Montag, 9. Januar 2012

Musik als Muster der kommunistischen "Produktivkräfte" oder im Sumpf der Piraten (2)

Was der Bauer nicht kennt, ... oder wir Jäger, Fischer, Sammler und Kritiker ...


Zweitens lässt sich natürlich etwas Unbekanntes nur aus dem Vergleich mit Bekanntem erklären. Man stelle sich vor, es wären Zeitreisen möglich. Nun erkläre man eine moderne Wohnung mit Fernseher, Computer, Musikanlage, Handy und Ceranfeld den Denkern Marx und Engels im Jahre 1844 – von „normalen“ Arbeitern ihrer Zeit ganz abgesehen. Aber eigentlich müssten wir uns ja eher mit denen vergleichen! Ich bezweifle, mich ihnen da wirklich verständlich machen zu können. Für einen Witzfilm böte dies herrliche Gags, über die wir heute entspannt lachen könnten.

Drittens steckt ein rationaler Kern in dem niedlichen Bild: Dass wir heute froh sind, in dem Bereich arbeiten zu dürfen, den wir gelernt haben, hat doch zweierlei Gründe. Da ist die Sache selbst. Die Masse an Wissen, um ein Computersystem zu programmieren, ist „etwas“ größer als das Knowhow für den Fang eines Fisches. (Obwohl man auch die spezifischen Kenntnisse der Vergangenheit nicht unterschätzen sollte.) Es wäre also eine Verschwendung, sich erst eine solche Masse an geistiger Potenz anzueignen, und sie dann nicht einzusetzen, wenn wir nicht die freie Entfaltung unserer Individualität in den Vordergrund stellen. Marx ging es aber wohl um etwas anderes. Wir sind durch unsere Einbindung in den „gesellschaftlichen Reproduktionsprozess“ gezwungen, „unser Geld zu verdienen“. Wer unsere Arbeitskraft einsetzen will, möchte sicher sein, dass sich das lohnt. Ihm müssen wir beweisen, was wir gelernt haben. So verkümmern wir, weil wir für unser Arbeitsleben „festgelegt“ sind. Manchem sieht man das fast an. Wie viele „Buchhalter“ erkennt man irgendwie als Buchhalter … Erfahrungswerte besagen, dass die meisten Menschen nach etwa sieben Jahren gleichartiger Tätigkeit ihr kreatives Potential verloren haben. Aber wer würde sich freiwillig an Neues heranwagen, wenn seine Chancen, dort anerkannt arbeiten zu dürfen, mit jedem weiteren Lebensjahr sinken?

Natürlich ist das mit morgens, nachmittags und abends etwas übertrieben und man erkennt den Wunsch als Vater des Gedanken. Aus einer Welt der totalen Disziplinierung jedes Einzelnen für eine feste Rolle brach der Wunsch nach anarchischer Freiheit durch.
Dabei ist das Bild wahrscheinlich trotzdem eine Nuance näher an der Wirklichkeit, als wir uns das heute ausmalen. Die Zahl der „Berufe“, die unsere kommunistisch lebenden Nachfahren erlernt haben werden, wird unterschiedlich groß sein, aber sicher größer eins. Man wird dabei Synergieeffekte feststellen, also dass Ideen zur Verbesserung des einen Fachs besonders von denen kommen, die in einem ganz anderen auch andere Abläufe kennen gelernt haben. Dass also die Menschen im Lebensverlauf nacheinander mehrere Berufe ausüben werden, dürfte einen Heutigen nicht sonderlich verwundern. Technische Grundlagen dafür, dass der einzelne Mensch tatsächlich im Laufe eines Tages mehrere unterschiedliche Tätigkeiten nach seinem Gusto wird ausführen können, gibt es aber auch schon. Das ginge nämlich leicht, wenn man es von Zuhause aus erledigte. Dem stehen heute in erster Linie Sicherheitsbestimmungen entgegen. Es besteht aber wohl kein Zweifel, dass immer mehr Aufgaben über Rechentechnik daheim oder unterwegs erledigt werden könnten und prinzipiell bereits „virtuelle Büros“ möglich sind. Im Kommunismus steht hinter keiner Tätigkeit ein Schaden gegenüber einer Konkurrenz. Ein Arbeitender kann also eine Idee für mehrere Zwecke nebeneinander verfolgen, wenn ihm dies Spaß macht. Deshalb muss das nicht der Mehrzahl aller Menschen Spaß machen. Es reicht der Menschheit, wenn es einigen Engagierten Spaß bereitet.


Dies ist nur ein Stück aus dem Robinson-Kapitel im Buchentwurf für "Komodo - Kommunismus ohne Dogmen". Das ganze Kapitel befindet sich H I E R )

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