Dienstag, 15. März 2011

Atomreaktoren und "Direkte Demokratie"


Japan ist überall, Harrisburg oder Tschernobyl. Bei der Frage der Atomkraft gibt es ein Element, das es von einem Verkehrsunfall unterscheidet: Während jeder, der in ein Auto steigt, ja selbst jeder, der eine Straße überquert, natürlich ein Restrisiko in Kauf nehmen muss, dass ihn selbst betrifft, ist das geringe Restrisiko für einen Atomreaktor eines, das sich im Wesentlichen auf Unbeteiligte bezieht. Wer über die Straße gehen will, kann sein Risiko dadurch mindern, dass er eine Ampelkreuzung benutzt, bei der er weiß, dass die Autofahrer „rot“ haben, wenn er „grün“ hat. Sollte allerdings ein verbotenerweise Besoffner am Steuer trotzdem anfahren und den Fußgänger überfahren, so hat der auf dem Friedhof immer noch die „Rechtfertigung“, sich normgerecht verhalten zu haben. Er bleibt allerdings überfahren, weil er das minimale „Restrisiko“ falsch eingeschätzt hatte. Aber wie gesagt: Es betrifft immer nur den, der wirklich gerade selbst übe die Straße ging. Bei einem Atomkraftwerk betrifft das minimale „Restrisiko“ fast ausnahmslos Unbeteiligte, deren „Mitschuld“ ihre Nähe zum Objekt war.
Man MUSS daraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, alle AKW abzuschalten … aber gerade wegen des eben dargestellten Zusammenhangs MUSS „man“ auf jeden Fall alle Menschen (und hier sind wirklich alle Menschen gemeint) befragen, ob sie bereit sind, sich selbst und alle ihre Mitmenschen jenem minimalen, aber eben undefinierbaren „Restrisiko“ auszusetzen. Und sollten die befragten Bürger mehrheitlich nein sagen, hätte die Abschaltung zu erfolgen (Ich gebe zu, dass ich mit einem solchen Ergebnis rechnete).
Fragen solche Art stehen nicht nur einmalig vor „der Menschheit“. Sie können sich auch mit demselben Gegenstand wiederholen. Es ist ja nicht total unvernünftig zu vermuten, dass wenn 20 Jahre nichts passiert, auch danach nichts passieren wird. Allerdings mehren sich die Möglichkeiten, dass eine Maßnahme nicht mehr rückgängig machbare Nebenwirkungen hervorruft, die das Ende der Menschheit bedeuten können – und EINE genügt. Beim jetzigen Kenntnisstand denke ich an genetische Manipulationen. Wir sollten gelernt haben, dass es keine Veränderung in der Natur gibt, die nur exakt die eine Wirkung hat, die beabsichtigt war. Die „Nebenwirkung“ kann allerdings zeitversetzt auftreten.
Das „allgemeine Volksempfinden“ ist nicht von vornherein vernünftig. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht, trifft nicht nur auf „den Bauern“ zu. Aber das darf kein Grund sein, solche schwer wiegenden Entscheidungen irgendwelchen Volks“vertretern“ zu überlassen. Zum einen sind einzelne Menschen generell leichter in materielle Abhängigkeit zu bringen, die eine konkrete Sachentscheidung von der Sache unabhängig macht. (Es gibt da Begriffe wie Korruption oder „Lobbyarbeit“). Systeme der privatwirtschaftlichen Organisation der Wirtschaft sind aber ein Zuchtfeld für solche Erscheinungen. Der direkte Profit eines AKW-Betreibers produziert zwangsläufig alle denkbaren und noch undenkbaren Wege, um einzelne „Entscheidungsträger“ mit einem Teil eben dieser Profite für die Unterstützung der Sache einzukaufen. Dabei gibt es besonders viele indirekte Beeinflussungen. (Eine Hochschule wird bei Projekt A von Firma B materiell unterstützt. Es ist nicht auszuschließen, dass ein anderer Teil der Hochschule Probleme hätte, ein Gutachten zu erstellen, mit dem der Firma B ein Schaden entstände …)
Direkte Demokratie, also die Rückgabe der Befugnis, über ihre Lebensfragen selbst zu entscheiden, an die Bürger, ist zwangsweise mit der Notwendigkeit verbunden, sie zu informieren. Dazu wiederum ist „Kommunismus“ nützlicher als Privatwirtschaft, weil er einfach die Notwendigkeit für bestimmte Gruppen von Menschen abschafft, zum Selbsterhalt zu lügen. Falsche Bewertungen kommen nur noch wegen Irrtümern und persönlichem Fehlverhalten in Umlauf, aber nicht mehr deshalb, weil z. B. „die Politiker“ sagen müssen, was wichtige Geldgeber in Umlauf geben wollen.

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