Donnerstag, 12. April 2012

"Komodo" - Hebamme Geschichte (1)


Die Geschichte verläuft insgesamt nach „Gesetzen“. Also, dass es gekommen ist, wie es dann wirklich kam, lässt sich sachlich begründen. Das ändert nichts daran, dass die Geschichte Punkte hatte, an denen es anders hätte kommen können, der ganze Rest in andere, auch vernünftig zu begründete Bahnen eingeschwenkt wäre, von denen einige uns wesentlich besser getan hätten.
Für mich war dabei das zwanzigste das Jahrhundert mit den fürchterlichsten Menschheitskatastrophen. Das siehst du vielleicht genauso. Aber wenn ich sage, welche ich für die schlimmste halte, da werde ich bestimmt wenig Zustimmung finden. Und das, obwohl die Nachwirkungen uns immer noch berühren und vielleicht irgendwann irgendwelche Aliens sagen werden, damit begann das Ende der Menschheit. Nach meinem Verständnis ist diese größte Katastrophe der jüngeren Menschheitsgeschichte die Niederlage der Novemberrevolution in Deutschland. Hoffentlich liegt das nur daran, dass ich eben Deutscher und damit gewohnt bin, in meiner Heimat den Mittelpunkt des Universums zu sehen.
Der „Sieg“ der russischen Oktoberrevolution, genauer: die Art, in der er nur möglich geworden und in der bereits der Keim für sein Ende enthalten war, krankte nämlich am deutschen Scheitern.
Reisen wir gedanklich gut 100 Jahre in der Zeit rückwärts. Selbst bürgerliche Historiker geben mitunter zu, dass damals „Kapitalismus“ herrschte, ja „Imperialismus“. Nun brauchen wir uns nicht darüber auszulassen, dass der Erste Weltkrieg kein unerwarteter Schicksalsschlag war, in den die unschuldigen Nationen Europas und der Welt „hineingerissen“ wurden, weil ein „Irrer“ einen Thronfolger ermordet hatte. Wir wissen um das aggressive Wesen des Imperialismus, seine gesetzmäßig ungleichmäßige Entwicklung und die dabei Deutschland als Zu-spät-Kommer zugefallene Rolle, eine vollzogene Aufteilung der Welt ändern zu wollen. Aber eigentlich brachte jeder imperialistische Staat konkrete wirtschaftliche Hoffnungen in seine Kriegspolitik ein. Der Krieg war eine zwangsweise Folge der Vollendung des „Imperialismus“: Nach Jahrzehnten des Wettlaufs, relativ wehrlose Völkerschaften unter die eigene koloniale Herrschaft zu bekommen, war nun alles so weit aufgeteilt, dass nur noch eine Umverteilung möglich war. Dass der Weltkrieg begann, war also notwendige Folge dieser Entwicklung. Die Katastrophe lag erst in seinem Verlauf und einem Ende, in dem die Ausgangspositionen für den nächsten Weltkrieg bereits „eingebaut“ waren.
Dieses Kriegsende, wie es ausgesehen hat und was hätte kommen sollen oder müssen, ist das Problem.

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