Montag, 2. Mai 2011

Mein ganz individueller Kommunismus (22)

Viel später wurde mir bewusst, dass ich eine Art „Potlatch“ veranlasst hatte. Logisch, dass ich mich damit dann näher beschäftigte – ganz davon abgesehen, dass für den Heranwachsenden in der DDR ein Stück Indianer-Romantik „eingetrichtert wurde“ wie im Westen die Simulation des freien Lebens als Cowboy. Eingeimpft sage ich dabei wertfrei. Man nimmt bestimmte Werte unbewusst auf. Und die DDR-Indianerfilme waren sehenswert.
Aber darauf komme ich bestimmt noch zurück. Eigentlich hat ja hier alles eine Überschrift, deren wichtigstes Wort „Kommunismus“ lautet. Zumindest unaufmerksame Leser könnten der Meinung sein, dass das, was ich bisher geschrieben habe, absolut nichts mit „Kommunismus“ zu tun hat. Das sehe ich zwar anders. Aber ich erlaube mir hier einen großen Sprung. Ich erlaube mir eine Behauptung: Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert fürchterlichster Menschheitskatastrophen, unter denen (mindestens) eine immer noch die Chance hat, zu DER Menschheitskatastrophe schlechthin zu werden – einfach deshalb, weil sie außer der Frage ihrer schrecklichen direkten und indirekten Auswirkungen die ganz große Frage noch nicht endgültig beantwortet: Wird es denn in „der Zukunft“ überhaupt noch eine Menschheit geben.
Nachher sind „wir“ immer klüger und für historische „Eckpunkte“ gibt es immer Gründe, die sie begründen und welche, die sie zurückweisen könnten. Meine Katastrophe ist die Niederlage der Novemberrevolution in Deutschland. Man mag mir eine gewisse nationale Verblendung vorwerfen, aber vielleicht vermag ich zu überzeugen. Damit ich das Problem noch etwas zuspitzen kann, nenne ich die „andere Seite“ derselben Medaille. Das ist nämlich der „Sieg“ der russischen Oktoberrevolution in eben der Weise, in der er möglich geworden ist.
Reisen wir gedanklich gut 100 Jahre zurück. Selbst „bürgerliche“ Historiker leisten sich mitunter den Luxus, zuzugeben, dass damals „Kapitalismus“ herrschte, ja „Imperialismus“. Nun brauchen wir uns nicht darüber auslassen, dass das, was heute 1. Weltkrieg genannt wird, ein unerwarteter Schicksalsschlag war, in den die unschuldigen Nationen Europas und der Welt „hineingerissen“ wurden, weil da so ein „Irrer“ einen Thronfolger ermordet hatte. Jeder imperialistische Staat brachte konkrete wirtschaftliche Hoffnungen in seine Politik ein. Der Krieg war eine zwangsweise Folge der Vollendung bestimmter Formen des „Imperialismus“: Nach Jahrzehnten des Wettlauf danach, relativ wehrlose Völkerschaften unter die eigene Herrschaft zu bekommen (Kolonialreiche), war nun alles so weit aufgeteilt, dass nur noch eine Umverteilung möglich war. Dabei hatte Deutschland in den letzten Jahren einen besonders stürmischen Aufschwung seiner inneren Wirtschaft erlebt, ohne dass dies in Weltmachtsphären adäquat umsetzbar gewesen wäre – überall dort waren schon englische oder französische Krallen auf der angestrebten Beute. Dass der Weltkrieg begann, war also keine Katastrophe, sondern „notwendige Folge“ der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Katastrophe lag in Verlauf und Ende. Von dem zehren wir nämlich noch heute.

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