Dienstag, 29. März 2011

Wahlmüll (1)

Wahlen laufen unter konkreten Bedingungen ab. Sie sind langfristig nur bedingt aussagefähig. Man kann dabei die Wähler in „Typen“ einteilen.

Die eine Wählergruppe sind die „konservativen“ Wähler. Das ist nicht als politische Ausrichtung gemeint. Es geht hier um jene Menschen, die an einer irgendwann getroffenen Entscheidung fast bedingungslos festhalten. Gemeint sind also beispielsweise diejenigen, für die die SPD immer noch „rot“ ist, sozusagen „Arbeiterpartei“ oder die „Grünen“ sind noch die Partei der Steine werfenden 68er Aufrührer. Meist sind diese Wähler „verpackungsgläubig“, also für sie ist sicher, dass eine Partei, die sich „christlich“ nennt, dadurch auch christlich ist. Schon die Frage, ob Jesus Christus CDU oder CSU wählen würde, erscheint ihnen als gröbste Blasphemie, denn eine solche Frage schließt ja ein Nein als Antwortmöglichkeit ein.

Der wichtigste Erfolg Jahrzehnte langen antikommunistischen Kampfes auf verschiedensten Ebenen (von BLÖD bis Berufsverbot) ist die restlose Zerschlagung dieser Gruppe, soweit sie in kommunistischer Tradition gestanden hat. Über vergreiste Parteimitglieder, die sich selbst wählen, muss nicht geredet werden, auch wenn es traurig ist, wie viele reale Kampferfahrung mit diesen Menschen wegstirbt.

Eine zweite Gruppe sind so genannte „Pragmatiker“. Sie haben eine unterschiedlich gut ausgeprägte politische „Meinung“, glauben aber besonders klug abzuwägen. Meist ist ihre Meinung kurzfristig orientiert. Als Beispiel: Wenn das Bild eines friedlichen Demonstranten durch die Medien geht, dem ein Herr Mappus die Augen ausschießen ließ, heißt für sie die Formel „Mappus muss weg!“ Sie verfolgen dabei Prognosen und Trends, um den Zug zu erwischen, mit dem ihr Minimalziel am ehesten erreichbar scheint. Problematisch ist dabei die Kurzfristigkeit des Herangehens: Die aktuellen Versprechungen der Opposition werden aufgegriffen, die wichtig erscheinen, unabhängig davon, ob die aktuelle Opposition vorher als Regierungspartei dasselbe schlimmer gemacht hat. Diese Wähler greifen normalerweise nicht nach Außenseitern.
Beide Wählergruppen bilden das wesentliche, die Verhältnisse verfestigende Gerüst.

Man darf die dritte Gruppe nicht übersehen. Nennen wir sie „Überzeugungstäter“. Da sie „an den Rändern“ am auffälligsten sind, unterschiebt man ihnen gern „Extremismus“. Das ist insofern falsch, weil es natürlich auch FDP-Wähler gibt, die davon überzeugt sind, dass die Stärksten auserlesen werden müssen, weil sie selbst die Stärksten zu sein glauben – und die Partei für die Partei der Starken hielten. Zumindest in der FDP-Wählerschaft gibt es wohl gerade Identitätsprobleme. Normalerweise wechseln diese Wähler ihren Liebling gar nicht; mitunter werden sie schreckliche Renegaten, die dann auf ihre früheren Freunde eindreschen.

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