Mittwoch, 11. Mai 2011

Mein ganz individueller Kommunismus (32)

Der menschliche Verstand funktioniert durch seine Abstraktionsfähigkeit. Zumindest im Moment noch müssen technische Systeme ALLE Eingangsdaten bewerten, um ihre Relevanz einzuschätzen. Der Verstand riskiert eher Irrtümer, er überblickt aber schneller ein Ganzes.
Man denke an die Anti-Spam-Codes. Wenn da Zeichen ein wenig verquer daher kommen, geht man zurecht davon aus, dass ein unscharf betrachtender Mensch trotzdem erkennt, welchen Buchstaben oder welche Zahl er vor sich hat. Die sich das ausgedacht haben gehen aber auch davon aus, dass ein technischer Spam-Produzent an eben jener „vergleichbaren Unschärfe“ scheitert.
Normalerweise ist das ein Vorteil. Wie viele Lehrer müssten die Bewertung von schriftlichen Schülerleistungen aufgeben, wenn sie nicht ein Grundwissen für Zeichen und Zeichenkombinationen verinnerlicht hätten, an das sich die einzelnen Handschriften mehr oder weniger annähern. Schriebe ein Schüler allerdings in einer deutschen Klasse griechisch oder kyrillisch, versagte das Vergleichssystem. Bei arabischen oder chinesischen Zeichen reichte es wahrscheinlich bis zu einer Erkenntnis: „Da verwendet jemand arabische bzw. chinesische Zeichen.“
Was will ich damit ausdrücken? Normalerweise geht unser Verständnis von dem aus, was es kennt bzw. was es gelernt hat – wovon es also meint, dass es es kennt. Aber auch, wenn etwas anders ist, als das Bekannte, greifen wir zur Erklärung auf Bekanntes zurück.
Nun stehen wir aber beim „Kommunismus“ vor etwas völlig Unbekannten und Neuen. Wir müssten also alle vertrauten Pfade verlassen und uns aufmachen, die „arabischen bzw. chinesischen Schriftzeichen“ als solche zu lernen. Aber Gnade, uns begegnen Zeichenkombinationen, die wir mit unserem erlernten Zeichensatz „lesen“ können. Dann tun wir das auf Teufel komm raus und identifizieren die nicht so identifizierbaren Zeichen als schlecht geschrieben. Wir wissen wieder …
Für den Kommunismus haben wir als einzigen Anhaltspunkt die Zeit vor den Klassengesellschaften. Nun wollen wir natürlich nicht auf die Bäume zurück. Aber wir müssen schon überlegen, welche Denkweisen die zurückliegenden Jahrtausende Herrschaft zwischen den Menschen verändert haben. Den Hauptteil aller dieser heute als „natürlich“ und „selbstverständlich“ erscheinenden Denkweisen haben materielle Ursachen, die geändert werden.
Aber man erlaube mir noch ein Kratzen an gewohntem Denken:
Das, womit wir alle Erscheinungen, mit denen wir konfrontiert werden, bewerten, nennen wir selbstbewusst den „gesunden Menschenverstand“. Das klingt so, als wäre dies „dem Menschen“ gegeben. Versuchen wir doch einmal, an eben diesem, unseren eigenen „gesunden Menschenverstand“ zu zweifeln.

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