Sonntag, 22. April 2012

"Komodo" - Hebamme Geschichte (11)


Für gesellschaftliche Vorgänge, meinetwegen auch nur die psychologische Erklärung für das Handeln eines Menschen, müssen wir vereinfachen. Wir vernachlässigen immer Besonderheiten, die bei einem bestimmten Vorgang nebensächlich sind oder scheinen. Bauen wir ein geistiges System aus solchen Vereinfachungen, läuft es auf ein „Wenn …, dann …“ hinaus. Das ist dann Determinismus. So mag zwar die „Arbeiterklasse“ in ihrem „Wesen“ die Klasse sein, die berufen gewesen wäre, längst den Weltsozialismus errichtet zu haben, aber dann müssen wir eben betrachten, ob wir nicht zu viele Bedingungen vernachlässigt haben, und fragen, welche das sind.

Nein, ich habe nicht vergessen, dass ich eigentlich hatte begründen wollen, warum ich das Scheitern der Novemberrevolution in Deutschland für die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts halte. Um es kurz zu sagen: Eben jenes Scheitern schuf damals bereits die Bedingungen, die danach allen „Realsozialismus“ am Entfalten hinderten – in gewisser Weise bis zu dessen Untergang. Aus dem Geburtsschaden des „Realsozialismus“ erwuchsen eben die meisten folgenden „Verirrungen“ in der Wirklichkeit. Dass dieser „Realsozialismus“ gewesen ist, wie er eben war, macht es nun auch so schwer, einem normalen Menschen zu erklären, wo wir tatsächlich hin gewollt hatten – und warum „wir“ immer noch dorthin wollen (müssen). Wir sind der angestrebten Gesellschaft in den „realsozialistischen“ Staaten wie der DDR ja zumindest näher gekommen, aber um einen Preis, der ins „rechte“ Licht gerückt das ganze notwendige Projekt diskreditierte. Dabei wäre die Erfahrung, die wir mit dem „realen Sozialismus“ gemacht haben, vergleichbar mit einem Kachelofen, aus dem bei erster unsachgemäßer Bedienung Kohlenmonoxid ausgeströmt ist. Darf man daraus ableiten, für ewig Kachelöfen zu verdammen, weil man sich durch sie vergiften kann? Das ja wohl nicht. Dass heute andere Gründe für andere Heizungen sprechen, bekräftigt nur die Erwartung, dass das, was wir ab heute als Sozialismus und Kommunismus gestalten würden, etwas Besseres wird als das, was die Sowjetunion und die DDR damals hätten gestalten können.


Inzwischen habe ich das Manuskript von "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen"also überarbeitet. Mit etwas Glück ist dies die vorletzte Fassung vor der endgültigen Veröffentlichung. Einige Passagen eignen sich nicht zur Präsentation in einem Blog. Die habe ich ausgelassen. Das ganze Kapitel, allerdings ebenfalls gekürzt, kann man hier nachlesen. Ich hoffe auf Daumendrücker ....

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