War es das? Oder war es nicht mindestens auch ein neuer "Untertanengeist", bei dem der Titel Zar durch den des Generalsekretärs / 1. Sekretärs abgelöst wurde?
Wir wollen doch möglichst bald das Heft der Geschichte wieder selbst in die Hand nehmen (und uns nichts von diversen Göbbels-Geistern vorschreiben lassen)

Freitag, 11. Februar 2011

Bei Hans Heinz Holz entschuldigen? (3)

Vielleicht habe ich das Falsche gelernt? Vielleicht hätte ich manches nicht für Ernst nehmen sollen? WIR knüpfen an alle positiven Ansätze der Menschheitsentwicklung an. Dazu gehört eben auch die Menschenrechtsdebatte der Aufklärung, dazu gehört auch der Elan der französischen bürgerlichen Revolution – hierin ginge ich mit HHH mit. Warum er aber Waterloo dazurechnet und demzufolge die Invasionsarmee in Moskau, da verstehe ich nicht, wenn ich das NICHT zu den wünschenswerten Erfahrungen rechne. Warum soll das kein Argument sein? Und wenn, dann müsste ich dem von Holz so geliebten Stalin Inkonsequenz vorwerfen: Jetzt, da wir den Scheiß des Weltkriegsimperialismus wieder zurückgeschwemmt bekommen haben, ist die Frage erlaubt, warum er nicht den Napoleonischen Drang gezeigt hat. Die italienischen Kommunisten, die griechischen, die kurdischen, um nur drei Beispiele zu nennen, hätten zwei wunderbare Generationen erlebt. Dann wären noch so einige Sowjetsoldaten „Blümchen“ gewesen, aber es wäre dem folgenden frühsozialistischen Block danach besser gegangen.
DIESE Logik hätte ich zumindest verstanden.

So, jetzt kontrolliere ich meine Erwiderung auf die Kommentare zum Anti-Holz, dessen „Niveau“ mir Leid tut … und für den ich mich entschuldige bei allen, die es ehrlich meinen mit unserer gemeinsamen Perspektive … auf den Gebrauch der deutschen Sprache ...

Donnerstag, 10. Februar 2011

Bei Hans Heinz Holz entschuldigen? (2)

Wahrscheinlich fühlte ich mich wegen der Attacke gegen Pätzold auch deshalb selbst angegriffen, weil der stärker nach vorn orientierte. IN LETZTER KONSEQUENZ (!!!) interessiert es mich einen Scheißdreck, wie viel Vorwürfe gegen irgendeinen toten Josef Wissarionowitsch richtig oder falsch sind. Da interessiert mich nur, wie so schnell wie möglich die Grundlagen einer in Zukunft kommunistisch funktionierenden Gesellschaft errichtet werden können. Und eine von vielen Wurzeln dieser Möglichkeit ist, dass eine wachsende Zahl von Menschen dies will bzw. sich dieser Aussicht gegenüber offen zeigt. Dabei hat jeder sein Feld. Ich bin eher Phantast, Literat eben. Werner Großmann und Co haben eine schwierige Aufgabe: Wenn überall das Reizwort „Stasi“ zu Pawlowschen Reflexen aufgebaut wurde, gilt es eben festzuhalten: Es ist manches eben nicht sauber. Es ist manchmal wirklich eklig. Aber es ist zum einen nicht SO eklig gewesen (und zwar zu KEINER Zeit), wie es in der Propaganda der heutigen Machthaber und ihrer Schreiberlinge ausgemalt wird, und zum anderen standen vor konkreten Menschen Verantwortungen, sie vor größeren realen Schäden zu bewahren. Das klingt eben anders als zu behaupten, wir hatten die reine Weste. Und ich kann mir eben nicht vorstellen, dass die, die ihre Arbeit zur Verteidigung der sozialistischen Ordnung (bzw. dessen, was sie dafür hielten) aus Überzeugung getan haben, eine Überzeugung, die sie nicht im Klima der Kapital-Gestapo-Zuträger aufgegeben haben, auch nur einen zu Unrecht Schikanierten als zertretenes Blümchen am Rande des Weges bezeichnet hätten.
Mist! Schon wieder bin ich am Moralisieren.

Meine Bergpredigt zur Friedenslesung 2011: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg

Unschuldsblick
Ich
habe noch nie
einen menschen getötet
versichert das auge
das gut geübt
den feind
anvisiert
dem finger

immer
bist du es
der abdrückt“1

Genau da liegt der mit Schrotkugeln durchsiebte Hase im Pfeffer: Es gibt viele Möglichkeiten, mitschuldig zu werden an den Grauen von Kriegen. Die einfachste ist es, nichts dagegen zu tun.
Nun hat nicht jeder dieselben Möglichkeiten, aktiv unmittelbar an der Verhinderung von Weltkatastrophen mitzuwirken. Persönlich waren für mich die wichtigsten Pazifisten des 20. Jahrhunderts die Interbrigadisten in Spanien und Klaus Fuchs. Erstere, weil sie im Wissen um die den Zusammenhang von Faschismus und Krieg genau an der Stelle freiwillig tätig wurden, wo mit einem gescheiterten Probelauf die potentiellen Weltkrieger in ihrem Größenwahn vielleicht noch hätten gebremst werden können, der Andere, weil er mit seinem Verrat des Atombombengeheimnisses wahrscheinlich den sich von Korea ausbreitenden 3. Weltkrieg verhindert haben könnte.
Nachher zu spekulieren steht der Kunst zu – der und den Stammtischgesprächen. Aber dass die Vereinigten Staaten nicht zögerlich waren, ihr A-Waffenmonopol auch einzusetzen, ist unbestritten und dass es keine heißen sowjetischen Atombomben waren, die den Vietnamkrieg entschieden oder in einem anderen eingesetzt wurden, auch.
Kunst kann aber und muss auch an die Vernunft appellieren – über den Umweg des Gefühls … selbst, wenn das wie ein Widerspruch aussieht.
Kunst darf zum Beispiel fragen, wie viele Menschheitsprobleme gelöst wären OHNE die enormen Vergeudungen von Menschenleistungen und Naturressourcen durch all die vergangenen Kriege und die gegenwärtigen Rüstungen weltweit. Niemand brauchte – nur so als Beispiel – über „Asylantenproblem“ / „Wirtschaftsflüchtlinge“ usw. nachdenken, wäre nicht auch Deutschland begeistert, für gutes Geld Spitzenrüstungsgüter im Tausch gegen Rohstoffe zu exportieren, anstatt dass in den armen Ländern diese Erde die Lebensbedingungen der Menschen nachhaltig verbessert würden, wonach niemand einen Grund hätte, zum hoffnungslosen „Terroristen“ zu werden.
Haben wir nicht Probleme genug auf der Erde, für die unsere begrenzten Mittel gut einzusetzen wären? Mir fallen mehr ein als ich auf einmal aufschreiben könnte. Nur so als gefühllose Schlagwörter in den Raum geworfen: Umweltzerstörung, Hunger, Krankheiten, Unmenschlichkeiten aller Art.
Zumindest kann die Kunst malen: Das Leben könnte so schön sein – unbedroht. Und die Kunst kann sagen „So nicht!“ und versuchen zu sagen „So!“, wobei dieses SO so viele Formen haben kann: Es kann ein geistiges Gericht sein über all die Schädlinge an der Menschlichkeit, denen die Möglichkeit entzogen werden muss, jemals wieder am Leid anderer Menschen zu verdienen. Es kann die Geburt einer allgegenwärtigen Moral sein, die jedem Menschen sein Anderssein zubilligt als Grundsatz unter Gleichen, die sich nicht über Andere erheben. Es kann einfach eine urchristliche Ehrfurcht vor den Schönheiten der Schöpfung sein.
Schönheit lässt sich in so vielem entdecken. All dies ist FRIEDEN. Und der Nachbar ist anders als ich. Achte ich ihn? Überwinde ich meine Angst vor dem Fremden, das ich noch nicht verstehe? Habe ich genug getan, um diesen Jungen von nebenan davon abzuhalten, sein Geld damit zu „verdienen“, dass er „unsere“ (meine nicht) Vorstellungen von Kultur (das Raffen von einigen Wenigen) in fremde Länder trägt, um einmal – sollte er lebend wiederkommen – als Zombie, von Menschlichkeit entkernt, sein ganzes Restleben lang leugnen zu müssen, dass er ein „Feind“ (Mörder, Verbrecher, Mitmacher) im fremden Land geworden war?
Nur wer seinen Teil dazu beigetragen hat, diese Welt menschlich zu gestalten, kann sich frei sprechen von Mitschuld. Und die mit dem Wort hantieren sind vom Schicksal geschlagen: Die müssen es auch richtig gebrauchen ...

Deutschland, der Rentnerstaat, oder Ägypten ist woanders …

Als Wladimir Iljitsch den Ausdruck „Rentnerstaat“ gebrauchte meinte er etwas Anderes als die geistige FDP heute, die irgendwie moderne Gaskammern für alle Leute wünschte, damit nicht Greise verfressen, das Leistungsträger von der Kreativität der Zumwinkels, Ackermanns, Riesters oder Mehdorns an deutschem Kapital noch vermehren könnten. Er, also der Lenin, stellte fest, dass es unter den Bedingungen des herangereiften Imperialismus ganze Staaten gibt, die ihren Reichtum auf der Ausbeutung anderer aufbauen können. Was den Bewohnern als besonderer eigener Fleiß oder Ähnliches vorkommen mag, ist letztlich eine aus dauerhafter wirtschaftlicher (monopolistischer) Überlegenheit erwachsene „Rente“, von der ein paar Krümel in die eigene Massen verstreut werden.
Das bescheuerte Schicksal von Möchtegern-Revolutionären /-Kommunisten in Deutschland ist eben, dass das nachfaschistische Deutschland eben als potentielle Speerspitze gegen die drohende Gefahr einer gemeinschaftsorientierten Gesellschaft aus dem Osten erneut zu einem solchen Rentnerstaat aufgebaut worden ist. Wenn wir den Revolutionstheoretiker ernst nehmen – und es gibt zu wenige Gründe, dies nicht zu tun – dann leben wir hier in einem jene Staaten der Erde, den der gesellschaftliche Fortschritt am spätesten erreichen wird.
Auf der einen Seite müssen wir nicht nur, wir können vielleicht sogar auf Andere hoffen. Wie Lenin untersuchte, reißt eben die Kette der Macht an ihrer schwächsten Stelle, dort, wo die Widersprüche am schärfsten sind. Insofern sollte uns die Entwicklung in Ägypten nicht zu sehr überraschen. Dort sammelten sich besonders viele Gründe an für Empörung. Zu befürchten ist allerdings, dass die dortige „revolutionäre Situation“ nicht zum großen gesellschaftlichen Fortschritt führen wird. Zu wenig ist erkennbar, dass es eine politisch (und meinetwegen auch organisatorisch) führende Kraft gibt, die ein umfassendes antiimperialistisches Konzept zur Umsetzung vorlegen könnte. Zu groß ist demzufolge die Gefahr, dass die wirtschaftlichen Dampfwalzen dieser aufgeteilten Welt ihre „marktwirtschaftlichen“ Ideen der für sie „freien“ „Demokratie“ der inneren Bewegung aufdrängen oder dass sich neue „Jungtürken“ mit oder ohne religiösen Weltbildern an die Spitze drängen können.
Das Spannende am Konzept einer materialistischen Geschichtskonzeption ist aber gerade, dass sich nicht mathematisch determinierbar voraussagt, wann wie wo die erfolgreiche Revolution zur letztlich kommunistischen Gemeinschaft ausbricht, sondern nur deren Sinnhaftigkeit begründet.
1Aus Slov ant Gali „worträume“ edition petit Potsdam

Mittwoch, 9. Februar 2011

Bei Hans Heinz Holz entschuldigen? (1)

Erst einmal vorweg: Ich wage mir ja gar nicht, den eigenen Artikel noch einmal zu lesen – aus Angst, dann könnte ich zu denselben Schlüssen kommen wie meine beiden Kritiker, vor allem aber Sepp Aigner. Wahrscheinlich bin ich einem grundsätzlichen musikalischen Prinzip zum Opfer gefallen: Der Ton macht die Musik. Nein, wenn das so rausgekommen sein sollte, dass das einzige „Argument“ gegen einen brillanten Philosophen sein Alter sein sollte, dann hätte ich Mist gebaut. Das habe ich nur herangezogen nach dem Motto, dass eben dieses Alter kein Freibrief für meines Erachtens überzogene Urteile ist … weniger zumindest als jugendlicher Überschwang.
Ich weiß natürlich nicht, wie intensiv Sepp den von mir beanstandeten Artikel gelesen hat. Mit tat er einfach weh. Auch wenn ich Sepps Vorwurf, ein Moralisierer zu sein, damit wohl verfestige: Ich erwarte von einem, der einen Fehler gemacht hat, dass er sich zumindest ENTSCHULDIGT bei denen, die er zu Unrecht in die Haufen der Feinde gestopft und sie so behandelt hat.
Wer Revolutionen macht, muss handeln. Wer handelt, macht auch Fehler (so wie es der größte Fehler unter vielen sein kann, nicht gehandelt zu haben). Hätte ich das so bei HHH gelesen, so hätte ich mich gefreut. Er jedoch wirft Professor Pätzold genau dies als Opportunismus vor.
Ich sehe ja ein, wie schwierig es ist, eigene Fehler zu offenbaren, wenn man von den Ideologen des Kapitals zum Inbegriff aller Fehler erklärt wird. Daraus den Schluss zu ziehen, alles richtig gemacht zu haben, oder – wie man leider den Holz-Artikel eben lesen kann – zu behaupten, vor dem XX. Parteitag der KPdSU sei alles im Prinzip richtig und von da an falsch gemacht worden, halte ich nicht für den richtigen Ton. Da maße ich mir an, es für eine Form des Altersstarrsinns abzuweisen. (Ich bin ein Mensch voller Fehler.)

Montag, 7. Februar 2011

Deutschland, der Rentnerstaat, oder Ägypten ist woanders … (3)

Aber ist das ein Grund, die nächste Steckdose zu suchen, in der ist Strom genug, um uns den Endschlag zu geben? Lenins Rekord werden wir nicht mehr brechen. Schwamm drüber! Aber den Elan sollten wir schon aufbringen, nicht nur unsere Niederlage einzugestehen, sondern im Wissen um das Notwendige und Richtige in unserem Tun auf einen neuen, besseren Anlauf hinzusteuern.
Insoweit ist bei der deprimierenden Situation der Restmassen, die unter „Linke“ durchgehen, der Mut der Gesine Lötzsch wesentlich höher einzuschätzen, als dies ein Hans Heinz Holz bereit ist. Mag man zu Recht über die Begrifflichkeit des „demokratischen Sozialismus“ die Nase rümpfen – für mich löst sich das Paradoxon einfach dadurch auf, dass nur Demokratisches Sozialismus sein kann, also alles, was bisher real gegen die Weltkapitalmacht durchgesetzt worden war, nie Sozialismus gewesen ist – so brachte sie mit ihrem eigentlich banalen Beitrag eine verschwommene Methodik der Politik wieder an die Oberfläche: Die Welt braucht eine Perspektive. Diese Perspektive kann keine imperialistisch kapitalistische sein, wenn wir nicht die Selbstzerstörung wollen, und sie kann nicht einmal im weitesten Sinne eine marktwirtschaftliche sein. Wohlgemerkt: Im weiten Sinne ist auch der Sozialismus eine Marktwirtschaft. Auch die DDR war eine „Marktwirtschaft“ - eine prinzipiell soziale und eine mit begrenztem Planungshorizont. Der Denkhorizont des Durchschnittsbürgers ist das Problem.
Geht es einem Volk beschissen – das könnte bei den Arabern so sein, das war auf jeden Fall während der Weltkriege so – dann kann ein geschichtlicher Sonderfall eintreten. Dann kann das Alltagsbewusstsein vorübergehend sehr weit identisch sein mit einer welthistorisch notwendigen Perspektivsicht. So a la Lenin: Wer Frieden und Brot ernsthaft bietet – und dem Wesen des Kommunismus ist nunmal der Frieden am nächsten – der ist richtig. Gehört es zum Rentnerstaatsvolk, ist das schwierig. Da kann man sich freuen, wenn größere Bürgergruppen sich um die organisierte Verschwendung der Produkte ihrer Arbeit sorgen. Insofern ist Stuttgart 21 ein Hoffnungsschimmer – so wie viele im allerweitesten Sinne „Umweltgruppen“.

Sonntag, 6. Februar 2011

Deutschland, der Rentnerstaat, oder Ägypten ist woanders … (2)

In gewisser Hinsicht tendiert also der Durchschnittsdeutsche zum klugscheißenden Schmarotzer. Das trifft für Angehörige der so genannten ELITE mehr zu, die auf verschiedene Weisen den eventuell Entwicklungsschübe durchmachenden Völkern aufzudrängen versuchen, wie sie ihr Zusammenleben zu gestalten haben (also so, dass sie als Reservehaufen der eigenen Machtambitionen brauchbar bleiben). Das gilt natürlich auch für die Rattenfänger vom „Stile“ eines T.S. Und die deren Flöten folgenden Klein-Bürger, die wenigstens im kleinen Kreis ihrer Überzeugung frönen, zu den Besseren in der Welt zu zählen.
Genau diese Überzeugung aber ist es, die ihnen den vernünftigen Blick vernebelt. Man muss ja heute schon das Motto des Preußenkönigs Friedrich, der 2., oft zum Großen erhoben, als revolutionär ansehen: „Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden.“ Die ließe sich ja zu kommunistischen Gedanken fortschreiben, dass auch der Andere in seinem Anderssein gleich uns selbst Mensch ist – und er dasselbe Recht hat, unsere Normen abzuweisen wie wir die seinen.
Deutschland ist wohl das Land mit den meisten in geschichtlicher Hinsicht total versiebten Revolutionen. Eine der wenigen weltgeschichtlichen Augenblicke, in denen die Bauern zusammen mit fortschrittlichen Bürgern ein modernes Zusammenleben hätten organisieren können, wurde versiebt. (Man lese Engels Schrift über den Deutschen Bauernkrieg.) Anstatt dessen legte man die Wurzeln für eine peinliche Zwergstaaterei sich bekämpfender Möchte-Paris-Fürsten, die mit dem 30jährigen Krieg die verheerendste Verwüstung eines Großraums (Mitteleuropa) brachte, die die Geschichte bis dahin kannte. Die wenigen positiven Konsequenzen, die kluge Preußen aus der Niederlage gegen Napoleon zogen wurden letztlich gegen den Fortschritt eingesetzt, die Klugredner der Frankfurter Paulskirche merkten nicht, dass es eben geschichtliche Augenblicke gibt, in denen ERST EINMAL „richtige“ Waffen klären müssen, welcher Weg zu gehen ist … und die deutsche Sozialdemokratie legte – zugegebenermaßen SO nicht beabsichtigt – mit der Niederschlagung der ernsthaften Teile der vom Weltkrieg befreienden Novemberrevolution die Wurzeln für den nächsten Weltkrieg. Und die Geschichte ist ein harter Richter. Das, was im Moment noch als „friedliche Revolution“ gepriesen wird von den Fortschrittsfeinden dieser Welt, jener Kaffeesachsenmarsch „Wir sind das Volk“, legte den Grundstein für eine neue Welt der Kriege. Nun sind sie frei, die Leipziger, frei vor allem von einer sicheren Perspektive für sich und ihre Kinder.

Deutschland, der Rentnerstaat, oder Ägypten ist woanders … (1)

Als Wladimir Iljitsch den Ausdruck „Rentnerstaat“ gebrauchte meinte er etwas Anderes als die geistige FDP heute, die irgendwie moderne Gaskammern für alle Leute wünschte, damit nicht Greise verfressen, das Leistungsträger von der Kreativität der Zumwinkels, Ackermanns, Riesters oder Mehdorns an deutschem Kapital noch vermehren könnten. Er, also der Lenin, stellte fest, dass es unter den Bedingungen des herangereiften Imperialismus ganze Staaten gibt, die ihren Reichtum auf der Ausbeutung anderer aufbauen können. Was den Bewohnern als besonderer eigener Fleiß oder Ähnliches vorkommen mag, ist letztlich eine aus dauerhafter wirtschaftlicher (monopolistischer) Überlegenheit erwachsene „Rente“, von der ein paar Krümel in die eigene Massen verstreut werden.
Das bescheuerte Schicksal von Möchtegern-Revolutionären /-Kommunisten in Deutschland ist eben, dass das nachfaschistische Deutschland eben als potentielle Speerspitze gegen die drohende Gefahr einer gemeinschaftsorientierten Gesellschaft aus dem Osten erneut zu einem solchen Rentnerstaat aufgebaut worden ist. Wenn wir den Revolutionstheoretiker ernst nehmen – und es gibt zu wenige Gründe, dies nicht zu tun – dann leben wir hier in einem jene Staaten der Erde, den der gesellschaftliche Fortschritt am spätesten erreichen wird.
Auf der einen Seite müssen wir nicht nur, wir können vielleicht sogar auf Andere hoffen. Wie Lenin untersuchte, reißt eben die Kette der Macht an ihrer schwächsten Stelle, dort, wo die Widersprüche am schärfsten sind. Insofern sollte uns die Entwicklung in Ägypten nicht zu sehr überraschen. Dort sammelten sich besonders viele Gründe an für Empörung. Zu befürchten ist allerdings, dass die dortige „revolutionäre Situation“ nicht zum großen gesellschaftlichen Fortschritt führen wird. Zu wenig ist erkennbar, dass es eine politisch (und meinetwegen auch organisatorisch) führende Kraft gibt, die ein umfassendes antiimperialistisches Konzept zur Umsetzung vorlegen könnte. Zu groß ist demzufolge die Gefahr, dass die wirtschaftlichen Dampfwalzen dieser aufgeteilten Welt ihre „marktwirtschaftlichen“ Ideen der für sie „freien“ „Demokratie“ der inneren Bewegung aufdrängen oder dass sich neue „Jungtürken“ mit oder ohne religiösen Weltbildern an die Spitze drängen können.
Das Spannende am Konzept einer materialistischen Geschichtskonzeption ist aber gerade, dass sich nicht mathematisch determinierbar voraussagt, wann wie wo die erfolgreiche Revolution zur letztlich kommunistischen Gemeinschaft ausbricht, sondern nur deren Sinnhaftigkeit begründet.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Hans Heinz, mir graut´s vor dir!

Überschrieben ist der gesamte Beitrag mit „Dialektik der Vernunft“, garniert überall mit vielen Hegel-Zitaten. Ich kannte ihn ja, jenen Hans Heinz Holz, auch schon früher als selbsternannten Hegelnachfolger, dem Marx leider nicht ganz gerecht geworden wäre.
Dieser Beitrag aber ist einfach … zu hart.
Man könnte die formale Logik ja so weit treiben, dass Holz hier Stalin als Heroen bezeichnet oder dem armen Hegel gar eine solche Wertung in den Mund legte.
Nun gut, er schmeißt alle Moralität in den historischen Mülleimer. Aber muss er so geschmacklos sein, Hunderttausende aufrechte Kommunisten, weil sie an einzelnen Schritten des Generalissimus offen zweifelten, Opfer wurden ihrer eigenen Überzeugung vor einem Selbstherrscher, als „...manche unschuldige Blume zertreten … auf ihrem Wege“ zu beleidigen?
Sollte der alte Mann meinen, er läge auf Lenins Linie, dann möge er daran denken, dass jener durchaus einen friedlichen Verlauf der russischen Revolution angestrebt hatte – noch 1917. Insofern gerät der Russische Revolutionsführer zum Schluss noch in eine Opportunistenecke zusammen mit Gesine Loetzsch. Natürlich ist sie „Sozialdemokratin“. Die Frage, ob sie NICHT auch wie Lenin Revolutionärin werden würde, wenn es die Klassenkampfsituation geböte (leider tut sie das nicht, jene aktuelle Klassenkampfsituation in Mitteleuropa), könnte nur in eine solchen Situation entschieden werden.
Irgendwie sehe ich mich als unnützer moralisierender Kleinbürger bereits von H-H-Holz-Köpfen erschossen.
Der Artikel stinkt einfach nach Verabsolutierung des Terrors. Solange der Große Führer sagte, der Sozialismus bin ich, war (weil er wirklich nicht der Imperialismus WAR) alles was er tat, sozialistisch richtig und alles Andere nicht?!
Und ab dem XX. Parteitag war alles Essig? Ach wenn Stalin noch lebte, … dann gäbe es zwar keine moralischen Kommunisten mehr, aber wir hätten unser klassenkämpferisch-terroristisches System noch, also seines …? (Okay, Gorbatschow hätte dann auch eine Kalaschnikow rechtzeitig seiner Schädlichkeit beraubt.)
Natürlich hat Holz Recht mit dem Begriff eines „In sich widersprüchlichen Fortschritts“. Natürlich hat er Recht, dass die Revolution gerade Recht und Moral umkrempeln. Natürlich hat er Recht, dass (nur) Moralisieren nicht die Welt verändert. Aber ich bin dann schon der Meinung, dass Napoleon Interventions- und Eroberungskriege geführt hat, zumindest nach Überschreiten des Rheins gen Osten und damit der negative Aspekt seines Fortschritts damit bereits überwog – also der positive Terror dieser bürgerlichen Revolution nicht erst mit Waterloo endete.
Worauf Holz überhaupt nicht eingehen möchte ist, dass eben jener Stalin NICHT den Fortschritt als Heroe verkörperte, viel Schreckliches und der weiteren Entwicklung unserer gesellschaftlichen Bewegungsmöglichkeiten Abträgliches getan hat, aber eben auch viel zum Systemüberleben Notwendiges. Dass der Begriff „Stalinismus“, wenn man ihn nicht nur als Keule gegen „Kommunismus“ oder Vergleichbares einsetzt, eben die kreativen inneren Widersprüche aktivierenden Kräfte zugunsten eine Person abtötende Verhältnisse bezeichnet. Nicht politische Macht eine Klasse, sondern Verengung dieser Klasse auf eine Person und ihr militärisch-hierarchisch untergebene Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten. War das ALLEIN Folge der komplizierten Klassenkampflage? Wo gehobelt wird fallen Späne und wer nicht rechtzeitig merkt, dass allein richtig sein kann, was der Generalissimus richtig findet, wird zum fallenden Span … Also die kommende Gesellschaft muss bereits in der Revolution BEGINNEN, eine eigene Moralität zu leben.
In seiner schamlosen Verherrlichung revolutionärer Unmoral entwickelt sich sich der alte Holz zu einer Gefahr für die notwendige Attraktivität der Gesellschaft, die wir unbedingt brauchen. Selbst, wenn der Vorwurf der Ahistorizität an den Geschichtsprofessor Pätzold richtig wäre, würde ich den vorziehen. Lieber ein Stück Stalin zu viel entsorgen und erreichen, dass sich die Massen für den Sozialismus / Kommunismus entscheiden, die keinen stahlmantelgeschossgehärteten Hegel aus der Zitatenkiste holen können, als ohne oder gar gegen die in der Barbarei kapitalistischer (Um-)Weltvernichtung zu krepieren.
Schützt sozialistisches Zeitungspapier vor Kindstötern. (Auch das ist „Dialektik“: Dadurch die Revolution verhindern, dass man ihre Gewaltaspekte in Momenten verherrlicht, in denen erst die Keime einer in ihrer Form völlig offenen neuen Revolution heranreifen sollen.)

Von Hunde-, Kirsch- und Marmorkuchen (4)

Was aber soll die Überschrift?
Die Sprachen entwickeln sich im chaotischen alltäglichen Gebrauch. Eine neue, bewusst geschaffene Weltsprache müsste natürlich weitgehend(erst einmal) logisch sein, damit sie jeder Mensch unabhängig von seiner Ursprungssprache leicht in ihren Zusammenhängen verstehen kann. Dabei stößt man eben auf solche Probleme, wie sie zum Beispiel die reale deutsche Sprache anbietet. Es faltet eben nicht nur der Zitronenfalter keine Zitronen. Die drei „Kuchen“ sind äußerlich identisch gebaut, sind auch wirklich als „Kuchen“ gedacht (und nicht – wie der Falter – bereits mit eigenem Sinn bei gleichem Klang versehen), aber das eine ist eben ein Kuchen mit / aus Kirschen, das andere einer für Hunde und das dritte wahrscheinlich einer wie Marmor. Die Basic-Weltsprache wird dies so sagen müssen (also "Kuchen für Hunde" ... das ist ja einfacher, als lauter neue Begriffe zu kreieren). Wie schnell aber wird in der Wirklichkeit zwischen konkreten Menschen darüber gelacht und die logische Genauigkeit als Selbstverständlichkeit wieder abgeschliffen (Niemand käme ja auf die Idee, es könne einen Kuchen mit Hunden drin oder einen, der bellt oder so geben). Es entwickeln sich also eine „saubere“ Schriftsprache und eine Unzahl gruppen- oder landschaftstypischer Abwandlungen. (Wenn wo Hund gegessen würde, wäre die Selbstverständlichkeit eben nicht so selbstverständlich.) Aus diesen Abwandlungen heraus wandelt sich letztlich aber auch die Welt-Basic-Grundsprache – wer wollte schon eine Sprache lernen, die allgemein als altmodisch und starr empfunden würde?
Insofern spiegelt die Sprache die neuen gesellschaftlichen Beziehungen wider. Sie wird zu einem allgemeinen, auf einer bestimmten Ebene für jeden zugängige und genutzte Kommunikation zwischen Gleichen unter Gleichen. Andererseits nimmt sie beständig Anstöße auf, mit denen sich die verschiedensten Gruppen und Individuen von der allgemeinen Gleichheit wieder abgrenzen. Es ist ein aus der Mode bekanntes Paradoxon: Jede Mode ist Uniformierung, schreibt bestimmte Symbole stillschweigend vor, indem die eben in zu sein haben. So wird das Bestreben, seine Individualität auszudrücken, dadurch, dass es viele tun, zu einem Mittel, sich in eine uniforme Gruppe einzufügen. Bei der Sprache ist dies allerdings begründeter, weil ja jedes Zeichen oder Symbol erst dadurch zu einem wird, dass es Andere verstehen – und wenn es auch nur wenige Andere wären.
Eine Weltsprache „korrespondiert“ mit der Möglichkeit, sich wegen gemeinsamer Interessen verständigen zu wollen und zu können. Umgekehrt wird heute eine deutsche Sprache als Grundmerkmal einer Menschengruppe, die sonst wenig gemein hat, verwendet, um sie gegen andere Kulturen zu missbrauchen, für die das Verständnis eingeschränkt ist. Ob einer Deutsch spricht, kann jeder feststellen, ob mich der andere „bescheißt“, „ausbeutet“ oder „missbraucht“, ist wesentlich weniger äußerlich offensichtlich. So einfache Abgrenzungen erleichtern das Verschleiern von komplizierten „Klassen“-Analysen. Warum sollten sich die überall Herrschenden ein so einfaches Mittel der Zersplitterung der nicht Herrschenden verderben? Und nun stelle man sich vor, welchen Effekt es hatte, als unter solchem Gewohnheitsdenken die russische Sprache dem „Rest“ als Verkehrssprache aufgedrängt wurde …