Allerdings fördert das Wissen, dass einzelne Menschen sich heute unverschämte Wünsche erfüllen, weil sie dazu die Mittel haben, heute noch den Zusammenbruch einer solchen technischen Institution. Es geht mir hier ja auch nicht um die tatsächliche Machbarkeit im Augenblick sondern darum, dass es bereits technische Mittel gibt, mit denen so etwas möglich wäre. Alle Produktion im weitesten Sinn könnte „wieder“ direkt an den erfassten und bewerteten Bedürfnissen ausgerichtet werden. „Man“ weiß wieder warum man was macht … Trotz des entscheidenden Unterschieds, dass der urgesellschaftliche „Wirtschaftskreislauf“ ungeheuer klein war und inzwischen scheinbar unüberschaubar groß geworden ist.
Das Wissen, was für welches und wessen Bedürfnis getan wird, ging mit fortschreitender Teilung der Arbeit, vor allem der Verselbständigung der geistigen Elemente des Arbeitslebens, allmählich verloren. Die Wirtschaftsbeziehungen, die sich dabei durchsetzten, kann man „klassenbildend“ nennen. Ihre höchste Ausprägung haben sie im „Kapitalismus“ - Beziehungen der Warenwirtschaft, die Marx analysierte. Sie haben im Vergleich zu den beiden anderen „Kreislauf-Arten“ einen einschneidenden Unterschied: Es ist ein von letztendlichen Bedürfnissen zu unterscheidender eigener Wirtschaftskreislauf entstanden, der Kreislauf der „(Tausch-)Werte“. Seine gesamten Gesetze berühren menschliche Bedürfnisse als Ursprung allen menschlichen Handelns nur noch indirekt. Er beruht darauf, dass die Menschen, die etwas tun, was eigentlich Bedürfnisse befriedigen soll, diese Bedürfnisse nicht kennen. An die Stelle der eigentlichen Bedürfnisse sind die „gesellschaftlich anerkannten“ getreten, also die „bezahlbaren“.
Tausende bezahlte Wünschelrutengänger beschwören die Möglichkeit, dass das freie Spiel der chaotisch wirkenden Kräfte einen Ausgleich zwischen Produktion und Konsumtion herstellte. Trotzdem verhungern Millionen Menschen auf der Erde, weil sie nicht in Besitz von allgemeinem Äquivalent kommen, weil sie keine Arbeit (vorfinanziert) bekommen, um etwas in dem großen Kreislauf Verwertbares einzubringen.
Das System Kapitalismus kann das Problem der Bedürfnisbefriedigung im Weltmaßstab nicht lösen, sondern nur jeweils beschränkt auf Teilkreisläufe, die sich auf Kosten des Rests (der Welt) vollsaugen. Es ist richtig: Das System hat in seinen Glanzecken besser funktioniert als die Ansätze des Sozialismus. Aber die Unerfüllbarkeit von Bedürfnissen einer „Überschussmenschheit“ ist Bedingung des ganzen Systems – es wechselt im Höchstfall, wer zur Gruppe eben dieser „Überschussmenschheit“ gehört. Im Wesen der Planung eines kommunistischen Versorgungssystems liegt die beständig steigende Annäherung an die umfassende „Vollversorgung“.
Wesen und Erscheinung der Vorgänge der (kapitalistischen) Warenwirtschaften sind durch Marx nicht nur in „Das Kapital“ schlüssig dargestellt. Nur irrig ist, diesen Übergangsfall menschlicher Entwicklung so darzustellen, als begänne alle Wirtschaft mit Waren. Das war Hunderttausende Jahre nicht so und wird – vorausgesetzt, die Menschheit übersteht die Presswehen der neuen Gesellschaft – Millionen Jahre nicht mehr so sein. Der zweite „Kreislauf“, der alle Vorgänge über ein abstraktes allgemeines Äquivalent, also das Geld, steuert, verschwindet wie eine abgenutzte Schlangenhaut.
Der Grundwiderspruch, der alle menschliche Entwicklung vorantreibt, ist der zwischen den vorhandenen Bedürfnissen und den realen Möglichkeiten, sie zu befriedigen. Er schließt ein, dass aus jedem befriedigten Bedürfnis ein neues, höheres erwächst. So lange in gesellschaftlichem Umfang nur Teile der Menschheit ihre Bedürfnisse befriedigen können, weil das Produktivkraftniveau nicht mehr ermöglicht, liegt zwischen Bedürfnissen und ihrer Befriedigung ein eigenständiger Kreislauf der Warenwirtschaft. Tendenziell wachsen darin die schmarotzenden Elemente, die sich im Nachhinein als überflüssig herausstellen.
Dies ist nur ein Stück aus dem Robinson-Kapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )
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