In der gestrigen „junge Welt“ stand ein Artikel, in der ein Linker aus NRW den Abzug von ein paar Polizisten aus seinem Bundesland zu begründen suchte – weniger als 30 Stück. Er erwähnte AUCH, dass der militärische Einsatz Deutschlands in Afghanistan beendet werden müsse (so wie er gar nicht hätte begonnen werden sollen).
Ich finde den Ansatz richtig: Natürlich muss man das fordern und sich dafür einsetzen, was man eigentlich will. Genauso wichtig (mindestens) ist aber, das zu verändern, was man selbst und vielleicht unmittelbar verändern kann.
Dieses Sowohl-als-auch ist etwas besonders Kompliziertes. Die Waage zu halten zwischen dem „Endziel“ und dem gerade Machbaren – wobei ja auch das Endziel als machbar anzusehen ist, nur eben nicht im Moment – schaffen wenige. Die Kritik macht es sich meist einfach, indem sie über einen Ausschnitt behauptet, damit wäre das Programm verraten.
Nehmen wir Hartz IV. Klare Aussage: Es ist ein Instrument kapitalistischer Disziplinierung und gehört abgeschafft. So ist die Forderung aber unzureichend. Innerhalb eben jenes Kapitalismus wird es immer unterschiedlich drastisch praktizierte Unterdrückungsmechanismen geben (oder war Sozialhilfe „besser“?) Also müsste auf dieser Ebene eigentlich bereits die Abschaffung des Kapitalismus angesteuert werden. Dafür fehlen aber in Deutschland auch unter den Ausgebeuteten (noch) die Mehrheiten. Man darf also im Stil einer Gesine Lötzsch die bestehende Gesellschaft in Frage stellen. Man muss sogar. Man ändert aber für die Betroffenen erst einmal gar nichts. Also folgt der Schritt, zu prüfen, wann es eben diesen Betroffenen vertretbar besser geht, eventuell sogar der Disziplinierungseffekt aufgehoben wäre (Illusion des BGE). „Eigene“ Gutachten bringen 500 Euro als Satz ins Spiel und ins Programm (was ja schon eine Duldung des Mechanismus als Ganzem darstellt.) Nun aber folgt die Verhandlung zum Augenblick 1.1.2011. Da hat eine grottenschwarze Regierung die Bestimmungsmehrheit, die alle Betroffenen – einschließlich des Verfassungsgerichts – mit einem Fünfeuroschein zu verhöhnen gedenkt. Hier wäre es logisch, festzustellen, was man auf der Ausbeuterlogik eben jenes Verfassungsgerichts schon für angemessen hätte halten müssen, obwohl man es selbst anders sieht. Also richtig: Im Interesse der gerade jetzt Betroffenen sollte die jetzt mögliche Summe auf der Tagesordnung stehen – für die auch Mehrheiten möglich sind. Zumindest ist dies die richtige Taktik einer Parlamentsfraktion. Für die Partei als Ganzes stände die Aktivierung im weitesten Sinne Betroffener im Vordergrund, die „Belagerung des Reichstages“ im weitesten Sinne (und ggf. auch im engen).
So eine Logik funktioniert, wenn die kleinen Schritt in die Richtung der großen gehen, also den Arbeitenden und Abhängigen zu nutzen. Unmöglich ist dies jedoch, wenn man mitbestimmt mit der faulen Ausrede, dass es mit den anderen „noch schlechter“ hätte kommen können. Beispiel „Ein-Euro-Job“ oder „Bürgerarbeit“. Nach dem Motto, „im Prinzip“ dagegen sein, aber wenn man selbst die billigen Arbeitskräfte ausnutzen kann, dann ist es natürlich in Ordnung.
Aber genau genommen wird man sich selbst bereits untreu, wenn man nicht klar macht, dass jeder Kompromiss eben ein Kompromiss ist, der den Kampf für eine bessere Gesellschaft nicht ersetzen kann und soll, sondern nur der Tagesschritt in die große Richtung ist, der kleine Gewinn, weil de große noch nicht geht. (Das wiederum bedeutet, ständig zu prüfen, ob nicht doch größere Schritte gehen, um mit den kleinen diese großen nicht zu verhindern.
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