Donnerstag, 8. November 2012

Vom "Klassenstandpunkt" im vollen Mund ...


Jeder Mensch macht so seine Erfahrungen. Jeder Mensch verarbeitet die eigenen Erfahrungen auf eigene Weise.
Zu meinen Erfahrungen gehörte schon früh, dass etwas „vom Klassenstandpunkt (der Arbeiterklasse) aus zu sehen“, praktisch bedeutete, dass der, der diese Formel gebrauchte, sich einer inhaltlichen Diskussion entziehen wollte. Und das besonders dann, wenn es um Fragen der Moral ging. Da war eben keine Logik erlaubt, dass auch Menschen, die im Sinne ihrer revolutionären Arbeiterklasse wirkten bzw. wirken wollten, Menschen waren und als solche Fehler oder gar Verbrechen begingen, sondern es musste alles „vom Klassenstandpunkt aus“ verteidigt werden.
Nun ist das mit dem „Klassenstandpunkt“ so eine Sache. Er ist ja erst einmal nur sehr bedingt an die tatsächliche Zugehörigkeit zur Klasse gebunden. Marx und Engels waren keine „Arbeiter“, ja, unter den frühen geistigen Köpfen der Arbeiterbewegung war das wohl nur Wilhelm Weitling.
Andererseits begründen Marx und Engels im Kommunistischen Manifest mit bestechender Logik die Identität der Interessen der Kommunisten mit denen der Arbeiterklasse und deren Interessen mit denen des Volkes. Er tut dies im Zusammenhang mit der vorübergehenden Anmaßung und Berechtigung der Bourgeoisie in ihrer revolutionären Aufschwungphase. Also dass dieses revolutionäre Bürgertum auf der einen Seite alles tat, damit die Umsetzung der eigenen Wünsche wie die Umsetzung des ganzen Volkes erschienen, auf der anderen Seite, so legt er dar, waren sie es kurzzeitig auch. Sobald die feudalen Fesseln gefallen waren, musste sich die neue als die herrschende Klasse praktisch outen. Dies erst unterscheidet die eigene „Revolutionalität“ von der der vorangegangenen die Macht anstrebenden Klassen.
Nun aber kommt die Logik: Wenn der Standpunkt der „Arbeiterklasse“ der konsequente Ausdruck der ureigenen Interessen der (mit ihr verbundenen) Volksmassen ist (oder – anzweifelnd – wenn er dies WÄRE) wäre es doch viel sinnvoller, diese Identität auch zu betonen, anstatt mit der bedingungslosen Richtigkeit des eigenen Klassenstandpunktes erst ein Abgrenzungsmerkmal zu schaffen, das ein normaler Mensch erst überwinden muss und aufgrund eigener Engstirnigkeit u.U. nicht überwinden kann. Denn die Frage ist ja, wer definiert, was der Standpunkt der Klasse ist. Diese Definitionshoheit behalten sich aber gerade die für sich selbst vor, die den Ausdruck wie ein Banner vor sich her tragen.
M.E. lag das Problem bei Marx ganz anders und einfacher: Er verglich die sozialen Gruppierungen seiner und früherer Zeiten (auch die Klassen und Unter-/Nebenklassen) und stellte fest, dass sie gerade durch ihre Stellung zum Eigentum (aber nicht nur) spezifische Gruppeninteressen hatten (und haben), die den Interessen des radikalen Fortschritts entgegenstanden. Der Geselle auf der Walz, dessen unmittelbarer Besitz an Produktionsmitteln in seinem Zimmermannshammer bestand, war trotzdem nicht begeistert vom gesellschaftlichen Eigentum an dem Pm, weil er nicht unberechtigt davon träumte, bald selbst als Meister billig arbeitende Gesellen und Stifte „unter sich“ zu haben. Was nicht bedeutete, er wollte keinen Sozialismus … nur eben einen mit sich selbst als Meister … und wenn sich dieses individuelle Ziel unter gegebenen Verhältnissen umsetzen ließ, war der revolutionäre Geist schnell verweht.
Marx hatte noch die begründete Hoffnung, dass sich die Klassenverhältnisse zugunsten einer Großindustriearbeiterklasse vereinfachen würden. Heute bildet sich ja selbst ein Arbeiter mit 50 Belegschaftsaktien ein, kein Arbeiter mehr zu sein – von den verschiedenen sozialen Gruppen ganz abgesehen, bei denen Doktorarbeiten darüber philosophieren oder soziologisieren können, zu welcher Klasse die gezählt werden können oder sollten oder ob überhaupt zu einer.
Ergo: Es ist (mir) also wichtig, einen Klassenstandpunkt im Sinne der „Arbeiterklasse“ zu haben, ich halte es in eben diesem Sinne aber für extrem kontraproduktiv, dies wie eine Fahne vor mir her zu tragen. Ich möchte ja die Gemeinsamkeiten im revolutionären Sinne mit eben den Menschen zum Leben verhelfen, die entweder keinen Klassenstandpunkt haben oder keinen haben wollen oder auch derer, die einfach sagen, dass sie keine „Arbeiter“ sind. Wenn es zum Super-GAU der Menschheitsentwicklung kommt, spielt das sowieso keine Rolle mehr. Ich halte mich lieber an die Brecht-Formel „Du bist doch kein Ausbeuter ...“

Dienstag, 30. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (9)


Natürlich muss es Unterschiede geben zwischen „landwirtschaftlichen Produkten“ mit kurzen Verfallsdaten und Textilien oder Haushaltstechnik im weitesten Sinn. Das Beschriebene bezieht sich logisch auf Güter ohne kurze Verfallsfristen. Technisch aber wäre so etwas heute bereits machbar, stößt aber stets an die Schranke, dass jede Kette ihre eigene Produktreihe verkaufen muss. Ein technisches Konzept für eine optimale Gesamtlogistik zu erarbeiten erfordert zwar viel Vorarbeit, bringt aber letztlich gegenüber dem „Marktsystem“ Gewinne. Wir könnten z Hause vorauswählen, was wir dann „im Laden“ anprobieren ...

Sicher bedarf es „politischen Modedesigner-Geschicks“, Benutztes als „chic“ zu kreieren. Aber wer heute das Teuerste und Modernste als Besitz vorführt, demonstriert zuerst einmal, dass er es sich leisten kann. Dieses Symbol für „Ich bin ein Leitwolf“ fällt weg. Prinzipiell kann sich ja jeder alles „leisten“. Dadurch gewinnt ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen einen neuen Stellenwert. Man „zeigt“ sich eben als einer der Positiven, wenn man die Arbeit anderer schätzt. Man muss ja nicht gleich als Clochard herumlaufen. Aber ein Verschwender zu sein, bringt öffentliche Minuspunkte. Und warum sollte ich Kleidungsstücke gegen neue austauschen, die meine Persönlichkeit besonders hervorheben?!

Was aber hat ein Kleingärtner vom kommunistischen „Markt“? Erst einmal wächst der Sonderfall „Selbstversorgung“ mit Spezialitäten (wobei „Selbstversorgung“ eben auch die frischen Brombeeren für die besten Freunde einschließt). Dazu kommt das „Flair“ von Basaren. Man „handelt“ Produkte, indem man sich lobend über sie unterhält und darüber wiederum mit anderen Menschen ins Gespräch kommt. Weil es Spaß macht. Man beachte: Das macht nur einer begrenzten Zahl von Leuten Spaß, aber auf die kommt es an. Der Austausch von Freuden. „Hast du noch mehr davon?“ Andererseits kann aber auch über das Internet bestellt werden, wer von wem seinen Apfelbaum abgeerntet bekommen möchte. Und wieder ist das Ergebnis eine angenehme Bekanntschaft (anderenfalls würde man ja den Kontakt zum anderen sofort abbrechen). Ein lockeres Gespräch erfüllt unter Umständen die Funktion einer „Bezahlung“, ein persönliches Anlächeln, Kontakt eben. Eines ist ja ausgeschlossen: Betrug. Niemand ist in der Lage, einem Anderen eine minderwertige „Ware“ gegen ein „allgemeines Äquivalent“ auszutauschen. Man kann nur das aktuelle Lächeln bekommen, das man haben will. Wie lange der Übergang dauern wird, ist aus heutiger Sicht nicht einschätzbar. Wenn wir aber von der Unmöglichkeit ausgehen, ignorieren wir alle die, die heute bereits gegen den allgemeinen Warenmarkttrend Menschen etwas aus Freude am Erfreuen anbieten. Um wie viel breiter muss dieser Trend werden, wenn nur so belohnt werden kann … Wie schon erwähnt: Das ist alles „nur“ Ergänzung der normalen „Produktion“, der „Arbeit“ nach heutigem Verständnis. Sollte also niemand den konkreten Apfelbaum abernten, bleiben die Äpfel eben dran – und das Leben geht ohne ein solches Vergnügen weiter.

Ein grundsätzlich höheres Niveau der Versorgung der Erdbewohner ihren Bedürfnissen entsprechend setzt ein qualitativ hochwertiges Planungssystem voraus. Die Zeit hierfür ist heute bereits überreif, weil wir Menschen fleißig dabei sind, alle irdischen Ressourcen zu verbrauchen. Die technische Seite, ein vernetztes System von hoch-kapazitiver Rechentechnik, ist seit Ende des letzten Jahrhunderts gegeben, wir haben nur noch die „rechtliche“ Seite zu klären, also dass unterschiedliche Eigentümerinteressen einer gemeinschaftlichen Planung nicht mehr entgegenstehen.





Montag, 29. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (8)


Noch einmal unterstrichen: Echte Planungssysteme bedürfen der Verfügbarkeit über das zu Planende – also einer gemeinschaftlichen Eigentumsform – und des Potentials vernetzter Weltrechentechnik und -kommunikation. Sie sind seit wenigen Jahren technisch real vorstellbar, werden aber durch die gesellschaftlichen Verhältnisse blockiert bis hin zum Nachdenken darüber. Dass sich Linke dem unterwerfen, sollte uns zu denken geben ...

Im Moment aber entstehen gerade makabre „Teilsysteme“der „Planung“: Gegen die potentiellen Millionen (Milliarden) Menschen auf der Flucht vor Armut und Unterdrückung werden Abschottungssysteme entwickelt. Diese Systeme müssten durch eine der Völkerwanderung ins Römische Reich vergleichbare Flut der Unterdrückten niedergewalzt werden. Durch Menschen gemachte Tsunamis an Stelle der Hunnen ...
Das hieße aber, dass über Jahrhunderte der Welt-Lebensstandard schrumpfte.
Wir müssen uns das vor Augen führen: Heute können wir alles vorhersehen und die Bedingungen für ein anderes Entwicklungsszenario schaffen. Es muss nicht so kommen. Was tut jeder Einzelne dagegen, dass in die Länder, die zu unseren Partnern entwickelt werden könnten, Krieg gebracht wird, Potenzen in ihnen zerstört werden? Und das Internet verkommt inzwischen zum Weltspionagenetzwerk.
Man bedenke, dass ein Planungssystem „nur“ ständig weiterentwickelt werden müsste, also, einmal aufgebaut, bereits Wirkung brächte, während wir von Not getrieben jeweils nur an die schlimmsten Ecken des chaotischen Systems greifen … und gleich darauf vor dem nächsten Problem des Systems stehen.

Aber welcher Bereich ist der erste?
Vor allem Anderen stehen die Elementarbedürfnisse Trinken, Essen, Fortpflanzen und „Wohnen“. Wir sollten immer im Hinterkopf behalten: Der Übergang zum Kommunismus, nein, die Übergänge zum Kommunismus beseitigen eine unterschiedlich große Masse an Arbeitszeitverschwendung.
Nehmen wir dies als Vorteil: Um einen inneren Produktkreislauf auf vorhandenem Niveau aufrechtzuerhalten, besteht in industriell hoch entwickelten Staaten das größte Potential an sofort verkürzbarer Arbeitszeit. Marxistisch ausgedrückt: Dort wird heute am stärksten ausgebeutet, da der Durchschnittsarbeiter die wenigste Zeit tatsächlich arbeiten müsste, um seinen relativ (im Vergleich zu den Arbeitern in unterentwickelten Staaten) hohen Lebensstandard zu erhalten.

Wir können davon ausgehen, dass im Kommunismus jeder „Bürger“ (mindestens) einen „Computer mit Internetanschluss“ (wie immer das dann heißen mag) haben wird. Da der „Versandhandel“ kein eigenständiges Geschäft sein wird, gibt es keinen Grund, warum sich nicht jeder Bürger in eine Art „Angebotsportal“ einloggen sollte. Dort kann er seine Auswahl treffen an Gütern, die er für sich allein verbrauchen und solche, die er zeitlich beschränkt nutzen möchte. Er kann dort auch auswählen, ob er diese Güter nach Hause geschickt bekommen möchte oder an eine Sammelstelle (einen „Supermarkt“), an der er sie abholen kann. Ja, da dies alles ein durchgehend vernetztes System wird, kann er auch zwischen sofort lieferbaren und noch zu produzierenden Gütern wählen. Diese Vorbestellungen sind dann künftige Produktionsgrundlage. Selbst Entwurfsvorschläge sind denkbar.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (7)


Ein echtes Planungssystem ist die Vernetzung geschlossener Mikro(plan)systeme. Sie erschöpft sich nicht in selektiver Kennziffererfüllung – die natürlich immer etwas willkürlich ist – sondern strebt die Optimierung des Ganzen an. Insofern ermöglicht sie mit wachsender Genauigkeit die Vermeidung von Ressourcenvergeudung.
Ein eigentlich allgemein anerkannter Bereich, in dem man sich heutzutage echte Planung wünschte, ist die globale Klimaentwicklung. An ihr sieht man auch die Komplexität des Problems: Man ist inzwischen in der Lage, immer genauere Modelle zu entwickeln, die Voraussagen über Veränderungen ermöglichen, denen wir entgegengehen. Nur zeigen sich dann die Grenzen der Produktionsverhältnisse: Zig Vertreter von zig Teilsystemen (Staaten, Unternehmen, Wissenschaftler usw.) hören einander unterschiedlich interessiert zu, sind im Prinzip einig, „dass etwas getan werden muss“ ..., aber sabotieren alles, was die eigene Konkurrenzkraft beeinträchtigen könnte.

Planung schließt also ein, dass für alle Beteiligten der gemeinsame Nutzen nicht zum Schaden des Einzelnen wird. In einer Marktwirtschaft – und mag die auch Sozialismus heißen – ist dies aber nicht zu verhindern. Unterschiedlichkeit des Eigentums an Produktionsmitteln „produziert“ immer Unterschiedlichkeit der praktischen Interessen, die im „positiven“ Fall Zweckgemeinschaften zu Lasten Dritter bewirken.

Ein uneingeschränkt geschlossenes System zum Planen wird es nie geben. Aber es wäre heute bereits möglich, ein arbeitsfähiges Weltsystem in Betrieb zu nehmen. Das erfasste die wesentlichsten Teileffekte. Mit jedem neuen Durchlauf kann es verbessert werden. Vor allem könnte dabei die rein ökonomische Bewertung immer mehr hinter einer ökologischen im engen und weiten Sinn zurücktreten. Anders ausgedrückt: Im Moment stellte sich die Hauptfrage, wie das Lebensniveau der Menschen in den zurückgebliebenen Weltregionen an das der hoch entwickelten herangeführt werden kann, ohne die Lebensbedingungen auf der Erde als Ganzes zu verschlechtern. Dies tritt dann immer mehr zurück hinter die Frage, wie die Lebenswelt Erde insgesamt lebenswerter für alle wird.
Das schließt unter Umständen die Einschränkung von Warenströmen ein, also die Frage, was für die Welt zentralisiert geschaffen werden und was wo einen regional geschlossenen Kreislauf bilden sollte. Diese Frage kann aber erst unvoreingenommen beantwortet werden, wenn nicht der eine die Kosten des anderen tragen soll.
Ich kann mir Massen von Begeisterten vorstellen, die rein aus Hobbytreiberei vor Computermonitoren säßen, um Beispielsysteme auszuprobieren. (Man denke an die „Schwärme“, die an Wikipedia mitarbeiten, die Computerspiele verbessern helfen und Anderes, was es heute schon gibt ohne materiellen Gewinn für die Beteiligten oder Gewinn nur für den jeweiligen Sieger.) Optimierung bedeutet ja immer, den Gewinn an einer Kennziffer mit dem Schaden bei anderen zu vergleichen. 

Samstag, 27. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (6)


In heutigen „Marktwirtschaften“ gibt es dagegen diverse Eingriffe in den Markt mit unterschiedlicher Wirksamkeit. Jeder Konzern versucht sich nicht nur in strategischer und operativer Planung, er versucht, seine Pläne auch nach innen direkt und nach außen indirekt durchzusetzen. Nach innen administrativ und mit Druck und nach außen über scheinbar für alle gleiche Rahmenbedingungen. Institutionen von der Art eines IWF gestalten die so, dass bestimmtes Handeln mehr, anderes weniger lukrativ erscheint, wodurch eine gewünschte Wirtschaftsentwicklung gefördert und teilweise erreicht wird. „Planung“ heißt hier Lobbyarbeit, die auf jene Rahmenbedingungen hinwirkt, die das eigene Handeln begünstigen. Dazu kommt, dass jede „Werbeindustrie“ auch ein Mittel einer pervertierten „Planwirtschaft“ ist, indem sie Bedürfnisse produziert. Jeder sieht, dass es weiter Krisen gibt. Jeder hat aber bisher auch gesehen, dass trotz gigantischen Zusammenbruchspotentials der totale Zusammenbruch immer wieder verhindert, die klassische Konjunkturkurve abgeflacht werden konnte. Solcherart Planung entspricht dem heutigen Niveau der Produktionsverhältnisse und es war eine Anpassung an Realitäten, dass frühsozialistische Ökonomen so etwas für ihr System einforderten – also Marktmechanismen bewusster einzusetzen.

Die damalige Kommando-Wirtschaft sollten wir nicht als Maßstab für die Bewertung einer wunderbaren Sache, nämlich einer immer besser funktionierenden Wirtschaftsplanung heranziehen!

Technisch waren bis etwa 1990 nur geschlossene Systeme berechenbar. Das heißt, es waren gewaltsam Bedingungen durchzusetzen, um eine festgesetzte Einzelgröße zu gewährleisten. Die frühe sowjetische Raumfahrt bewies, dass das selbst in sich ihrem Wesen nach besonders stark einer Planung entziehenden Bereichen funktionierte: in der innovationsintensiven Wirtschaft. Die russische Militärtechnik zehrt heute noch vom sowjetischen Forschungsniveau. Aber es ist doch keine Planung, zu befehlen, wir müssen x Kräfte auf y konzentrieren … und die anderen müssen sich auch anstrengen. Oder Zahlensysteme zu konstruieren nach dem Prinzip „was wäre, wenn ...“
Ich sage nicht, dass das nicht sinnvoll gewesen wäre. Ich sage nur, dass es keine wirkliche Planwirtschaft war und sein konnte. Dazu kam, dass ein planbares geschlossenes System einfach nicht existierte. Das hätte Autarkie bedeutet. Also alle Rohstoffe und Produkte hätten innerhalb des eigenen Einflussbereichs gewonnen, verarbeitet und verbraucht werden müssen – ohne jeden Einfluss des „Weltmarkts“. Das war besonders absurd für die DDR, die 1945 fest in eine Gesamtwirtschaft mit industriellen Zentren im Westen eingebunden war. Gab es im Ostraum zwar Chemie-Verarbeitung, so doch wenig Maschinenbau oder gar Stahlwerke. Eine moderne Wirtschaft ist globalisiert. Wirtschaften ergänzen sich. Jeder macht das, wozu er die besten Voraussetzungen hat – wodurch er von Anderen abhängig wird. Selbst wenn diese „Anderen“ die sowjetischen Freunde mit ihren Bodenschätzen sind. Planung wird umso absurder, je mehr man von jemandem beziehungsweise etwas abhängig ist, was man nicht planen, nicht beeinflussen kann. Genauer: sie kann dann sogar gezielt gestört werden (und wurde auch gezielt gestört).

Freitag, 26. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (5)


Wie kann dann eine solche Wirtschaft überhaupt „überleben“?
Zumindest nicht dadurch, dass Funktionäre den Menschen einzureden versuchen, dass wir schon unser Ziel erreicht hätten, obwohl die alltäglich das Gegenteil sehen. Um sich die längerfristige Antwort vorstellen zu können, muss man neue Möglichkeiten weiterdenken. Da es zu DDR-Zeiten keinen neuen PKW „frei“ zu kaufen gab, bestellte „man“ einen. Aus mehreren Gründen war es aber nicht möglich, dem Umfang der Bestellungen entsprechend die Produktion zu steigern. Also „produzierte“ man verlängerte Wartelisten. Genau dort aber hätte Planung angesetzt. Eine Warteliste ist an sich nichts Schlechtes, solange sie nicht ausufert. Sie bekäme eine ganz neue Rolle, sobald sie den Zugriff auf einen Welt-Reserven-Pool steuerte beziehungsweise überhaupt erst einmal Grundlage für eine „bedarfsgerechte“ Produktion würde. Technisch ist das heute vorstellbar.

Man stelle sich im Internet ein gigantisches virtuelles „Kauf“-Haus vor. Man kann sich ja prinzipiell seine Lebensumstände so einrichten, dass sie den Wunschvorstellungen nahe kommen. Letztlich ist alles im Kommunismus nur noch ein Problem der Distribution. Wie kommen Wunschprodukte und Nutzer real zusammen. Manche Problemlage „kippt“ sowieso an bestimmten Punkten. Individuelle Beförderungsgeräte braucht man nicht unbegrenzt … Sie stören sogar, wenn man übertreibt. Der Viertwagen vorm Haus bringt Ärger mit der Gesellschaft in Form des Nachbarn. Die übervolle Kühltruhe wird einfach lästig, wenn Lebensmittel verderben. Dann muss die Fehlkalkulation entsorgt werden. Je unkomplizierter man aber Ersatz aus den gesellschaftlichen Depots entnehmen beziehungsweise in solche zurücktauschen kann, umso häufiger macht man das auch. Wenn die neue Bestellung angeliefert wird, können die Restbestände abgeholt werden.
Klar: Es wird nicht DIE Methode geben. Aber warum nicht ein Versandsystem und Orte, an denen man optimale Kontakte zwischen Produktion und Verbrauch reguliert? Prinzipiell hieße das, dass man keinen der heute bekannten Vertriebswege ganz einsparte. Es würde innerhalb der vielen nur die Bedeutung des Internets steigen. Tauschbörsen. Aber daneben auch „Kauf“-Häuser, in denen man Kleidungsstücke am Körper testen kann. Die Erfassung über ein technisches System (über eines!) schränkt die heute normale Verschwendung von Ressourcen ein - bei Planbarkeit und bei unbeschränktem Zugang aller Weltbürger zum System – auch für die, die heute „Kulis“ sind. Das auszumalen wäre ein lohnender Gegenstand für Science Fiktion. Ich wollte nur andeuten, dass nicht schon allein daraus, dass nichts etwas kostet, eine Wegwerfgesellschaft entstehen muss,

Ein paar Worte zum Begriff „Planwirtschaft“. Der ist nicht das Gegenteil von „Marktwirtschaft“. Das, was mit Blick auf den „Ostblock“ heute „Planwirtschaft“ genannt wird, war treffender „Kommando-Wirtschaft“ zu nennen, selbst, wenn dies abwertender klingt, als es eigentlich gemeint ist. Zu Zeiten des „Realsozialismus“ des 20. Jahrhunderts war eine echte Planwirtschaft weltweit noch gar nicht möglich. Die grundsätzlichen Beziehungen regelte auch da „der Markt“ mit seinen ökonomischen Gesetzen. Objektiv, also unabhängig vom einzelnen Wollen. Sich gelegentlich andeutende Elemente von solidarischem Miteinander, die es auch gab, erhöhten erst einmal nur die Gesamtkosten.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (4)


Wichtiger als Denkanstoß ist aber ein prinzipieller Vergleich von Mechanismen, die den Kapitalismus dem Sozialismus gegenüber überlegen machen … und umgekehrt.
Ein Grundbegriff Marxschen ökonomischen Denkens ist der des „Doppelcharakters“. Also alle Ware hat zugleich einen abstrakten (Tausch-)Wert und einen konkreten Gebrauchswert, ist Ergebnis konkreter Arbeit, die zugleich über (gewertete) Arbeitszeit abstrakte Arbeit ist usw. Für Marx war kaum des Betonens wert, dass jede „Ware“ einen „Gebrauchswert“ haben MUSS - sonst würde sie ja nicht gekauft und somit gesellschaftlich anerkannt.
Prinzipiell ist dies richtig und auf der Ebene des Wertgesetzes kann es so gesehen werden. Aber der Teufel liegt im Detail. Jeder Gebrauchswert ist nämlich konkret und schert sich als solcher einen Dreck um seinen abstrakten Wert als Ware.
Im Kapitalismus - und mit dem hat sich Marx ja beschäftigt – ist das gesellschaftlich gleichgültig. Man kann entweder zahlen oder nicht. Nur das zählt. Die Elemente der Warenwirtschaft, bei denen dies kompliziert werden kann, werden „ausgelagert“. An sich ist es dabei gleichgültig, ob diese „Auslagerung“ privatwirtschaftlich geregelt wird – also zur „Selbstausbeutung“ eines „selbständigen“ Kleinen führt – oder ob sie vergesellschaftet, also durch den Staat finanziert wird. Beim ökonomischen Auftreten des Staates sind nur seine zwei Finanzierungsschienen wichtig: einmal die Beteiligung an allen Einkommen über Steuern, und dann über Kreditaufnahme beim Kapital. Die Kreditaufnahme aber bewirkt letztlich, dass künftige Steuereinnahmen zum heutigen Profit des Finanzkapitals werden.
Die Besonderheit, dass konkrete Gebrauchswerte nur Anerkennung finden, soweit sie ein abstraktes „allgemeines Äquivalent“ im Wert finden, ist dem Sozialismus aber vom Wesen her fremd. Wenig profitable Zonen sind genauso vergesellschaftet wie die Gewinn bringenden. Man versorgt also auch den mit „Gesundheit“, der dies in keiner Weise bezahlen kann. Es werden Bedürfnisse an Gebrauchswerten befriedigt, ohne dass dies ein Markt erlaubte, sprich: diese potentiellen Werte werden dem prinzipiell vorhandenen Markt entzogen. Er „hungert“.
Andererseits können Waren, die kein individuelles Bedürfnis befriedigen, aber ein klassenherrschaftliches gesellschaftliches (also zum Beispiel die Rüstungsindustrie), nicht als Profitquelle wirken. Der sozialistische Staat als Gemeinschaftseigentum bezahlt im Gegenteil die Rüstung mit dem dann fehlenden Wert der Waren, die ansonsten individuelle Bedürfnisse befriedigt hätten. Der kapitalistische Staat bezahlt den privaten Produzenten mit dem vorweggenommenen Gewinn seiner durch die Waffen erzielten potentiellen Macht einschließlich künftiger Steuern.
Das bedeutet, dass eine sozialistische Wirtschaft im unmittelbaren Vergleich mit einer kapitalistischen eine überlegene Arbeitsproduktivität haben müsste, um mit jener überhaupt gleichzuziehen – obwohl sie ihre Eigentümer-Produzenten nicht zur Erhöhung der Arbeitsintensität zwingen möchte, während für den Kapitalisten die Erhöhung der Arbeitsintensität ans „zumutbare Limit“ normal ist.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (3)


Im Sozialismus wird noch jeder Arbeit ein Wert zugeordnet. Die konkreten Arbeit ist zugleich abstrakte Arbeit, die sie mit anderen vergleicht. Der Kommunismus sieht im Wesentlichen jede Arbeitsleistung als gleichwertig an, was natürlich ein anderes Verhältnis zum Arbeiten voraussetzt, als es heute als normal angesehen wird. (Das heißt ja nicht, dass nicht auch heute schon manche Menschen vorrangig deshalb arbeiten, weil sie die konkrete Aufgabe lösen wollen. Insofern verhalten die sich eben kommunistisch, festigen damit allerdings die kapitalistischen Machtverhältnisse.) Wichtig ist auch, dass die Keime des entfalteten Kommunismus bereits in den Phasen des „Sozialismus“ vorgereift werden. Der Übergang von der kapitalistischen Klassenherrschaft zum Sozialismus erfolgt gedreht im Vergleich zu vorangegangenen Revolutionen: Zuerst muss die politische Macht errungen werden, um die neue ökonomische Basis zu gestalten. Beim Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus sind die ökonomischen Beziehungen geklärt, wenn ihre äußeren politischen „Hüllen“ abgeworfen werden.
Wenn die „Springquellen“ der Produktion ausreichend sprudeln, haben wir die Grundlage einer besseren Welt. Aber es besteht auch die Gefahr der Vergeudung von Ressourcen. Die junge Sowjetmacht ist daran kläglich gescheitert. Selbstverständlich konnte sie bereits so viel Brot produzieren, dass alle Bürger genug davon gehabt hätten und kein Preis „notwendig“ gewesen wäre. Doch die Leute „produzierten“ eine sich selbst verwirklichende Prophezeiung: Befangen im Denken der eben nicht toten alten Gesellschaft erwarteten sie das baldige Ende des Experiments, hamsterten … und erreichten so, dass der Bedarf nicht gedeckt werden konnte. (Gut, es gab wesentlich mehr Gründe.) Auch heute griffe die Psyche der Marktgesellschaft ins Geschehen ein. Gäbe es Autos in Deutschland – wo daran eigentlich ein Überangebot herrscht - umsonst, stellten sich erst einmal viele einen Reservewagen neben ihre angestrebte Nobelkarosse, was letztlich einen Mangel schüfe. Wobei wohl der echte Mangel dann in Parkplätzen bestünde. Es müsste ein massives Überangebot erreicht werden, damit sich die Verhältnisse wieder normalisierten. Im Fall der Autos entstände dann als neue „Störung“ für die Allgemeinheit, dass „alles zugeparkt wäre“. Daraus erwüchse ein „Problemlösungsdruck“. Wenn aber Lebensmittel u.ä. Produkte gehortet würden, so reproduzierten sich immer neue Mangelsituationen von Gütern, die bis dahin noch nicht gehortet worden waren. Allein über die Produktion ist das Problem also nicht zu lösen. Es müssen schon im Sozialismus den Menschen komplette Systeme vorgeführt werden, die ökologisch und funktionsfähig sind, hochtrabend ausgedrückt: Im Sozialismus muss vorausschauendes Verständnis geschaffen werden. Um beim Beispiel zu bleiben: Das Wissen um die Parkplatzkatastophen ist Voraussetzung der „Freigabe“ der PKW-“Verteilung“ … (Zum technischen „Outing“ der Unvernünftigen an anderer Stelle)

Dienstag, 23. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (2)


Wir wollen aber an Stelle zur letzten Menschheitskatastrophe zu einem funktionierenden kommunistischen System kommen. Dafür benötigen wir praktische Voraussetzungen. Eine habe ich bereits hergeleitet: Die Entwicklung zum Kommunismus kann erst beginnen (!), wenn keine Systemkonkurrenz mehr besteht. Das liegt nicht daran, dass kapitalistisch besser versorgt wird, sondern der unterschiedlichen Ziele wegen: In einer nachhaltigen Wirtschaft darf es nicht zuerst darum gehen, etwas so zu produzieren, dass es gekauft wird, weil es „glitzert“ und ggf. bald erneuert wird, es darf nur produziert werden, was Gebrauchswert besitzt, der vorhandene sinnvolle Bedürfnisse befriedigt oder solche, die zu entwickeln wünschenswert ist. (Okay, das Staunen vor schön gestalteten Schaufenstern kann auch zu einen „Gebrauchswert“ für sich werden.) Nun basieren sowohl Kapitalismus als auch Sozialismus auf Mangel. Wir vergessen meist, dass die extreme Armut eines Teils der Menschheit notwendige Voraussetzung für den relativen „Wohlstand“ in den Konsumzentren ist, sofern wir selbst im Rampenlicht stehen. Eine „Privatbank“ muss nicht „bessere Leistung“ erbringen, um sichtbar besser zu sein als eine „Sparkasse“, es reicht, dass sie nicht jedem ein Konto zu gewähren braucht, um „effizienter“ zu sein. Kapitalistische Marktwirtschaft reduziert alles auf den Profitzweck als Erfolgsmaßstab, eine sozialistische Wirtschaftsnuance senkt ihre „Effizienz“ in diesem Sinn durch Wohlfahrtsanliegen. (Was im Frühsozialismus nicht konkretes antimenschliches Handeln aus Konkurrenzfähigkeitsgründen ausschließt, wie die DDR-Umweltpolitik belegt.)

Der Übergang vom „Sozialismus“ zum Kommunismus hat noch einmal etwas extrem Revolutionäres. Als „ökonomische Gesellschaftsformation“ gehören sie zusammen, weil sie beide ohne fremde Arbeit ausbeutende Klassen auskommen. Aber es ist eine andere Frage, was man in einem Teil der Welt erreichen kann, solange es im internationalen Rahmen noch Ausbeuterklassen gibt. Es muss also eine Übergangsgesellschaft mit andauernden revolutionären Ereignissen geben. In dieser Phase steckten wir im „Frühsozialismus“. Erst danach entfaltete sich der Sozialismus, indem er das Weltlebensniveau immer allgemeiner und planmäßiger hebt. Immer mehr rückt die konkrete „technische Lösung“ an die Stelle institutionalisierter Ordnung (den „Staat“). Wenn ich von „Kommunismus“ spreche, meine ich also immer seine entfaltete Form, bei der es kein Privateigentum an wesentlichen Produktionsmitteln gibt, weil kein Geld sich in Kapital verwandeln kann. 

Montag, 22. Oktober 2012

Wann haben "wir" einen Plan? (1)


Wenn wir den Kauf eines PKW mit seinen astronomischen Wartezeiten und die Geschäfte mit eben diesen Wartezeiten mit einer heute produzierten „Brille“ betrachten, können wir daraus den Schluss ziehen, die „Marktwirtschaft“ sei einer „planwirtschaftlichen“ überlegen. Zumindest kann ich das in diesem Bereich nicht so leicht widerlegen wie beispielsweise bei der medizinischen Versorgung, wo das Streben nach „Maximalprofit“, ja „Wirtschaftlichkeit“ überhaupt, dem eigentlichen Versorgungszweck „Gesundheit“ direkt entgegensteht, das Hauptziel, (höchste) Gewinne zu machen, das vorgebliche Ziel, alle Menschen bestmöglich gesund zu machen, fast ausschließt – und umgekehrt.

Ich habe ja schon darauf hingewiesen: Der entfaltete Kommunismus wird eine Gesellschaft aus lauter „Ausnahmen“, Sonderfällen usw. sein. Er wird sich administrativen Pauschalierungen entziehen. Da wird es neben „rein kommunistischen“ sowohl bewährte als auch neu entdeckte marktähnliche Regelungen geben. Das heißt aber nicht, dass ein so grundsätzlicher Bereich wie die Versorgung mit den Dingen, die man zum Leben braucht, ganz vorkommunistisch bleibt. WARUM funktionierte denn so manches zu DDR-Zeiten nicht und konnte es auch nicht? Das erklärt hoffentlich, warum sich das in einer „neuen DDR“ und danach nicht wiederholen wird.

In Sonntagsreden wurde früher viel vom „objektiven“ Charakter des Marktgesetzes theoretisiert. Praktisch waren oft dieselben „Theoretiker“ der Meinung, die Marktgesetze durch administrative Maßnahmen außer Kraft setzen zu können, ja sie sogar außer Kraft gesetzt zu HABEN, weil sie – wie falsch – nur im Kapitalismus gelten würden. Nun war das, was in „sozialistischen“ Schaufenstern ausgepreist herumlag, genauso „Ware“ wie das beim Kapitalisten im Land nebenan. Der Preis der einzelnen Ware konnte per Gesetz – eben administrativ – festgesetzt werden, so wie dies politisch wünschenswert schien. Damit war das Wertgesetz, also die tendenziell sich reproduzierende Formel, dass die Summe aller Preise der Summe aller Werte entspricht, aber immer noch da. Und die Werte entstehen eben dadurch, dass in jeder Ware eine gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit „eingefangen“ ist. Ist also ein Preis in diesem Sinne niedriger, müssten in der Gesamtgesellschaft andere Waren in gleichem Umfang mit einem höheren Preis als ihrem Wert verkauft werden. Nicht im einzelnen Produkt, aber in einer Volkswirtschaft (eigentlich: in einer Eigentümergemeinschaft) entscheidet dann die Arbeitsproduktivität über die Summe der Preise. Und da müssen sich einzelne Missverhältnisse – auch gewollte – am Ende wieder ausgleichen. Das ist nicht gelungen. Das konnte nicht gelingen, da das Wertgesetz der Nährboden ist, auf dem Krisen wachsen – prinzipiell auch im Sozialismus, wenn auch dort mit anderen Auswirkungen und Verläufen, und eine planmäßige Anpassung politisch gewollter Preise an das Marktgesetz ist eben ein enormer technischer Aufwand.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (5)


Demokratische Entscheidungsprozesse haben also drei allgemeine Hauptprobleme als „natürliche“ Gegner:

  1. die ausgeübte Macht derer, die eine bestimmte Entscheidung wünschen, die eigentlich den vernünftigen Interessen der Massen zuwiderliefe,
  2. die tendenziell wachsende Komplexität der zu entscheidenden Sachverhalte und
  3. die Kürze der Zeit, in der bestimmte Entscheidungen getroffen sein müssen.

Es wird immer Entscheidungen geben, die von konkreten einzelnen Kapitänen getroffen werden müssen. Diese Verantwortungsträger müssen nachher Rechenschaft ablegen, können für Fehler belangt werden, aber es gibt einfach Fälle, wo entschieden werden muss, bevor negative Folgen eintreten. Und es wird eine weiter wachsende Zahl von Entscheidungen geben, bei der nicht jeder Mensch mitentscheiden sollte, weil er die Sache nicht überblickt.
Allerdings heißt das nicht, ihm das Mitspracherecht – auf welche Weise auch immer – zu entziehen, sondern ihm eine so umfassende Kompetenz anzuschulen, dass er selbst entscheiden kann, wenn er etwas nicht mitentscheiden sollte.

Letzter Gedanke:
Auch Demokratie ist etwas, was dialektischen Negationen unterworfen ist. Es ist also VERNÜNFTIG, wenn eine verantwortungsbewusste Minderheit den Kurs einer gesellschaftlichen Entwicklung ändert, das „Ruder rumreißt“. Dann aber muss sofort daran gearbeitet werden, dass nicht Einzelne die faktische Entscheidungsgewalt in einer armeeähnlichen Weise behalten. Dann ginge die Diktatur (!) des Kapitals nur in eine Diktatur von Personen über. Richtung jeder sozialistisch-kommunistischen Bestrebung sollte aber die Beseitigung ALLER diktatorischen Elemente bei der Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschen sein.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (4)


... Also je fundierter das Wissen der „Massen“ ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Nun sind aber gesellschaftswissenschaftliche Fragen eher mit Emotionen und Meinungen belastet als einfache naturwissenschaftliche Sachverhalte. Dazu kommt, dass Entscheidungsgrundlagen immer komplexer werden. Was alles ist in welchem Umfang zu berücksichtigen? Wie soll man (Gefälligkeits-)Gutachten bewerten, die als Ergebnis „sachverständiger Prüfung“ in der Zeitung stehen? Ist da nicht doch etwas dran?
Im Anziehungsfeld widerstreitender Kräfte neigt die Normalvernunft zum Lemmingverhalten, also zur Suche nach einem, dem man hinterherlaufen kann. Da dies in der Masse jemand ist, der a) besonders häufig seine Meinung öffentlich ausbreitet und b) dies mit einer scheinbar anerkannten Kompetenz tut, also z. B. als Regierung oder von der Regierung Berufener, ist direkte Demokratie tendenziell konservativ im Sinne der Erhaltung des Bestehenden / Gewohnten.

Diesem allgemeinen Effekt ist wiederum nur bedingt dadurch beizukommen, dass „die Massen“ umfassend informiert sind. Dabei ist dieses „umfassend“ nicht als erschlagende Masse einander widersprechender ausgewählter Details gemeint, sondern als methodisches Grundgerüst einer Sachbewertung und einer Objektivierung von Fakten. Das hört sich kompliziert an, ist es aber auch.
Und es setzt voraus, dass es keine wesentlichen gegenläufigen Interessen gibt, also niemand daran interessiert ist, dass die Menschenmassen NICHT zu den objektiv besten Schlüssen kommen. Jede Entscheidung, die Bedeutung für die wirtschaftliche Rolle einzelner Beteiligter hat, veranlasst aber diese, aus dem Gefüge von möglichen Argumenten diejenigen zu „verstärken“, die eine Entscheidung im positiven Sinn der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung bewirken können. Sobald es sich dabei um wirtschaftlich Mächtige handelt, also solche, die freie Mittel („Kapital“) für Gutachten, Lobbyarbeit in Parlamenten, Zeitungsartikel usw. einsetzen können, ist in der öffentlichen Wahrnehmung eine ihnen angenehme Auswahl an Argumenten überrelevant präsent. Damit tritt der vorher angedeutete psychologische Effekt ein, dass die Massen sich für kompetent halten und eine im Sinne der Herrschenden erwünschte Meinung für sachlich richtig – obwohl die a) falsch und b) für sie selbst schädlich ist. Letztlich bis zur Lemmingkonsequenz, also zum kollektiven Suizid. (Über das indirekte Erpressungspotential von Großanlegern gegenüber Medien braucht nicht zu philosophiert zu werden. Eigentlich passiert es nurbeim kleinen Sexgeschäft und der Pornografie, dass eine Reihe von Hotline-Nummern unmittelbar neben einem Artikel gegen die Geschlechtsvermarktung steht. Ansonsten dürften die Redaktionen vorsichtig sein, Artikel gegen die großen Inserenten zu veröffentlichen.) ...

Dienstag, 16. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (3)


... Aus dem bisher Angedeuteten ließe sich ein klarer Vorteil der sogenannten DIREKTEN Demokratie schlussfolgern. Dieser Schluss ist aber voreilig.
Die Begründungen dafür, warum auch direkte „Demokratieformen“ „undemokratisch“ im Sinne der Machtausübung gegen das Volk sein können und es unter gegenwärtigen „Rahmenbedingungen“ auch sind, sind vielfältig.
In dieser Betrachtung wird „demokratisch“ als Art der Entscheidungsfindung angesehen. Im Prinzip haben alle Bürger ein Mitentscheidungsrecht – und zwar ein formal gleiches. Vom Grundsatz her ist dies ein gutes Prinzip. Es ist allerdings an einige Bedingungen geknüpft, wenn es funktionieren soll, und oft mit einem Denkfehler bei den Befürwortern verbunden.
Beginnen wir mit letzterem. Mir klingeln noch die Ohren von einem Interview der früheren Piratensprecherin. Sie vertrat den Gedanken, dass die besten Entscheidungen dadurch getroffen werden, dass jeder seine Argumente vorbringt – es würden sich so gut wie automatisch die besten durchsetzen und der Schwarm entwickele dadurch eine Intelligenz, die die einzelnen Mitglieder nicht erreichen könnten.
Leider steht dem u.a. ein psychologischer Effekt entgegen. Es ist nämlich in der Masse nicht der mit dem besten Argument erfolgreich, sondern der, der sein Argument am eindrucksvollsten vorbringt, also persönliches Charisma schlägt sachlichen Inhalt. Unter Umständen steht und fällt das Ergebnis einer Debatte auch mit der Reihenfolge der Sprecher. Es ist schlicht nicht wahr, dass Argumente für sich bewertet werden. Besonders die Häufigkeit der Wiederholung einer These durch für kompetent Angesehene führt zu verstärkter Akzeptanz und zur Selbstunterdrückung ursprünglicher Widerspruchsbereitschaft. Wer also weder in BILD steht noch im Fernsehen immer wieder zu Wort kommt, hat schlechte Karten. Die Masse der Mitstimmenden sind ja nicht die fundiert Nachdenkenden, sondern es sind die, die aufgetischte Halb- und Viertelwahrheiten auf ihr Stammtisch-Niveau herunterverstanden haben.
Dieses Problem lässt sich nicht beseitigen, es lässt sich nur in seiner Bedeutung mindern. Das einschlägige Mittel dagegen ist die Hebung der sachlichen Kompetenz der einzelnen Menschen. Man kann auch sagen, ihr echtes Wissen. Da mag noch so ein mitreißender Charismatiker kommen; er wird den Durchschnittsdeutschen heute nicht mehr von der Scheibenform der Erde überzeugen. ...

Montag, 15. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (2)


Etwas logisch zwingend zu definieren ist mitunter wesentlich komplizierter als es auf den ersten Blick scheint. Nehmen wir das am häufigsten gebrauchte Indiz, woran man „Demokratien“ erkennen kann: Die Möglichkeit aller Menschen eines Staatsvolkes, aus Alternativen zu wählen.
Nun ist es natürlich schon gewagt, an einem Kreuz, das alle vier Jahre gesetzt werden kann, ablesen zu wollen, ob ein Land demokratisch regiert wird oder nicht. Nehmen wir das aber einmal als gesetzt an.
In der DDR hatten die Bürger praktisch „die Wahl“, entweder die Kandidaten der Nationalen Front zu bestätigen oder sie auf dem Wahlzettel abzulehnen ... oder sie durch Wahlverweigerung abzulehnen. Der letztgenannte Fall hatte mindestens moralische Missbilligung zur Folge, er wurde allerdings häufig zur Nötigung des Staates benutzt, also durch Kopplung unmittelbarer persönlicher Interessen mit dem Wahlakt. (im Sinne von: Wenn ich zur Wahl gehen soll, dann möchte ich dafür eine Neubauwohnung.) Das war also die undemokratische Wahl-Variante. Zum Verständnis: Die „Nationale Front“ bestand aus 5 Parteien, von denen sich zwei selbst „demokratisch“ nannten, und Massenorganisationen, die die Sitzverteilung in der Volkskammer vor der Wahl aufgeteilt hatten.

Formal besteht diese vorausgegangene Sitzaufteilung in bürgerlich-demokratischen Parlamenten nicht. Der Bürger kann also unter alternativen Buchstabenkombinationen für verschiedene Parteinamen wählen. Praktisch entsteht die „Nationale Front“ nachher. Hauptursache ist der Entfärbungsprozess der Sozialdemokratie. Der begann in Deutschland mit dem Eintritt ihrer Partei in die Kriegsallianz 1914 und endete mit der Schröder-Regierung. Mit letzterer wurde der Angleichungsprozess vollendet: Es gibt inzwischen keine Regierungsentscheidung mehr, die nicht von der jeweiligen Wahl-Alternative auch hätte durchgeführt werden können oder deren Konzept entsprochen hätte. Dafür übernimmt die andere Partei Ideen der ersteren, sobald sie auf der Oppositionsspiel-Bank sitzt. Natürlich führt auch die aktuelle „christliche“ Partei genau die Maßnahmen durch, für deren Verhinderung sie ursprünglich gewählt worden ist. Wie sollte man es nennen, wenn die jeweilige „Opposition“ in der „Regierungsverantwortung“ das macht, wogegen sie vorher aufgetreten ist und was zu ändern sie gewählt wurde?
Eine tatsächliche Wahl bleibt dem Wähler nur noch zwischen Gesichter-Gemeinschaften. Oder man verweigert sich dem Zirkus von vornherein.
An den tatsächlichen Machtverhältnissen ändern „normale“ „demokratische Wahlen“ nichts: Diejenigen, die sich die passenden Gesichter kaufen, bleiben herrschend.
Es ist also nicht klar, ob man eine repräsentative, eine „Vertreter“-Demokratie, als Demokratie in formalem Sinne bezeichnen kann. Das würde streng genommen erfordern, dass die Vertreter von denen zur Verantwortung gezogen, sprich abgewählt werden, können, wenn sie nicht das tatsächlich tun, was sie zu tun versprachen und deswegen gewählt worden sind.

Es ist in diesem Sinne ein fast logischer Witz: Versprechen vor der Wahl, die unmittelbar danach „vergessen“ worden sind, konnte man den DDR-Volkskammer-Abgeordneten kaum vorwerfen. Wer sie also per Kreuz gewählt hatte, hat das bekommen, was ihm für das Kreuz versprochen oder angedroht worden war.

Sonntag, 14. Oktober 2012

Vorsicht Demokratie! Einige Gedanken zum häufigsten künstlichen Geschmacksverstärker in der Politik (1)


In der politischen Sprache gibt es eine Unmasse an Begriffen, mit denen sich (im weitesten Sinne) „Parteien“ selbst und und gegenseitig bewerten. Ein Ausdruck verwendet fast jeder und fast jeder auch mit positiver Wertung: „Demokratie“ und als Eigenschaftswort „demokratisch“ - etwas, was man üblicherweise selbst ist und der Gegner nicht. Das sollte eigentlich schon verdächtig sein. Das häufig als Gegenstück gedachte Wort „Diktatur“ hat zumindest einen Masse-Nachteil: Zwar wird oft der jeweilige Gegner ausgeübter Diktatur bezichtigt, doch gibt es deutlich weniger Menschen oder Parteien, die sich selbst als Diktatoren oder diktatorisch bezeichnen als demokratisch.
Aufmerken sollte man, dass allerdings die meisten, die von Demokratie sprechen, keine im Wortsinne meinen. Dann wäre es ja einfach. Zu gut deutsch meinten sie eine „Volksherrschaft“ und – oh Wunder – da ist die einfache deutsche Sprache unerwünscht.
Es wird also überwiegend nicht mit dem inneren Wesen der Sache sondern mit formalen Indizien operiert, die den Vorzug haben, dass sie an der Oberfläche gemessen werden können.
Nun ist das so eine Sache. Je nachdem, ob man ein Thermometer mit einer Skala in Grad Celsius, Reamur oder Fahrenheit beschriftet, zeigt es, hineingehalten ins selbe Wasser, unterschiedliche Werte. Aber kein Zweifel: Das Wesen der Sache, also der Energie- oder Bewegungsstatus des Wassers ist derselbe, nur der Betrachter nutzt eine andere Skala.

Schieben wir also weiter vorweg, dass sich die Bundesrepublik Deutschland als eine „freiheitlich-DEMOKRATISCHE Grundordnung“ sieht, die DDR ausgesprochen Deutsche DEMOKRATISCHE Republik“ hieß, dann folgt daraus, dass zumindest das politische Selbstverständnis einer „Ordnung“ nicht maßgebend ist für das, was sie wirklich ist. Zumindest werden mir die meisten zustimmen, dass diese beiden Attribute „demokratisch“ Anderes meinen. ...

Dienstag, 25. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (10)


Vergütung“ ist allerdings die Ausnahme. Heute hat (fast) alles einen Preis. Kommunistisch (fast) nichts. Man wird sich bestimmt um insgesamt begrenzt verfügbare „Güter“ bewerben können – so wie man Menschen übers Internet vorschlagen kann, die es „besonders verdient hätten“, eben beispielsweise ihren Urlaub auf den echten Malediven zu verbringen. Also eine Gruppe erfreut sich daran, jemanden zu beschenken. Und das könnte öffentlich diskutiert werden. Warum nicht?!

Entscheidend ist, dass sich solches „Geld“ nicht potentiell in „Kapital“ verwandeln kann, es keinen Keim in sich trägt, andere für sich arbeiten zu lassen.

Zur Erinnerung: Es geht um Freiheit auf der einen und die Erledigung aller notwendigen Arbeiten auf der anderen Seite, unabhängig davon, ob die jemand liebt. Heute wird diese Fragen praktisch durch das Geld geklärt, über das die meisten Menschen unzureichend verfügen. Wer wie frei ist, erscheint als Ergebnis seines Besitzes. Kommunistischer Besitz ist eine Persönlichkeit kennzeichnendes und schmückendes Äußeres. Insofern werden Mittel, Initiativen Einzelner öffentlich anzuerkennen, unterschiedliche Formen haben, so wie die Mittel, abzusichern, dass alle gemeinschaftlichen Aufgaben auch wirklich gelöst werden.

Ich sagte ja schon, dass wir in der DDR noch nicht einmal „Sozialismus“ hatten. Das hätte bedeutet, dass die arbeitenden Menschen nicht nur theoretisch Eigentümer der Produktionsmittel gewesen wären, sondern sich auch als solche gefühlt und verhalten hätten. Das hätte auch – neben dieser „Kulturrevolution“ - bedeutet, dass die Voraussetzungen existiert hätten für das allmähliche Absterben allen Staates, wie wir ihn kennen. Also zumindest tendenziell hätte der Startschuss für die allgemeine Selbstverwaltung der „Betroffenen“ gefallen sein müssen. 

Montag, 24. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (9)


Das Bild der Malediven veranschaulicht das: Bestimmte Dinge wird es objektiv auch im Kommunismus nicht im Überfluss geben KÖNNEN. Und unsere Nachfahren werden sich hüten, Behörden zu installieren, um beschränkt vorhandene Güter zu verteilen – und damit Macht auszuüben.
Was aber heute schon heute möglich wäre, ist wesentlich feinsinniger. Mit unseren überkommenen Begriffen könnten wir sagen: Eine viel umfassendere „Demokratie“. Die kann sich dann zu natürlichen gemeinschaftlichen Entscheidungen weiterentwickeln, je höher das Verantwortungsbewusstsein der Erdenbürger geworden ist.
Das Hauptstreben im Kommunismus ist, jedem „seine Malediven“ zu ermöglichen. Dies wären technische „Surrogate“ oder Illusionen, die die angestrebten Wohlfühl- oder Wohlgeschmacksempfindungen möglichst genau simulieren. Wie dies im Einzelnen umsetzbar sein wird, wäre spekulative Science Fiktion. Man bedenke aber den wesentlichen Unterschied zu heutigen „Erlebnisparks“: Denen geht es um den Ertrag des Betreibers, also, dass möglichst viele zahlende Nutzer durchgeschleust werden. Genau diese Komponente entfällt im Kommunismus.

Ein bedingungsloses und ersatzloses Verschwinden des Geldes wäre aus meinem heutigen Verständnis heraus nicht wünschenswert (womit ich wahrscheinlich die Zugehörigkeit zu meine alten Denkwelt beweise). An seine Stelle sollten Systeme treten, die eine möglichst „gerechte“ Verteilung von objektiven Mangelgütern ermöglichen (Achtung: Nur von diesen!) oder qualitativ gelungene Surrogate für alle. Gerecht heißt in diesem Fall, dass alle Mitglieder der Gesellschaft an der Entscheidung mitwirken und sie mittragen können. Dass dies konkret Interessierte sind, ergibt sich schon aus der Vielzahl der Möglichkeiten, sich zu engagieren. (Das kann unter Umständen meiner eigenen Beschränkung des Denkhorizonts geschuldet sein.)
Der wichtigste Unterschied zu dem, was wir heute als „Geld“ gewöhnt sind, ist seine Individualisierung. Während es „richtigem“ Geld gleichgültig ist, in wessen Besitz es sich befindet, würde die kommunistische „Vergütung“ strikt personengebunden gewährt. Die einzelne Person kann Leistungen „kaufen“, auch „verschenken“ - allerdings nicht vererben oder mit ihnen spekulieren. 

Sonntag, 23. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (8)


Zu der persönlichen Ebene kommt nun noch, dass der einzelne Bürger Mitverantwortung übernimmt: Besuchte niemand diese Malediven, wäre ihre Schönheit wertlos. Es sollten also doch ein paar Menschen dort ein paar angenehme Tage verbringen. Ein Wörtchen mitreden sollte aber JEDER, dass wir in dem Umfang in den Naturgenuss kommen, wie dies wünschenswert ist. Eigentlich wären die TECHNISCHEN Voraussetzungen für eine solche Mit-Entscheidung heute so gut wie noch nie zuvor. Es geht ja nicht darum, dass jeder alles wirklich tut, sondern, dass er real die Entscheidungsmöglichkeit nutzen KANN. Also ist „frei“, wer vernünftig handelt, weil er vernünftig handeln kann.

Und natürlich gibt es auch im Kommunismus verschiedene „Gewalten“. Keine Staatsgewalt zwar, weil es ja keine „Staaten“ gibt. Aber es gibt eben Zwänge der Notwendigkeiten.
Die wichtigste Gewalt ist die Notwendigkeit dazuzugehören.
Nun stirbt mit dem Verschwinden eines „allgemeinen Äquivalents“ die sich verselbständigende Kriminalität ab. Es gibt einfach nichts mehr zu gewinnen durch einen Raubüberfall. Man kann ja keine Millionen Dollar auf die Malediven mitnehmen, mit denen man sich dort etwas Anderes leisten könnte als jeder x-beliebige andere Mensch. Die Achtung in einer schaffenden Gemeinschaft dagegen ist nur dadurch zu erzielen, dass man entweder selbst etwas schafft oder Andere zum erfolgreicheren Schaffen anregt. Wer nirgendwo dazugehört, ausschließlich chillt, ist sozusagen tot.
Womit ich bei einer „technischen Frage“ bin, die eigentlich keine ist:
Inwieweit „verschwindet“ überhaupt „das Geld“? Meines Erachtens mit Sicherheit nur in eben der Eigenschaft, wirklich als „allgemeines Äquivalent“ anerkannt werden zu müssen, also als gesellschaftliches Verhältnis.
Heute steht eine bestimmte Geldeinheit auf der einen Seite für eine bestimmte vollbrachte und gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit – unabhängig, wer sie womit vollbracht hat – und auf der anderen Seite für eine bestimmte Menge beliebiger Produkte, die Waren. Sicher wird im Kommunismus niemand sich beliebige Produkte (vor allem fremde menschliche Arbeitskraft) aneignen können, weil sein Urahn einmal eine gesellschaftlich anerkannte Tat vollbracht hatte. Das heißt aber nicht, dass es nicht gesellschaftliche Mechanismen geben wird, mit denen Mangel geregelt werden muss und wird.

Samstag, 22. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (7)


Damit wäre ich beim Problemkreis Zwang, Gewalt, Notwendigkeit und Freiheit.
Wenn Freiheit hieße, alles tun zu können, was einem gerade in den Sinn kommt, dann wäre dies ein „Begriff“, der nur heute und nur für Menschen mit einem unangemessenen Überschuss an „allgemeinem Äquivalent“ umsetzbar ist und dessen Umsetzung für einen vernünftigen Menschen nicht wünschenswert wäre, da er egoistische Rücksichtslosigkeit erfordert. (Was der eine sich nimmt, muss er anderen wegnehmen.) Wenn man sagte, Freiheit wäre (nur) „Einsicht in die Notwendigkeit“, so klingt darin wiederum zu viel Unterwerfung mit.
Natürlich ist richtig, dass wahrer Freiheit durch Wissen begründete Einsicht vorausgehen muss. Insofern ist es ein Begriff der Vernunft. Und natürlich geht es um ein der selbst erzielten Einsicht angemessenes Verhalten.

Nehmen wir ein primitives Beispiel: Stellen wir uns vor, dass es eigentlich zur Freiheit jedes Menschen gehörte, in seinem Leben einmal Urlaub auf den Malediven gemacht zu haben. Im „Realsozialismus“ vergangener Zeit verhinderte staatliche Gewalt einen solchen Ausflug allgemein, da es sich um kein „Bruderland“ handelte. Im Realkapitalismus verhindern mehrere Ebenen für die meisten Menschen der Erde diese Freiheit praktisch auch:
Ein Teil kennt diese Freude gar nicht. Der Hutu-Kindersoldat beispielsweise war zwar räumlich der Inselgruppe etwas näher als „wir“, der Hauptinhalt dessen, was er lernen musste, beschränkte sich aber auf das schlichte Überleben.
Eine ähnlich wesentliche Zahl von Menschen muss erwägen, wozu sie das wenige „allgemeine Äquivalent“, das ihnen ihre Arbeit eingebracht hat, zuerst einsetzen sollte. Sie hat dann die „Freiheit“, sich zu entscheiden … sagen wir für oder gegen die bessere Schulbildung der Kinder, damit die es vielleicht „einmal besser haben werden“.
Bis zum Erwägen objektiver Notwendigkeiten, also bis zur Einsicht in solche, dringt heutzutage kaum ein Mensch vor. Malen wir uns aus, die sieben Milliarden Menschen dieser Erde wollten wirklich alle einmal Malediven-Urlaub machen! Um es vorsichtig zu formulieren: Die Malediven wären nicht mehr die Malediven, die wir meinen. Die Menschen müssen also auf andere Weise „Vernunft annehmen“ als über den bisherigen Zwang, sich das größtenteils praktisch nicht leisten zu können.
Es ist also ein höchst komplizierter, komplexer Prozess, den wir verstehen und dem entsprechend wir dann handeln können. Sozusagen einen bewussten Verzicht einschließend.

Freitag, 21. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (6)


In Runde eins wird also jede „freie Stelle“ (welt)offen ausgeschrieben – unabhängig davon, ob es sich um eine „freie Stelle“ in Sinne heutiger Berufstätigkeit handelt, oder um eine zu lösende „Aufgabe“, ein kurzfristig fertigzustellendes Projekt. Welche Auswahlkriterien es zur Besetzung geben wird und ob überhaupt, wird von Aufgabe zu Aufgabe verschieden sein. Denken wir alle Grenzen weg außer der unterschiedlichen fachlichen Kompetenz. Da es unter entwickelten kommunistischen Bedingungen auch keine Sprachbarrieren geben wird, (schließlich gibt es außer regionalen auch eine Weltsprache) kann weltweit nach geeigneten Fachkräften gesucht werden – mit größerer Wahrscheinlichkeit, welche zu finden.
Sollte etwas auf diese Weise nicht gleich gelöst werden, so kann es durch Runde zwei überbrückt werden – und zwar kurzfristig. Schon die FSJ-Windhunde wissen um ihren „Springer-Charakter“, dass sie unter Umständen nur eine vorübergehende Verantwortung übernehmen. Mit anderen Worten: Die Aufgabe als solche bleibt ausgeschrieben für Bestqualifizierte und Interessierte – was natürlich den „Zwangsfreiwilligen“ kein Hinderungsgrund ist, sich eventuell dauerhaft um ihren Platz zu bemühen.

Sollte aber wider Erwarten auch nach dieser Runde immer noch eine Aufgabe unerledigt bleiben, bliebe das Pflichtjahr.
Es widerspricht kommunistischer Logik, Menschen „zu ihrem Glück zwingen“ zu wollen. Es würde also niemand als „asozial“ verfolgt, wenn er zeitlebens im Wesentlichen keiner geregelten Arbeit nachginge. Wenn wer zu einer Arbeit gezwungen wird erledigt er sie nicht nur selbst lustlos, er steckt auch seine Nebenleute an. Es widerspräche aber kommunistischer Logik ebenfalls, wenn Notwendiges einfach liegen bliebe. So klein dieser Sektor auch sein mag, er erfordert ein Sicherungsnetz für die Gemeinschaft. Auf keinen Fall plädiere ich für eine wie auch immer umschriebene Arbeitspflicht. In erster Linie geht es immer um die Minimierung jeder notwendigen Arbeitszeit, wie viel oder wenig das auch konkret sein mag, und damit um die Möglichkeit für jeden Einzelnen, Zeit sinnvoll privat zu gestalten. Aber diese notwendige Arbeitszeit wird eben vorhanden sein. Bei aller kommunistischen Vielfalt der Möglichkeiten ist also sinnvoll, die Möglichkeit einer „Einberufung“ zur Spezialarbeit (für ein paar Monate) ebenso zu fixieren wie die Verurteilung zur Resozialisierungstätigkeit (als Ersatz für einen „Strafvollzug“).

Donnerstag, 20. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (5)


Nun können im Kommunismus drei Fälle eintreten: Erst einmal der Idealfall, dass die Suchenden im Wesentlichen das Passende finden und gut. Der zweite Fall ist der „Modeberufsfall“, also einmal zugespitzt: Auf eine ausgeschriebene Aufgabe als Raumfahrer stürzen sich 1000 Interessenten, die sich selbst als Raumfahrer selbst bestätigt sehen möchten. Da muss es sehr komplexe Kriterien geben, die die Eignung von Persönlichkeiten nicht allein daran misst, ob sie 100 Meter in 10,84 oder 10,87 Sekunden sprinten konnten. Gesellschaftliche Einsatzbereitschaft könnte ein solches Kriterium sein, also der Nachweis, auch besonders unbeliebt Notwendiges angegangen zu sein. Bleibt der dritte Fall: Es findet sich niemand zum Bücken fürs „Spargelstechen“, also keiner will etwas machen, was gebraucht wird.Es muss sowieso immer mit punktuellen Lücken gerechnet werden. Nun kann man entscheiden, wie die konkrete Lücke zu schließen ist.
Das Prinzip FSJ hieße, dass sich die freiwillig zu Verpflichtenden im Windhundverfahren das für sie „Angemessenste“ heraussuchen. Das Wehrdienstprinzip dagegen wäre absolut lückenlos und schlösse für den Dienstzeitraum die Verweigerung einer Tätigkeit ohne schwer wiegenden Grund aus. Beide Prinzipien gingen davon aus, dass jeder durch diese Phase hindurch muss. Beim FSJ sitzt sozusagen jeder, der ja weiß, die Frage kommt auf ihn zu (ohne dass sie schon konkret auf ihn zugekommen ist) an seinem Computer und checkt ausgeschriebene Tätigkeiten mit einem „Mangelzeichen“.
Das Prinzip FSJ hätte natürlich eine größere Attraktivität und wäre sozusagen die vorletzte Möglichkeit. Die bewiesene Bereitschaft, gesellschaftlich Notwendiges über die eigene Individualität zu stellen, wäre ein Pluspunkt für die nächste Bewerbung – und das auch, obwohl sich die Kandidaten ihre gesellschaftliche Notwendigkeit hatten selbst aussuchen können. Andererseits … gerade, dass man weiß, dass ein solches „freiwilliges Pflichtjahr“ Voraussetzung für nachfolgende Freiheiten ist, regt an, sich unter potentiell Unangenehmem das persönlich Angenehmste herauszusuchen. Auch im Kommunismus wird es eine Art „Status“ geben. Dauerhafte Nichtstuer werden sehr wahrscheinlich weniger gut angesehen sein als Piloten oder Forscher … so als Beispiel.

Mittwoch, 19. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (4)


Trotzdem wird immer ein Rest bleiben, der gelöst werden muss, für den sich aber gerade niemand findet. Sei es nun wegen der Orte, an denen das Problem gelöst werden muss oder weil sich für bestimmte Aufgaben insgesamt zu wenige Menschen begeistern lassen.
Was spricht in solchen Fällen gegen ein allgemeines Findungs- und Bewährungsjahr? Also zur normalen, frei harmonisierten Arbeitswahl tritt ergänzend und abfedernd ein stärker restriktives System hinzu. Je nach Notwendigkeit kann dies wie eine „allgemeine Wehrpflicht“ oder wie ein „freiwilliges soziales Jahr (FSJ)“ funktionieren. Für beide Systeme gibt es Argumente.
Ich könnte mir das so vorstellen:

Zuerst einmal werden in einem weltweit vernetzten lückenlosen Datensystem alle nicht abgesicherten Arbeitsaufgaben öffentlich ausgeschrieben. Da es keine privaten Beschränkungen gibt, kann wirklich lückenlos jede Aufgabe in EINEM System erfasst werden. Es wird zwar mittelfristig vorgeplant, diese Planung darf aber nicht starr sein. Also kann sich, wer immer eine nützliche Tätigkeit für sich sucht, vom heimischen Computer aus weltweit das für ihn am besten Geeignete aussuchen.
Die Analogie zur aktuell schnell wachsenden „Human Cloud“, die als hin und her getriebene Wolke unabgesicherter freier Selbstausbeuter als Anhängsel der herrschenden heutigen Konzerne nach anerkannten Aufgaben hechelt, ist unübersehbar. Dies also ist der Trend, der von dem erreichten Niveau der Produktivkräfte geschaffen bzw. ermöglicht wurde und wird. Unter kapitalistischen Vorzeichen führt dies zur Intensivierung der praktischen Ausbeutung, eben diesem prekären Hinterherhecheln. Der materielle Druck ist im Kommunismus jedoch weg. Die Suchenden, die nichts finden, brauchen ja nicht an Altersarmut zu denken – genauso wenig, wie die, die ein für sie geeignetes Projekt finden, darüber nachzudenken haben, womit sie für die Zeit vorsorgen sollten, wenn sie ein nächstes Projekt suchen müssen.

Dienstag, 18. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (3)


Es kommt also eine zweite „Lösungsebene“ hinzu: Prinzipielle Freude an der gesamten Arbeitsaufgabe lässt uns auch einzelne „unappetitliche“ Teil-Arbeiten mit Freude, zumindest aber leichter erledigen. Oder sagen wir es so: Es bereitet Befriedigung, sich selbst als sinnvoll zu erkennen. Auch wenn es nicht jedermanns Sache ist, hat es etwas für sich, abrechnen zu können „Patient sauber, fühlt sich wohl!“. Alle die, die schon die Dankbarkeit von Hilfebedürftigen empfangen durften, wissen um diesen Wert. (Wobei das Problem der Würde im konkreten Fall eher auf Seiten dessen liegt, der wie ein hilfloses Baby gepflegt werden muss.) Dem Auskosten dieser „Belohnung“ steht heutzutage in erster Linie der Zeitdruck entgegen. Es ist im bezahlten Pflegeberuf nicht vorgesehen. Auch bei anderen Berufen gibt es vom Inhalt her „unangenehme“ notwendige Tätigkeiten, die „attraktiv(er)“ würden, erkannte man sie angemessen an. Dabei könnte (!) heute schon ein Schreibtisch-“Arbeiter“ anerkennen, dass er zu mancher „Drecksarbeit“ gar nicht fähig wäre, er sich also über Menschen freuen sollte, die die verrichten. (Er sieht aber nur, dass umgekehrt die seine Arbeiten nicht packen.) Was spricht dagegen, dass es einmal für einen solchen Zweck bei heute ganz abwegig erscheinenden Berufsgruppen so etwas geben könnte wie „Restauranttester“? Um „Beste“ anzuerkennen? Das setzt natürlich immer voraus, dass jedes Ergebnis auf einen „Verantwortlichen“ zurückgeführt werden kann. Außer natürlich, dass das eine Art der „Kontrolle“ wäre – die muss auch abgelehnt werden können.

Die freiwillig etwas von den meisten wenig Geliebtes erledigen, unterwerfen sich einem „inneren Zwang“ zur Arbeit. Sie erkennen aus freien Stücken die Notwendigkeit bestimmter Arbeiten und übernehmen bewusst Verantwortung für deren Erledigung. Die Zahlenbewegungen auf den Konten werden ersetzt durch die innere Befriedigung, wertvoll und nützlich zu sein. Das erfordert unter anderem einen ganz anderen Typ von Chefs.
Wir haben also schon all das aussortiert, was man heute „Modeberufe“ nennen würde. Wir haben Arbeiten aussortiert, die besondere Menschen als für sich „auf den Leib geschneidert“ empfinden („besonders“ nicht im Sinn von „hochwertig“ sondern von „nicht so oft vorkommend“).

Montag, 17. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (2)


Der Haupttrend zum und im Kommunismus wird das Schrumpfen der Arbeiten sein, denen gegenüber wir uns heute ausgeliefert fühlen. Solcher also, über die wir uns nur deshalb freuen, weil wir eben überhaupt welche zum Geldverdienen brauchen. Dieser „abstrakte“ Geldanreiz soll aber gerade wegfallen! An seine Stelle tritt die Genugtuung über den Erfolg von Arbeiten, die „man“ deshalb gemacht hat, weil „man“ im Wesentlichen genau die konkret hatte erledigen wollen.
In der Welt wird es aber trotzdem immer notwendige unangenehme Arbeiten geben. Sagen wir als tatsächliches Beispiel, dass hilflosen Menschen der vollgeschissene Arsch geputzt werden muss (nicht nur im übertragenen Sinn). Es verändern sich allerdings die Arbeiten, die als solche empfunden werden. (Man denke an „Hausarbeit“.)

Unangenehme Arbeiten wird man insgesamt bekämpfen, soweit dies möglich ist. Ständig neu wird man sich die Frage stellen, durch welchen Fortschritt, durch welche Erfindung welche unangenehmen Tätigkeiten vermieden oder ersetzt werden können. Im konkreten Fall hieße das also, ständig weiter zu forschen, wie das Leben in seiner aktiven Phase verlängert werden kann. Kampf den Krankheiten und den mit dem Alter verbundenen Verfallsprozessen. Forschung nach technischen Hilfen. Das lässt sich verallgemeinern: Immer wieder neu wird Menschen bewusst werden, dass einige notwendige Arbeiten ihre Würde verletzen. Die meisten von ihnen werden früher oder später durch technische Systeme gelöst – um den Preis, dass dahinter die nächsten auftauchen. Und manches geht ja auch nicht. Wann wird ein Androide den Arsch seines menschlichen Gebieters putzen? Und liegt eine Inkontinenz vor, kann man schließlich nicht warten, bis die Krankheit als solche besiegt wäre … Manchmal dauern solche Lösungen viele hundert Jahre. Egal, was für Tätigkeiten das sind, es werden welche übrig bleiben, die nur Menschen erledigen können und die trotzdem eher ungeliebt bleiben.

Sonntag, 16. September 2012

Modellwelt Künstler-Arbeit ... (1)



Für mich ist der entfaltete Kommunismus eine Welt der tatsächlich maximalen Freiheit jedes Einzelnen. Wirkliche Freiheit jedes Einzelnen. Heute gibt es nur juristische Chancengleichheit. Praktisch sind die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Lebenswege schon bei der Geburt eines Menschen unterschiedlich verteilt. Also unabhängig von seinen Talenten. Teilweise sogar entgegen seinen Talenten. Da kann es sein, dass jemand, der für eine leitende Aufgabe eigentlich nicht gut geeignet wäre, mit dem Geld seiner Vorfahren zum Chef gedrillt wird, während einem genialen Menschenführer nur die Karriere als Gangsterboss offensteht.
Es ist mitunter auch ein extrem langer Weg, für sich selbst herauszufinden, was man am liebsten Sinnvolles machen will … und ob man dafür wirklich ausreichend gut geeignet ist. Diese Suche darf nicht nur Millionärskindern vorbehalten bleiben. Meinen individuellen Platz gefunden zu haben sehe ich als natürliche Voraussetzung dafür an, mich wirklich gern mit meinem speziellen Vermögen ohne Druck in die Gesellschaft einzubringen.
Die Welt des entfalteten Kommunismus wird meist für fast jeden einzelnen Menschen einen sinnvollen Lebensplatz zu bieten haben, bei dem der Nutzen für die Gemeinschaft mit dem für sein individuelles Wohlbefinden in Einklang gebracht werden kann. Davon bin ich überzeugt. Das wird allmählich der Regelfall werden. Was ist aber mit den Fällen, in denen das nicht gelingt? Der ganze heutige Staatsapparat scheint ja darauf ausgerichtet, jedem einzureden, er sein ein Sonderfall, der an seinem eigenen Schicksal schuld ist. Die Masse der Bürger dieses Landes würde sich deshalb zu Äußerungen hinreißen lassen wie „Wegen mir brauchte es keine Polizei zu geben. Aber vor den paar Verbrechern möchte ich schon geschützt werden.“
Dass nicht gleich jede notwendige Tätigkeit von jemandem gemacht werden wird, hat Gründe auf mindestens zwei Seiten: Zuerst einmal vom Charakter der Arbeiten selbst her. Die zweite ist die natürliche Individualität, sprich: Unterschiedlichkeit der Menschen. So, wie in der Natur eben weiße Hasen geboren werden, obwohl sie normalerweise nicht überleben können, damit die Hasen auch dann überlebten, wenn sich die Umwelt so veränderte, dass die dunklen schlechtere Überlebenschancen hätten, fallen auch Menschen aus dem Rahmen. Als Materialist beginne ich aber bei den Arbeiten, deren Charakter erkannt und beeinflusst werden kann.

Mittwoch, 12. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (16)


So wie solche vereinzelten Organisations-“Wunder“ unter den heutigen Bedingungen der durch die Warenwirtschaft geprägten Menschen Insellösungen bleiben werden, so beweisen sie gerade in ihrer Existenz im eigentlich ungeeigneten Umfeld, dass sie bei geeignetem zur „Normalität“ werden könnten. Sie werden aber auch dann nicht die einzige Form des Zusammenarbeitens sein.

Diesem scheinbar Positiven steht etwas Anderes gegenüber. Wir dürfen trotz eventuell ähnlicher Erscheinungen das Wesen einer Sache nicht vergessen. In unserem Sinn besteht das Wesen der Beziehung der Masse der Menschen zur „Arbeit“ darin, dass sie dem einzelnen zur Entfaltung seiner Persönlichkeit, seiner Schöpferkraft, seiner Anerkennung durch andere wünschenswertes Lebensfeld geworden ist. Sie wurde ihm deshalb Bedürfnis, weil der einzelne hier am deutlichsten zeigen kann, dass er ein würdiges Mitglied der Gemeinschaft ist – sich selbst nutzen, indem man anderen nutzt.
Das ist eine galaktisch weit entfernte Beziehung, erlebt man dies unter aktuell sich herausbildenden kapitalistischen Vorzeichen. Hier muss der „Ausgesourcte“, das frei schwebende Humankapital innerhalb einer Wolke von Bestätigung durch die Vermarktung ihrer Leistungsfähigkeit Suchenden, sich in ewiger Existenzangst freiwillig extra intensiv ausbeuten lassen. Die Vereinzelten bilden sich ein, in ständigem Überlebenskampf gegen andere Prekäre, ihre Kreativität, ihr Ich zu entfalten, verzichten dabei aber nur eine sichere Perspektive. Die „kommunistischen Clouds“ beginnen ihre Flüge bei eben dieser sicheren Perspektive. Sie müssen nicht nach Überlebensaufträge hasten, um sich eine private Rente kaufen zu können. Sie können wirklich in jedem Punkt ihres Lebens aus- oder umsteigen. Das wohl wichtigste Unterscheidungswort lautet (Existenz-)Angst. Genau die wird sie nicht treiben. Deshalb wird die Katastrophe für die „Zweiten“ kleiner sein. Sie werden eben nicht „leer ausgehen“, sondern „dazugehören“ ...
Eine insgesamt reiche Gesellschaft kann sich eine allgemein größere Vielfalt von Bedürfnissen erlauben. Das schließt „Sonderbedürfnisse“ nicht aus. Entscheidend wird aber sein, in einem extrem langfristigen Prozess eine Bedürfnisstruktur auszubilden, die wirklich den Ausdruck „allseitig entwickelte Persönlichkeit“ rechtfertigt. 

Dienstag, 11. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (15)


Ohne dies soziologisch oder auf welche Weise auch immer auszudeuten, können wir durchaus einige Schlussfolgerungen für künftige Gemeinschaften ziehen. Dabei müssen wir uns allerdings vor Verallgemeinerungen hüten, wie man sie mitunter bei occupy-Aktivisten antrifft. Die vorliegende Klassensituation – und wir müssen bei jeder Betrachtung davon ausgehen, was gerade da ist – produziert vorsätzlich in dem hier gedachten Sinn „dumme“ Menschen. Das ist kein Werturteil, sondern nur Ausdruck dafür, dass den meisten Menschen nicht wirklich all die Denkstrukturen vermittelt werden, um für ein Ganzes mitzudenken. Wer die Gesellschaft als Ganzes nicht begreift, kann zumindest bezogen auf diese „Gesellschaft als Ganzes“ in keine Richtung steuern. Jener seltsame „Schwarmeffekt“, nämlich dass eine Gruppe wesentlich bessere Ergebnisse erbringt, als dies der Summe der einzelnen Mitglieder nach möglich zu sein scheint, setzt immer eine „elementare Gemeinsamkeit“ voraus. Also wenn jeder das Gesamtziel „weiß“, organisiert sich die Masse so, dass die Aussicht auf Erreichen des Ziels am größten ist – in gewisser Hinsicht tatsächlich „spontan“.

Aber zur Perspektive.
Schon im Sozialismus ist die „Notwendigkeit“ weggefallen, dass „der einfache Mann“ die Funktionsweise der Gesellschaft nicht versteht, weil er sie dann radikal ändern wollte. Er soll sich im Gegenteil fürs Ganze verantwortlich fühlen, soll die Solidarität mit ihm individuell fremden Menschen als nützlich begreifen. Also die Voraussetzung des Kommunismus wäre, dass die dort lebenden Menschen wirklich möglichst gut begriffen haben, wie ihre Gemeinschaft funktioniert. Gleichzeitig fallen jene Elemente des Zusammenlebens weg, die uns unmittelbar korrumpieren könnten.
Unter solchen Vorzeichen, versuchte ich schon anzudeuten, verändert sich auch der technische Charakter der Arbeiten. Tätigkeiten mit vorsätzlicher Verantwortung wie bei den Holacracy-Beispielen nehmen zu, solche, bei denen abgestumpfte Massen die Kommandos Macht besitzender Vorarbeiter ausführen, verschwinden allmählich. So wie Fließbänder, denen Arbeiter getaktete Handreichungen machen müssen, durch vollautomatisierte Abläufe ersetzt sein werden.

Montag, 10. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (14)


Mit der Verwunderung begeisterter Kinder suchen Betrachter bestimmter Insellösungen dem Beobachteten wissenschaftliche Namen zu geben. Gibt es so etwas wie eine „kollektive Intelligenz“, mitunter auch „Schwarmintelligenz“ genannt? Unerklärlicherweise funktioniert es, dass sich dabei Teams / Kollektive zielobjektbezogen selbst „Leitungsebenen“ wählen. Also etwas schräg ausgedrückt: Die Mitarbeiter bestimmen, wer wann in welchem Umfang über sie zu bestimmen hat.
In so „anarchisch organisierten“ Firmen bestehen meist nur minimalste Anforderungen an einzuhaltende Arbeitszeiten, Anwesenheit und anderen äußeren Druck. Das Merkwürdige: Es bricht nirgendwo „Anarchie“ aus. Zwar kommen und gehen die Kollegen, „wie es ihnen gefällt“, aber sie arbeiten dabei nicht weniger sondern bewusst mehr. Die Betrachter stehen vor einem Rätsel: Ohne Kontrolle, Stechuhren oder Ähnliches, ohne, dass man irgendeine Form bemerkte, in der sich die Kollegen gegenseitig kontrollierten … verhalten sich alle, als kontrollierten sie sich mit einem unsichtbaren Mechanismus eben doch. Dies war dann der Ansatz, solche biologischen Vergleiche wie „Schwärme“ heranzuziehen, bei denen sich „irgendwie“ die Einzelwesen sehr effektiv in ihrem Verhalten am Kollektiv, der Masse, dem Schwarm orientierten. Da müsse eine besondere „Intelligenz“ wirken, meinten die in ihrer Denkwelt Befangenen und wunderten sich noch über etwas Anderes: Der tierische „Schwarm“ ersetzte individuelle Intelligenz, bei Menschen fiel dies „Organisationsprinzip“ (?!) besonders bei intelligenzintensiven Tätigkeiten auf.

Sonntag, 9. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (13)


Aber kann jemandem Arbeit überhaupt ein Bedürfnis sein? Sehen wir uns gründlich um, fallen uns Leute auf, die auch ohne den ganzen Kommunismus-Kram wirklich Arbeiten gehen, weil sie das, was sie da machen, gern machen. Ich spitze das sogar noch zu: Es gibt auch in der Gegenwart zwar wenige, aber doch einige Firmen, die sich sogar eine Arbeitsorganisation leisten, als hätten sie schon den Kommunismus erreicht. Im Wesentlichen kommen und gehen die Mitarbeiter dort wie sie wollen.

Das Ganze nennt sich Holacracy. Das ist der Name für eine in bestimmten „kapitalistischen“ Unternehmen tatsächlich umgesetzte „kommunistische Organisation“ der Arbeitsabläufe. Viele der dabei verwendeten Begriffe und Überlegungen sind allerdings nur mit virtuellen Kneifzangen anzufassen.

Es geht um Organisation von Arbeit. Nicht hierarchisch organisierte Abläufe, sondern „Getting Things Done Methode“, also einfach Formen der Selbstfindung von Strukturen, die nur darauf ausgerichtet sind, dass zum Schluss das Beabsichtigte herauskommt.
Wenig verwunderlich finde ich, dass die ersten praktischen Erfahrungen aus einer Software-Firma stammen. Ähnliche Tendenzen gibt es überall dort, wo die geistige Verantwortung des einzelnen „Mit-Arbeiters“ für das Gesamtprodukt besonders groß ist.

Samstag, 8. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (12)


Die Wohnverhältnisse spiegeln die Lebensverhältnisse wider. Die aber können die kommunistischen Menschen bewusst gestalten. Sie haben ja jenen Büro- und Arbeitsstress nicht mehr, nach dem sie eine Schrebergartenidylle zum Abtauchen brauchten. Man kann mehr ausprobieren. Warum keine Gemeinschaft einer Wohnblocketage? Es ist vieles leichter, wenn es nur noch darum geht, wer welchen geliehenen Gegenstand vergessen hat zurückzugeben, aber nicht mehr etwas gestohlen werden kann. Man kann also den Nachbarn eher trauen. Es bedarf nur der Anstöße zusammenzukommen. „Facebook“ ähnliche Netzwerke ohne Hintergedanken und mit der Aussicht auf mehr. Eben ohne Druck, sich aus einem anderen Grund für eine Variante zu entscheiden als seine individuelle zu finden. Heute merkt man erst später, ob man auf Abzocker oder eine Form der Prostitution hereingefallen ist. Umzüge werden nur noch ein Problem, weil sie organisatorisch Mühe bereiten. Aber wir müssen nicht unbedingt mit allem möglichen Hausrat umziehen – wir nehmen nur mit, was uns persönlich besonders wichtig ist, die Grundausstattung kann in der neuen Wohnung bereitstehen.

Auch hier gibt es eine klare Trennung: Jeder hat überall das, was zweckmäßig ist. Er machte sich in der großen Gemeinschaft „unmöglich“, wenn er nicht sorgsam damit umginge.
Wir stoßen immer wieder auf bestimmte Grundpfeiler des Zusammenlebens. Da die Menge der Sanktionen klein ist, verbindet sich das riesige Maß an individueller Freiheit mit gesellschaftlicher Offenheit. Es ist (wieder) selbstverständlich, dass man weiß, was bei den Anderen los ist. Nur so kann Verhalten missbilligt werden, das das Gemeinschaftsleben schädigt. Weil man viel miteinander zu tun hat, wird zur harten Strafe, wenn die anderen mit einem nichts zu tun haben wollen ...   

Freitag, 7. September 2012

Zur Entwicklung der Bedürfnisse (11)


Die Entfaltung des Bedürfnisreichtums der heranwachsenden Menschen bekommt einen total neuen Stellenwert, sobald sie nicht, zumindest im „normalen“ Einzelfall, existenzielle Probleme heraufbeschwört. Bei allen Problemen, die Kinder auch bedeuten, ist eines weg: Die Frage, wie soll ich sie / müssen die mich versorgen. Sie steht allein im großen Rahmen „Menschheit“, also überspitzt: Wenn jede Familie 10 Kinder bekäme, bliebe dann genug Sauerstoff zum Atmen? Die Kinder sind trotzdem einer der wenigen verbleibenden Zwänge. Wer auch immer die Bezugspersonen sein mögen, es müssen welche da sein. Das können biologische Eltern genauso gut sein wie Wahleltern, eine Mehrpartnergemeinschaft oder anderes. Nur relativ stabil müssen diese Beziehungen sein.

Ich reibe mich hier an dem konventionellen Familienbild, das auch Friedrich Engels vertrat. Wahrscheinlich wird es im Kommunismus etwas geben, das den Namen „Familie“ verdient. Aber selbst dabei ist eine Mann-Frau-Beziehung mit dazugehörigen Kindern eine unter vielen Formen. Inwieweit „Wohn- und Lebensgemeinschaften“ eine große Rolle spielen werden, ist von unserem Horizont aus schwer zu bewerten; wahrscheinlich in einer neuen Zweckgemeinschaft von Individuen eine größere als heute.
Der Mietkostendruck ist genauso weggefallen wie wirtschaftliche Abhängigkeiten verschiedenster Art innerhalb konventioneller Ehen. Warum sollten kommunistisch lebende Menschen nicht als Totalindividualisten leben, vor allem aber wohnen? Also jeder Einzelne hat einerseits einen kleinen Bereich allein für sich, der sich andererseits leicht verbinden lässt mit unterschiedlich ausgerichteten „Gemeinschaftsräumen“ unterschiedlicher Sympathie- und Zweckgemeinschaften? Das wäre eine Komplexlösung für große Wohnobjekte.
Letztlich muss man ja alles neu denken: Wie viele Einfamilienhäuser mit großen Gärten es gibt, regelt heutzutage „der Markt“. Nun wäre es eine grausige Zukunftsvision, wenn das von Marx beschworene Verschwinden des Unterschieds von Stadt und Land so aussähe, dass die bewohnbaren Teile der Erde von einer einförmigen ewigen Stadt inmitten von „Futtermittelwerken“ bestünde. Und diese Stadt bestünde wiederum aus lauter Einfamilienhäusern. Jedem sein kleines Glück. Es wäre schon heute ernüchternd, auszurechnen, wie viel „Lebensraum“ jedem einzelnen heutigen Menschen zustünde.