Donnerstag, 23. Februar 2012

Bedürfnisbefriedigungsanstalt Kommunismus (2)

Schwieriger ist es mit den gesellschaftlich beeinflussten Bedürfnissen. Dort wirken Mechanismen, die wir uns heute schwer wegdenken können, um den Kommunismus zu verstehen, aber zumindest teilweise wegdenken müssen. Den wichtigsten dabei nenne ich „Neid“. Ich würde es für den heute entscheidendsten Antrieb nach dem Elementaren ansehen, dass viele Menschen etwas deshalb besitzen möchten, weil sie wissen, dass Andere das schon haben. Dieser „Neid“ lässt sich in Marxscher Weise noch weiter auseinandernehmen:
Zuerst muss ein begehrbares Gut vorhanden sein. Das Begehren nach kernlosen Apfelsinen hielt sich in Grenzen, solange alle wussten, dass es keine gab. (Die störenden Kerne regten „nur“ die Fantasie an, wie schön es wäre, wenn es kernlose Früchte gäbe).
Zum Wesen klassenorientierter Marktwirtschaften gehört das bewusste Wecken des Besitz-Begehrens. Der, der ein beliebiges Gut zur Profit bringenden Ware machen will und muss, will unabhängig von allem Anderen (und sei es eine Gefährdung der Gesundheit der Käufer), dass genau sein Gut Anerkennung als Ware findet, also dass er es verkaufen kann. Deshalb drängt er es potentiellen Kunden auf verschiedene Weise auf. Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse unterliegt jeder Mensch (in jeder Gesellschaft) einem andauernden Anpassungsdruck. (Besonders drastisch ist dieser Druck natürlich dort, wo man besonders eng einer Normen bildenden Gruppe angehört, wenn die Anderen zum Beispiel wissen, dass du eben das gerade angesagte Handy NICHT hast.)
Nun wächst Neid zuerst einmal aus dem Wissen um tatsächliche Ungleichheit. Die erste Folge der Ausbeutungsverhältnisse im Feudalismus war keine Revolutionsbewegung, sondern der allgemeine Wunsch, auch zu DENEN zu gehören. Wunderschön wird dies durch die überkommenden Märchen abgebildet: Das Ideal heißt da Prinzessin, Prinz, (guter) König. Aber erscheint es nicht einleuchtend, dass die Zahl derer, die es für erstrebenswert halten, eine Prinzessin zu sein, allmählich nachlässt, sofern a) es keine Prinzessinnen gibt, b) keine Hochglanzpostillen höfische Welten als erstrebenswert unter die Massen streuen, c) keine wesentlichen Gruppen sich nach einem unerfüllten „besseren“ Leben real sehnen müssen und d) es alternative Ideale gibt?
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Dies ist nur ein Stück aus dem Arbeitskapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R ) .

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