Dienstag, 24. Januar 2012

Wir kleine Würstchen ändern sowieso nix (2)

Und doch war es nicht die Rote Armee, die den entscheidenden Sieg über die faschistischen Truppen errang. Praktisch wäre sie ohne ihr Hinterland auf beiden Seiten der Front untergegangen.
Unglücklicherweise unterstellen auch marxistische Geschichtswissenschaftler dem faschistischen Kriegsprojekt im Osten einen hohen Grad an Irrationalität. Natürlich steckte auch viel Größenwahn darin. Aber bleiben wir sachlich: In konventionellem Sinn war das sowjetische Heer mit Beginn der Schlacht vor Moskau tatsächlich schon geschlagen. Es war überrollt worden wie Frankreich.
Aber nun kamen die Unterschiede. Kann man den Faschisten vorwerfen, dass sie, in ihrem Denkmuster befangen, einen Kniefall wie den französischen erwarteten – den nur wegen der eigenen Überlegenheits- und Volk-ohne-Raum-Fantasien gar nicht nutzen wollten?
Räumen wir ein, dass für den „Endsieg“ die Teilsiege hätten schneller kommen müssen. Aber was geschah denn nach den Anfangserfolgen der Wehrmacht in der unterentwickelten Ostsowjetunion?
Massen gewöhnlicher Menschen, Frauen und Schwache stellten eine Kriegswirtschaft auf die Beine, durch deren Panzer und Granaten erst die Frontsoldaten kampffähig wurden und blieben.
Klar: Schlacht ist Schlacht. Aber was da militärisch für sich allein betrachtet bedeutungslose Menschen an Entscheidendem vollbrachten, dürfte die einzelnen Schlachten in ihrer Bedeutung überragen. Ausnahmsweise war einmal die besondere Bedeutung der Wirtschaftskraft für die Kriegsbeendigung offensichtlich. Auch hier wieder: Hätten alle gesagt, na, auf mich kommt es nun nicht gerade an, wäre General Paulus vielleicht 1944 in Neu Dehli einmarschiert.
Andere Seite der Front: Wiederum in der engen Betrachtung der einzelnen Handlung waren die Aktionen der Partisanen fast so sinnlos wie Aktionen von Selbstmordattentäten. Jede Erfolgsaussicht lag deutlich unter der Wahrscheinlichkeit, als Toter/Tote zu enden – wozu ja noch die „Strafaktionen“ gegenüber „Unschuldigen“ kamen.
Wer kann im Nachhinein entscheiden, welche für ein Gefechtsausgang an der Hauptfront maßgebendes Teil oder welcher Mensch dort nicht rechtzeitig ankam? Heute wissen wir, wer gesiegt hat in diesem (hoffentlich letzten heißen) Weltkrieg. Können wir da sagen, dass irgendeine konkrete Anna Nikolajewna einen „sinnlosen“ Einsatz gezeigt hatte, weil ihre Aktion schlicht fehlschlug? Sie hat ja nichts gemacht, damit sie versagte, sondern weil sie erwartete, dass neben ihr noch mehr Aktivisten ihre Aktionen starteten, wovon einige eben erfolgreich sein mussten – rein statistisch.

In allerweitestem Sinn gibt es eigentlich nur eines, was bedingungslos falsch ist: Gar nix tun. Da siegen sicher die, die die Macht haben. Alles Andere kann falsch sein, muss unter Umständen streng gerügt werden, weil es das Richtige zur falschen Zeit oder das Falsche zur richtigen Zeit ist – aber die Sicherheit, wann wofür die richtige Zeit angebrochen ist, hat man erst wesentlich später. Im konkreten Augenblick einer Auseinandersetzung ist diese Frage immer Gegenstand der Analyse. Dafür sollte man die richtige Partei haben, ihr vertrauen können.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen