Dienstag, 8. März 2011

Frauentagsgedanken oder 100 Jahre und kein Ende ...

Es gibt Probleme, die kann man innerhalb „vorgegebener“ Grenzen nicht lösen. Da hilft nur eins: Die Grenzen sprengen. Alles Andere ist nur Verleugnung des Problems.
Solch ein Problem ist das der Gleichberechtigung.
Bei Clara Zetkin gab es noch ein besseres Wort: „Gleichheit“.
Es wird ja wohl niemand unterstellen, dass die progressive Frauenrechtlerin gemeint haben könnte, Frauen und Männer seien das Gleiche. Es ging also im ursprünglichen Kampf darum, sowohl gleiches Recht für Frauen und Männer zu erreichen als auch – und das ist das Schwierigere – zu realer soziale Gleichheit zu kommen.
Der Weg dahin ist länger als das heute die meisten glauben. Natürlich schließt der das Wahlrecht ein und formal beseitigte Diskriminierungen. Aber schon Letzteres hat hinterhältige Hintertüren. Um es etwas drastisch zu übertreiben: „Bei mir dürfen Frauen und Männer zu gleichen Löhnen arbeiten, nur Schwangerschaften und Fehlzeiten wegen Kinderpflege sind Kündigungs- bzw. Gründe für Rückstufungen“. So offensichtlich ist das meist nicht (mehr) formuliert – vom Ergebnis läuft es dann doch darauf hinaus.
Mit einer Autorin, die sich zum Frauentag, gerade wegen des 100. Jahrestages, geäußert hat, hatte ich eine kleine „künstlerische“ Differenz: Sie gebrauchte den Ausdruck, dass viele Frauen längst „ihren Mann stehen“. Solch ein Ausdruck steht für die tiefe Akzeptanz von patriachalischem Denken. Sie setzt ja voraus, dass die Männer das Wertvolle tun, die Frauen, die „wie Männer“ sind, besser seien.
Man kann künstliche Nebenschauplätze schaffen, die Grundfrage der Gleichberechtigung lächerlich machen, in dem Sachbezeichnungen vergeschlechtlicht werden. Es gibt also nicht mehr Autoren und Bäcker, sondern AutorInnen und BäckerInnen. Dabei ist natürlich auch die Ärztin ein Arzt.
Gleichberechtigung der Frau unter gegebenen Bedingungen (!) ist erst einmal Frauenförderung. Ein langer Prozess – wie die DDR zeigte. Die sozialistischen Eigentumsverhältnisse dort ermöglichten wesentlich mehr als privatwirtschaftliche. Prinzipiell waren zu DDR-Zeiten die äußeren, sprich formalen UND sozialen Umstände beseitigt, die eine gleiche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verhindern konnten. Das Selbstbewusstsein von Frauen, die wussten, worüber sie bestimmen konnten, entwickelte sich … ohne allerdings automatisch traditionelle Strukturen zu sprengen. Politbüro oder Kombinatsdirektionen kannten Frauen erst in Neben- bzw. Alibirollen.
Aber natürlich entscheiden die Eigentumsverhältnisse über die grundsätzliche Einstellung zur „Gleichberechtigung“. In dem Moment, in dem ich Boss eines Unternehmens bin, zählt für mich als erstes der Profit des Unternehmens. Jeder Arbeitsausfall bedroht dieses Hauptziel. Kindbedrohte Frauen sind für mich ein Risikofaktor, den ich notfalls durch verschleierte Formen von Minderbezahlung abzuwälzen vermag. Glück für Frauen, wenn eine Firma ihr Verhältnis zu ihren Frauen als Imagepflege auffasst.
Andererseits hat die Wertigkeit der Frauen aus dem gesellschaftlichen Arbeitsprozess herzuleiten, so richtig das für Linke prinzipiell sein mag, einen bitteren Beigeschmack, nein mehrere: Fast makaber ist es, wenn die Frauen „dazuverdienen“ müssen, weil es „hinten wie vorne nicht reicht“. Da sind sie nämlich im Arbeitsprozess benachteiligt als minder bezahlte „Rangiermasse“ UND im Haushalt, wo sie als Gesamtputze „ihre Frau zu stehen haben“. Wie weltfremd dazu die Diskussionen um Frauen, die relativ frei wählen können, ob sie ihre Selbstverwirklichung zu Hause oder in einer Karriere finden. Wer die Frage so stellen kann, ist schon fein raus. Gleichberechtigung bedeutete dann nämlich, sich wirklich frei für oder gegen einen der Wege entscheiden zu können. Wer aber kann das wirklich?

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