Was liegt denn hinter uns: Lebensschreie einer Steißgeburt. Schafften wir es, etwas mehr „weltgeschichtlich“ auf die DDR und jenen damaligen „Realsozialismus“ zurückzublicken, dann müssten wir uns eigentlich wundern, welch gewaltige Leistungen dieses unter ungünstigsten Bedingungen ans Licht gekommene Etwas trotzdem erreicht hat.
In gewisser Hinsicht war diese frühe Gemeinschaft selbstmörderisch sozial. Leider war dies mit einem Haufen von zerstörten Illusionen verbunden, die ihren Teil zum Zusammenbruch beitrugen.
Zu den Illusionen gehörte das totale Verkennen des Gegners. Klar. Heute ist einigen in den „eigenen Reihen“ die Maske vom Gesicht gefallen. Sie haben sich als Hirngeschwülste eingebildeter Macht geoutet, waren schlicht Verräter. Mal selbstverliebt wie Gorbatschow, der sich heute darin sonnt, wenn „Mächtige“ ihm die Hand geben – und der sich, wäre alles anders gekommen, wohl als Erfinder eines „offenen“ Sozialismus feiern ließe. Mal einfach eklig und persönlich gefährlich voll Mitmenschen-Verachtung wie Bezirkssekretäre der Schabowski-Art. Ohne sie wäre das Zurückdrehen des Zeitenrades nicht möglich gewesen. Dann all die offenen „Klassenfeinde“. Einige von ihnen schafften es sogar, philosophisch-politischen Unsinn in die Theorie der Staatssozialisten zu schleusen - die Floskel von der „Friedensfähigkeit des Imperialismus“ zum Beispiel. Der Expansionsdrang des Kapitalisten endet immer nur an den Mauern der Stärkeren – und bei Strafe seines Untergangs muss er nach Überwindung dieser Mauern suchen, Krieg eingeschlossen.
Leider überließen die „Klassiker“ der „marxistischen“ Weltanschauung an manchen Stellen unscheinbare, aber wesentliche Löcher im geistigen System. Eines davon war der Gedanke, dass es nicht nur einen umfangreichen Übergangszeitraum vom Kapitalismus, also der letzten auf Ausbeutung aufgebauten Klassengesellschaft, zum Kommunismus als klassenloser Gesellschaft geben muss. Diesen einen Übergangszeitraum, den man großzügig einer gemeinsamen „kommunistischen Gesellschaftsformation“ zurechnet (worüber man in 50000 Jahren die Achseln zucken wird) und den man Sozialismus nennt.
Da Marx eben vom im Wesentlichen weltweit „gleichzeitig“ erfolgenden Übergang der durch die Arbeiterklasse geführten Menschheit von der alten in die neue Ordnung ausging, hatte er keine Veranlassung, über den Charakter einer „Weltgesellschaft“ nachzudenken, die nur teilweise diesem „Sozialismus“ näher gekommen war. Und Lenin wich der Systemfrage einfach aus: Als er merkte, der Sprung würde nicht wunschgerecht landen, hielt er vorsichtshalber den „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ für möglich. Ansonsten hätte er den Menschheitstraum grundsätzlicher „Gerechtigkeit“ in unbestimmbare Ferne verschieben müssen. Nein, das konnte er nicht verantworten - er probierte das Mögliche … Eines aber war nicht möglich: der Sozialismus. Für ihn konnten nur einige Grundlagen geschaffen werden.
An dieser Stelle stelle ich einfach wieder eine Behauptung in den Raum: Alles, was wir bisher an über den Horizont des Kapitalismus Hinausweisendes praktisch erlebt haben, war im originär marxistischen Sinne noch kein „Sozialismus“; „Kommunismus“ schon gar nicht. Wenn wir schon Begriffe brauchten, dann war dies am ehesten eine maximal „abgebremste Revolution“. Es waren „Übergangsgesellschaften“.
Wir dürfen uns dabei „Revolution“ nicht im engsten politischen Sinn als eine „Machtergreifung“ vorstellen, Im philosophischen Sinne beschreibt der Ausdruck „Revolution“ den relativ schnellen Übergang von einer „Qualität“ zu einer tatsächlich grundsätzlich neuen.
Nun dürfen wir uns „schnell“ nicht aus der Perspektive eines Menschenlebens vorstellen. Bei der Frage der „kommunistischen Gesellschaftsformation“ geht es darum, eine menschliche Kultur zu erschaffen, die über 10000 Jahre „Klassengesellschaft“ mit ALLEN ihren Elementen ins Grab der Geschichte versenkt. Was die Menschheit in ihrer gesamten Entwicklung aus dem Tierreich hervorgebracht hat, wird auf neuer Grundlage gestaltet. Die Menschheit gestaltet ihre Welt als Ganzes erstmals bewusst und vorsätzlich geplant. Erstmals kann sie das. Schon allein deshalb ist „die Revolution“ nicht mit dem Schuss eines Panzerkreuzers vollbracht, sondern damit beginnt erst der lang andauernde Prozess. In diesem Sinn kann sogar der gesamte „Sozialismus“ noch als „evolutionäre Revolution“ verstanden werden. Also es muss sich das grundsätzlich Neue erst entwickeln. In ihm sind BESTIMMTE GRUNDLAGEN notwendigerweise real vorhanden, während andere sich darauf aufbauend erst allmählich ausprägen. Das schließt nicht aus, dass entgegen Marx, Engels und Lenin selbst der Übergang vom Sozialismus zum entwickelten Kommunismus von der Form her „revolutionär“ vollzogen werden wird. Das wäre unter anderem abhängig von der Stärke der institutionalisierten Bürokratie. Vom philosophischen Wesen her ist er auf jeden Fall eine Revolution.
Der Länge wegen teile ich den Entwurf für das Geschichtskapitel IM KOMoDo-Projekt auf. Der vollständige Text findet sich h i e r.
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