Dienstag, 26. Juli 2011

Zur Individualität heute und im Kommunismus (2)

Ich hoffe also auf Zustimmung, dass bestimmte Formen von individualistischer Individualität („Der Staat – das bin ich“), die also bewusst zu Lasten anderer gehen, auch nicht wünschenswert sind.
Aber ein Großteil „unserer“ Individualität ist zugleich eine verschleierte Konformität.
Die Begriffe, von denen ich dabei ausgehe, sind „Werbung“ und „Mode“.
Formal richtig ist, dass jedes Produkt, dass „der Markt“ annimmt, das also verkauft wird, ein „Bedürfnis“ befriedigt – sonst würde es der Konsument ja nicht erwerben.
Wer die Betrachtung aber dort beendet, vergisst das Entscheidende:
Von jenen schon erwähnten „Grundbedürfnissen“ abgesehen, sind alle weiteren Bedürfnisse nicht von vornherein natürlich vorhanden. Im entwickelten Kapitalismus werden sie – z. T. unter bewusster Zerstörung von „Individualität“ – sogar selbst produziert.
Vielleicht am vordergründigsten ist dies bei der Mode im engen wie weiten Sinn zu zeigen: Individualität bei Kleidung hieße meines Erachtens, sich so anzuziehen, wie man als Einzelperson seine Besonderheiten je nach Art hervorhebt bzw. kaschiert. Das hätte zur Folge, dass Kleidungsstücke extrem variierten und lange getragen würden. Die kapitalistischen Bekleidungsfirmen sind aber darauf fixiert, ihre neuen Produkte neu zu verkaufen. Sie müssen also „Uniformen“ erschaffen, also Merkmale für die Kleidungsstücke einer Saison, anhand derer zu erkennen ist, dass sie aus dieser Saison stammen, sodass die so geprägten Menschen wissen, dass nur wer eine Hose usw., die dieses konkrete Merkmal hat, hipp, in usw. ist, dass also Gruppennormen entstehen, bestimmte Stile tragen zu müssen, um dazugehören zu können – und notfalls mit Elefantenstampfern in Minirock rumzulaufen, obwohl dies dem tragenden Individuum zu objektiver Lächerlichkeit verhilft.
Oder Fotohandys eine bestimmten Marke und mit spezifischem „Schnickschnack“. Das „Bedürfnis“ danach wurde vorher bewusst produziert und die Individualität der Individuen durch Werbebeschuss so lange niedergewalzt, bis dieses ICH der Meinung ist, seine „Individualität“ dadurch auszuleben, dass er durch den „richtigen“ Kauf dazugehören darf zur modernen Welt.
Mode ist wohlgemerkt nur ein Beispiel. Ganze „Wissenschaften“ befassen sich mit Tricks, den potentiellen Konsumenten zum Zugreifen zu animieren, zu manipulieren, also dass er etwas einkauft, was er gar nicht hatte kaufen wollen – weil er es eigentlich gar nicht gebraucht hatte.
Das Problem bringt dann aber die Möchtegern-Sozialismus ins Schleudern: Ein volkseigener Betrieb – egal wie berechtigt diese Bezeichnung ist – hat keine Veranlassung, sein Produkt einem potentiellen Konsumenten auf Kosten seine Konkurrenten aufzuschwatzen. Eigentlich träte an die Stelle von „Werbung“, die Information. Aber da gab es bisher nebenher immer die kapitalistische Werbeindustrie. Es entsteht ein gewisser Nachahmungsdrang – mit Lächerlichkeitseffekt.
Nun muss ja, bevor man den Kommunismus real beginnen kann, erst dessen Grundlage geschaffen werden, also das Grundniveau. Insofern büßte im Interesse der kubanischen, vietnamesischen usw. „Hinterwäldler“ der DDR-Deutsche an demonstrierbarem „Reichtum“ ein – es wurde erst einmal die Einheitsversorgung in Angriff genommen. Die Fantasie dabei – ohne den individuellen Überlebensdruck – hielt sich in Grenzen: Im DDR-Berlin entstanden eben Abweichungen beim Neubau-Wohnungsbau dadurch, dass Bauleute aus anderen Bezirken des Landes bestimmte Wohnblöcke bauten. Das ist aber nicht „Kommunismus“. Der könnte erst beginnen, wenn jeder einen individuell gestalteten Wohnraum besitzt.

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