Sonntag, 29. Januar 2012

Sagt man nun "Diese Gesellschaft kotzt mich an" oder doch "Klassenkampf"? (2)

Also die Klassenstruktur einer Gesellschaft ist nicht starr, sondern immer in Bewegung.
Und der Klassen“kampf“?
Weil das Wort Kampf drinsteckt, vermutet man so etwas wie Revolution dahinter, wenigstens „Evolution“, die auf Revolution zusteuert.
Leider ist die Welt komplizierter. Praktisch hat die mikroskopischste Entscheidung mit im weitesten Sinne politischen Charakter Klassenkampfcharakter, ohne dass dies nur einem der unmittelbar Beteiligten bewusst werden muss.
Wer also einen BLÖD-Zeitungsartikel liest und danach sagt, „Schon wieder so ein Ali!“ ist in diesem Moment Objekt des Klassenkampfes geworden.
Manches lässt sich relativ leicht bestimmen:
Wo Klassen und Klassenkampf bestritten werden, wird – absichtlich oder nicht – immer Klassenkampf geführt und zwar immer ein Kampf zur Erhaltung der bestehenden Machtverhältnisse.
Gleiches gilt für alle Fälle, bei denen aus im engen Sinn äußerlichen Merkmalen verallgemeinernde Rückschlüsse auf innere Charakteristika, Eigenschaften, Interessen von Menschengruppen gezogen werden. Damit will ich noch nicht gesagt haben, dass es keine menschlichen Rassen gibt und dass es bestimmte Haltungen bei verschiedenen Rassen nicht unterschiedlich stark ausgeprägt gäbe. Ich sage damit nur, dass dies nicht an der Zugehörigkeit zu der jeweiligen Rasse liegt, sondern deren unterschiedliche Geschichte auch Unterschiede in ihrem Erleben von ausgeübter Macht zur Folge hatte. In Sklaverei gehalten zu werden und wegen der Hautfarbe als Sklave immer erkannt zu werden reproduziert natürlich ein eigenes Verhältnis zur Umwelt – selbst dann noch, wenn die juristische Eindeutigkeit weggefallen ist. Wobei natürlich ständig mit bestimmten Vorurteilen konfrontiert zu werden sozusagen „Pseudoklassen“ zusammenschnürt. Aber gerade jedes Fördern solcher „Pseudoklassen“ reproduziert eine gesellschaftliche Klassenstruktur mit Ausbeutung. Einzige Besonderheit: Ein Teil der Angehörigen der unterdrückten Völker versucht den Schritt ins etablierte System, ein paar Schwarze möchten „erfolgreichere“ Weiße werden als die Weißen selbst, Frauen in einzelnen Führungspositionen bedeuten keine Frauenemanzipation usw.
Die Zahl der Interessen, die über die historische „Arbeiterklasse“ hinaus einer Mehrzahl von Menschen gemein ist, die aber nur befriedigt werden können, wenn es eine gesellschaftliche Problemlösung im „Arbeiterklassen“-Sinn gibt, nimmt beständig zu. Überlebensfragen der Menschheit wie die Umweltzerstörung im allgemeinen oder im Besonderen zum Beispiel durch die permanente Bedrohung durch atomare Verseuchung oder freigesetzte „Genmonster“ sind nur „nachhaltig“ lösbar, wenn die Eigentumsfrage gelöst wurde, sprich: Jenes Eigentum beseitigt wurde, dass den Eigentümer veranlasst, seinen Profit höher zu schätzen als das Überleben der Menschheit. Und welcher Betreiber eines Atomkraftwerkes geht davon aus, dass ausgerechnet sein Werk den die Umwelt zerstörenden Super-GAU veranlassen wird, welches Pharma-Unternehmen geht davon aus, dass ihr Forschungsprodukt eine Todeswelle bringen könnte. Ihre Privatstruktur zwingt sie jedoch, diese Möglichkeit billigend in Kauf zu nehmen, da das wirtschaftliche Überleben vom erwirtschafteten Profit abhängt.
Wenn wirklich einmal etwas passiert, wird kurzzeitig individuell dramatisiert. Bald aber sind die Contergan-Kinder vergessen, ihrem Schicksal überlassen. Die Firma, die sie verschuldete, existiert weiter. Dort ist Gammelfleisch entdeckt worden? Der Böse!!! Da kann man es sogar der Verwürzung wegen zum Ausländerproblem machen. Dass es sich bei dem einzelnen „Bösen“ aber „nur“ um einen Erwischten im Überlebenskampf geht, also dieser Überlebenskampf das Problem ist, wer hebt dies hervor? Denn in der Jagd nach Profit steckt ja auch die permanente Angst vor dem wirtschaftlichen Untergang, der Verschuldung, dem Scheitern. Es ist die „ungewollte“ Zugehörigkeit zur Kapitalistenklasse, vor der die einzelnen Kapitalisten „beschützt“ werden müssen.
Letztlich ist es egal, ob man SAGT, dass man „Klassenkampf“ führt. Entscheidend ist, in wessen Interesse man ihn tatsächlich führt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen