Montag, 10. Januar 2011

Gesine Lötzsch, die Rosa-Luxemburg-Konferenz und das Wort Kommunismus – Warum ich enttäuscht war (1-4)

 Viele Besucher sind im Verlauf der Podiumsdiskussion enttäuscht gegangen. Ich nicht. Aber meine Enttäuschung lag weniger darin, dass ohne die Parteivorsitzende der Partei „Die Linke“ nur noch zweitrangige Persönlichkeiten miteinander diskutierten, sondern auch darin, wie schwach deren Perspektivenblick in Richtung des „Kommunismus“ war, den die Höhepunktveranstaltung eigentlich im Blick haben sollte. Was schmerzte mich besonders?
  1. Keiner der Disputantantinnen (auch Gesine Lötzsch in ihrem vorausgegangenen akzeptablen Statement zuvor) schien sich bewusst, dass es weltweit bisher nirgendwo „Kommunismus“ gegeben hat, ja nicht einmal „Sozialismus“, wenn wir bitte das zugrunde legen, was Herr Doktor Marx und sein Nachfolger Lenin als wesentlich für eine solche Gesellschaft ansahen. Es ist eben ein Unterschied, bestimmte Verhältnisse anzusteuern, in der Annahme, sie so erreichen zu können, zu handeln, ODER sie zu haben. Wer im Meer schwimmen will, kann die Qualität des Wassers nicht über die Kantigkeit der Strandsteine bewerten. (Gesine Lötzsch versuchte das Problem wenigstens anzudeuten, indem sie den vergangenen Entwicklungsstand der Ostgesellschaften als „autoritären“ in Abgrenzung zum angestrebten „demokratischen“ Sozialismus zu fassen anbot.) Solange wir also auch Interessierten nicht deutlich machen, wir waren nicht dort, wo wir hin wollten, sondern in einer langen, krummlinigen „Revolution“, werden wir sie nicht zum neuen Anlauf gewinnen.
  2. Alle Beiträge vernachlässigten das, was den Charakter der Konferenz als Ganzes ausmacht: Sie übersahen, dass es keinen deutschen Kommunismus geben kann und ein „deutscher Weg“ dorthin immer in die Weltentwicklung eingebunden ist. Lenin faselte auch erst dann von der Möglichkeit des Sozialismus in einem Land, als er absehen musste, dass seine notwendigen internationalen Partner für die Gestaltung einer besseren Weltordnung vorerst ihre Pflicht nicht meisten konnten.
  3. Aus dem verkürzenden deutschen Blick wurde mitunter über „des Kaisers Bart“ gestritten. Dass die Übernahme der Regierung durch sozialistisch orientierte Kräfte prinzipiell auch durch bürgerliche Wahlen möglich ist, zeigen die aktuellen Entwicklungen in Lateinamerika. Sie bestätigen allerdings auch die Theorie, dass es darum geht, den alten Staatsapparat durch einen neuen zu ersetzen und sozialistische Produktionsverhältnisse hergestellt werden müssen, um das eigene humanistische Menschenbild umzusetzen. Dieser Prozess hat in den zu beobachtenden Staaten noch nicht die Reife, um prophezeien zu können, wie er enden wird.
  4. Im Zeitalter der Geheimdienstwellen, wo man nicht zwingend beweisen kann, ob nicht die NPD eine Unterorganisation des „Verfassungsschutzes“ ist, wo die „Stasi“-Hysterie schon dadurch besonders pikant-lächerlich sein sollte, dass der Umfang der angestrebten und teilweise bereits erreichten Totalüberwachung Umfang und Möglichkeiten der DDR-“Sicherheitsorgane“ um ein Vielfaches übersteigt, deutet auf Weltfremdheit hin. Das bedeutet nicht, als revolutionäre Kraft auch mit Formen der Untergrundarbeit zu „spielen“.

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