Aber man erlaube mir zuvor noch ein Kratzen an gewohntem Denken:
Das, womit wir alle Erscheinungen, mit denen wir konfrontiert werden, bewerten, nennen wir selbstbewusst den „gesunden Menschenverstand“. Das klingt so, als wäre dies „dem Menschen“ gegeben. Versuchen wir lieber, an eben diesem, unserem eigenen „gesunden Menschenverstand“ zu zweifeln.
Lasst mich Folgendes behaupten: Die Erde ist eine Scheibe, über der sich die Sonne bewegt.
Das ist Unsinn? Gut. Einverstanden. Es weiß doch jeder, dass das falsch ist. Aber jeder sagt doch, ohne groß darüber nachzudenken, „Die Sonne geht auf“ oder „Die Sonne geht unter“. Ist das nicht auch „falsch“? Aber entspricht das nicht unseren alltäglichen Beobachtungen?
Das ist Unsinn? Gut. Einverstanden. Es weiß doch jeder, dass das falsch ist. Aber jeder sagt doch, ohne groß darüber nachzudenken, „Die Sonne geht auf“ oder „Die Sonne geht unter“. Ist das nicht auch „falsch“? Aber entspricht das nicht unseren alltäglichen Beobachtungen?
Stellen wir uns vor, wir hätten all die Zusammenhänge von Physik und Astronomie in der Schule nicht so gelernt, wie wir sie gelernt haben. Was sehen wir?
Die Sonne geht morgens auf, bewegt sich in jahreszeitlich unterschiedlichen Bahnen über den Himmel und geht auf dessen anderen Seite wieder unter. Das sieht jeder wirklich.
Nun stellen wir uns vor, wir hätten dies als richtige Beschreibung auch so in der Schule gelernt, verbunden mit der Erklärung, das alles sei der unergründliche Wille eines über dem Ganzen wachenden Schöpfers. Hätten wir daran gezweifelt? Wo kluge Leute unsere Beobachtung bestätigten?
Wie hätten wir reagiert, käme ein voreiliger Ketzer daher, der mit (für uns nicht nachvollziehbaren) „wissenschaftlichen“ Argumenten zu erklären versuchte, die Erde drehe sich als Kugel mit uns obendrauf um jene Sonne da? Hätten wir ihn nicht mit gutem Recht als Spinner verlacht? Hätten wir es nicht sogar gut geheißen, den Ketzer zu verbrennen, da er uns doch mit seiner Darstellung unseres Schöpfers und damit unseres paradiesischen ewigen Lebens zu berauben versuchte? Können wir heute so ehrlich sein, dass wir das, in eine andere Zeit hineingeboren und mit anderem Grundwissen gefüttert, wahrscheinlich so gesehen hätten? Mit wirklich „gesundem Menschenverstand“?!
Dieser Ketzer, der eine für heutige Verhältnisse „Allerweltsweisheit“ verbreiten wollte, hätte bei uns verdammt schlechte Karten, sobald wir uns in die Denkwelt der Zeit vor 1450 zurückversetzten … Nur weil wir ein neues Weltbild in der Schule gelernt und Bilder aus der Erdumlaufbahn gesehen haben, glauben wir Anderes zu wissen … In unsere uns natürlich erscheinende Denkwelt sind also Lehren Anderer eingeflossen.
Noch einmal: Wer kann sich NICHT vorstellen, er hätte sich unter anderen Umständen als den heutigen über die Vorstellung amüsiert, dass wenn in Australien ein Stein „nach unten“ auf die Erde fällt, er uns aus unser deutschen Sicht nach „oben“ entgegengeflogen käme? Er fällt uns doch sozusagen ein Stück entgegen! Oder hat noch niemand beim Betrachten des Globusses gedacht, die „da unten“ müssten runterfallen? Wenn nun unser Lehrer gesagt hätte, ja, natürlich fielen wir „dort“ herunter, aber es gibt die andere Seite ja nicht, wären wir auf glaubhaftes Wissen angewiesen, dass es die andere Seite doch gibt.
Für unser Verständnis „mit gesundem Menschenverstand“ ist es dabei belanglos, ob in der Schule mit Absicht, also wider besseres eigenes Wissen des Lehrers oder der ganzen Gesellschaft, oder aus allgemeinem Unwissen heraus etwas gelehrt würde, was „objektiv“ den realen Zusammenhang falsch darstellt. Der australische Junge könnte mit demselben Recht verwundert sein, dass wir nicht von der Kugel herunterfallen.
Der Länge wegen teile ich den Entwurf für das Geschichtskapitel IM KOMoDo-Projekt auf. Der vollständige Text findet sich h i e r.
Der Länge wegen teile ich den Entwurf für das Geschichtskapitel IM KOMoDo-Projekt auf. Der vollständige Text findet sich h i e r.
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