Montag, 10. Januar 2011

In der DDR gab es mehr "sozialistische Persönlichkeiten" als es den Anschein hatte und noch viel mehr als wir heute unterstellen (4)

Bis zu dem Augenblick der Entdeckung, in ein unbegreifbares Räderwerk missratener „Planwirtschaft“ verbessernd eingreifen zu können, hätten die Arbeiter jener Brigade jeden mit tiefster Überzeugung ausgelacht, der sie als „Eigentümer“ ihres Betriebes bezeichnet hätte. (Höchstens im Witzsinn, dass „aus den volkseigenen Betrieben noch viel mehr herauszuholen“ sei.)
Dabei spielte ein zweiter Aspekt eine große Rolle: Sie empfanden sich in dieser Situation als Gemeinschaft, in der jeder sein Stück zu eben dem großen Ganzen beitragen konnte. Keiner hätte sich selbst getraut, so einen „Neuerervorschlag“ aufs Papier zu bringen. Dazu hatten sie ja mich. Aber mit Feuereifer waren sie sofort dabei, mir das Problem mit seinen Handgriffen zu erklären – ich brauchte es nur noch für sie aufzuschreiben (und einige Berechnungen dazu anzustellen). Jeder kannte jeden. Alle vertrauten einander.
Nun denke man dies in die Zukunft hinein. Es wird technisch immer unkomplizierter, Kollektive aus Interessierten in aller Welt zusammenzubauen. Was spricht dagegen, selbst einen Tasmanier in das eigene Team aufzunehmen? Oder einen Sudanesen. Wenn der kein Konkurrent um den eigenen Arbeitsplatz im engen und weiten Sinn ist, wird er zum Exot, mit dem man sich schmücken kann, und in dessen Mails Einfälle auftauchen … also normal sind die nicht, aber andere Teams kommen eben nicht auf dieselben, ätsch,... und wenn, dann wenigstens nicht so schnell. Welch produktives Spiel! In das Gefühl von Arbeit, Mühe, Stress, sich für andere Aufreiben tritt allmählich etwas Anderes: Spaß!
Viele freie Kontakte. Natürlich müssen „anerkennende Institutionen“ vorhanden sein, selbst wenn deren Anerkennung nicht erfolgen sollte. Das Gefühl, es „den anderen so richtig gezeigt zu haben“ ist auch eine nicht zu unterschätzende Triebkraft, wenn es sich mit dem Gedanken verbindet, etwas Nützliches getan zu haben...
„Meine“ Jugendbrigade ist an einer konkreten Aufgabe aus dem Frühsozialismus gewachsen, herausgewachsen. Die Höhe der Prämie rückte völlig aus dem Blickfeld. Einzig wichtig blieb der Gedanke eines Sieges – vergleichbar mit irgendeiner sportlichen Meisterschaft.
Nun übertrage man das auf Verhältnisse, in denen die meisten quälenden Routinen, sofern sie nicht verschwunden sein werden, von Automaten übernommen wurden...

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