... Also je
fundierter das Wissen der „Massen“ ist, umso größer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sie gemeinsam zu vernünftigen Ergebnissen
kommen. Nun sind aber gesellschaftswissenschaftliche Fragen eher mit
Emotionen und Meinungen belastet als einfache naturwissenschaftliche
Sachverhalte. Dazu kommt, dass Entscheidungsgrundlagen immer
komplexer werden. Was alles ist in welchem Umfang zu berücksichtigen?
Wie soll man (Gefälligkeits-)Gutachten bewerten, die als Ergebnis
„sachverständiger Prüfung“ in der Zeitung stehen? Ist da nicht
doch etwas dran?
Im Anziehungsfeld widerstreitender
Kräfte neigt die Normalvernunft zum Lemmingverhalten, also zur Suche
nach einem, dem man hinterherlaufen kann. Da dies in der Masse jemand
ist, der a) besonders häufig seine Meinung öffentlich ausbreitet
und b) dies mit einer scheinbar anerkannten Kompetenz tut, also z. B.
als Regierung oder von der Regierung Berufener, ist direkte
Demokratie tendenziell konservativ im Sinne der Erhaltung des
Bestehenden / Gewohnten.
Diesem allgemeinen Effekt ist wiederum
nur bedingt dadurch beizukommen, dass „die Massen“ umfassend
informiert sind. Dabei ist dieses „umfassend“ nicht als
erschlagende Masse einander widersprechender ausgewählter Details
gemeint, sondern als methodisches Grundgerüst einer Sachbewertung
und einer Objektivierung von Fakten. Das hört sich kompliziert an,
ist es aber auch.
Und es setzt voraus, dass es keine
wesentlichen gegenläufigen Interessen gibt, also niemand daran
interessiert ist, dass die Menschenmassen NICHT zu den objektiv
besten Schlüssen kommen. Jede Entscheidung, die Bedeutung für die
wirtschaftliche Rolle einzelner Beteiligter hat, veranlasst aber
diese, aus dem Gefüge von möglichen Argumenten diejenigen zu
„verstärken“, die eine Entscheidung im positiven Sinn der
eigenen wirtschaftlichen Entwicklung bewirken können. Sobald es sich
dabei um wirtschaftlich Mächtige handelt, also solche, die freie
Mittel („Kapital“) für Gutachten, Lobbyarbeit in Parlamenten,
Zeitungsartikel usw. einsetzen können, ist in der öffentlichen
Wahrnehmung eine ihnen angenehme Auswahl an Argumenten überrelevant
präsent. Damit tritt der vorher angedeutete psychologische Effekt
ein, dass die Massen sich für kompetent halten und eine im Sinne der
Herrschenden erwünschte Meinung für sachlich richtig – obwohl die
a) falsch und b) für sie selbst schädlich ist. Letztlich bis zur
Lemmingkonsequenz, also zum kollektiven Suizid. (Über das indirekte
Erpressungspotential von Großanlegern gegenüber Medien braucht
nicht zu philosophiert zu werden. Eigentlich passiert es nurbeim
kleinen Sexgeschäft und der Pornografie, dass eine Reihe von
Hotline-Nummern unmittelbar neben einem Artikel gegen die
Geschlechtsvermarktung steht. Ansonsten dürften die Redaktionen
vorsichtig sein, Artikel gegen die großen Inserenten zu
veröffentlichen.) ...
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