Etwas
logisch zwingend zu definieren ist mitunter wesentlich komplizierter
als es auf den ersten Blick scheint. Nehmen wir das am häufigsten
gebrauchte Indiz, woran man „Demokratien“ erkennen kann: Die
Möglichkeit aller Menschen eines Staatsvolkes, aus Alternativen zu
wählen.
Nun ist es natürlich schon gewagt, an
einem Kreuz, das alle vier Jahre gesetzt werden kann, ablesen zu
wollen, ob ein Land demokratisch regiert wird oder nicht. Nehmen wir
das aber einmal als gesetzt an.
In der DDR hatten die Bürger praktisch
„die Wahl“, entweder die Kandidaten der Nationalen Front zu
bestätigen oder sie auf dem Wahlzettel abzulehnen ... oder sie durch
Wahlverweigerung abzulehnen. Der letztgenannte Fall hatte mindestens
moralische Missbilligung zur Folge, er wurde allerdings häufig zur
Nötigung des Staates benutzt, also durch Kopplung unmittelbarer
persönlicher Interessen mit dem Wahlakt. (im Sinne von: Wenn ich zur
Wahl gehen soll, dann möchte ich dafür eine Neubauwohnung.) Das war
also die undemokratische Wahl-Variante. Zum Verständnis: Die
„Nationale Front“ bestand aus 5 Parteien, von denen sich zwei
selbst „demokratisch“ nannten, und Massenorganisationen, die die
Sitzverteilung in der Volkskammer vor der Wahl aufgeteilt hatten.
Formal besteht diese vorausgegangene
Sitzaufteilung in bürgerlich-demokratischen Parlamenten nicht. Der
Bürger kann also unter alternativen Buchstabenkombinationen für
verschiedene Parteinamen wählen. Praktisch entsteht die „Nationale
Front“ nachher. Hauptursache ist der Entfärbungsprozess der
Sozialdemokratie. Der begann in Deutschland mit dem Eintritt ihrer
Partei in die Kriegsallianz 1914 und endete mit der
Schröder-Regierung. Mit letzterer wurde der Angleichungsprozess
vollendet: Es gibt inzwischen keine Regierungsentscheidung mehr, die
nicht von der jeweiligen Wahl-Alternative auch hätte durchgeführt
werden können oder deren Konzept entsprochen hätte. Dafür
übernimmt die andere Partei Ideen der ersteren, sobald sie auf der
Oppositionsspiel-Bank sitzt. Natürlich führt auch die aktuelle
„christliche“ Partei genau die Maßnahmen durch, für deren
Verhinderung sie ursprünglich gewählt worden ist. Wie sollte man es
nennen, wenn die jeweilige „Opposition“ in der
„Regierungsverantwortung“ das macht, wogegen sie vorher
aufgetreten ist und was zu ändern sie gewählt wurde?
Eine tatsächliche Wahl bleibt dem
Wähler nur noch zwischen Gesichter-Gemeinschaften. Oder man
verweigert sich dem Zirkus von vornherein.
An den tatsächlichen
Machtverhältnissen ändern „normale“ „demokratische Wahlen“
nichts: Diejenigen, die sich die passenden Gesichter kaufen, bleiben
herrschend.
Es ist also nicht klar, ob man eine
repräsentative, eine „Vertreter“-Demokratie, als Demokratie in
formalem Sinne bezeichnen kann. Das würde streng genommen erfordern,
dass die Vertreter von denen zur Verantwortung gezogen, sprich
abgewählt werden, können, wenn sie nicht das tatsächlich tun, was
sie zu tun versprachen und deswegen gewählt worden sind.
Es ist in diesem Sinne ein fast
logischer Witz: Versprechen vor der Wahl, die unmittelbar danach
„vergessen“ worden sind, konnte man den
DDR-Volkskammer-Abgeordneten kaum vorwerfen. Wer sie also per Kreuz
gewählt hatte, hat das bekommen, was ihm für das Kreuz versprochen
oder angedroht worden war.
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