Donnerstag, 9. Juni 2011

Mein ganz individueller Kommunismus (68)

Aber spielen wir doch ein paar Bereiche des praktischen „gesellschaftlichen“ Lebens einfach gedanklich durch. Beginnen wir dabei bei einem Bereich, den die ersten Staatssozialisten teilweise sehr mangelhaft gelöst haben, beim Einzelhandel. Wer die DDR miterlebt hat, weiß, dass dort mitunter bereits Handel mit Wartezeiten zum Erwerb eines neuen PKW getrieben wurde, der Preis für gebrauchte teilweise weit über dem für Neuwagen lag (weil er eben den Zeitbonus enthielt) und dass außerhalb der Hauptstadt der Erwerb vieler relativ „normaler“ Lebensmittel ein Glücksfall war.
Wer derlei Verhältnisse mit einer heute produzierten „Brille“ betrachtet, kann aus der realen Praxis den Schluss ziehen, die „Marktwirtschaft“ sei einer „planwirtschaftlichen“ überlegen. Zumindest ist es in diesem Bereich nicht so leicht zu widerlegen wie beispielsweise auf dem Gebiet medizinischer Versorgung, wo mitunter sehr brutale Belege zu finden sind, dass „Markt“-Elemente dem eigentlichen Versorgungszweck mit Gesundheit direkt entgegen stehen, also das Ziel, höchste Gewinne zu machen, das Ziel, alle Menschen bestmöglich gesund zu machen, ausschließt – und umgekehrt.
Nun muss ich aufpassen: Ich bemerkte bereits am Anfang, dass der entfaltete Kommunismus eine Gesellschaft sein wird, die aus lauter „Ausnahmen“, Sonderfällen usw. bestehen wird, sich also jeder administrativen Pauschalierung entzieht. Das muss dann eigentlich logisch heißen, dass es auch Erscheinungen geben wird, die wir als Relikte, aber auch solche, die wir als Neuschöpfungen marktähnlicher Regelungen verstehen könnten. Das kann aber nicht heißen, dass ein so grundsätzlicher Bereich wie die Versorgung mit den Dingen, die man zum Leben braucht, vorkommunistisch bleiben kann. Wir müssen nur vorher betrachten, WARUM manches zu DDR-Zeiten nicht funktionierte und nicht funktionieren konnte.
Das erste Problem geht dabei auf ein grundsätzliches Missverständnis vom Wirken des Wertgesetzes zurück. Auch wenn die Propagandisten des Sozialismus den „objektiven“ Charakter dieses Gesetzes theoretisch anerkannten und in Sonntagsreden verkündeten, waren oft dieselben „Theoretiker“ praktisch der Meinung, es durch administrative Maßnahmen außer Kraft setzen zu können (es sogar außer Kraft gesetzt zu HABEN, weil es – wie falsch – nur im Kapitalismus gelte). Nun war das, was in „sozialistischen“ Schaufenstern ausgepreist herumlag, genauso „Ware“ wie das beim bösen Kapitalisten im Land nebenan. Der Preis der einzelnen Ware konnte per Gesetz – eben administrativ – festgesetzt werden, so wie dies politisch wünschenswert zu sein schien. Damit war das grundsätzliche Wertgesetz, also die tendenziell sich reproduzierende Formel, dass die Summe aller Preise der Summe aller Werte entspricht, aber immer noch da. Und die Werte entstehen eben dadurch, dass in jeder Ware eine gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit „eingefangen“ ist. Nicht im einzelnen Produkt, aber in einer Volkswirtschaft entscheidet die Arbeitsproduktivität über die Summe der Preise. Und da müssen sich einzelne Missverhältnisse – auch die gewollten – am Ende ausgleichen. Das ist nicht gelungen. Das konnte nicht gelingen, da das Wertgesetz der Nährboden ist, auf dem Krisen wachsen – prinzipiell auch im Sozialismus, wenn auch dort mit anderen Auswirkungen und Verläufen.

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