Freitag, 26. August 2011

Eine Katastrophe

"Revolutionsführer" Ghaddafi ist sicher nicht jener Held gewesen, zu dessen Verteidigung Interbrigadisten aus aller Welt zusammengeströmt wären. Der Anschein wurde schon früher bestätigt, dass er - im Gegensatz beispielsweise zu den Castros - auch individuellem Terror nicht grundsätzlich abgeneigt war und nur abzuschwören versuchte, um jene zu "Freunden" zu machen, die ihn nun niederbombten.
Hier hätten wir schon eine von vielen Schlussfolgerungen des Libyenkrieges: Als "Partner" oder "Freunde" treten imperialistische Großmächte oder solche, die es sein wollen, nur so lange auf, wie sie den "Partner" nicht schlucken können - oder glauben, es zu können. Diese Erfahrung durften die DDR-Bürger auch schon machen.

Aber weiter! Das Lebensniveau der Libyer vor der Bombeninvasion war so hoch wie nirgends in Afrika. Auch hier zeigte sich, dass allein die demonstrierte "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" nicht ausreichend ist. Wahrscheinlich sogar wichtiger ist, dass sich alle Teile der Bevölkerung an der Regelung ihrer Angelegenheiten beteiligt sehen. Echtes Volkseigentum und echte partizipierende "Demokratie". Dies ist natürlich in einem Land mit kolonial gepflegter Stammesteilung, Clanwirtschaft besonders schwer. Offenbar fanden sich eben Clans, die der Invasion als Fuß in der Tür dienen konnten.

Aber unabhängig davon ist das Ergebnis des Bombenterrors eine kaum zu überschätzende Menschheitskatastrophe. Ohne Zweifel gibt es bei jedem Land bei Bedarf die Möglichkeit, Falschmeldungen zu produzieren. Ohne Zweifel gibt es von Land zu Land wesentliche Unterschiede in der Auslegung von demokratischer Wahlordnung und Menschenrechten. So unterscheidet sich die Anwendung der Todesstrafe in China und den USA nur dadurch, dass man die amerikanischen Todeskandidaten länger zappeln lässt. In Anbetracht von Erkenntnissen über Getötete, die offenbar zu Unrecht verurteilt worden waren, erwächst für die internationale Gemeinschaft die Verpflichtung (grins), für die Menschenrechte in den USA wirksam zu werden. Rechnet man den Umgang mit Folter dazu und präsidial bestätigte internationale Lynchjustiz, so stellt sich die Frage, wo ist die Koalition der Willigen, die dem Einhalt gebietet? Wo ist die UN-Resolution, die Maßnahmen gegen den Start USamerikanischer Tötungsmaschinen verbietet und verhindert? Zumindest außerhalb des eigenen Staatsgebiets, aber warum nicht auch zum Schutz der eigenen Bevölkerung im eigenen Land?
Natürlich Unsinn. Aber diesen "Unsinn" muss man denken, wenn man die Argumente der Kriegswilligen Ernst nimmt. Findet man meine obige Argumentation lächerlich, bleibt eines übrig: Wir haben gerade einen "modernen" Kolonialkrieg erlebt. Und der hat die offizielle Duldung des sich unter Führung einer "kommunistischen Partei" befindlichen, einen "Sozialismus" aufbauenden Chinas gefunden! Er hat die offizielle Duldung zweier Staaten gefunden, die ihren Einfluss in der Welt nicht direkt militärisch auszudehnen versuchen.

Man mag Jugoslawien als Start auffassen, Irak, Afghanistan. Egal. Es ist etwas Neues, Schreckliches in die Beziehungen der politischen Gebilde dieser Erde zurück gekommen. Lein Land, das nicht - z.B. durch eigene Atomwaffen - "Großmacht" ist, kann sich nach innerem "Gutdünken" entwickeln. Wir sind in einer Weltordnung auf dem geistigen Niveau vor dem 1. Weltkrieg angekommen. Und als "Lehre" aus dem zweiten kann man inzwischen Staaten benennen, die ihre faschistischen Traditionen zu vergangenem Heldentum umdeuten - wohlgemerkt offiziell, nicht nur als interner Kreis Unverbesserlicher, was wir auch in unserer Nähe überall haben.

Schätzungsweise zwei Millionen Vietnamesen ringen heute noch unmittelbar mit den körperlichen Folgen des Krieges gegen ihr Land. (Die unmittelbaren Toten nicht gerechnet) Wie viele Menschen gesellen sich mit jedem weiteren Krieg dazu? ... Wann sind wir dran, die wir die Kraft zum Verhindern nicht aufbrachten???

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