Dienstag, 11. Januar 2011

Gesine Lötzsch, die Rosa-Luxemburg-Konferenz und das Wort Kommunismus – Warum ich enttäuscht war (5-8)

 5. Die wichtigste Kampffront auf dem Weg zum Kommunismus wurde aus meiner Sicht nur allzu randständig berührt: Die Vernunft. Jede (!) Form der kreativen Aneignung und Vermittlung alternativen Denkens. Die notwendigen Versuche, wieder jedem einzelnen Menschen auf seinem jeweiligen Niveau zu verdeutlichen, wohin wir wollen, warum wir das können und müssen. Vielleicht liegt ein Haken darin, dass natürlich der „innere Kreis“ sich dessen anscheinend auch nicht bewusst ist. Die Konferenz als Ganzes und die Podiumsdiskussion im Besonderen hätte hier eine herausragende Funktion gehabt. Im Wesentlichen wollten die 2000 Teilnehmer wissen wie weiter. Zumindest hatte in diesem Kreis niemand zu überwindende Berührungsängste, weil hier alle der Gedanke eint, dass es auf der Welt kapitalistisch nicht weiter gehen darf. Man kann mit dem Slogan „Wir haben keine fertigen Rezepte“ auch die eigene Unfähigkeit bemänteln, die Feigheit, etwas gesagt zu haben, was sich im Nachhinein als Fehler erwiesen haben könnte. Wir brauchen aber Rezepte. Keine „fertigen“, aber solche, mit denen wir zumindest die Behandlung beginnen können. Auf den Tisch müssen sie! Und wenn da einer sagt, wir brauchen „Kommunismus-TV“ in den Sprachen der Welt … dann sollten wir nicht nur darüber lachen, sondern zusammen nachdenken.

6. Mein Steckenpferd muss auch rein in mein Meckern des Kleffpinschers: Niemand wagte Visionen der realen kommunistischen Gesellschaft, wie sie wünschenswert aussähe, als gäbe es da Denkverbote. Niemand wagte den Gedanken „Kommunismus ist machbar, Herr Nachbar … weil … die „Produktivkräfte“ ihn EIGENTLICH ermöglichten und erforderten. Na, wenn WIR uns nicht trauen – wer dann?

7. Die vorherrschende Denkweise auf dem Podium war leider noch ein ständig unterschwelliges Entweder-Oder. Weg damit! Ja, in gewissen Ansätzen ist es berechtigt, von einer „schleichenden Faschisierung“ der Gesellschaft zu sprechen. Aber auch das lässt noch mehrere Optionen zu. … Womit wir bei der Rolle einer kommunistischen Partei wären. Können wir uns nicht ein neues Rollenverständnis vorstellen? Eine solche Partei als moderierende Kraft innerhalb eines breiten linken Spektrums? Die es zum Beispiel auch schafft, Punkt-Widerstände wie den gegen Stuttgart 21 vor dem Geislerschen Gefrierschrank zu bewahren? Wollen wir etwa KEINE Menschlichkeitsordnung?! Haben Bürgersorgen da etwa NICHT den ersten Platz? Auch hier sollten wir in uns gehen: Kommunismus ist kein Selbstzweck, sondern wird von uns nur deshalb angestrebt, weil er den Rahmen bietet, innerhalb dessen die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse in ihrer Gesamtheit am umfassendsten möglich wäre.

8. Letzter Anwurf: Innerhalb ihres jW-Artikels griff Gesine Lötzsch einen durchaus auch bürgerlichen Gesellschaftsbeobachtern nicht fremden Gedanken aus linker Sicht auf. Natürlich KANN der Weg zum Kommunismus ein langer, steiniger sein. Natürlich KANN die Selbstzerstörung der Menschheit so schnell oder so schleichend vor sich gehen, dass es sie als Pseudo-Intelligenz einfach nicht mehr gibt. Aber wir dürfen nicht jedes Szenario ausklammern, dass die Völkergemeinschaft plötzlich vor einem Scherbenhaufen imperial(istisch)er Unternehmens- und Staatspolitik steht. Die Möglichkeiten zum Systemselbsterhalt (meinetwegen mit dem Nachsatz „zu Lasten der Unterdrückten“) sind größer als in vergangenen Jahrhunderten. Die „Bankenkrise“ konnte zur „Bankenfütterungslösung“ umgewandelt werden. Aber was ist, wenn die dazu erforderlichen politökonomischen Drahtseitakte einmal scheitern? Wenn zig Millionen hoffnungslos Hoffende sich in einer neuen Völkerwanderung überlebenshungrig auf die „Metropolen“ zu auf den Weg machen? WIR müssen dann nicht nur Rezepte haben … wir müssten sie sogar anwenden. Kommunismus …???

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