Schieben wir eine naturwissenschaftliche Vereinfachung ein, um die philosophischen Beziehungen von Qualität und Quantität, Revolution und Evolution zu veranschaulichen.
Der Übergang von flüssigem Wasser und Wasserdampf ist zum Beispiel eine Revolution. Als uns das in Studentenzeiten nahegebracht werden sollte, begann der Vortrag mit einer Unterstellung: Wasser in „Zimmertemperatur“ wird zum Kochen gebracht. So dargestellt ist der Vorgang bereits ein bewusst beabsichtigter. Diese Gerichtetheit war erforderlich, um folgende Frage aufzuwerfen: Welche aufgewandte Energie ist wichtiger: die, die gebraucht wird, um das Wasser von 20 auf 30, von 30 auf 40 … von 80 auf 90 Grad zu erhitzen oder die, die den Übergang der Wasserteilchen von ihrer flüssigen in die gasförmige Form ermöglichen? Nur dieser letzte Vorgang erscheint als „Revolution“ - das andere ist Evolution. Damit es aber zu einer solchen Revolution kommen kann, sind die entsprechenden Evolutionen, also die allmählichen Aufladungen der Wasserteilchen mit kinetischer Energie unumgänglich. Es gibt kein Teilchen, das direkt von 20 Grad auf Dampf umschlägt.
Um die Sache nicht zu sehr zu verkomplizieren, klammere ich jene Verdunstung aus, die aus der natürlichen Luftbewegung und der sich daraus ergebenden „Vermischung“ der Stoffe ergibt.
Trotzdem enthält das Modell bereits Haken, die auf unsere gesellschaftlichen Revolutionen übertragbar sind.
Von einer gegebenen Menge Wasser gehen „in der Natur“ nämlich nie alle Teilchen gleichzeitig vom flüssigen in den gasförmigen Zustand über. Man kann also unterscheiden zwischen „Revolutiönchen“, also Vorgängen bei jedem einzelnen Teilchen, und der „Revolution“ als Prozess. Letztere ist für uns interessant. Sie beginnt mit den ersten gehäuften „Revolutiönchen“ und endet, wenn alles Wasser verdunstet ist.
Hübsch zu beobachten sind Probleme solcher Revolutionen beim Kochen im Topf. Dort kommt erschwerend dazu, dass die ersten Wasserteilchen, die die Siedetemperatur erreicht haben, unten, also unmittelbar über der Herdplatte als Energiequelle, auftreten. Die müssen nun zwischen den kühleren Teilchen hindurch zur Oberfläche, sprich: zu ihrer individuellen Revolution. Dabei erwärmen sie die anderen mit – dadurch gibt es unter Umständen „Konterrevolutiönchen“, weil ein Teil der aufsteigenden Teilchen wieder abkühlt – mit steigender Gesamtwärme dampfen dann immer mehr in die Freiheit ab. Es verdampfen also im offenen Topf Wassertropfen, obwohl das Wasser noch nicht kocht.
Der Ablauf dieses Revolutionsspiels lässt sich manipulieren. Durch einen Deckel. Durch Gewicht auf dem Deckel. Auf diese Weise entsteht ein geschlosseneres System. Denn ein Teil der zugeführten Energie verbleibt im offenen System nicht in den zu revolutionierenden Wasserteilchen, sondern wird von der kühlen Umgebung abgezogen. Je bewegter diese Umgebung ist, umso mehr wird abgezogen. Ohne beständige Neuzufuhr von Energie hat das „Restwasser“ unter Umständen noch einen Moment 99, dann 98, 97 usw. Grad und aus ist´s mit Revolution. Steht dagegen der Inhalt des Topfes unter Druck, kann ein Teil der Teilchen deutlich mehr als die „normale“ Siedetemperatur haben … und bleibt trotzdem flüssig. Dieser Teil holt dann seine Revolution mit dem Entfernen des Deckels in kürzester Zeit geballt nach. Wie lange die beiden Abläufe zu beobachten sind, ist dabei nicht die Frage. Revolution ist der ganze Vorgang, durch den aus einem Topf mit Wasser ein Topf mit „Luft“ geworden ist.
Der Länge wegen teile ich den Entwurf für das Geschichtskapitel IM KOMoDo-Projekt auf. Der vollständige Text findet sich h i e r.
Der Länge wegen teile ich den Entwurf für das Geschichtskapitel IM KOMoDo-Projekt auf. Der vollständige Text findet sich h i e r.
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