Donnerstag, 2. Mai 2013

Einmischen ... aber wie?! (1)


Als der 2. Weltkrieg zu Ende gegangen war, stand vor den deutschen Schriftstellern ein Haufen von drückenden Fragen, die sie mit dem Gros der Bevölkerung teilten. Wie konnte das passieren? Was muss geschehen, dass sich das nicht wiederholt? Diese Fragen drückten in den deutschen Ländern, die von den Westalliierten genauso wie in denen von der Sowjetunion befreiten. Letztere bekamen jedoch einen klaren Antifaschismus, erstere eine schnelle „Entnazifizierung“ verordnet. „Verordneter Antifaschismus“ bedeutete praktisch, ernsthaft die Wurzeln des deutschen Faschismus zu beseitigen, wozu die Schriftsteller eine wortgewaltige propagandistische Begleitmusik einbringen sollten, „Entnazifizierung“ bedeutete ebenso praktisch eine gewollte „Persilschein-Bewegung“ , die langfristig die Einzeltäter-Mythologie aufbauen sollte: „Die Deutschen“ waren fleißig gut und gehorsam, wie sich das gehört. Sie wurden aber von Hitler und einigen wenigen verrückten Spitzenrattenfängern in Sippenhaft genommen, wodurch sie unschuldig schuldig geworden wären, ohne von etwas gewusst zu haben. Inzwischen haben sich die kleinen Nutznießer in bedauernswerte Opfer verwandelt, die nicht ihre jüdischen Mitbürger gejagt und beraubt haben, sondern von vergewaltigenden Russen und Bombenholocaust in die Zange genommen wurden. Vergeblich versuchten aufrechte Helden wie der großen Wüstenfuchs Rommel dem deutschen Volk dieses Schicksal zu ersparen. Kunst kämpft dabei ums Unterbewusstsein. Sie untermalt oder verschüttet die nackten Fakten und Zahlen, mit denen belegt würde, wann wer wen überfallen hatte, wie viele Tote und Leiden „Die Deutschen“ über die Nachbarn, besonders die Russen gebracht hatten, bevor sich unter diesen individuell quälender Hass herausgebildet hatte. Selbst, wenn das angedeutet wird, so wird es doch überwuchert, wenn die Hauptzeit der Kunstwerks sich um das zum Mitfiebern einladende Schicksal des einzelnen guten Deutschen dreht.
Das ist keine Zustimmung zur Absolution des „verordneten Antifaschismus“ in der DDR. Dort sollte man sich mit Kommunisten, Sozialdemokraten und Pazifisten identifizieren, die bewusst von Anfang an Widerstand geleistet hatten, die in den Schützengräben der Ostfront auf Sowjetseite vergeblich versucht hatten, ihre Landsleute zum Niederlegen der Waffen zu animieren. „Wir“ wussten schon immer, warum wir gegen Hitler gestimmt hatten, während das westliche „Wir“ vom Einzeltäter betrogen worden waren.
Dies änderte aber nichts daran, dass im Westen eine Stolz bereitende Böll-Generation das Wort ergriff. Schriftsteller als Wort-Führer der Vernunft.
Unzählige Namen folgten, die mit Schriftstellerverband und 68er Aufbruch untrennbar verbunden sind. Sie besaßen die ehrliche Anmaßung, das Gewissen der Nation sein zu wollen und sein zu können.  ...


*** Wie ich mich einmische (Weiterverbreitung erwünscht): 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen