Montag, 21. Februar 2011

Von der Geradlinigkeit des Denkens (2)

Das ist jenes Problem Kapital. Letztlich gab es „Kapital“ schon lange vor dem Kapitalismus. Allerdings im Wesentlichen nur als Bankkapital. Dort wirkte es zu großen Teilen wie heute: Zuerst war es Geld, das wird an jemanden gegeben, der damit arbeitet (bzw. damit arbeiten lässt, was hier aber nicht das Entscheidende wäre, weil der jemand selbst „die Produktion“ war), letzte Stufe mehr Geld bei dem, der es zuerst besessen und andere damit hat arbeiten lassen. Dieses Geld war DESHALB „Kapital“. Das Neue am Kapital-Ismus ist „nur“ die bestimmende Rolle des „Kapitals“ im gesamten gesellschaftlichen Leben. Es gibt selbstverständlich daneben noch archaische Produktionsweisen. Aber sie sind eben nur Ergänzungen, Abrundungen der Welt – so wie zuvor der Wucherer nur Ergänzungen und Abrundungen seiner archaischen Welt war. Die Leistung eines Marxisten ist dabei, das Wesentliche, Bestimmende für eine Zeit, einen Sachverhalt, herauszuarbeiten – allerdings ohne zu vernachlässigen, dass es daneben „nicht dazu passende“ Erscheinungen gibt, die unter bestimmten Bedingungen wesentlich werden können.
Womit ich beim Grundsätzlichsten wäre.
Verzeihlich ist der Optimismus in den 70er, die Epoche einfach die des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus zu nennen (so wie es unverzeihlich wäre, diese Einschätzung heute falsch zu nennen. Dieses Recht hätten nur Aliens, die irgendwann auf die Erde kommen, und feststellen, dass hier einmal intelligente Wesen gelebt haben müssen). Allerdings hätte die Spielerei mit der Zeit, also die Einordnung der Menschheitsgeschichte und der modernen mit Klassen belasteten Geschichte in die Erdgeschichte auch damals schon einen provokativen Schluss zugelassen:
Ich wage eine härtere „Epochendefinition“: Wir leben in einer Zeit, in der alle bisherigen Betrachtungen von Geschichte enden. Welche Option siegreich sein wird, ist noch offen. Also anders ausgedrückt: Dies ist die Zeit, in der die Menschheit entscheidet, in eine Zeit ihrer eigenen Entfaltung einzutreten oder abzusterben. (wobei dieses Absterben ein sehr kurzer, aber auch ein sehr langer Degenerationsprozess sein kann.) Der „Übergang … zum ...“ nimmt den positiven Ausgang dieser Entscheidung vorweg. Eine solche Naturnotwendigkeit wie in der Abfolge von Feudalismus und Kapitalismus gibt es leider nicht.

1 Kommentar:

  1. Ich glaube die Epochebestimmung hatte nicht nur etwas mit Optimismus zu tun. Wir können feststellen, dass viele der führenden Köpfe, zumindest in der DDR bis 1945 aktiv im Widerstand waren,vielfach im KZ, Zuchthaus oder in der Fremde waren.
    Nun wurde ihr Lebensziel verwirklicht - aber ihr Leben ging auf der anderen Seite stetig dem Ende entgegen. Ist es verwunderlich, dass sie selbst das Ziel ihrer Bemühngen noch erleben wollten? Kann es sein, dass sie vom entwickelten sozialistischen System nur redeten, weil sie es sich sehnlichst wünschten?
    Klar, kommunistisch oder besser auf der Grundlage des Klassiker ist ein solches herbeireden von Tatsachen, die real nicht existent sind kaum. Genausowenig wie es kommunistisch ist, bis zum letzten Atemzug an der Macht zu hängen, ohne für geeignete Nachfolger zu sorgen, die die Aufgabe wirklich wieterbetreiben. Nun ist der Mensch nun mal ein Mensch und auch Kommunisten sind keine unfehlbaren Götter. Allein aus dem Grund besteht die zwingende Notwendigkeit dass es bis weit in den Kommunismus hineine, eventuell auch so lange die menschliche Gesellschaft reicht, neben den Entscheidern ein unabhängiges Kontrollorgan vorzuhalten. Damit es zwischen den Entscheidern und diesem Kontrollorgan zu keinen Absprachen kommt, ist dieses regelmäßig auszutauschen, vollkommen willkürlich ausgesucht und für jeden als Mitarbeit zur Sicherung wahrhaft demokratischer Rechte verpflichtend.

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